Eberhard Littmann

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Eberhard Littmann (geb. 22. Juli 1909 in Neumark/Thüringen[1]; gest. 9. September 1981 in Neubiberg (Bayern) [2][3]) war ein deutscher Jurist. Er war im „Dritten Reich“ Richter am deutschen Sondergericht Prag und ab 1959 Bundesrichter beim Bundesfinanzhof in München.

Lebensweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Littmann studierte ab 1931 Rechtswissenschaften in Tübingen[4] und schloss dieses 1937 mit seiner Promotion zum Dr. iur. an der Friedrich-Schiller-Universität Jena über Die Rechtsstellung des Sicherungseigentümers im Konkurs des Sicherungsgebers und in der Einzelvollstreckung ab.[5]

Nach dem Münchner Abkommen vom 29. September 1938, in dem das zur Tschechoslowakei gehörende Sudetenland dem Deutschen Reich zugeschlagen wurde, und der Zerschlagung der so genannten Rest-Tschechei am 16. März 1939 wurde deutsche Gerichtsbarkeit auf dem tschechischen Staatsgebiet eingeführt. 1940 wurde das Sondergericht Prag beim deutschen Landgericht Prag eingerichtet. Littmann war als Landgerichtsrat an diesem Sondergericht Prag tätig.[1] Dieses Sondergericht bestand aus mehreren Senaten, mit jeweils einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Ab Ende 1943 wurden nur noch solche Strafsachen vor einem dreiköpfigen Senat verhandelt, bei denen der Staatsanwalt die Todesstrafe für den Angeklagten beantragt hatte; in allen übrigen Fällen entschied ein Einzelrichter.[6] Littmann war Vorsitzender der II. Strafkammer des Sondergerichts Prag und Beisitzer in dessen VI. Strafkammer. In Littmanns Beisein als Beisitzer verurteilte die VI. Strafkammer am 6. Oktober 1944 den 53-jährigen tschechischen Fleischer Julius Trost aus Suchdol zum Tode unter dem Vorwurf, er habe sich enttäuscht darüber geäußert, dass Adolf Hitler bei dem Bombenanschlag vom 20. Juli 1944 nicht getötet wurde. Sechs tschechische Zeugen bestätigten die brisanten Äußerungen des Angeklagten Trost nicht, die Sonderrichter glaubten jedoch der einzigen Belastungszeugin, einer Reichsdeutschen.[7]

Nach dem Ende des NS-Staates, ab Juni 1959, war Littmann bis Juli 1974 Bundesrichter am Bundesfinanzhof in München.[1] Er war Begründer und Herausgeber eines bekannten Kommentars zum Einkommensteuerrecht. Littmann war im Braunbuch der DDR als Kriegs- und Naziverbrecher aufgeführt.[8]

Werke von Eberhard Littmann (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Die Rechtsstellung des Sicherungseigentümers im Konkurs des Sicherungsgebers und in der Einzelvollstreckung“, Noske-Verlag, Borna, 1937, zugleich: Jena, Rechts- und staatswissenschaftliche Dissertation, 89 S.
  • „Das Einkommensteuerrecht. Kommentar zum Einkommensteuerrecht“, begründet von Dr. Eberhard Littmann, Schäffer-Poeschel Verlag, 15. Auflage 2005
  • „Die Bilanzierungsvorschriften des Aktiengesetzes“, Verlag C. H. Beck, 2., überarb. Aufl., München 1974
  • mit Karl Förger, „Rückstellungen in Ertragsteuerbilanzen und bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens“, Fachverlag für Wirtschafts- und Steuerrecht Schäffer, Stuttgart
  • mit Walter Hopf, „Lastenausgleich: Vermögensabgabe, Hypothekengewinnabgabe, Kreditgewinnabgabe“; mit zahlreichen Beispielen und Berechnungen erläutert, Fachverlag für Wirtschafts- und Steuerrecht Schäffer, Stuttgart

Literatur und Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bernward Dörner, „‚Heimtücke‘. Das Gesetz als Waffe. Kontrolle, Abschreckung und Verfolgung in Deutschland 1933–1945“, Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, München u. a., 1998, S. 178, Fußnote 501
  • Ronnie Golz, „Ich war glücklich bis zur letzten Stunde... Das Leben und der Tod von Marianne Golz-Goldlust, 23. Januar 1895 – 8. Oktober 1943“, Berlin, April 2013, Aktualisiert im April 2016
  • Marc von Miquel, „Ahnden oder amnestieren? Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren“, Wallstein Verlag, 2004, 446 Seiten, S. 396
  • Nationalrat der Nationalen Front des Demokratischen Deutschland (Hrsg.), Dokumentationszentrum der Staatlichen Archivverwaltung der DDR, „Braunbuch Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin. Staat • Wirtschaft • Verwaltung • Armee • Justiz • Wissenschaft“, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Berlin 1968, S. 167

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Nationalrat der Nationalen Front des Demokratischen Deutschland (Hrsg.), Dokumentationszentrum der Staatlichen Archivverwaltung der DDR, „Braunbuch Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin. Staat • Wirtschaft • Verwaltung • Armee • Justiz • Wissenschaft“, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Berlin 1968, S. 167
  2. Arndt Raupach, „Werte und Wertermittlung im Steuerrecht. Steuerbilanz, Einheitsbewertung, Einzelsteuern und Unternehmensbewertung“, Herausgegeben im Auftrag der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e. V., Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln 1984, S. 14, https://www.dstjg.de/sites/default/files/anylink/5108863-9783504620073.pdf
  3. PERS 101/53184 Bundesarchiv, PERS 101 Personalakten von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 1 Bundesrepublik Deutschland einschließlich Vorgängerbehörden und Besatzungsverwaltung, 1.2 Oberste Bundesgerichte einschließlich Vorgängerbehörden, 1.2.9 Bundesfinanzhof Aktenzeichen PERS 101/53184 und PERS 101/53185
  4. Eberhard Littmann in der Deutschen Digitalen Bibliothek
  5. Promotionsakten (1937-1938), Bd. 2, Archiv-Signature: 338, Inventory signature: Bestandssignatur K, Ageing: 1935-1938, Enthält: Promotionsvorgänge zu Otto Lehmann, Hans Leich, „Eberhard Littmann“, Gerhard Neuenhoff, Walter Neumann, Herbert Neupert, Alfred Nocon, Ulrich Rausch, Rolf Reimann, Werner Reimann, Walter Rein, Albert Reuter, Georg Röhrig, Hans Samwer, Gerhard Schäfer, Werner Schmelz, Hermann Schmidt, Hans-Jürgen Schucht, Horst Schütze, Fritz Schumann, Heinz Schumann, Adolf Schwesinger, Nikolaus Skibowski, Bernhard Storch, Rolf Rüdiger Stroth, Günther Sunderdiek, Wolfgang Voigt, Ingrid Vollmer, Johanna Weitz, Herbert Werner, Günter Wilde, Eberhard Wöllner. University archives / Friedrich-Schiller-Universität Jena / Tectonic: Universität, Fakultäten und Arbeiter- und Bauernfakultät / Inventory: K Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät / Taxonomy: Fakultäten / Taxonomy: Rechts- u. Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät (1742-1971) / Taxonomy: Dekanats- und Promotionsakten, K Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät http://www.archive-in-thueringen.de/en/findbuch/view/phrase/Me%C3%9F/exactphrase/1/limit/10/submit/Suche+starten/page/5/bestand/23235/systematik/52761
  6. Ronnie Golz, „Ich war glücklich bis zur letzten Stunde... Das Leben und der Tod von Marianne Golz-Goldlust, 23. Januar 1895 - 8. Oktober 1943“, Berlin, April 2013, Aktualisiert im April 2016, S. 122
  7. Urteil des Sondergerichts VI Prag - 7 K Ls 257/44 - vom 6.10.1944, BA Potsdam, IX/11, IV g 21 4380/44. Vorsitzer: LGD Dr. Frey; Beisitzer: LGR Littmann, LGR Dr. Zawar; Anklagevertreter: I. StA Blackert. Siehe: Bernward Dörner, „‚Heimtücke‘. Das Gesetz als Waffe. Kontrolle, Abschreckung und Verfolgung in Deutschland 1933–1945“, Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, München u. a., 1998, S. 178, Fußnote 501
  8. Norbert Podewin (Hrsg.): Braunbuch – Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Berlin (West). Reprint der Ausgabe 1968 (3. Auflage), Berlin 2002, ISBN 978-3-360-01033-9, S. 167.