Friedrich Rigler

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Peter Sebald identifiziert den linken Kolonialbeamten als Friedrich Rigler. Neben ihm v. l. n. r.: Adolf von Seefried, August Köhler, Valentin von Massow und Hermann Kersting. Die Afrikaner auf dem Bild bleiben wie so häufig in der kolonialen Geschichtsschreibung namenlos.[1]

Friedrich Johann Alexander Rigler (* 14. Juli 1864 in Dunajiwzi[2] (nach anderen Angaben in der Villa St. Marino bei Chotyn)[3]; † 13. März 1930 in Altona-Hochkamp)[4] war ein deutscher Kolonialbeamter, Kaufmann und promovierter Germanist, der zunächst in Deutsch-Togo und später in Kamerun stationiert war. Danach wurde er Fabrikbesitzer in Hamburg.

Familie und Jugend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Friedrich Rigler war der Sohn des Gutsbesitzers Alexander Rigler und dessen Ehefrau Johanna geborene Bornemann.[3] Alexander Rigler war seit 1863 preußischer Vizekonsul in Odessa. 1869 wurde er zum Konsul des Norddeutschen Bundes, ab 1871 des Deutschen Reichs, im damals russischen Akkierman ernannt.[5] Er war zuständig für die russischen Gouvernemente Podolien, Wolhynien, Bessarabien, Kiew und Tschernigow,[6] trat jedoch 1877 von seinem Posten als Konsul zurück.[7] Friedrich Rigler wuchs auf einem der Landsitze der Familie in Bessarabien, der Villa St. Marino bei Chotyn auf.[8] Seine Schulausbildung erhielt er ab Oktober 1878 auf der Landesschule Pforta, die er regulär im Jahre 1885 abschloss.[8][2] Er studierte Geographie, Geschichte, Staatsrecht und Nationalökonomie in Jena, Breslau und Göttingen[9], bevor er Verwalter eines weiteren Landgutes in der Bukowina wurde.[8]

Friedrich Rigler hatte eine jüngere Schwester Marie Louise Gustava (1869–1947), die 1895 in Bötzow den Kaufmann Carl Edmund Paul Weber heiratete. Die Ehe wurde jedoch 1906 wieder geschieden.[10]

Kolonialbeamter in Togo und Kamerun[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst trat Rigler dem Wachregiment und schließlich 1898 als Mitglied der Grenzkommission der deutschen Kolonialverwaltung bei. Die Kommission, geführt von Valentin von Massow, war für die Grenzregulation zwischen Sudan, Dahomey und Deutsch-Togo zuständig. Im selben Jahr am 21. Mai reiste Rigler von Hamburg aus mit dem Dampfschiff Carl Woermann der Woermann-Linie an die westafrikanischen Küste nach Lomé (Togo).[11][12]

Der Heimaturlaub von Gaston Thierry 1899 beschleunigte Riglers Wechsel vom Assistenten in der Grenzkommission zum Stationschef in Sansanné-Mangu, etwa ein Jahr nach seiner Ankunft in Deutsch-Togo. Von dort aus führte er mindestens vier Militärexpeditionen: Nach Bapure gegen die Konkomba in der Regenzeit 1899, nach Bologu und Kantindi gegen die Moba Anfang 1900, gegen Tchore und Tjessidé in der Lamba-Region, und schließlich nach Yendi gegen die Dagomba im April/Mai 1900.[13][14][15]

Nachdem er der Zerstörung von Archiven und gewalttätigen Misshandlung von Afrikanerinnen und Afrikanern beschuldigt worden war, wurde er im Juni 1901 von seiner Position abgesetzt.[16] Der wissenschaftliche Berater der Abteilung für koloniale Angelegenheiten, Alexander von Danckelman, hielt nicht viel von Rigler und wollte dem Geographen keine wissenschaftliche Verantwortung bezüglich der Grenzverhandlungen mit den Briten geben.[17] 1901 in Berlin, 1902 in Riesa und Freiburg sowie 1903 in Heidelberg hielt Rigler Reden in der deutschen Kolonialgesellschaft, alle mit dem Titel „Kriegs- und Friedensjahre im deutschen Sudan“.[18][19][20][8]

1903 wurde Rigler nach Kamerun versetzt und zum Stationschef in Jabassi ernannt.[21][22] Er reiste am 10. August 1903 von Hamburg aus mit dem Dampfschiff Alexandra Woermann nach Douala.[23] Auch in Kamerun wurde ihm mangelnde Dienstführung vorgeworfen.[24] Rigler verließ Kamerun im Juli 1905 auf Heimaturlaub.[25] Er kehrt noch einmal im Januar 1906 nach Jabassi zurück.[26]

Grabensemble Boldt und Rigler auf dem Friedhof Ohlsdorf (links Grabstein für Dr. Fried(e)rich Rigler; Grabstätte 15-9-17 mit den Grablagen J10-129 bis 134).[27]

Unternehmer in Hamburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1908 heiratete Rigler in Hamburg die Fabrikbesitzerswitwe Martha Johanna Wilhelmine Boldt geborene Winter (1867–1954).[3][28] Er wurde geschäftsführender Gesellschafter der 1874 gegründeten Hamburger Maschinenbaufabrik Boldt & Vogel,[29] die bis etwa 1928 bestand.[30] Riglers wohnten in Hamburg-Winterhude in der Villa Bellevue 49.[31] Die 1874 gegründete Fabrik befand sich in der Kleinen Reichenstraße 3 und produzierte Brauerei- und Kellereimaschinen zum Reinigen, Befüllen, Verkorken und Etikettieren von Flaschen.[32] Im Verzeichnis Kolonialdeutsche im In- und Ausland im Kolonialen Hand- und Adressbuch von 1926–1927 lautet der Eintrag über ihn: Rigler, Dr. Friedr., Fabrikbes. Hochkamp Bez. Hambg., Friedensstr. 8. [To.].[33] Rigler verstarb 1930 im Alter von 65 Jahren im Friedensweg 32 in Hochkamp, wo das Ehepaar auch zuletzt wohnte.[4] Riglers Asche wurde auf dem Ohlsdorfer Friedhof auf einem Grabensemble der Familien Boldt und Rigler beigesetzt, das noch heute besichtigt werden kann (Stand März 2022).

Sammlungsverbleib[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

106 Sammlungsobjekte Riglers aus Kamerun befinden sich im Linden-Museum in Stuttgart.[34] Karl von Linden bat Felix von Luschan schon im Jahre 1901 um eine Einschätzung zu Riglers Togo-Sammlung. Er bekam damals zur Antwort: Die ganze R'sche Sammlung ist eben keine wissenschaftliche[,] sondern nichts weiter als eine brutale Anhäufung von brutal zusammengeraffter ,Beute’.[34] Auch im Ethnologischen Museum in Berlin finden sich Sammlungsobjekte von Rigler.[35]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Friedrich Rigler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Grave Rigler/Boldt at Friedhof Ohlsdorf – Sammlung von Bildern des Grabensembles Boldt und Rigler

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sebald, Peter: Die deutsche Kolonie Togo 1884-1914. Auswirkungen einer Fremdherrschaft. Ch. Links Verlag, 2013, ISBN 978-3-86153-693-2, S. 57.
  2. a b Pförtner Stammbuch 1543–1893; zur 350jährigen Stiftungsfeier der Königlichen Landesschule Pforta. Weidmann, Berlin 1893. S. 489 (Nummer 11450) Digitalisat
  3. a b c Heireitsurkunde Standesamt Hamburg 21 B 6/1908; Vatern und Mutter waren 1908 schon verstorbe: Alexander in Sloboda-Komariwzi im Rajon Storoschynez und Johanna in Lipspringe.
  4. a b Sterbeurkunde Altona-Blankenese C 35/1930
  5. Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes. Bd. 1869 Nr. 6 S. 50 (Nr. 250). Wikisource-Link
  6. Verzeichnis der Kaiserlich Deutschen Consulate (1872). Auswärtiges Amt des Deutschen Reiches, Berlin 1872. (Beilage zu Nr. 6 des Preßischen Handels-Archivs) S. 25. Digitalisat
  7. Hauptstaatsarchiv Stuttgart: Kaiserliches Konsulat Villa St. Marino, Bessarabien. 1. - 20. November 1877 (Rücktritt des Konsuls). Link
  8. a b c d Oertliches und Sächsisches. Riesaer Tageblatt und Anzeiger. Jahrgang 55 Nr. 17, 22. Januar 1902 S. 1 Digitalisat
  9. Wilhelm Ebel (Hrsgb.): Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen 1837–1900. Textband (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen IX Abt. 3)) August Lax, Hildesheim 1974. S. 645, Eintrag 64 288. 29. Oktober 1888, Matrikel-Nr. 161: „Rigler, Friedrich; phil.; V[ater]: Deutscher Konsul a. D. und Gutsbesitzer in Rheda; U. Z. Breslau.“
  10. Sterbeurkunde Bensheim C 24/1947
  11. Hamburger Passagierlisten 373-7 I, VIII A 1 Band 098 C (Nr. 179) (das angegebene Alter 31 Jahre ist wohl falsch); Abreise am 21. Mai 1898
  12. Bettina Zurstrassen: Die Steuerung und Kontrolle der kolonialen Verwaltung und ihrer Beamten am Beispiel des "Schutzgebietes" Togo (1884-1914). München 2005, S. 277. pdf
  13. Bundesarchiv, BArch R 1001/4393,147-156
  14. Deutsches Kolonialblatt (DKB) 12, Nr. 4, 15. Feb. 1901, 108-113.
  15. Georg Trierenberg: Togo, die Aufrichtung der deutschen Schutzherrschaft und die Erschließung des Landes. Mittler, Berlin 1914. S. 32, 38, 162–166, 191–193. Digitalisat
  16. Bettina Zurstrassen: Die Steuerung und Kontrolle der kolonialen Verwaltung und ihrer Beamten am Beispiel des "Schutzgebietes" Togo (1884-1914). München 2005, S. 135. pdf
  17. Brief von Danckelman, 13. Aug. 1901, Nachlass A. Zimmermann, Bundesarchiv, BArch N2345, Nr. 15, Bl. 51f.
  18. Vossische Zeitung, 26. Apr. 1901, Bundesarchiv, R 1001/4393.
  19. Freiburger Stadtanzeiger, in Freiburger Zeitung, 1902, Freiburg, Zeitungsausschnitt
  20. Aus Stadt und Land: Vortrag von Dr. Rigler, in Heidelberger Zeitung, 1903, Heidelberg.
  21. DKB 14, Nr. 17, 1. Sep. 1903, 457
  22. Brief von Rigler an den Gouverneur von Kamerun, 4. Nov. 1903, BArch R 175-I/133, 1-7.
  23. Hamburger Passagierlisten 373-7 I, VIII A 1 Band 146 (IX 13/8 1903 2123)
  24. Bundesarchiv Berlin (BArch Berlin R 175-I/133)
  25. Deutsches Kolonialblatt (Amtsblatt für die Schutzgebiete des Deutschen Reiches) Band 16, Nr. 16, 15 August 1905, S. 497. Digitalisat
  26. Passagierlisten Hamburg 373-7 I, VIII A 1 Band 174 (das angegebene Alter 38 Jahre ist wohl falsch); Abreise am 10. Januar 1906 mit dem Dampfschiff Lucie Woermann Richtung Kribi
  27. Grablage J10-129 (Memento des Originals vom 4. März 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gisx.friedhof-hamburg.de auf der GIS-Karte des Ohlsdorfer Friedhofs (abgerufen am 10. März 2022)
  28. Sterbeurkunde Hamburg-Winterhude C 497/1954 (20. Dezember 1867 bis 21. Oktober 1954)
  29. Personen- und Firmenverzeichnis: Abschnitt II. Einwohner- und Firmen-Verzeichnis der Stadt Hamburg einschließlich der Vororte .... S. 93. Im Hamburger Adressbuch Jg. 129. Hermanns Erben, Hamburg 1915. Digitalisat
  30. Der erste Ehemann Martha Winters war der Fabrikbesitzer Friedrich Wilhelm Anton Boldt. Er starb 61-jährig am 22. Februar 1900 (Sterberegister Hamburg 21 C 184/1900)
  31. Die Bellevue auf Eppendorf-Winterhude mit Abbildung der Villa Dr. F. Rigler aus dem Jahre 1915 (abgerufen am 26. August 2021)
  32. Informationen zu Boldt & Vogel auf der Website der ELVA-Kellereimaschinen-Sammlung, Max Baldinger AG, Rümikon, Schweiz (abgerufen am 26. August 2021)
  33. Koloniales Hand- und Adreßbuch 1926–1927. Kolonialkriegerdank, Berlin 1926. S. 282.
  34. a b Gesa Grimme: Provenienzforschung im Projekt „Schwieriges Erbe: Zum Umgang mit kolonialzeitlichen Objekten in ethnologischen Museen“ – Abschlussbericht –. Linden-Museum, Stuttgart 2018. S. 34 und 88. pdf
  35. Eintrag zu Rigler mit der Zuordnung und Abbildung einiger Sammlungsobjekte auf smb.museum-digital.de (abgerufen am 28. August 2021)