Eugen Mattiat

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Eugen Mattiat (* 28. April 1901 in Köln; † 1. Oktober 1976 in Göttingen) war ein evangelischer Theologe und Volkskundler.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mattiat studierte von 1920 bis 1924 Evangelische Theologie in Tübingen und Göttingen und wurde am 19. April 1926 ordiniert. Er war Mitglied des Heidelberger, Göttinger und Tübinger Wingolf.[1][2] Seine erste Stelle trat er als Hilfspfarrer in Hamburg an. 1927 wurde er Hilfspfarrer in Bad Lauterberg, 1928 Pfarrer in Kerstlingerode. Schon früh unterstützte er die NS-Bewegung, wurde am 1. Oktober 1931 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 677.146). Mattiat propagierte die Lektüre von Hitlers „Mein Kampf“ und vertrat offen rassistische und antisemitische Positionen.[3] Er wurde Spitzel des SD.[4] Er wurde Landesleiter der Deutschen Christen und 1933 zum Landeskirchenrat im Landeskirchenamt Hannover ernannt.

Von 1934 bis 1937 war Mattiat Referent im Reichserziehungsministerium. Am 1. Juli 1935 wurde er als ordentlicher Professor für praktische Theologie an die Universität Berlin berufen und zum Direktor des Theologischen Seminars ernannt, ohne promoviert und habilitiert zu sein. Als Referent im Reichserziehungsministerium war er von Lehrverpflichtungen entbunden.[5] 1937 wurde Mattiat Mitglied der SS (Mitgliedsnummer 290.057), in der er 1940 den Rang eines SS-Hauptsturmführers erreichte. Dem SS-Beitritt folgte ein Jahr später der Kirchenaustritt[6] 1938 schied er aus dem Reichserziehungsministerium aus und wurde ohne Konsultation der Fakultät zum Professor für Volkskunde an der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen ernannt. Ab 1939 war er örtlicher Leiter des NS-Dozentenbundes.[7] Er gilt als einer der Begründer der Volkskunde an der dortigen Universität. Während des Zweiten Weltkrieges diente er als Reserveoffizier in der Wehrmacht, zuletzt als Oberleutnant der Reserve.[8]

Im Mai 1945 verhaftet, war Mattiat bis März 1948 in Internierungshaft. Nach dem Wiedereintritt in die Evangelische Kirche konnte er in den Dienst der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zurückkehren. Er wurde 1952 Pfarrer in Zellerfeld und 1960 Pfarrer in Dorste. Am 1. August 1966 wurde er in den Ruhestand versetzt.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, Heidelberg 2004, S. 115.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Isabella Bozsa: Eugen Mattiat (1901–1976). Vom „Deutschen Christen“ zum Volkskundeprofessor und wieder zurück ins Pastorat. Fallstudie einer Karriere im Nationalsozialismus, Schmerse Media, Göttingen 2014, ISBN 9783926920515.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kennst Du überhaupt den Nationalsozialismus? Kannst Du als Christ Nationalsozialist sein? (1930).
  • Die Kirche hat den Ruf zu hören! (1933).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Otto Imgart (Hg.): Mitgliederverzeichnis des Wingolfs. Wolfratshausen 1930, S. 48.
  2. Mitgliederverzeichnis des Göttinger Wingolf. Göttingen 2007. S. 45.
  3. Othmar Plöckinger: Geschichte eines Buches: Adolf Hitlers „Mein Kampf“. 1922–1945. München 2011, S. 261.
  4. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 395.
  5. Hartmut Ludwig: Die Berliner Theologische Fakultät 1933 bis 1945. In: Rüdiger vom Bruch (Hg.): Die Berliner Universität in der NS-Zeit. Band 2, Wiesbaden 2005, S. 108
  6. Michael Grüttner, Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, Heidelberg 2004, S. 115.
  7. Rolf Wilhelm Brednich, Volkskunde – die völkische Wissenschaft von Blut und Boden, in: Heinrich Becker u. a. (Hrsg.), Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus, 2. erw. Ausgabe, München 1998, S. 492 ff.
  8. Michael Grüttner, Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, Heidelberg 2004, S. 115.
  9. Kirchliches Amtsblatt für die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers 16/1976, S. 159.