Dockmann

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Der Dockmann war in Teilen des Baltikums, zwischen dem 16. bis 19. Jahrhundert, und in einigen freien Städten (z. B. Riga seit 1589), gemäß der Stadtordnungen der Leiter der Bürgerversammlung. Er war zugleich der Vertreter und Wortführer der Bürger[1].

Namensgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seinen Namen hatte er von der Docke (eine kleine gedrungene Säule[2]), auf dem eine kleine Statue der Jungfrau Maria stand. Unter dieser hatte er bei Versammlungen seinen Platz und schlug diese mit einem Stab wenn er um Gehör bat oder zur Ordnung rief.

Aufzeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In dem vierten Band der „Monumenta Livoniae Antiquae“[3], Riga und Leipzig, 1844, S. CCCXXIV. Bis CCCLV ist ein Verzeichnis der Ältermänner, Ältesten und Dockmänner der großen Gilde in Riga, der ersteren von 1520, der beiden letzteren von 1604 an bis zum Jahre 1843 abgedruckt worden[…]Das in den Monumenta abgedruckte Verzeichnis ist einem Buch entnommen, welches bei der großen Gilde in Riga verwahrt wird und auf dessen Titelseite steht:

„Im Nahmen der Heiligen hochgelobten auch unzertheilten Dreyfaltigkeit. Anno 1656 bei Regirunge des Herrn Aeltermannes Eberhard Witte ist dieses Buch verfärtiget worden und sein darin geschrieben und verzeichenet die Herren Alterleute dieser grossen Gildetueben wie sie von Anno 1520 Einer nach dem Anderen regiret haben; gleichfalls die Herren Eltesten, wie auch Dockleute von Anno 1604, wie sie von Jahren zu Jahren in der Elsten Bänke gekohren; wann und umb welches Jahr ihrer etzlich auss der Bencke zu Rath gezhogen; wie auch umb welche Zeit sie in Gott dem Herrn sanfft und sähnlich entschlaffen“

Monumenta Livoniae antiquae[4]

Aufgaben und Funktion des Dockmanns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im baltischen Raum unterschieden sich die Bezeichnungen, Funktionen und Aufgaben für den Dockmann[5] geringfügig, sie waren aber überall die Vertreter der Bürger:

  • In Riga (Livland) war der Dockmann der alljährlich gewählte Vertreter einer Gilde zur Bürgerversammlung. Beschwerden und Anträge der Bürger wurden von ihm dem Ältermann der Gilde vorgetragen, der sie dann mit dem Ältesten dem Stadtrat vortrug (BPR[6]).
  • In Dorpat (Livland) hatte jede Gilde zwei ehrenamtliche, auf Lebenszeit gewählte Dockmänner (BPR § 1099). Die beiden ältesten Dockmänner waren Mitglieder im Stadtkassakollegium (Steuer- und Finanzausschuss), alle vier Dockmänner waren Mitglieder beim Quartierkollegium[7] (BPR I §§ 676, 681).
  • In den estländischen Städten Walk, Fellin und Werro hieß der Vorstand der Zunft Dockmann (BPR II § 1109) auch sie wurden auf Lebenszeit gewählt. In Werro war der Dockmann Mitglied des Kassakollegins (Steuerverwaltung).
  • In den übrigen estländischen und kurländischen Städten hießen sie Älteste.
  • In Reval (Estland) wurden die Vertreter der Gilde als Wortführer (BPR II § 1120), gelegentlich auch mit Dockmänner (§ 1372) bezeichnet.

Die Ältestenbank[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ältestenbank[8] war ein Gremium der Kaufmannsgilde. Sie war ein wichtiges Glied der Selbstverwaltung, aus ihr wurden die kaufmännischen Glieder des Stadtrates gewählt. Darüber hinaus wurden aus ihm Mitglieder für die öffentliche Verwaltung entsandt, die in verschiedenen Kollegien und Administrationen mitarbeiteten. Sie wurde 1589 mittels eines Vertrages, dem sogenannten „Severinischen Kontrakt“ (weil er am Tage Severini (23. Oktober) geschlossen wurde) gegründet. Im Jahre 1604 erfolgte bezüglich der Aufgabenstellung eine Änderung.

Der Dockmann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemäß diesem Vertrag leitete der Dockmann die Sitzung der Bürgerversammlung, wenn die Bürgerversammlung ohne Anwesenheit der Ältesten zusammentrat. Er war zugleich der Vertreter und Wortführer der Bürger. Das Wahlprozedere schrieb vor, das von der Bürgerschaft drei Kandidaten vorgeschlagen werden mussten, aus dieser Vorschlagsliste wählte die Ältestenbank und der Rat auf einer gemeinsamen Sitzung und in persönlicher Abstimmung den Dockmann. Diese Wahl erfolgte jährlich in der Versammlung vor Michaelis (29. September). Seine Amtszeit begann aber erst von der nächsten Fastnachtsversammlung an. Der Vorgänger des neugewählten Dockmanns wurde Nachfolger der ersten vakanten Stelle in der Ältestenbank. Im Jahre 1723 erfolgte eine Änderung zu den Wahlkandidaten, dort hieß es nun: „Während die kaufmännischen Glieder des Rats früher nicht bloß aus den Ältesten, sondern auch aus den übrigen Bürgern gewählt wurden, beschloss der Rat am 22. April 1723, die Wahl nicht gelehrten Glieder nur aus der Ältestenbank und den Dockmännern der großen Gilde vorzunehmen und eröffnete diesen Beschluss am 18. September 1723 einer im Ratssaal erschienenen Deputation der Ältestenbank. Seitdem ist dies so geblieben und zum ausdrücklichen Gesetz geworden“[9].

Neue Stadtverfassung von Riga[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1787 wurde in Riga eine neue Stadtverfassung eingeführt, die die Beschränkung der Macht auf die traditionellen drei „Stände“ (Magistrat, Große Gilde und Kleine Gilde) überwand und breiteren Kreisen der Bürgerschaft ein Mitspracherecht eröffnete. Nach der neuen Verfassung wurden die Einwohner von Riga, ungefähr 30 000, wie nachstehend in Bürgerklassen eingeteilt und das Amt des Dockmann neu bewertet.

Bürgerklassen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1. Klasse: Die eigentlichen Stadteinwohner, die in der Regel in der Stadt ein Haus oder ein anderes Gebäude oder ein Stück Land besaßen. 2. Klasse: Die drei Gilden, sie unterteilen sich wiederum in die, welche ein Kapital von 10 000 Rubel oder mehr angaben, wer ein Kapital von 5 000 bis 10 000 Rubel angab und schließlich in die, welche ein Kapital von 1 000 bis 5 000 Rubel angaben. 3. Klasse: Die Zünfte, für welche eine erneuerte und zu ihrem Vorteil eingerichtete Handwerksordnung gegeben wurde. 4. Klasse: Sind die Fremden oder alle diejenigen Personen aus anderen russischen Städten, wie auch aus fremden Ländern, welche sich ihres Gewerbes oder Arbeit oder anderer bürgerlicher Geschäfte wegen dort aufhielten. 5. Klasse: Sind die namhaften Bürger, zu denen alle Großhändler, Kapitalisten, Bankiers, Reeder, dergleichen alle privilegierten Gelehrte die von der Bürgerschaft zu einem Stadtdienst gewählt wurden, gehörten. 6. Klasse: Die Beisassen, die sich von irgendeinem ehrlichen Gewerbe in der Stadt nähren und gleichwohl zu keiner der übrigen Klassen gehörten.

Der Dockmann war ab nun ausschließlich der Vorsitzende einer Gilde, deren Mitglieder zur 2. Bürgerklasse gehörten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Provinzialrecht der Ostseegouvernements. Zusammengestellt auf Befehl des Herrn und Kaisers Nikolai Pawlowitsch
    • Band 1: Behördenverfassung. Sankt Petersburg 1845.
    • Band 2: Ständerecht der Ostseegouvernements. Sankt Petersburg 1845.
    • Band 3: Liv-, Est- und Curländisches Privatrecht.

Buchdruckerei der Zweiten Abtheilung Seiner Kaiserlichen Majestät eigener Kanzlei, Sankt Petersburg 1864.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „In jeder Gilde haben die nicht zur Ältestenbank gehörigen Bürger, gemäß ihrer gemeinsamen Angelegenheiten, einen besonderen Wortführer und Vertreter, der Dockmann heißt“. Zweites Hauptstück. Von der Verfassung der Stadtgemeinden in den Ostseegouvernements, Erste Abteilung „Von der Verfassung der Bürgergemeinde in Riga“. Nummer 1083 ff [1], Seite 146, aufgerufen am 7. Februar 2018.
  2. Docke, heißt im eigentlichen Verstande eine kleine Säule oder auch Puppe. In: Johann Gottfried Jacobsson, Technologisches Wörterbuch, oder alphabetische Erklärung aller nützlichen mechanischen Künste, Manufakturen, Fabriken und Handwerker …, Verlag F. Nicolai, 1781, Original von Universität Lausanne, Digitalisiert 6. Okt. 2008, Seite 431 [2], aufgerufen am 5. Februar 2018.
  3. Regesta Imperii – Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [3]
  4. Monumenta Livoniae Antiquae, Zweiter Anhang. Verzeichnis der Ältermaänner, Ältesten und Dockmänner der goßen Gilde in Riga [4], aufgerufen am 7. Februar 2018.
  5. Baltisches Rechtswörterbuch „Dockmann“ Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 9. Februar 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.balt-hiko.de, aufgerufen 7. Februar 2018
  6. BPR = Provinzialrecht der Ostseegouvernements (Baltisches Provinzialrecht)
  7. Quartierkollegium. In: Baltisches Rechtswörterbuch Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 9. Februar 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.balt-hiko.de
  8. „Die Ältestenbank der großen Gilde besteht aus einem Ältermann, welcher darin den Vorsitz führt, und 39 Ältesten[…]Die Ältestenbank der kleinen Gilde besteht aus einem Ältermann, welcher darin den Vorsitz führt, und 29 Ältesten.“ Von der Verfassung der Stadtgemeinden in den Ostseegouvernements, Nummer 1089–1094 [5], Seite 147, aufgerufen 30. Januar 2018.
  9. Heinrich Julius Böthführ: Die rigische Rathslinie von 1226 bis 1876: Nebst einem Anhang: Verzeichnis der Aeltermänner, Aeltesten und Dockmänner der grossen Gilde in Riga von 1844 bis 1876, Verlag von J. Deubner, Riga, Moskau und Odessa 1877, S. 198 ff.