Eidgenössische Abstimmung über die Familienpolitik

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Bei der Eidgenössischen Abstimmung über die Familienpolitik stimmten die Schweizer Stimmberechtigten am 3. März 2013 über den Artikel 115a ab. Sache der Abstimmung war der Bundesbeschluss über die Familienpolitik vom 15. Juni 2012. Da er eine Verfassungsänderung vorsah, unterstand der Bundesbeschluss dem obligatorischen Referendum. Die Vorlage scheiterte am Ständemehr.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der CVP-Nationalrat Norbert Hochreutener reichte am 23. März 2007 eine parlamentarische Initiative ein, welche die Verfassungsbasis für eine Familienpolitik in Artikel 116[1] der Bundesverfassung als zu schmal beurteilte. Besonderes Augenmerk der Initiative liegt auf der Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit; die Zuständigkeit hierfür bliebe bei Kantone und Gemeinden, und der Bund würde nur dann aktiv, wenn diese ihre Aufgaben ungenügend wahrnehmen.[2]

Am 15. März 2010 debattierte der Nationalrat über die parlamentarische Initiative, und ein Antrag auf Verlängerung der Frist um zwei Jahre wurde mit 97 Pro-Stimmen und 88 Gegenstimmen (ohne Enthaltungen) angenommen.[3][4] Nach der Auswertung der Vernehmlassung vom 22. November 2010 bis 4. März 2011[5] verabschiedete der Nationalrat in seiner erneuten Sitzung zu dieser parlamentarischen Initiative am 7. März 2012 den Entwurf eines neuen Verfassungsartikels zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit mit 111 zu 68 Stimmen, mit einer Enthaltung.[6][7] Der Ständerat debattierte am 4. Juni 2012 darüber und nahm ihn an, mit 30 Pro-Stimmen und 14 Kontra-Stimmen, ohne Enthaltung.[8] Auch in der Schlussabstimmung vom 15. Juni 2012 stimmten beide Räte dafür, im Nationalrat mit 129 Pro-Stimmen, 57 Kontra-Stimmen und zwei Enthaltungen[9][10] und im Ständerat mit 28 Pro-Stimmen, 12 Kontra-Stimmen und einer Enthaltung.[11]

Abstimmungtext[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 115a Familienpolitik

1 Der Bund berücksichtigt bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Bedürfnisse der Familie. Er kann Massnahmen zum Schutz der Familie unterstützen.

2 Bund und Kantone fördern die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung. Die Kantone sorgen insbesondere für ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen.

3Reichen die Bestrebungen der Kantone oder Dritter nicht aus, so legt der Bund Grundsätze über die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung fest.

Art. 116 Abs. 1 und 2

1 Aufgehoben

2 Der Bund kann Vorschriften über die Familienzulagen erlassen und eine eidgenössische Familienausgleichskasse führen.[12]

Abstimmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 3. März 2013 wurde über die Eidgenössische Abstimmung über die Familienpolitik abgestimmt. Gleichzeitig fanden Volksabstimmungen zur Eidgenössischen Volksinitiative «gegen die Abzockerei» sowie zur Änderung vom 15. Juni 2012 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) statt.

Die Vorlage scheiterte trotz Ja-Stimmenmehrheit der Bevölkerung (Volksmehr) an der Nein-Mehrheit der Kantone (dem Ständemehr).[13][14]

Abstimmung über die Familienpolitik – amtliche Endergebnisse[15]
Kanton Ja (%) Nein (%) Ja (Stimmen) Nein (Stimmen) Ergebnis Stimme (Stand) Stimmbeteiligung
Kanton Aargau Aargau 47,2 % 52,8 % 83.146 93.172 nein 1 44,4 %
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden 40,6 % 59,4 % 7.845 11.468 nein 0,5 51,8 %
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden 27,1 % 72,9 % 1.259 3.388 nein 0,5 41,9 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft 52,8 % 47,2 % 43.518 38.932 ja 0,5 44,5 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt 65,0 % 35,0 % 35.846 19.293 ja 0,5 49,4 %
Kanton Bern Bern 49,4 % 50,6 % 151.867 155.655 nein 1 42,8 %
Kanton Freiburg Freiburg 62,7 % 37,3 % 51.734 30.736 ja 1 44,5 %
Kanton Genf Genf 79,1 % 20,9 % 85.921 22.744 ja 1 46,5 %
Kanton Glarus Glarus 42,6 % 57,4 % 3.946 5.319 nein 1 36,1 %
Kanton Graubünden Graubünden 48,8 % 51,2 % 36.130 37.920 nein 1 56,2 %
Kanton Jura Jura 70,3 % 29,7 % 14.058 5.928 ja 1 40,6 %
Kanton Luzern Luzern 48,8 % 51,2 % 58.727 61.585 nein 1 46,2 %
Kanton Neuenburg Neuenburg 69,9 % 39,1 % 31.618 13.632 ja 1 41,7 %
Kanton Nidwalden Nidwalden 41,0 % 59,0 % 6.002 8.624 nein 0,5 49,0 %
Kanton Obwalden Obwalden 38,0 % 62,0 % 4.804 7.833 nein 0,5 49,0 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen 44,3 % 55,7 % 13.358 16.799 nein 1 64,9 %
Kanton Schwyz Schwyz 36,9 % 63,1 % 17.917 30.689 nein 1 49,2 %
Kanton Solothurn Solothurn 50,4 % 49,6 % 42.444 41.695 ja 1 48,6 %
Kanton St. Gallen St. Gallen 42,8 % 57,2 % 58.421 77.927 nein 1 44,0 %
Kanton Tessin Tessin 66,7 % 33,3 % 57.197 28.500 ja 1 41,5 %
Kanton Thurgau Thurgau 41,7 % 58,3 % 28.511 39.923 nein 1 43,1 %
Kanton Uri Uri 31,8 % 68,2 % 3.409 7.302 nein 1 41,4 %
Kanton Waadt Waadt 70,7 % 29,3 % 133.562 55.431 ja 1 41,4 %
Kanton Wallis Wallis 57,6 % 42,4 % 79.118 58.192 ja 1 67,8 %
Kanton Zug Zug 47,5 % 52,5 % 17.703 19.570 nein 1 51,9 %
Kanton Zürich Zürich 53,6 % 46,4 % 215.322 186.638 ja 1 47,0 %
Eidgenössisches Wappen ÜÜÜSchweizerische Eidgenossenschaft 54,3 % 45,7 % 1.283.383 1.078.895 abgelehnt 10 ja, 13 nein 45,6 %

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Artikel 116 (Memento des Originals vom 25. August 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.admin.ch der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
  2. parlament.ch: 07.419 Verfassungsbasis für eine umfassende Familienpolitik
  3. parlament.ch: 07.419 im Nationalrat 15.03.10-14h30 (Wortprotokoll)
  4. parlament.ch: 07.419 im Nationalrat 15.03.2010-16:56:54 (Abstimmungsprotokoll; PDF; 59 kB)
  5. parlament.ch: 07.419 Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung (PDF; 183 kB), 28. April 2011
  6. parlament.ch: 07.419 im Nationalrat 07.03.12-15h00 (Wortprotokoll)
  7. parlament.ch: 07.419-1 07.419 im Nationalrat 18:06:54 (Abstimmungsprotokoll; PDF; 80 kB)
  8. parlament.ch: 07.419 im Ständerat 04.06.12-15h15 (Wortprotokoll)
  9. parlament.ch: 07.419 im Nationalrat 15.06.2012-08h00 (Wortprotokoll)
  10. parlament.ch: 07.419 im Nationalrat 15.06.12-08:30:40 (Abstimmungsprotokoll; PDF; 79 kB)
  11. parlament.ch: 07.419 im Ständerat 15.06.12-08h20 (Wortprotokoll)
  12. Bundesbeschluss über die Familienpolitik. Bundeskanzlei, 5. Juni 2012, abgerufen am 7. Januar 2022.
  13. Familienartikel scheitert am Ständemehr, SRF, 3. März 2013
  14. Zahlen für Wallis und Gesamtzahlen nach: Familienartikel scheitert am Ständemehr. Alain Berset: «Wirtschaft und Kantone sind nun gefordert»
  15. Vorlage Nr. 567, Vorläufige amtliche Endergebnisse

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]