Cronstedtit

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Cronstedtit
Cronstedtit (schwarze Kristallnadeln) mit Pyrit (goldfarbige Masse zwischen Cronstedtit) und Siderit (orangegelbe Kristalle am Bildrand) aus Salsigne, Département Aude (Okzitanien), Frankreich
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Cro[1]

Chemische Formel
  • (Fe2+,Fe3+)3(Si,Fe3+)2O5(OH)4[2]
  • Fe2+4Fe3+2[(OH)8|Fe3+2Si2O10][3]
  • (Fe2+,Fe3+)6[(OH)8|(Si,Fe3+)4O10][4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Schichtsilikate (Phyllosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.10b
VIII/H.27-120

9.ED.15
71.01.02c.07
Kristallographische Daten
Kristallsystem je nach Polytyp monoklin, trigonal oder hexagonal
Kristallklasse; Symbol siehe Kristallstruktur
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,34 bis 3,35[5]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[5]
Bruch; Tenazität glimmerartig;[6] in dünnen Lamellen elastisch biegsam[5]
Farbe kohlschwarz bis bräunlichschwarz, in dünnen Lamellen smaragdgrün
Strichfarbe dunkelolivgrün[5]
Transparenz undurchsichtig bis opak[5]
Glanz Wachsglanz, schwacher Metallglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,720[6]
nβ = 1,800[6]
nγ = 1,800[6]
Doppelbrechung δ = 0,080[6]
Optischer Charakter zweiachsig negativ

Cronstedtit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung (Fe2+,Fe3+)3(Si,Fe3+)2O5(OH)4[2] oder in der kristallchemischen Strukturformelschreibweise (Fe2+,Fe3+)6[(OH)8|(Si,Fe3+)4O10][4]. Cronstedtit ist damit chemisch gesehen ein Eisen-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente des zweiwertigen und dreiwertigen Eisens sowie Silicium und dreiwertiges Eisen können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Cronstedtit kristallisiert je nach Polytyp im monoklinen, trigonalen oder hexagonalen Kristallsystem, wobei die trigonalen und hexagonalen Formen überwiegen. Er entwickelt meist drei- bis sechseckige, längsgestreifte Prismen, die sich zu einem Ende hin verjüngen und oft variable Gruppen bilden, kommt aber auch in Form von nierenförmigen oder massigen Aggregaten vor. Bekannt sind zudem spezielle Zwillingsbildungen mit der c-Achse [001] als Zwillingsachse, bei denen zwei sich gegenseitig durchdringende trigonale Pyramiden sechsstrahlige zusammengesetzte, sternenförmige Kristalle erzeugen.[7]

Das Mineral ist im Allgemeinen undurchsichtig bis nahezu opak und zeigt auf den kohlschwarzen bis bräunlichschwarzen Oberflächen einen wachsähnlichen bis schwach metallischen Glanz. In dünnen Lamellen erscheint es dagegen dunkel smaragdgrün. Seine Strichfarbe ist allerdings immer dunkelolivgrün.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Cronstedtit in Mineralproben aus dem Bergbaurevier Příbram in Mittelböhmen (heute: Středočeský kraj) im heutigen Tschechien. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte 1820 durch den österreichischen Pharmazeuten und Chemiker Josef Johann Steinmann (auch Joseph Steinmann; 1779–1833),[8][9] der das Mineral nach dem schwedischen Chemiker und Mineralogen Axel Frederic Cronstedt benannte.

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht bekannt.[10]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Cronstedtit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zusammen mit Amesit, Antigorit, Berthierin, Chrysotil, Greenalith, Karyopilit, Lizardit und Népouit sowie dem inzwischen als Varietät von Pennantit diskreditierten Grovesit die „Serpentin-Reihe (trioktaedrisch)“ mit der System-Nr. VIII/E.10b bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/H.27-120. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Schichtsilikate“, wo Cronstedtit zusammen mit Amesit, Antigorit, Berthierin, Brindleyit, Carlosturanit, Chrysotil, Dozyit, Fraipontit, Greenalith, Guidottiit, Karpinskit, Karyopilit, Kellyit, Lizardit, Népouit und Pecorait die „Serpentingruppe“ bildet.[3]

Auch die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cronstedtit in die Abteilung der „Schichtsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Schichten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Kaolinitschichten, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Amesit, Antigorit, Berthierin, Brindleyit, Chrysotil, Fraipontit, Greenalith, Karyopilit, Kellyit, Lizardit, Manandonit, Népouit und Pecorait die „Serpentingruppe“ mit der System-Nr. 9.ED.15 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cronstedtit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Amesit, Berthierin, Brindleyit, Fraipontit, Kellyit und Manandonit in der „Serpentingruppe (Amesit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 71.01.02c innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 1:1-Lagen“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Cronstedtit sind insgesamt 10 Polytypen mit monokliner, trigonaler oder hexagonaler Symmetrie bekannt:[4]

Name Kristallsystem Kristallklasse Raumgruppe Gitterparameter Formeleinheiten
pro Elementarzelle
Cronstedtit-1M monoklin monoklin-domatisch; m Cm (Nr. 8)Vorlage:Raumgruppe/8 a = 5,49 Å; b = 9,51 Å; c = 7,32 Å
β = 104,5°
1
Cronstedtit-2M1 monoklin m Cc (Nr. 9)Vorlage:Raumgruppe/9 a = 5,49 Å; b = 9,51 Å; c = 14,29 Å
β = 82,6°
2
Cronstedtit-9R trigonal - - a = 9,56 Å; c = 63,85 Å 18
Cronstedtit-1T trigonal ditrigonal-pyramidal; 3m P31m (Nr. 157)Vorlage:Raumgruppe/157 a = 5,49 Å; c = 7,08 Å 0,5
Cronstedtit-2T trigonal 3m P31c (Nr. 159)Vorlage:Raumgruppe/159 a = 5,49 Å; c = 14,17 Å 1
Cronstedtit-3T trigonal trigonal-pyramidal; 3 P31 (Nr. 144)Vorlage:Raumgruppe/144 a = 5,50 Å; c = 21,35 Å 1,5
Cronstedtit-6R trigonal 3 R3 (Nr. 146)Vorlage:Raumgruppe/146 a = 5,49 Å; c = 42,5 Å 3
Cronstedtit-6H hexagonal - - a = 5,49 Å; c = 42,5 Å 3
Cronstedtit-2H1 hexagonal dihexagonal-pyramidal; 6mm P63cm (Nr. 185)Vorlage:Raumgruppe/185 a = 5,49 Å; c = 14,17 Å 1
Cronstedtit-2H2 hexagonal hexagonal-pyramidal; 6 P63 (Nr. 173)Vorlage:Raumgruppe/173 a = 5,49 Å; c = 14,17 Å 1

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Scharfkantige Cronstedtitkristalle aus der Grube Hohe Warte im Hagental, Gernrode im Harz, Sachsen-Anhalt, Deutschland (Sichtfeld: 5 mm)
Kugelförmige Cronstedtit-Kristallaggregate auf Matrix aus der Siglo Veinte Mine, Llallagua, Potosí, Bolivien (Größe: 24 mm × 21 mm × 12 mm)
Dreieckig-spitzpyramidale Cronstedtitkristalle aus der Oswaldo-Mine Nr. 2, Bezirk Hanover-Fierro Mining, Grant County (New Mexico), USA (Sichtfeld: 1,7 mm)

Cronstedtit bildet sich bei niedrigen Temperaturen in hydrothermalen Erzgängen. Als Begleitminerale treten unter anderem Klinochlor, Pyrit, Quarz, Siderit und Sphalerit auf.[5]

Als seltene Mineralbildung konnte Cronstedtit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 55 Fundorte dokumentiert sind.[12] Außer an seiner Typlokalität im Bergbaurevier Příbram fand sich das Mineral im Středočeský kraj (Mittelböhmen) noch im Bergbaugebiet um Kutná Hora (Kuttenberg). Weitere bekannte Fundstätten in Tschechien sind die Gemeinde Pohled (Frauental) im Kraj Vysočina (Region Hochland), Zlaté Hory (Zuckmantel) im Olomoucký kraj, Chvaletice und Pardubice im Pardubický kraj und Krupka (Graupen) im Ústecký kraj. Bekanntheit erlangte hier vor allem der Vojtech-Schacht (Grube Adalbert) mit gut entwickelten, fächerförmigen Kristall-Aggregaten.[13]

In Deutschland wurde Cronstedtit in der Grube Bayerland bei Pfaffenreuth in der Gemeinde Leonberg (Oberpfalz) in Bayern sowie in den „Glückhilfsschächten“ bei Welfesholz und der ehemaligen Grube Hohe Warte im Hagental bei Gernrode im Harz in Sachsen-Anhalt gefunden. Letztere war ebenfalls bekannt für ihre reichhaltigen Cronstedtitfunde mit zwar nur sehr kleinen, aber überwiegend gut ausgebildeten, scharfkantigen Kristallen.[14]

In Österreich konnte Cronstedtit bisher im Eisenglimmerbergwerk der Waldenstein KG bei Wolfsberg (Kärnten), im ehemaligen Steinbruch II bei Loja in der Gemeinde Persenbeug-Gottsdorf (Niederösterreich) und im Arsenbergbau des Bergbaureviers Rotgülden in der Gemeinde Muhr (Salzburg) gefunden werden.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Armenien, Australien, Bolivien, Costa Rica, Dänemark, der Demokratischen Republik Kongo, Frankreich, Griechenland, Indien, Italien, Jemen, Kasachstan, Marokko, Mexiko, Norwegen, Oman, Peru, Rumänien, Sambia, Slowakei, Spanien, Südafrika, Ukraine, Ungarn, im Vereinigten Königreich (England) und den Vereinigten Staaten von Amerika (Arizona, Connecticut, Kalifornien, Kentucky, Michigan, Nevada, New Mexico, Texas)[15]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joseph Steinmann: Chemische Untersuchung des Cronstedtit's, eines neuen Fossils von Pribram in Böhmen. In: Abhandlungen der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der königl.-böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Prag 1820, S. 1–47 (zobodat.at [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 21. Januar 2022]).
  • Joseph Steinmann: Chemische Untersuchung des Cronstedtit's, eines neuen Fossils von Pribram in Böhmen. In: Journal für Chemie und Physik. Band 32, 1821, S. 69–100 (rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 21. Januar 2022]).
  • Jirí Hybler, Jiří Sejkora, Viktor Venclík: Polytypism of cronstedtite from Pohled, Czech Republic. In: European Journal of Mineralogy. Band 28, Nr. 4, 2016, S. 765–775, doi:10.1127/ejm/2016/0028-2532 (englisch, researchgate.net [PDF; abgerufen am 21. Januar 2022]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Cronstedtite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Januar 2022; abgerufen am 21. Januar 2022 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cnmnc.main.jp
  3. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 678 (englisch).
  5. a b c d e f g Cronstedtite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 72 kB; abgerufen am 21. Januar 2022]).
  6. a b c d e Cronstedtite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Januar 2022 (englisch).
  7. Beispielfoto eines sternförmigen Cronstedtitkristalls. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Januar 2022 (englisch).
  8. Joseph Steinmann: Chemische Untersuchung des Cronstedtit's, eines neuen Fossils von Pribram in Böhmen. In: Abhandlungen der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der königl.-böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Prag 1820, S. 1–47 (zobodat.at [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 21. Januar 2022]).
  9. Steinmann, Josef Johann (1779–1833), Pharmazeut und Chemiker. In: Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Österreichisches Biographisches Lexikon. Band 13, 2010, ISBN 978-3-7001-6963-5, S. 196, doi:10.1553/0x00284e4c.
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 21. Januar 2022.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 21. Januar 2022 (englisch).
  12. Localities for Cronstedtite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Januar 2022 (englisch).
  13. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 258.
  14. Bildbeispiele von Cronstedtitfundstücken aus der Grube Hohe Warte, Gernrode, Sachsen-Anhalt, Deutschland beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 21. Januar 2022
  15. Fundortliste für Cronstedtit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 21. Januar 2022.