Gruppe Fernmeldewesen

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Gruppe Fernmeldewesen
— Gruppe F —

Staatliche Ebene Bund
Rechtsform Organisationseinheit im BGS
Aufsichtsbehörde Bundesministerium des Innern
Gründung 1. April 1955
Hauptsitz Swisttal-Heimerzheim
Bedienstete 500 (1994)

Die Gruppe Fernmeldewesen (Gruppe F, anfangs Funkbeobachtungsdienst) war von 1955 bis 1996 eine Organisationseinheit des Bundesgrenzschutzes (BGS) zur Funkaufklärung hauptsächlich im Rahmen der Spionageabwehr für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV).

Aufgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gruppe F wurde in Art einer Organ- und Institutsleihe für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) tätig zur Aufdeckung von Funkverbindungen von Agenten fremder Nachrichtendienste und verfassungsfeindlichen Organisationen sowie deren Bemühungen zur Feststellung von Funkverbindungen der Sicherheitsbehörden.[1] Dort arbeitete sie hauptsächlich mit dem Referat Funkabwehr der Abteilung Spionageabwehr zusammen.[2] Sie betrieb im originären Zuständigkeitsbereich Fernmeldeaufklärung offener Funkverkehre, insbesondere im Rahmen der Grenzsicherung, und überwachte den eigenen Funkverkehr des BGS.[1] Auf Anforderung unterstützte die Gruppe F nach Entscheidung des Bundesministeriums des Innern andere Bedarfsträger des Bundes und der Länder durch Abstellung von Einsatzkräften/-mitteln, und zwar:

Sofern die Gruppe F für andere Bedarfsträger tätig wurde, richteten sich die Rechtsgrundlagen nach deren Recht. Für den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst oder andere Dienststellen der Bundeswehr, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik oder ausländischen Sicherheitsbehörden nahm die Gruppe F keine Aufgaben wahr. Sie wirkte an Beschränkungsmaßnahmen des Fernmeldegeheimnisses nach § 100a Strafprozessordnung und Artikel 10-Gesetz mit. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten wurde durch die Organleihe nicht berührt, weil das BfV einerseits die Gruppe F nicht um Maßnahmen ersucht hat, zu dem das BfV selbst nicht befugt war, und andererseits, weil das Trennungsgebot die Unterstützung von Polizei und Nachrichtendiensten bei der Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben nicht ausschließt.[1]

Die Überwachung des Funkverkehrs durch die Gruppe F war grundsätzlich innerhalb der physikalischen Reichweite der Funkwellen möglich. Im Kurzwellenbereich konnte dies – sofern entsprechende Voraussetzungen insbesondere auf der Sendeseite und in der Ionosphäre erfüllt waren – sogar weltweit möglich sein. Eine Satelliten­aufklärung betrieb die Gruppe F nicht.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gruppe F wurde am 1. April 1955 in Sankt Augustin-Hangelar aufgestellt[3] und anfangs Funkbeobachtungsdienst genannt.[4] Zuvor hatte die Organisation Gehlen die Funkaufklärung zur Spionageabwehr betrieben.[5] Die Gruppe F wurde im November 1975 nach Swisttal-Heimerzheim verlegt und hatte weitere Standorte in Lübeck, Leer und Rosenheim.[3] Sie unterstand dem Grenzschutzpräsidium West.[1]

Mindestens ab 1972 war die Gruppe F auch zur verdeckten Aufklärung gegen die Rote Armee Fraktion eingesetzt.[6] 1994 wurde ihr Auftrag im Bundesgrenzschutzgesetz verankert. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Gruppe F aus etwa 450 Beamten und 50 Angestellten/Arbeitern.[7]

Am 1. November 1996 wurde die Gruppe Fernmeldewesen mit den beiden parallel existierenden Fernmeldediensten des Bundesgrenzschutzpräsidiums West, der Führungsfernmeldeeinheit und der IuK-Unterstützungseinheit zum Bundesgrenzschutz-Zentralstelle für Information und Kommunikation (BGSZSIUK) des Bundesgrenzschutzes verschmolzen.

Aufsicht und Kontrolle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bundesministerium des Innern übte die Fach- und Rechtsaufsicht aus. Da die Gruppe Fernmeldewesen kein offizieller Nachrichtendienst des Bundes war, unterlag er nicht der Kontrolle der Parlamentarischen Kontrollkommission (heute: Parlamentarisches Kontrollgremium), sondern der allgemeinen parlamentarischen Kontrolle.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bundespolizei – Zentralstelle für Information und Kommunikation der Bundespolizei. Archiviert vom Original; abgerufen am 16. Dezember 2018.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der der Abgeordneten Ingrid Köppe und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Überwachung des Funk- und Fernmeldeverkehrs durch den Bundesgrenzschutz. (PDF) Drucksache 12/7020. In: www.bundestag.de. Deutscher Bundestag, 15. April 1994, abgerufen am 16. Dezember 2018.
  2. Michael Wala: Der Stasi-Mythos: DDR-Auslandsaufklärung und der Verfassungsschutz. Ch. Links, Berlin 2023, ISBN 978-3-96289-192-3, S. 139.
  3. a b Manfred Bischoff: Eine Besonderheit stellt der Bereich Funkbeobachtung/Funküberwachung durch den Bundesgrenzschutz (BGS) bzw. durch die Bundespolizei (BPOL) der Bundesrepublik Deutschland dar. In: www.manfred-bischoff.de. Manfred Bischoff, abgerufen am 16. Dezember 2018.
  4. Michael Wala: Der Stasi-Mythos: DDR-Auslandsaufklärung und der Verfassungsschutz. Ch. Links, Berlin 2023, ISBN 978-3-96289-192-3, S. 137.
  5. Erich Schmidt-Eenboom: Empfänglich für Geheimes – Die (west)deutschen Nachrichtendienste im Äther. (PDF) In: www.desert-info.ch. S. 2, abgerufen am 16. Dezember 2018.
  6. Die Nacht von Stammheim – Was wussten die Geheimdienste? In: www.spiegel.de. Der SPIEGEL, 8. September 2007, abgerufen am 16. Dezember 2018.
  7. Bundesgrenzschutz – Geheime Horchtruppe. In: www.spiegel.de. Der SPIEGEL, 16. Mai 1994, abgerufen am 16. Dezember 2018.