Fridolin Friedmann

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Fridolin Friedmann (vollständig Fridolin Moritz Max Friedmann, auch Fridolin Maurice Friedmann; geboren 2. Juni 1897 in Burgkunstadt; gestorben 15. Oktober 1976 in London) war ein deutsch-britischer Pädagoge.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fridolin Friedmann wurde als Sohn des Kaufmanns Louis Friedmann und seiner Ehefrau Rosa, geborene Oppenheimer, am 2. Juni 1897 in Burgkunstadt geboren und evangelisch getauft.[1] Fridolin Friedmann wuchs in München auf, wo er mit seinen Eltern in der Herzog-Heinrich-Straße 4 im Stadtbezirk Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt wohnte.[1] Am 14. August 1916 rückte er als Soldat im II. Ersatz-Bataillon des Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiments (München) in den Ersten Weltkrieg ein und wurde am 12. September 1916 vereidigt.[1] Am 16. Juni 1917 wurde er, inzwischen versetzt zum 30. bayerischen Infanterie-Regiment, durch ein Artilleriegeschoss am rechten Arm leicht verwundet.[2][3]

Friedmann studierte in München, Heidelberg, Köln und Erlangen und promovierte 1925 mit einer Arbeit über Moses Mendelssohn. Das Referendariat für das Lehramt begann er an der Odenwaldschule und setzte es im Folgejahr an der jüdischen Samson-Schule in Wolfenbüttel fort. 1928 legte er die wissenschaftliche Lehramtsprüfung in Köln und 1929 die pädagogische Prüfung in Berlin ab und erhielt eine Stelle als Studienassessor in Königs Wusterhausen.[4] 1932 wechselte er als Direktor an das im Vorjahr von Gertrud Feiertag gegründete „Jüdische Kinder- und Landschulheim Caputh“.

Friedmann, der sich in Caputh sehr dafür einsetzte, dass jüdische Lerninhalte für die Schülerinnen und Schüler nicht nur kognitiv, sondern auch emotional erfahrbar werden konnten[5], schrieb für die Schüler auch zwei Theaterstücke: Schaul und David und Joseph und seine Brüder.[6] Er machte hier auch die Bekanntschaft von Sophie Friedländer und Hilde Jarecki, mit denen er in der Emigration oft zusammengearbeitet hat.

1937 ging Fridolin Friedmann als Lehrer an die von Bruno Strauss geleitete Jüdische Oberschule Berlin[7], unterrichtete aber auch noch an Wochenenden in Caputh. Sein Nachfolger als Schulleiter wurde dort Ernst Ising.

Nach den Novemberpogromen 1938 begleitete Fridolin Friedmann mehrere Kindertransporte nach England und blieb 1939 selbst dort im Exil, wo er zunächst in einem zionistischen Landwirtschaftscamp unterrichtete.[8]

Nach Ende des Krieges kümmerte sich Friedmann um überlebende Kinder aus den Konzentrationslagern. Ausführlich berichtet darüber der Historiker Martin Gilbert in seinem Buch Sie waren die Boys. Nach Gilbert wirkte Friedmann von Oktober 1945 bis 1946 als Betreuer und Lehrer in den Auffanglagern Wintershill Hall[9] in der Nähe von Southampton und Millisle Farm.[8] Einer seiner Schützlinge in Wintershill Hall, Alec Ward, erinnert sich an ihn: „Es gab dort eine herausragende Persönlichkeit. Sein Name war Dr. (Ginger) Friedmann, der unser Beschützer, Mentor und lieber Freund war, dessen Andenken ich für den Rest meines Lebens in Ehren halten werde.“[10] Im Jahr 1946 holte Anna Essinger Fridolin Friedmann als Direktor an ihr 1926 als Landschulheim Herrlingen gegründetes und 1933 von ihr nach England transferiertes Landschulheim Bunce Court School. Am 11. Oktober 1947 wurde er hier britischer Staatsbürger.[11] Die Fortführung der Schule scheiterte aber bereits im Jahr 1948. Friedmann ging an die 1948 gegründete Privatschule Carmel College[12], in Greenham in West Berkshire und nach ihrem Umzug in Wallingford, und blieb dort bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1961. Am Londoner Leo Baeck College hielt er in der Zeit danach noch Vorträge zur Geschichte des Judentums.[4]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ein Text von Fridolin Friedmann und seine beiden Theaterstücke sind in dem Buch von Hildegard Feidel-Mertz und Andreas Paetz (siehe unten) abgedruckt:
    • Schaul und David. Ein Spiel für Schulaufführungen. Aufgeführt 1935, 1936, 1937 (Hildegard Feidel-Mertz und Andreas Paetz, Seite 187–205). Dem Stück sind zwei Fotos von der Aufführung 1937 vorangestellt. Ein Bild mit der Theatergruppe von 1935 findet sich auch in dem Buch von Joseph Walk.[13]
    • Joseph und seine Brüder. Ein Spiel für Jugendaufführungen. Aufgeführt 1934 (Hildegard Feidel-Mertz und Andreas Paetz, Seite 206–222, einschließlich zweier Fotos)
    • Landschulheim Caputh, in: Jüdische Rundschau, 10. November 1933
  • (als Übersetzer) Ernest A. Gray: Als Tiberius Kaiser in Rom war …: Ein römischer Söldner im Heiligen Land. [Berecht. Übers. aus d. Engl. von F. M. Friedmann. Zeichn. von Gustel Koch] Stuttgart: Franckh 1962

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Kriegstammrollen 1914-1918: Band 4162, Kriegsstammrolle Band 7, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abteilung IV Kriegsarchiv, S. 40
  2. Hildegard Feidel-Mertz; Andreas Paetz: Ein verlorenes Paradies, 1994, S. 21
  3. Kriegsstammrollen 1914-1918: Band 2245, Kriegsstammrolle 2. Kompanie, Band 1, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abteilung IV Kriegsarchiv, S. 222
  4. a b Hildegard Feidel-Mertz; Andreas Paetz: Ein verlorenes Paradies, S. 332
  5. Hildegard Feidel-Mertz; Andreas Paetz: Ein verlorenes Paradies, S. 21
  6. Siehe „Schriften“
  7. Hildegard Feidel-Mertz; Andreas Paetz: Ein verlorenes Paradies, S. 21. Die Autoren drücken sich leider ungenau aus und sprechen an anderer Stelle (S. 332) auch vom Privaten Reform-Realgymnasium in Berlin. Zum Zeitpunkt von Friedmanns Wechsel gab es tatsächlich die Oberschule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die 1936 in der Marchstraße neu gegründet und genehmigt worden war. Aufgrund von behördlichen Schikanen nahm sie ihren Lehrbetrieb in der Wilsnacker Straße auf. Die Schule arbeitete nach dem Lehrplan eines Reform-Realgymnasiums. (Jörg H. Fehrs: Von der Heidereutergasse zum Roseneck. Jüdische Schulen in Berlin 1712-1942, Edition Hentrich Berlin, 1993, ISBN 3-89468-075--X, S. 277–281)
  8. a b Martin Gilbert: Sie waren die Boys, S. 351 ff.
  9. Über Wintershill Hall existieren wenige Quellen, aber einen guten Eindruck von der Arbeit dort vermittelt Martin Gilbert. Weitere Informationen über Wintershill Hall sind zu finden bei:
    Eli Pfefferkorn: The Müselmann at the Water Cooler, Abschnitt Quo Vadis? (downlodbar);
    Tony Kushner: Journeys from the abyss. The Holocaust and forced migration from the 1880s to the present. Liverpool University Press, Liverpool, 2017, ISBN 978-1-78694-062-9, S. 182 ff.;
    Tony Kushner, Katharina Knox: Refugees In An Age Of Genocide. Global, National and Local Perspectives during the Twentieth Century, Frank Cass, London and Portland (OR), 1999, reprinted 2001, ISBN 0-7146-4783-7, S. 201 ff., online: Kapitel The Final Stages of the Holocaust auf Google-Books
  10. Alec Ward: Erinnerungen (Memento vom 1. Oktober 2017 im Internet Archive). „There was one outstanding personality. His name was Dr. (Ginger) Freedman who was our guardian, mentor and dear friend, whose memory I shall cherish for the rest of my life.“
  11. London Gazette. Nr. 38128, HMSO, London, 21. November 1947, S. 5504 (Digitalisat, abgerufen am 10. Oktober 2013, englisch).
  12. A Brief History of Carmel College. Ausführlicher über die auch „Jewish Eton“ genannte Einrichtung: Chaim Bermant: The Jewish Eton. Die 1997 geschlossene Schule kam 2015 noch einmal in die Schlagzeilen, weil ein ehemaliger Lehrer wegen pädophiler Übergriffe verurteilt worden war. Loughlan Campbell: Paedophile ex-teacher at Oxfordshire boarding school jailed for 19 years, Oxfordshire Guardian, October 23, 2015. Über das Carmel College und dessen Gründer, Rabbi Kopul Rosen, gibt es Artikel in der WIKIPEDIA-EN.
  13. Joseph Walk: Jüdische Schule und Erziehung im Dritten Reich, vor S. 107