Gunnar Lindemann

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Gunnar Norbert Lindemann (* 25. August 1970 in Wuppertal) ist ein deutscher Politiker (AfD). Er ist seit 2016 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lindemann ist gelernter Bankkaufmann sowie Sicherheitskraft[1] und war als Personalbetriebsplaner beim privaten Bahnunternehmen Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) tätig, bei dem er seit 1. März 2017 beurlaubt ist.[2][3]

Im September 2016 gewann er bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin mit 30,6 % den Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf 1 als Direktkandidat der AfD.[4][5] Bei der folgenden Wahl im September 2021 gelang es ihm, mit 22,7 % erneut als Direktkandidat ins Abgeordnetenhaus von Berlin einzuziehen.[6][7] Bei der Wiederholungswahl 2023 holte Lindemann mit 28,8 Prozent erneut das Direktmandat in seinem Wahlkreis.[8]

Lindemann ist Mitglied im Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales, Ausschuss für Sport und Ausschuss für Mobilität des Abgeordnetenhauses von Berlin.[3]

Lindemann ist mit einer Rumänin verheiratet und hat einen Sohn.[9]

Lindemann betreibt einen satirisch gestalteten YouTube-Kanal unter dem Namen Gunnars-Kochshow,[10] auf welchem er diverse Fertiggerichte zubereitet.

Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lindemann behauptet eine „Islamisierung“ Deutschlands und wandte sich gegen die in seinen Augen „gesetzlose Merkel-Administration“. Im Wahlkampf 2016 forderte er bezogen auf die Planung einer Flüchtlingsunterkunft „Wohnraum für Berliner“.[1] Lokale Projekte „für die eigene Bevölkerung“ wie bessere Sitzbänke, Video-Technik in den S-Bahnhöfen und den Erhalt einer Jugendverkehrsschule wollte Lindemann über die Streichung von Geldern an Initiativen gegen Rechtsextremismus sowie über die Abschiebung abgelehnter Asylsuchender finanzieren.[2]

Der Tagesspiegel berichtete 2016 von fremdenfeindlichen Äußerungen Lindemanns in sozialen Netzwerken und seinen Mitgliedschaften in Gruppen, in denen nationalistische und antisemitische Inhalte geteilt würden.[11] Der taz zufolge hat Lindemann nachgewiesene Verbindungen ins rechtsextremistische Spektrum.[12]

Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aussagen zum Bürgerkrieg in Syrien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Rückeroberung Aleppos durch syrische und russische Truppen bezeichnete Lindemann auf Twitter als „Befreiung“ und äußerte die Meinung, dass syrische Flüchtlinge nun zurückkehren und beim Wiederaufbau der Stadt helfen könnten. Die Berliner Zeitung wertete dies als Verhöhnung der syrischen Bürgerkriegsopfer. Später löschte Lindemann den Tweet und erklärte, seine Äußerungen seien unbedacht gewesen und er nehme die „spontane Einschätzung“ mit Bedauern zurück.[13]

Kommentare zum Tötungsdelikt an einer 14-Jährigen in Berlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im März 2018 wurde in Berlin ein 14-jähriges Mädchen von einem Mitschüler in seiner Wohnung erstochen. Nachdem die Polizei bekannt gegeben hatte, dass es sich bei dem festgenommenen Tatverdächtigen um einen 15-jährigen Deutschen handelt, forderte Lindemann die Polizei auf, den Namen des Täters zu nennen,[14] was jedoch aufgrund des Pressekodex zunächst unterblieb. Später wurde der Name Edgar H. mitgeteilt.[15][16]

Äußerungen zu Luftangriffen auf Städte im Dritten Reich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem im Juli 2019 eine Bahnreisende die Durchsage eines Deutsche-Bahn-Mitarbeiters („Liebe Fahrgäste. Unser Zug hat wegen der Entschärfung einer Bombe, die die Westalliierten auf die unschuldige Bevölkerung Frankfurts abgeworfen haben, zur Zeit 45 Minuten Verspätung.“) auf Facebook bekanntgemacht hatte und daraufhin Opfer eines Shitstorms inklusive Gewaltandrohungen geworden war, beteiligte sich auch Lindemann und erklärte, dass der „alliierte Bombenterror gegen die deutsche Zivilbevölkerung ... eine historische Tatsache“ sei. Außerdem unterstellte er der Frau, sie habe es auf mediale Aufmerksamkeit abgesehen.[17]

Reise auf die von Russland annektierte Krim[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Februar 2018 reiste Lindemann zusammen mit sieben anderen AfD-Landtagsabgeordenten, darunter die beiden weiteren Berliner Landtagsabgeordneten Hugh Bronson und Harald Laatsch, auf die drei Jahre zuvor von Russland völkerrechtswidrig annektierte Krim, was auf vielfache Kritik stieß. Zur Begründung äußerte er: „Miteinander reden ist besser als übereinander reden. Wir müssen die Beziehungen zu Russland wieder normalisieren. Das ist im Interesse Russlands und Deutschlands“.[18]

Reise mit Sohn nach Russland und in die Ukraine 2019[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lindemann reiste im Herbst 2019 gemeinsam mit seinem 16-jährigen Sohn und dem Siegerländer AfD-Politiker Henning Zoz nach Russland und in die Donbass-Gebiete um Donezk und Luhansk. Dabei besuchten sie unter anderem die Basis der „Nachtwölfe“, eines russisch-nationalistischen Motorradclubs. Vom Sohn auf Instagram veröffentlichte, später wieder gelöschte Fotos zeigen Lindemann, dessen Sohn und zwei weitere Personen vor einem Eingangsschild dieser Basis. Ein anderes Foto zeigt Lindemanns Sohn salutierend vor einem Feld; unterschrieben ist das Foto mit dem Text „5 km vor der Frontlinie“. Ein weiteres Bild zeigt den Sohn mit einem angelegten Sturmgewehr (Modell der Reihe Kalaschnikow AK-47) und dem Kommentar „In Deutschland verboten aber naja bin ja in Donetsk“. Ebenfalls hochgeladen wurden zahlreiche Fotos von Reliquien aus der Zeit des Nationalsozialismus, abfotografiert aus dem Zentralmuseum der russischen Streitkräfte in Moskau. Laut Lindemann war die Reise geprägt von „humanitärer Hilfe“.[19] Auf dieser Reise nahm er einen „Orden für internationale Zusammenarbeit“ des „Außenministeriums“ der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk entgegen und vereinbarte mit dem „Außenministerium“ die Eröffnung einer Repräsentanz der „Volksrepublik Donezk“ in Berlin. Kurz nach der Reise wurde dem Sohn von Mitschülern per Messenger mitgeteilt, dass man ihn „abstechen“ wolle. Die Schulleitung schaltete daraufhin die Polizei ein; der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen.[20][21] Laut einem der Tageszeitung Der Tagesspiegel vorliegenden Chatverlauf gab es allerdings Bedrohungen seitens Lindemanns Sohn, so habe dieser den Mitschülern unter anderem mit den „Nachtwölfen“ gedroht.[19]

Beleidigung der Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Dezember 2019 bezeichnete Lindemann Greta Thunberg abfällig als „geistig krankes, behindertes Mädchen“.[22] Der VW-Manager Herbert Diess hatte zuvor geäußert, dass Greta Thunberg das Vorbild für den ganzen Automobilhersteller VW sein solle.[23] Daraufhin sagte Lindemann: „Ein Manager, für den ein geistig krankes, behindertes Mädchen ein Vorbild ist, kann nichts taugen.“[24][22]

CSD in Marzahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lindemann bezeichnete die Parade zum Christopher Street Day 2020 in Berlin-Marzahn als „antirussischen Rassismus“, „Propaganda“, „Umerziehung“ und „Krawall“.[25]

Äußerungen zu „Gendergaga“ wegen des Wortes „Fahrspurende“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lindemann erregte Aufsehen, als er in einem Bericht der B.Z. das Wort „Fahrspurende“ als einen gendergerechten Neologismus für „Fahrspur“ missverstand und auf Twitter als „Genderwahnsinn“ bezeichnete sowie mit dem Hashtag #Gendergaga versah.[26][27]

Äußerungen zum Fall Nawalny[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Bezug auf die Vergiftung des russischen Regimekritikers Alexei Nawalny schrieb Lindemann auf seinem Facebook-Account von „Beziehungen und Geldströmen zwischen Nawalny, Soros und dem Clinton-Obama Clan“. Die Nachrichten über die Vergiftung Nawalnys seien für ihn nur „Propaganda gegen die russische Regierung“.[28]

Position/Äußerungen zum russischen Überfall auf die Ukraine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenige Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine (Ende Februar 2022) erklärte Lindemann in einem YouTube-Video, die Kriegstreiber seien „auf jeden Fall die NATO, die USA und vor allem teilweise auch der ukrainische Staat“. Auf von ihm verteilten Flyern war nicht von einem Krieg die Rede, sondern bloß von „bewaffnetem Konflikt“.[29] Lindemann behauptete, es kämen „immer mehr Details raus, worüber die westliche Presse versucht zu schweigen“. Er wiederholte auch die Verschwörungstheorie und russische Propaganda von angeblichen Biowaffenlaboren in der Ukraine, die zusammen mit den USA betrieben würden.[30] Weiter äußerte er, der Westen und die Ukraine seien „schuld, dass sie eskaliert haben“, Russland sei „schuld, dass es einmarschiert ist“.[31]

Im Juni 2022 gründete Lindemann gemeinsam mit aktiven und ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten in Chemnitz die „Vereinigung zur Abwehr der Diskriminierung und der Ausgrenzung Russlanddeutscher sowie russischsprachiger Mitbürger in Deutschland“ (Vadar e.V.). Zu den Gründungsmitgliedern von Vadar gehören laut Vereinsregister der stellvertretende AfD-Bundesschatzmeister Harald Weyel, der AfD-Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme sowie Wladimir Sergijenko und Olga Petersen. Der Verein finanzierte laut eigenen Angaben die rechtliche Vertretung der pro-russischen Influencerin Alina Lipp und wendet sich gegen das deutsche Verbot des Z-Symbols.[32][33] Der Verein leugnet auf Telegram die von russischer Seite begangenen Kriegsverbrechen im Russisch-Ukrainischen Krieg.[34][35]

Ende Februar 2023 nahm Lindemann an der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierten Demonstration „Aufstand für Frieden“ in Berlin teil, auf der ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und eine Aufnahme von Friedensverhandlungen gefordert wurden.[36]

Äußerungen zu Weckmännern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im November 2023 erregte Lindemann sich auf der Plattform X über eine Werbung der Bäckerei Kamps, die deren Weckmänner als „Innen fluffig“ beschrieb. Er beklagte, dass jetzt schon „Weckmänner geändert“ [sic] würden. Es liegt nahe, dass er den womöglich absichtlich doppeldeutigen Werbetext „Weckmänner Innen fluffig“ als gegenderten Ausdruck interpretierte.[37]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Kristof Botka: AfD in Berlin-Marzahn: Wo Berlin schon blau ist. In: taz.de. 26. Oktober 2016, abgerufen am 15. Februar 2017.
  2. a b Berlin-Wahl, Diese fünf AfD-Politiker ziehen direkt ins Abgeordnetenhaus ein (Memento vom 24. September 2016 im Internet Archive), 19. September 2016, Berliner Zeitung
  3. a b Biografie auf der Website des Berliner Abgeordnetenhauses
  4. Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen 2016 / Marzahn-Hellersdorf
  5. Märkische Allgemeine Zeitung: AfD gewinnt politische Gestaltungsmacht, 19. September 2016, Märkische Allgemeine
  6. Marzahn-Hellersdorf Wahlkreis 1. Abgerufen am 13. Dezember 2021.
  7. Ergebnisse. Abgerufen am 13. Dezember 2021.
  8. Ergebnisse. Abgerufen am 19. Februar 2023.
  9. Antje Hildebrandt: Maitre Gunnar aus Berlin-Marzahn: Der "AfD-Küchenschreck" und seine Putin-Propaganda, t-online, 21. Mai 2022
  10. "Gunnars Kochshow" auf YouTube: [1] "Gunnars Kochshow", YouTube
  11. Nach der Berlin-Wahl: Zu rechts für die AfD. In: tagesspiegel.de. 22. September 2016, abgerufen am 18. Mai 2017.
  12. Wahlergebnisse der AfD in Berlin: Rechtsradikaler holt Direktmandat taz vom 18. September 2016.
  13. Gunnar Lindemann: Berliner AfD-Politiker verhöhnt Aleppo-Opfer. In: berliner-zeitung.de. 18. Mai 2017, abgerufen am 18. Mai 2017.
  14. Tod von 14-jähriger Keira wühlt Berlin auf, auf n-tv.de, abgerufen am 12. März 2018.
  15. Keira G. (14) wurde von Edgar (15) erstochen! *Updates*, auf berliner-woche.de, abgerufen am 12. März 2018.
  16. Mitschülerin (†14) mit 23 Messerstichen getötet: Keiras Mörder hatte eine Komplizin: 16-Jährige angeklagt, rtl.de, 17. Februar 2020: „Der grausame Mord an der 14 Jahre alten Keira aus Berlin hat viele Menschen in Deutschland erschüttert. Ihr Mitschüler Edgar H. hatte sie im März 2018 in der elterlichen Wohnung mit 23 Messerstichen brutal getötet. Aus purer Mordlust, wie sich später herausstellte.“
  17. DerWesten.de: Deutsche Bahn. Entsetzen über Durchsage im ICE (Memento vom 19. Juli 2019 im Internet Archive), 16. Juli 2019, abgerufen am 31. März 2022
  18. Kritik an Krim-Reise von Berliner AfD-Abgeordneten. In: Süddeutsche Zeitung. 5. Februar 2018, abgerufen am 12. April 2022 (englisch).
  19. a b Die skurrilen Urlaubsbilder des AfD-Politikers Gunnar Lindemann, auf tagesspiegel.de, 14. November 2019
  20. Sohn von Berliner Politiker erhält Morddrohungen. t-online.de, 9. November 2019.
  21. Kind eines Berliner AfD-Politikers mit dem Tod bedroht. In: Tagesspiegel. 9. November 2019.
  22. a b „Geistig krankes, behindertes Mädchen“: AfD-Mann poltert heftig gegen Greta Thunberg. In: merkur.de. 30. Dezember 2019, abgerufen am 6. September 2020.
  23. FOCUS Online: Greta als Vorbild für ganzen Konzern: So will VW-Boss Diess den CO2-Ausstoß senken - Video. Abgerufen am 6. September 2020.
  24. https://twitter.com/afdlindemann/status/1210284045504040962. Abgerufen am 6. September 2020.
  25. queer.de: AfD-Politiker hetzt gegen CSD in Marzahn; eingesehen am 4. August 2020.
  26. Angeblicher Genderwahn: Berliner AfD-Abgeordneter sorgt für viralen Lachkrampf mit #Fahrspurende, B.Z., 28. Juli 2020
  27. „Fahrspurende“ AfD-Politiker blamiert sich mit Tweet gegen „Genderwahnsinn“, rundschau-online.de, 26. Juli 2020
  28. Fall Nawalny: Gregor Gysi verdächtigt Nord-Stream-2-Gegner – und nicht Putin., welt.de, 4. September 2020.
  29. Agnes Sundermeyer: Die AfD in der Russland-Falle www.rbb24.de, 9. März 2022
  30. Querdenker für Putin www.rbb-online.de, 31. März 2022
  31. Ulrich Stoll, Tonja Pölitz, Joachim Bartz: AfD und Linke: Putin-Versteher in Deutschland www.zdf.de, 29. März 2022
  32. Verein mit AfD-Bezügen: Gemeinsam für Russland auf tagesschau.de vom 16. Dezember 2022.
  33. Lara Schultz: Ein dubioser Verein beansprucht, für russigsprachige Menschen einzutreten auf Jungle.world vom 22. Dezember 2022.
  34. Maik Baumgärtner, Alexander Chernyshev, Roman Lehberger, Ann-Katrin Müller, Roman Höfner, Wolf Wiedmann-Schmidt: Moskaus Mann im Bundestag, in Der Spiegel 29/2023 und auf Spiegel.de vom 13. Juli 2023.
  35. Maik Baumgärtner, Christo Grozev, Roman Höfner, Roman Dobrokhotov, Roman Lehberger, Ann-Katrin Müller, Fidelius Schmid, Wolf Wiedmann-Schmidt: (S+) AfD: Kremlfreund im Bundestag – Geheime Nachrichten dokumentieren Kontakte nach Moskau. In: Der Spiegel. 4. August 2023 (spiegel.de [abgerufen am 4. August 2023]).
  36. Georg Wolf: Tausende bei umstrittener Wagenknecht-Schwarzer-Demo in Berlin www.br.de, 25. Februar 2023
  37. "Nicht mehr ganz dicht": AfD-Mann regt sich über fluffige Weckmänner-Werbung auf. 25. November 2023, abgerufen am 26. November 2023.