Gender-Pension-Gap

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Der Gender-Pension-Gap (kurz GPG; von englisch gender „[soziales] Geschlecht“), deutsch etwa geschlechtsspezifische Altersvorsorgelücke oder Rentenlücke, ist eine Kennzahl, die den relativen Unterschied der Alterssicherungseinkommen von Frauen und Männern beschreibt, gründend auf der geschlechtsspezifischen Einkommensungleichheit im Lebensverlauf.[1] Der Gender Pension Gap ist meist wesentlich höher als der Gender-Pay-Gap (Lohnlücke), da sich hier die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern und die Erwerbsbeteiligung über das Erwerbsleben summieren und daher aktuell auch die Einkommensdifferenzen der letzten rund 50 Jahre einfließen.

Hintergrund für die Entwicklung der Kennzahl war es, die Auswirkungen politisch verantworteter, familiärer und individueller Faktoren auf die Alterssicherung von Frauen und Männern besser zu verstehen. Bis heute unterscheiden sich in den meisten Ländern nicht nur die Alterseinkommen von Frauen und Männern deutlich, sondern auch ihre Lebens- und Erwerbsverläufe. Sie sind geprägt von sozioökonomischen Rahmenbedingungen, welche die Grundlage für gemeinsame Entscheidungen in der Partnerschaft sowie von persönlichen Wünschen bilden.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) erklärt 2011: „Der Gender Pension Gap wird definiert als die prozentuale Differenz der durchschnittlichen persönlichen eigenen Alterssicherungseinkommen aller betrachteten Frauen zu den durchschnittlichen persönlichen eigenen Alterssicherungseinkommen der entsprechenden Gruppe der Männer.“[2] In den persönlichen eigenen Alterssicherungseinkommen sind nicht nur die Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung enthalten, sondern auch die aus der betrieblichen Altersversorgung und einer privaten Lebensversicherung – nicht jedoch Einkommen aus Hinterbliebenenrenten.

Formel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Formel zur Berechnung:[2]

OECD[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den 37 Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) betrug der Gender-Pension-Gap im Jahr 2011 durchschnittlich 28 %, dabei hatte Deutschland den höchsten (45 %) und Estland (5 %) den geringsten Unterschied im Alterseinkommen der Geschlechter – die folgende Liste zeigt 25 der Staaten:[3][1]

Land GPG
Estland 05,2 %
Slowakei 07,2 %
Dänemark 07,6 %
Tschechien 13,7 %
Island 15,6 %
Ungarn 15,7 %
Norwegen 23,1 %
Polen 24,6 %
Slowenien 25,0 %
Griechenland 25,1 %
Finnland 27,1 %
37 Staaten ø 28,0 %
Schweden 29,4 %
Belgien 31,2 %
Portugal 31,5 %
Italien 31,8 %
Spanien 33,3 %
Schweiz 34,2 %
Irland 34,8 %
USA (2010) 34,9 %
Frankreich 37,0 %
Österreich 38,6 %
Großbritannien 39,6 %
Niederlande 41,4 %
Luxemburg 44,2 %
Deutschland 44,8 %

EU[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innerhalb der Europäischen Union lag der durchschnittliche Gender-Pension-Gap im Jahr 2022 bei 26 %. Aufgeschlüsselt auf die jeweiligen Mitgliedsstaaten ergeben sich folgende Werte:[4]

Land GPG
Estland 04,7 %
Dänemark 08,3 %
Slowenien 09,2 %
Slowakei 09,9 %
Ungarn 09,9 %
Litauen 13,2 %
Tschechien 13,6 %
Lettland 14,8 %
Polen 15,6 %
Rumänien 19,4 %
Finnland 22,2 %
Kroatien 24,8 %
Belgien 25,1 %
Bulgarien 25,5 %
27 Staaten ø 26,0 %
Portugal 26,3 %
Griechenland 26,7 %
Deutschland 27,8 %
Spanien 28,4 %
Italien 30,1 %
Irland 30,4 %
Frankreich (vorläufige Schätzung) 30,5 %
Zypern 34,3 %
Österreich 34,4 %
Luxemburg 37,9 %
Malta 41,8 %

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entwicklung seit 1992[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland zeigt eine Auswertung der Studien zur Alterssicherung die Entwicklung von 1992 bis 2021:[1][5][6]

Land 1992 1995 1999 2003 2007 2014 2021
Alte Länder 69,2 68,6 64,3 63,3 59,6 42,0 unbekannt
Neue Länder 39,3 44,8 46,2 43,4 36,7 23,0 unbekannt
Deutschland gesamt 72,5 72,4 67,7 67,1 63,8 unbekannt 29,9

Nach Familienstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei verheirateten und verwitweten Personen ist der Gender-Pension-Gap deutlich größer als bei Geschiedenen und Ledigen:[1]

2007 verheiratet verwitwet geschieden ledig
Alte Länder 68,5 70,0 19,4 7,9
Neue Länder 38,8 41,2 13,0 2,7
Deutschland gesamt 63,8 65,4 18,8 9,0

Nach höchstem Berufsabschluss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durchgehend ist der Gender-Pension-Gap in den neuen Bundesländern deutlich niedriger als in den alten. In Abhängigkeit vom höchsten Berufsabschluss zeigt sich eine treppenartige Verringerung des Gap von West nach Ost und von niedriger zu hoher beruflicher Qualifikation:[1]

2007 kein
Berufs-
abschluss
einfacher
bis
mittlerer
Berufs-
abschluss
Meister-/
Techniker-
abschluss
Fach-
hochschul-
abschluss
Hochschul-
abschluss
Alte Länder 60,8 57,8 57,2 49,5 41,6
Neue Länder 36,0 31,3 29,7 25,3 14,3
Deutschland gesamt 58,1 54,2 52,2 44,7 35,6

Nach Alter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Je jünger die Alterskohorte ist, desto mehr nimmt der Gender-Pension-Gap ab. Im Westen weist selbst die jüngste Altersgruppe einen höheren Gap auf als die älteste im Osten:[1]

2007 65 bis <70 70 bis <75 75 bis <80 über 80
Alte Länder 59,3 62,8 64,6 68,8
Neue Länder 27,2 35,9 40,7 49,2
Deutschland gesamt 54,3 58,2 60,7 66,0

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Judith Flory, Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT): Gender Pension Gap: Entwicklung eines Indikators für faire Einkommensperspektiven von Frauen und Männern. Herausgegeben von Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Berlin Dezember 2011 (PDF: 950 kB, 26 Seiten auf bmfsfj.de).
  2. a b Judith Flory, Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT): Gender Pension Gap. Entwicklung eines Indikators für faire Einkommensperspektiven von Frauen und Männern. Herausgegeben von Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Berlin Dezember 2011, S. 9 (PDF: 950 kB, 26 Seiten auf bmfsfj.de).
  3. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): New OECD data and analysis revealing the wide gap in pension benefits between men and women. In: OECD.org. März 2015, abgerufen am 11. Juni 2020 (englisch).
  4. Bruno Urmersbach: Europäische Union: Geschlechtsspezifisches Rentengefälle (Gender Pension Gap) in den Mitgliedstaaten im Jahr 2022. In: statista.com. 2. Januar 2024, abgerufen am 7. Februar 2024.
  5. Markus M. Grabka, Björn Jotzo, Anika Rasner, Christian Westermeier: Der Gender Pension Gap verstärkt die Einkommensungleichheit von Männern und Frauen im Rentenalter. In: DIW Wochenbericht. Band 84, Nr. 5, 2017, ISSN 1860-8787, S. 87–96 (econstor.eu [PDF; abgerufen am 7. Februar 2024]).
  6. Gender Pension Gap: Alterseinkünfte von Frauen 2021 fast ein Drittel niedriger als die von Männern. Statistisches Bundesamt, 7. März 2023, abgerufen am 7. Februar 2024.