Fletcherit

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Fletcherit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1976-044[1]

IMA-Symbol

Ftc[2]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/D.01-050

2.DA.05
02.10.01.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227[4]
Gitterparameter a = 9,52 Å[4]
Formeleinheiten Z = 8[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5 bis 5[5] (VHN25 = 446 bis 464 kg/mm2[6])
Dichte (g/cm3) berechnet: 4,76[6]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe stahlgrau[6]
Strichfarbe grauschwarz[5]
Transparenz undurchsichtig (opak)[6]
Glanz Metallglanz[6]

Fletcherit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung CuNi2S4 und damit chemisch gesehen ein Kupfer-Nickel-Sulfid. Strukturell gesehen gehört Florensovit zur Gruppe der Spinelle.

Fletcherit kristallisiert im kubischen Kristallsystem, konnte bisher jedoch nur in Form von unregelmäßigen Körnern bis etwa 200 μm Größe gefunden werden, die typischerweise in anderen Sulfiden eingebettet sind. Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der stahlgrauen Körner einen metallischen Glanz. Im Auflicht erscheint Fletcherit dagegen cremeweiß. Seine Strichfarbe ist allerdings immer grauschwarz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entdeckt wurde Fletcherit erstmals in der Pb-Zn-Grube Fletcher bei Centerville im Reynolds County des US-amerikanischen Bundesstaates Missouri. Die Erstbeschreibung erfolgte 1977 durch J. R. Craig und A. B. Carpenter, die das Mineral nach dessen Typlokalität benannten.

Das Typmaterial des Minerals wird im Natural History Museum (NHM) in London (England) unter der Sammlungs-Nr. BM 1977,264, im Royal Ontario Museum (ROM) in Toronto (Kanada) unter der Sammlungs-Nr. M35070 sowie im Mineralogigischen Museum der Harvard University in Cambridge unter der Sammlungs-Nr. 134552 und im National Museum of Natural History (NMNH) in Washington, D.C. (USA) unter der Sammlungs-Nr. 137032 aufbewahrt.[6][7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die strukturelle Klassifikation der IMA zählt den Fletcherit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Carrollit, Cuproiridsit, Cuprokalininit, Florensovit, Malanit, Rhodostannit und Toyohait die „Carrollit-Untergruppe“ innerhalb der „Thiospinelle“ bildet (Stand 2019).[8]

Die bekannten und zunächst nach chemischer Zusammensetzung ordnenden Mineralsystematiken sortieren den Fletcherit in die Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ ein.

Da der Fletcherit erst 1976 als eigenständiges Mineral anerkannt und dies erst 1977 publiziert wurde, ist er in der im gleichen Jahr letztmals aktualisierten Ausgabe der 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/D.01-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der der Abteilung „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Fletcherit zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Carrollit, Cuprokalininit, Daubréelith, Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Gruppe“ bildet (Stand 2018).[5]

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Fletcherit dagegen in die Abteilung der „Metallsulfide mit M : S = 3 : 4 und 2 : 3“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : S = 3 : 4“ zu finden ist, wo es zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Carrollit, Cuproiridsit, Cuprorhodsit, Daubréelith, Ferrorhodsit (diskreditiert, da identisch mit Cuprorhodsit; IMA 2017-H), Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Linneit, Malanit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit, Violarit und Xingzhongit die „Linneitgruppe“ System-Nr. 2.DA.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Fletcherit in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Linneitgruppe (Isometrisch: Fd3mVorlage:Raumgruppe/227)“ mit der System-Nr. 02.10.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 3 : 4“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der theoretisch idealen, das heißt stoffreinen Zusammensetzung von Fletcherit (CuNi2S4) besteht das Mineral aus Kupfer (Cu), Nickel (Ni) und Schwefel (S) in dem für Spinelle typischen Stoffmengenverhältnis von 1 : 2 : 4. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichts-%) von 20,55 Gew.% Cu, 37,97 Gew.% Ni und 41,48 Gew.% S.

Insgesamt 39 Messungen mit der Mikrosonde an natürlichen Mineralproben aus der Typlokalität Fletcher-Mine ergaben durchschnittliche Zusammensetzungen im Bereich von 12,4 bis 22,5 Gew.% Cu, 19,1 bis 36,5 Gew.% Ni und 38,3 bis 41,7 Gew.% S sowie zusätzlich 9,5 bis 17,0 Gew.% Cobalt (Co) und 0,2 bis 1,2 Gew.% Eisen (Fe).

Aus diesen Werten errechneten sich auf der Basis von vier Schwefelatomen empirische Formeln zwischen Cu0,67Ni2,11Co0,61Fe0,01S4,00 und Cu1,13Ni1,04Co0,84Fe0,06S4,00.[10] Aufgrund des durchgehend signifikanten Anteils von Cobalt wurde die chemische Zusammensetzung als Mischformel mit Cu(Ni,Co)2S4 angegeben. Von der IMA anerkannt ist allerdings die idealisierte Endgliedformel CuNi2S4.[3]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fletcherit kristallisiert in der kubischen Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 mit dem Gitterparameter a = 9,52 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fletcherit bildet sich in kupferreichen Erzbändern (englisch: pods), wo er vorhandenen Dolomit verdrängt. An seiner Typlokalität, der Fletcher-Mine bei Centerville in Missouri, fand er sich dabei in Paragenese mit Bornit, Chalkopyrit, Covellin, Digenit, Pyrit und Vaesit. In Kalgoorlie-Boulder in Westaustralien trat als weitere Vergesellschaftung noch Pyrrhotin hinzu.[6] Weitere bekannte Fundorte in den Vereinigten Staaten von Amerika beschränken sich bisher auf die nahe gelegene Sweetwater-Mine (auch Milliken-Mine) bei Ellington (Reynolds County).[11]

In Deutschland konnte Fletcherit bisher nur in der Grube Glanzenberg bei Silberg, einem Ortsteil der Gemeinde Kirchhundem in Nordrhein-Westfalen, und im Salzbergwerk Gröna nahe der gleichnamigen Ortschaft im Salzlandkreis von Sachsen-Anhalt gefunden werden.

Weitere bekannte Fundorte liegen unter anderem in Brasilien, der Demokratischen Republik Kongo, Finnland, Kanada, Namibia, Portugal, Russland, Spanien und Tschechien.[11]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • J. R. Craig, A. B. Carpenter: Fletcherite, Cu(Ni,Co)2S4, a new thiospinel from the Viburnum Trend (New Lead Belt), Missouri. In: Economic Geology. Band 72, Nr. 3, 1977, S. 480–486, doi:10.2113/gsecongeo.72.3.480 (englisch).
  • Michael Fleischer, Adolf Pabst, Joseph Anthony Mandarino, George Y. Chao: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 1057–1061 (englisch, rruff.info [PDF; 669 kB; abgerufen am 9. Dezember 2020]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2020, abgerufen am 9. Dezember 2020 (englisch).
  4. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 93 (englisch).
  5. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. a b c d e f g Fletcherite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 62 kB; abgerufen am 9. Dezember 2020]).
  7. Catalogue of Type Mineral Specimens – F. (PDF 73 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 9. Dezember 2020.
  8. Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, Nr. 1, 12. September 2018, S. 183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch, online zum Download verfügbar bei pubs.geoscienceworld.org [abgerufen am 9. Dezember 2020]).
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 9. Dezember 2020 (englisch).
  10. Michael Fleischer, Adolf Pabst, Joseph Anthony Mandarino, George Y. Chao: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 1057–1061 (englisch, rruff.info [PDF; 669 kB; abgerufen am 9. Dezember 2020]).
  11. a b Fundortliste für Fletcherit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 9. Dezember 2020.