Guzmán Carriquiry

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Guzmán M. Carriquiry Lecour [Aussprache: gʊsˈman kariˈkiɾi ləˈkuʁ] (* 20. Mai 1944 in Montevideo) ist ein uruguayischer Jurist, Publizist, Kulturwissenschaftler, römisch-katholischer Verbands- und Kirchenfunktionär. Er war von 1972 bis 2019 Kurienbeamter am Heiligen Stuhl. Von 2014 bis 2019 war er Vizepräsident der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika und damit der erste Nichtpriester an der römischen Kurie, der verantwortlich die Geschäfte eines Dikasteriums führte. Seit 2021 amtiert er als Botschafter Uruguays beim Heiligen Stuhl sowie beim Souveränen Malteserorden.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Guzmán Carriquiry studierte an der Universidad de la República in Montevideo und promovierte sich dort zum Doktor der Rechts- und Sozialwissenschaften. Er war als Universitätsdozent und Rechtsanwalt tätig. Er übte diverse Leitungsfunktionen an der Fakultät für Rechts- und Sozialwissenschaften seiner Universität in Montevideo sowie an verschiedenen Schulen und Bildungseinrichtungen seines Landes aus und leitete die Jugend- und Studentenorganisation der Katholischen Universität Uruguays, die „Vereinigung katholischer Studierender und Fachkräfte“ (Asociación de Estudiantes y Profesionales Católicos, AEPC) Uruguays und später auch deren lateinamerikanischen Dachverband. Guzmán Carriquiry wurde als katholischer Publizist und Intellektueller in Uruguay und anderen lateinamerikanischen Ländern bekannt und veröffentlichte zahlreiche Bücher, Zeitschriftenartikel und Vorträge, besonders zu Themen der Katholischen Soziallehre, der lateinamerikanischen Geschichte und Kultur und Menschenrechtsfragen.[1][2] Er arbeitete mit der Bischofskonferenz Uruguays zusammen und war Direktor des Zentrums für Soziale Kommunikation der uruguayischen Bischöfe.

Am 1. Dezember 1971 trat er in den Dienst des Heiligen Stuhls. Er wurde ab 1974 als Auditor (Experte) bei mehreren Generalversammlungen der römischen Bischofssynode herangezogen, nahm als Peritus (Berater) an den Generalversammlungen der Bischofskonferenzen von Lateinamerika und der Karibik (CELAM) von 1979 in Puebla, 1992 in Santo Domingo und 2007 in Aparecida teil und wurde als Delegat des Heiligen Stuhls zu internationalen Konferenzen der Vereinten Nationen entsandt. Er war Teilnehmer an zahlreichen Konferenzen internationaler kirchlicher Organisationen und häufiger Gast auf Kongressen und Tagungen kirchlicher Veranstalter in Lateinamerika. Er war seit 1984 an der Organisation fast aller Weltjugendtage beteiligt.[2]

Papst Paul VI. berief ihn am 11. Februar 1977 in den Päpstlichen Rat für die Laien. Von Papst Johannes Paul II. wurde er am 12. September 1991 zum Untersekretär im Päpstlichen Laienrat ernannt und 2005 von Papst Benedikt XVI. in diesem Amt bestätigt. In dieser Funktion nahm er auch an der Sonderversammlung der Bischofssynode für Amerika im Dezember 1997 im Vatikan teil. Bei der CELAM-Bischofsversammlung von Aparecida im Mai 2007 war er als Assistent zusammen mit dem argentinischen Kardinal Jorge Bergoglio, dem späteren Papst Franziskus, maßgeblich für die Endredaktion des Schlussdokuments verantwortlich.[3]

Am 14. Mai 2011 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Sekretär der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika,[4] deren Geschäfte er seither führte. Anfang 2014 wurde er in dem Amt bestätigt und im gleichen Jahr als erster Laie zum Vizepräsidenten der Kommission ernannt.[5] Er bekleidete damit bis zur Ernennung von Paolo Ruffini zum Präfekten des Kommunikationsdikasteriums im Juli 2018 das höchste mit einem Nichtpriester besetzte Amt in der römischen Kurie.[2][6] Als Vizepräsident und Geschäftsführer der Kommission koordinierte Carriquiry gemeinsam mit der übergeordneten Kongregation für die Bischöfe und dem Papst die vatikanischen Lateinamerikaaktivitäten.[7]

Seine Ernennung sei eine Überraschung gewesen, denn alle seine Vorgänger waren Bischöfe.[8] Sie entspricht allerdings einer derzeitigen Tendenz des Vatikans, mehr Laien in hohe Kurienämter aufzunehmen.[9] Auch hatte der Uruguayer schon vorher im Laienrat eines der höchstrangigen Ämter des Heiligen Stuhls für Nichtpriester inne.[4] Die Wahl eines lateinamerikanischen Papstes sei für Carriquiry ein Grund zur Freude und Begeisterung gewesen, bedeute aber auch eine große Verantwortung und berge neue Herausforderungen, erklärte er in einem Interview zu seiner Rolle als Lateinamerikaner im Pontifikat des Argentiniers Papst Franziskus. Mehr als 60 % der Katholiken leben derzeit in Lateinamerika.[8] Carriquiry ist seit den 1980er Jahren mit Bergoglio befreundet und war bei dessen Besuchen in Rom in den Jahrzehnten vor seiner Papstwahl regelmäßig eine der ersten Anlaufstellen des Jesuiten.

Im April 2019 legte er sein Kurienamt mit 75 Jahren nieder. Er wurde 2020 als Nachfolger des Historikers Mario Cayota zum Botschafter seines Heimatlandes beim Heiligen Stuhl ernannt und am 9. Januar 2021 in das Amt eingeführt.[10] Sein Nachfolger als Sekretär der Lateinamerikakommission wurde mit dem mexikanischen Sozialwissenschaftler Rodrigo Guerra López erneut ein Laie.[11] Ende April 2021 wurde Carriquiry auch zum Botschafter seines Landes beim Malteserorden ernannt.[12]

Guzmán Carriquiry hatte Gastprofessuren und Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen inne. Er war unter anderem an leitender Stelle im Instituto Superior de Ciencias, Filosofía y Letras tätig, einem Tochterinstituts der Katholischen Universität von Chile; Dozent an der Päpstlichen Universität Urbaniana in Rom und Gastdozent am Seminar für Lateinamerikanistik der Universität Verona (Italien). Er besaß eine außerordentliche Professur an der Universidad de la Fraternidad de Agrupaciones Santo Tomás de Aquino (Universidad FASTA) in Mar del Plata (Argentinien). Er ist Träger diverser Auszeichnungen, darunter das Großkreuz des Gregoriusordens (1994), das Komturkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik (1992), das Großkreuz des chilenischen Verdienstordens „Bernardo O’Higgins“ (1999) und das Großkreuz des argentinischen Maiordens (2001). Am 25. August 2008 verlieh ihm die Universität FASTA die Ehrendoktorwürde.[2][13]

Guzmán Carriquiry Lecour ist mit Lídice María Gómez Mango verheiratet, mit der er vier Kinder hat. Seine in Montevideo geborene Frau ist Literaturwissenschaftlerin und hat Spanische Sprache an der Universität La Sapienza in Rom unterrichtet.[14]

Bekannte Veröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Besonders beachtet wurde Carriquirys 2003 erschienenes Buch Una scommessa per l’America latina. Memoria e destino storico di un continente (Casa Editrice Le Lettere, Rom 2003). Wie der Titel verheißt („Auf Lateinamerika setzen. Erinnerung und historische Zukunftsperspektive eines Kontinents“), analysiert der Autor die geschichtliche Situation Lateinamerikas im Kontext der Beendigung des Kalten Krieges und der zunehmenden Globalisierung und begreift sie als Chance, um gerade auch aus kirchlicher und katholischer Sicht ein Zukunftsszenario der Hoffnung für den Kontinent zu entwerfen. Die spanische Ausgabe des Buches mit dem Titel Una apuesta por América Latina: memoria y destino históricos de un continente (Editorial Sudamericana, Buenos Aires 2005) erschien mit einem Vorwort von Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Er hielt das Werk für die erste große synthetische Gesamtdarstellung – Bestandsaufnahme, Zusammenschau, Zukunftserwartung – der lateinamerikanischen Wirklichkeit in der neuen historischen Phase, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts begonnen hat und die sich in der Gegenwart entfaltet.[15]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lebenslauf anlässlich der Ernennung zum Botschafter 2020 (Drucksache des uruguayischen Senats, spanisch)
  • Kurzprofil auf der Homepage der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika, abgerufen am 27. November 2016 (spanisch).
  • Interview mit Guzmán Carriquiry vom 7. August 2016 in der baskischen Zeitung La Tribuna del País Vasco, abgerufen am 27. November 2016 (spanisch).
  • Interview mit Guzmán Carriquiry vom 5. Juli 2015 in der bolivianischen Zeitung El Deber, abgerufen am 27. November 2016 (spanisch).
  • Buchpräsentation im Erzbistum Lima zu Carriquirys 2012 erschienenem Buch El papel de los laicos en la Nueva Evangelización (Ediciones Paulinas, Lima 2012), abgerufen am 27. November 2016 (spanisch).
  • Buchpräsentation in der Botschaft der Republik Argentinien beim Heiligen Stuhl zu Carriquirys 2011 erschienenem Buch El bicentenario de la independencia de los países latinoamericanos (Ediciones Encuentro, Madrid 2011), abgerufen am 27. November 2016 (spanisch).
  • Buchrezension von Óscar Rodríguez Maradiaga zu Carriquirys 2003 erschienenem Buch Una scommessa per l’America latina. Memoria e destino storico di un continente (Casa Editrice Le Lettere, Rom 2003), abgerufen am 27. November 2016 (spanisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nennung als Autor beim Centro Cultural Católico Fe y Razón (Katholischer Kulturverein Montevideo), abgerufen am 25. November 2016.
  2. a b c d Profesor Guzmán Carriquiry, Doctor Honoris Causa. Artikel auf catholic.net vom 21. August 2008, abgerufen am 15. November 2016.
  3. Aparecida: Was Kardinal Bergoglio mit nach Rom brachte. (Memento vom 18. August 2017 im Internet Archive) In: Radio Vatikan, 17. August 2017, abgerufen am selben Tag.
  4. a b Vatikan: Carriquiry neuer Sekretär der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika. Meldung von Radio Vatikan vom 14. Mai 2011, abgerufen am 16. November 2016.
  5. Ernennung von Carriquiry zum Vizepräsidenten am 2. Mai 2014, Verlautbarung des Pressesaals des Heiligen Stuhls vom selben Tage, abgerufen am 27. November 2016.
  6. Erstmals leitet ein Laie eine Kurienbehörde. In: Katholisch.de, 5. Juli 2018, abgerufen am 18. Juli 2020.
  7. Meldung von ACIPrensa vom 23. Juli 2016 (Überraschungsbesuch von Papst Franziskus bei der Geschäftsstelle der Kommission), abgerufen am 16. November 2016.
  8. a b Guzmán Carriquiry: “El catolicismo en Latinoamérica es fuerte y resiste a la secularización”. Artikel auf ReligiónConfidencial vom 6. Juni 2016, abgerufen am 16. November 2016.
  9. Monseñor Delgado Galindo anuncia que laicos y mujeres tendrán nuevas responsabilidades en la Curia. Artikel auf ReligiónConfidencial vom 4. Mai 2016, abgerufen am 16. November 2016.
  10. Vatikan: Neuer Botschafter ist alter Bekannter. In: Vatican News, 9. Januar 2021, abgerufen am 6. August 2021.
  11. Nomina del Segretario della Pontificia Commissione per l’America Latina. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 26. Juli 2021, abgerufen am 26. Juli 2021 (italienisch).
  12. Resolución S/N/021. Se designa a Guzmán Miguel Carriquiry, Embajador Extraordinario y Plenipotenciario de la República ante la Soberana Orden de Malta. Bekanntmachung des Präsidialamtes von Uruguay, 28. April 2021, abgerufen am 7. August 2021 (spanisch).
  13. Meldung auf der Homepage der Universität vom 21. August 2008, abgerufen am 27. November 2016.
  14. Lídice Gómez Mango de Carriquiry: L’incontro di lingue nel nuovo mondo. Lateran University Press, Rom 2000 (Kurzbiografie der Autorin im Klappentext).
  15. Zitat: Considero el libro del Dr. Carriquiry la primera gran obra de conjunto, recapituladora, sintética y proyectual, sobre la realidad latinoamericana en la nueva fase histórica que se ha abierto hacia finales del siglo XX y que se está desplegando en la actualidad (S. 7, Hervorhebung im Original).