Gerhard Ruden

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Gerhard Ruden (* 25. August 1946 in Haldensleben) war bis 2010 Landesbeauftragter für die Unterlagen der Staatssicherheit von Sachsen-Anhalt. Er war als CDU-Mitglied von 2002 bis 2005 Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt.

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerhard Ruden besuchte die Erweiterte Oberschule und machte eine Ausbildung zum Schlosser. Später studierte er Bauingenieurswesen an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar und war nach dem Abschluss ein Jahr als wissenschaftlicher Assistent tätig. Anschließend arbeitete er als Ingenieur. Er leistete den Grundwehrdienst in der Nationalen Volksarmee ab und arbeitete in mehreren Volkseigenen Betrieben als Projekt- und Forschungsingenieur.

Politisches Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruden war gegen Ende der DDR Mitglied in dem evangelischen Friedensarbeitskreis der Martinsgemeinde bei Pfarrer Rainer Bohley in Magdeburg und von dort kommend auch in der Initiative Frieden und Menschenrechte aktiv.

Am 5. Dezember 1989 half er bei der Gründung des „Runden Tisches Magdeburg“ im Rathaus Magdeburg. Hier wurde der Vorschlag von Norbert Bischoff vom Koordinierungsausschuss der Katholischen Kirche angenommen, ein Bürgerkomitee (BK) zu benennen, welches Hinweisen auf Aktenvernichtung beim AfNS nachgehen sollte.

Nach der Wende und friedlichen Revolution war Ruden für das Bündnis 90 und aus der Initiative Frieden und Menschenrechte kommend[1] von Mai 1990 bis Dezember 1994 Beigeordneter und Dezernent für Umwelt der Stadt Magdeburg. Anschließend war er in einem Abwasserbetrieb der Stadt Magdeburg tätig.

Zur Landtagswahl 2002 trat Gerhard Ruden im Wahlkreis Magdeburg II an gegen Reinhard Höppner, den damaligen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, und gewann das Direktmandat. Er war von 2002 bis 2005 Mitglied der CDU-Landtagsfraktion im 4. Landtag von Sachsen-Anhalt.

Stasivorwürfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem 15. Juni 2005 war Gerhard Ruden Landesbeauftragter für Stasi-Unterlagen von Sachsen-Anhalt. Am 31. März 2010 trat er von seinem Amt zurück.[2]

Hintergrund des Rücktritts waren Enthüllungen über Äußerungen Rudens in einer Vernehmung durch die Staatssicherheit im Jahr 1968, in der er einen Freund belastet hatte. Ruden denunzierte ihn als uneinsichtigen Systemkritiker, bescheinigte ihm „Uneinsichtigkeit gegenüber Maßnahmen der Regierung der DDR“ und bezichtigte ihn des Hörens „westlichen Rundfunks“.[3][4] Der Freund wurde wegen „ungesetzlichen Grenzübertritts“ später zu fünf Jahren Haft verurteilt, wobei Ruden einräumte, dass seine Aussage „sicher für die Anklage mitverwendet“ wurde.[5] Als besonders schwerwiegend erwiesen sich Äußerungen Rudens in einem Interview mit der Magdeburger Volksstimme, die als Schuldzuweisungen an Opfer der Staatssicherheit verstanden wurden. Ruden hatte unter anderem geäußert: „Ich meine, wenn einer verhaftet wird, dann hat er ja wohl in erster Linie selbst daran Schuld.“[5] Ruden bedauerte in seiner Rücktrittserklärung diese Äußerungen als missverständlich.[2]

Am 7. April 2010 zog Ruden überraschend seinen Antrag auf Entlassung zurück. Im Landtag und bei Opferverbänden wurde dies massiv kritisiert. In den deutschen Medien wurden in Folge Spekulationen laut, ob sich Ruden mit seinem Rücktritt vom Rücktritt Versorgungsansprüche sichern wolle, da ihm diese erst nach fünf Jahren im Amt zustehen. Dieser Zeitpunkt liegt bei Ruden im Juni 2010.[6] Mit der Begründung, dass Ruden dem Ansehen des Amtes und der Opferverbände mit öffentlichen Äußerungen geschadet habe, untersagte die Landesregierung ihm die weitere Führung der Amtsgeschäfte des von ihm jedoch formal auch weiterhin bekleideten Amtes.[7]

Am 14. Juni 2010 wurde Gerhard Ruden vom Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer aus seinem Amt entlassen.[8]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruden ist verheiratet und hat ein Kind.

Publikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • gemeinsam mit Wilfried Lübeck, Knüppel, Kerzen, Dialog – Die friedliche Revolution 1989/90 im Bezirk Magdeburg, Mitteldeutscher Verlag Halle (Saale) 2009, ISBN 978-3-89812-646-5

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Ruden (Memento vom 23. November 2007 im Internet Archive) auf den Seiten von Sachsen-Anhalt

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. offizielle Webseite von Bündnis 90/Die Grünen Magdeburg: „Zur Geschichte des Kreisverbandes“: „Zur ersten freien Kommunalwahl in der DDR im Mai 1990 schlossen sich die drei Gruppen des Bündnis 90 mit der Grünen Partei und dem Unabhängigen Frauenverband (UFV) zur Listenvereinigung Bündnis 90 - Frauen - Grüne zusammen... Das Bündnis 90 stellte mit Gerhard Ruden (ehemals IfM) einen Dezernenten... Mit der Stadtratswahl 1994 entstand dann eine einheitliche Ratsfraktion... In der Legislaturperiode verließ der Stadtrat und langjähriges Mitglied Gerhard Ruden die Partei und trat zur CDU-Fraktion über.“ (abgerufen am 7. Dezember 2016)
  2. a b Presseerklärung: Amt des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR in Sachsen-Anhalt (Memento vom 9. September 2012 im Webarchiv archive.today) Rücktrittserklärung
  3. vgl. z. B. Stasi-Landesbeauftragter erklärt Rücktritt vom Rücktritt, welt.de (Memento des Originals vom 1. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.welt.de.
  4. Ruden erzählte mehr, als der Vernehmer ihn fragte, Mitteldeutsche Zeitung, 31. März 2010, online unter mz-web.de.
  5. a b Kann schon sein, dass ich zuviel erzählt habe, Volksstimme vom 31. März 2010, Seite 3
  6. Sachsen-Anhalt: Eklat um Stasi-Beauftragten, 7. April 2010, focus.de.
  7. Michael Bock: Stasi-Beauftragter darf Dienstgeschäfte nicht weiter führen in Magdeburger Volksstimme vom 9. April 2010, Seite 1
  8. Gerhard Ruden entlassen (www.mdr.de) (Memento vom 17. Juni 2010 im Internet Archive)