Cumengeit

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Cumengeit
Cumengeit-Kristalle aus der „Amelia Mine“ bei Santa Rosalía (Mexiko)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2007 s.p.[1]

IMA-Symbol

Cge[2]

Chemische Formel
  • Pb21Cu20Cl42(OH)40·6H2O[1]
  • Pb21Cu20(OH)40Cl42[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/C.04
III/D.12-040

3.DB.20
10.06.07.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol ditetragonal-dipyramidal; 4/m2/m2/m[4]
Raumgruppe I4/mmm (Nr. 139)Vorlage:Raumgruppe/139[3]
Gitterparameter a = 15,065 Å; c = 24,436 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5
Dichte (g/cm3) 4,66
Spaltbarkeit gut nach {101}; deutlich nach {110}; undeutlich nach {001}
Farbe indigoblau
Strichfarbe himmelblau
Transparenz durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 2,026 bis 2,041[5]
nε = 1,926 bis 1,965[5]
Doppelbrechung δ = 0,100[5]
Optischer Charakter einachsig negativ

Cumengeit (gelegentlich auch Cumengit; IMA-Symbol Cge[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“ mit der chemischen Zusammensetzung Pb21Cu20Cl42(OH)40·6H2O[1] und damit chemisch gesehen ein Blei-Kupfer-Hydroxyhalogenid.

Cumengeit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem, entwickelt aber nur selten isolierte Kristalle von bis zu acht Zentimeter Größe mit pseudo-oktaedrischem oder pseudo-kubooktaedrischem Habitus. Typischerweise findet er sich in Form von orientierten Überwachsungen (Epitaxien) auf den Würfelflächen von Boleit und Pseudoboleit oder in Kristallgruppen, die Zwillingsbildungen imitieren. Das Mineral ist durchscheinend mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen und ähnlich wie Boleit von indigoblauer Farbe.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde das Mineral durch Edouard Cumenge, einem französischen Mineralogen und Bergbau-Ingenieur. Cumenge war zur Zeit der Entdeckung Direktor der französischen Bergbaugesellschaft, die die „Amelia-Mine“ bei Santa Rosalía (Municipio Mulegé) im mexikanischen Bundesstaat Baja California Sur betrieb.[6] Er schickte 1890 einige Proben mit blauen Kristallen eines vor Ort als unbekannt eingestuften Minerals an seinen früheren Professor François Ernest Mallard. Dieser erkannte, dass es sich tatsächlich um eine neue Mineralart handelte und gab dieser zu Ehren seines Entdeckers den Namen Cumengeit, allerdings in der Schreibweise Cumengéit.

Seit 2008 ist diese Schreibweise diskreditiert, da sich der Namensgeber ohne Akut über dem ‚e‘ schreibt und es sich daher um ein überflüssiges diakritisches Zeichen handelt.[7]

Das Typmaterial des Minerals wird im Muséum national d’histoire naturelle (MHN-Paris) in Paris unter den Sammlungs-Nummern 93.252 und 95.98 sowie in der École nationale supérieure des mines de Saint-Étienne (kurz Ecole des Mines-Saint-Etienne; Sammlungsnummer unbekannt) aufbewahrt.[8][9]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Cumengeit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „Oxidhalogenide“, wo er zusammen mit Boleit, Chloroxiphit, Diaboleit, Hämatophanit, Pseudoboleit und den inzwischen als Gemenge diskreditierten Percylith die „Boleit-Diaboleit-Haematophanit-Gruppe“ mit der System-Nr. III/C.04 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. III/D.12-40. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der ebenfalls der Abteilung „Oxidhalogenide“, wo Cumengeit zusammen mit Bideauxit, Boleit, Chloroxiphit, Diaboleit, Hämatophanit, Pseudoboleit, Siidrait und Yedlinit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[10]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cumengeit in die erweiterte Abteilung der „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Pb, Cu usw.“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 3.DB.20 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cumengeit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 10.06.07 innerhalb der Unterabteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide mit der Formel AmBn(O,OH)pXq“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cumengeit kristallisiert in der tetragonalen Raumgruppe I4/mmm (Raumgruppen-Nr. 139)Vorlage:Raumgruppe/139 mit den Gitterparametern a = 15,06 Å und c = 24,44 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cumengeit bildet sich als typisches Sekundärmineral in der Oxidationszone von Blei-Kupfer-Lagerstätten. Nur selten finden sich einzelne Kristalle mit pseudo-oktaedrischem oder pseudokubo-oktaedrischem Aussehen. Sehr viel häufiger entstehen orientierte Verwachsungen (Epitaxie) von würfeligem Boleit oder Pseudoboleit und pyramidalem Cumengeit. Die „Amelia Mine“ bei Santa Rosalía in Mexiko stellt in dem Zusammenhang die Typlokalität dieser drei Minerale dar, wo bisher auch die größten Kristalle mit einem Durchmesser von etwa 3,5 cm gefunden wurden.

Begleitminerale sind neben den bereits genannten Verwachsungspartnern unter anderem noch Atacamit, Anglesit, Cerussit, Gips und Phosgenit.

Neben seiner Typlokalität konnte das Mineral weltweit noch an folgenden, insgesamt 36 Fundorten (Stand: 2009) nachgewiesen werden, nämlich Broken Hill, Clarendon (South Australia), Penguin (Tasmanien) und Ashburton Downs/Pilbara (Shire of Ashburton) in Australien; bei Goslar und Lautenthal (Niedersachsen) sowie im Kohlebergbaugebiet von Essen (Nordrhein-Westfalen) in Deutschland; bei Laurion in Griechenland; am Vesuv, bei Varenna, Villaputzu und in der Provinz Livorno in Italien; bei Nandraž/Revúca (Okres) in der Slowakei; bei Vegadeo in Spanien; an mehreren Orten der britannischen Regionen England und Wales; am Painted Rock im Carrizo Plain National Monument von Arizona (USA).[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • F. E. Mallard: Sur la boléite, la cumengéite et la percylite. In: Bulletin de la Société Française de Minéralogie. Band 16, 1893, S. 184–195 (französisch, rruff.info [PDF; 805 kB; abgerufen am 28. Oktober 2022]).
  • F. C. Hawthorne, L. A. Groat: The crystal structure and chemical composition of cumengéite. In: Mineralogical Magazine. Band 50, 1986, S. 157–162 (englisch, rruff.info [PDF; 339 kB; abgerufen am 28. Oktober 2022]).
  • Cumengeite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 116 kB; abgerufen am 28. Oktober 2022]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 496 (Erstausgabe: 1891).
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 70.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Cumengeite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 1. Februar 2023 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB]).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 174 (englisch).
  4. David Barthelmy: Cumengite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 28. Oktober 2022 (englisch).
  5. a b c Cumengeite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. Oktober 2022 (englisch).
  6. Cumengeit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 28. Oktober 2022.
  7. Ernst A. J. Burke: Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks. In: Mineralogical Record. Band 39, Nr. 2, 2008, S. 134 (englisch, cnmnc.main.jp [PDF; 2,8 MB; abgerufen am 28. Oktober 2022]).
  8. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 28. Oktober 2022.
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 28. Oktober 2022.
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 28. Oktober 2022 (englisch).
  12. Fundortliste für Cumengeit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 28. Oktober 2022.