Hans Humpert

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Porträtbild Hans Humpert um 1938, im Bestand M4 des Stadtarchivs Paderborn

Johannes „Hans“ Humpert (* 19. April 1901 in Paderborn; † 15. September 1943 in Salerno, Italien) war ein deutscher Komponist und Musikpädagoge. Humpert schrieb Chor-, Orgel-, Kammer- und Orchestermusik. Seine Musik und Kompositionen stehen als zeitgenössische Werke des frühen 20. Jahrhunderts in der noch nicht unterbrochenen Spannung zur Tradition, in der Herkunft von Max Reger und der Gleichzeitigkeit mit Paul Hindemith.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Kindheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Humpert kam am 19. April 1901 als Sohn eines sauerländischen Schneidermeisters im ostwestfälischen Paderborn zur Welt. Seine Kindheit war geprägt von den bescheidenen Verhältnissen in seinem Elternhaus. Erste Berührungen mit der Musik machte er in den Gottesdiensten im Paderborner Dom. Ab 1912, zu einer Zeit in der sich auch ein kirchenmusikalischer Neuaufbruch datieren lässt, der Cäcilianismus wurde zu dieser Zeit mehr und mehr ins Abseits gedrängt, erhielt er von dem Domorganisten Johannes Cordes Klavierunterricht, zudem gab Max Reger am 24. Juli 1912 und am 10. Juni 1913 zwei Konzerte in Paderborn. Diese Ereignisse trugen maßgeblichen zu der musikalischen Begeisterung des jungen Humperts bei.

Jugend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1916 gab Johannes Cordes Humpert zusätzlich Orgelunterricht; drei Jahre später, am 10. September 1919, vollendete der damals 18-Jährige seine erste Komposition „Fugette über B-A-C-H“, deren Original sich im Stadtarchiv Paderborn befindet. 1920 machte Humpert Abitur am Gymnasium Theodorianum in Paderborn, lebte bis 1924 weiterhin bei seinen Eltern, schuf aber in dieser Zeit keine weiteren Werke.

Reifejahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1924 ging er nach Frankfurt am Main um am Hoch’schen Konservatorium Komposition bei Bernhard Sekles, der auch schon Paul Hindemith unterrichtet hatte, zu studieren und dem konservativen Klima seiner Heimatstadt zu entkommen. Aus dieser Zeit stammt das Werk „Quartett für zwei Violinen, Bratsche und Violoncello“.

Nach nur zwei Jahren in Frankfurt zog es Humpert 1926 nach Berlin an die Berliner Musikhochschule, er beschäftigte sich bis 1930 mit dem Tonsatzbereich, hauptsächlich mit Fuge und Passacaglia und erschuf unter anderem die Schriftwerke „Schulfugen“ und „Schulsonate“.

In Berlin kam er auch mit anderen musikalischen Avantgardisten in Kontakt, unter anderen lernte er Hanns Eisler und Joseph Ahrens kennen. An der Musikhochschule studierte er bei Walther Gmeindl und war Kommilitone von Ernst Pepping, mit dem er aber keinen persönlichen Kontakt hatte. Paul Hindemith lernte er in Berlin kennen, dieser ermöglichte Humpert die Teilnahme am Baden-Badener Musikfest, wo unter anderem sein Werk „Trio für Violine, Bratsche und Violoncello“ aus dem Jahr 1927 uraufgeführt wurde.

1928 erhielt Humpert für sein Werk „Konzert für Streichquartett und größeres Kammerorchester“ den Mendelssohn-Preis der Stadt Berlin. 1930 bekam er von der „Deutschen-Grammophon-Gesellschaft“ ein Stipendium, um in der Preußischen Staatsbibliothek die Werke alter Meister in moderne Notation umzuschreiben, damit die Werke aufgenommen und aufgeführt werden konnten. Durch diese Arbeit kam Humpert in Berührung mit den Werken der frühneuzeitlichen Komponisten Heinrich Isaac 1450–1517, Ludwig Senfl 1490–1543 und Heinrich Schütz 1585–1672, die ihm eine neue Richtung der Musik präsentierten, da die Werke, unter anderem von Johann Sebastian Bach, zur damaligen Zeit als Neuentdeckung galten.

Mit 29 Jahren beendete Humpert sein Studium und zog 1930 zurück nach Paderborn. Dort heiratete er am 13. Juli 1935 die Schneiderin Agnes Juliane Bremer (* 21. November 1903 in Köln; † 19. April 1959 in Paderborn)., sah aber die Rückkehr in seine ostwestfälische Heimat zunächst nur als Zwischenstation an.

Unterstützung erhielt er während seiner Zeit in Paderborn von Professor Gustav Schauerte und Dr. Johannes Hatzfeld. Schauerte, von 1905 bis zu seinem Tod 1945 Leiter des Paderborner Domchors, war maßgeblich daran beteiligt, dass Humperts Werke, wie das „Te Deum“ zu Libori 1931, (ur-)aufgeführt wurden. Hatzfeld, Schriftleiter der katholischen Bistumszeitschrift „Leo“, konnte unter anderem den Schwann-Verlag in Düsseldorf, den Schott-Verlag in Mainz und später den Bärenreiter-Verlag in Kassel für den Druck der Werke Humperts gewinnen.

Am 24. November 1937 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.830.795).[1] In bescheidenen Verhältnissen lebend ging er seiner Tätigkeit als Komponist nach, während seine Frau den Lebensunterhalt verdiente. Ab dem Jahr 1939 gab er an dem Gymnasium Theodorianum und der Städtischen Realschule - Reismann Paderborn Musikunterricht, um seine Familie finanziell zu unterstützen.

Die letzten Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1940 wurde Humpert, der im selben Jahr noch Vater wurde, zum Lehrstuhlinhaber für Komposition an der Musikhochschule in Münster ernannt. Er konnte jedoch den Lehrstuhl nicht antreten, da die Hochschule bei einem Fliegerangriff der Royal Air Force zerstört wurde. Humpert schrieb in einem Brief an seinen Schüler Georg Hoffmann: „Der Engländer hielt es für notwendig, die ganze Gegend in einen wüsten Trümmerhaufen zu verwandeln“.[2] 1943 wurde er zum Kriegsdienst einberufen und einer Sanitätskompanie zugeteilt, mit der er über Frankreich nach Italien gelangte. In einem Brief vom 9. Mai 1943 an Felix Kreusch schrieb er: „Frankreich hat mich versöhnt, Italien hat mich erlöst. Ich kann mir kaum denken, daß eine Steigerung meines Lebensgefühls noch möglich ist nach dem Erlebnis Florenz“.[3]

Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Humpert: Grab auf dem Soldatenfriedhof in Salerno, Italien, im Bestand M4 des Stadtarchivs Paderborn

Am 15. September 1943 wurde Humpert bei einem Fliegerangriff in der Bucht von Salerno, südlich von Neapel, getroffen. Auf dem kleinen Dorffriedhof Sant’Angelo dei Lombardi bei Salerno wurde er beigesetzt. Bei der Anlage von deutschen Soldatenfriedhöfen 1960 bis 1961 wurde Humpert exhumiert und auf den Soldatenfriedhof bei der Abtei Monte Cassino in der Provinz Frosinone umgebettet. Die Inschrift seines Grabsteines lautet, wie bereits auf dem Kreuz in Salerno schlicht: „Soldat Johannes Humpert“.

Nach seinem Tod wurden seine Manuskripte im Kellergewölbe der Paderborner Marktkirche in Sicherheit, jedoch 1945 von seiner Frau Agnes vor der Zerstörung Paderborns und der Marktkirche aufs Land gebracht.

Einziger Nachkomme war Hans Ulrich Humpert (* 9. Oktober 1940 in Paderborn; † 29. August 2010 in Köln).

Musik und Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Rezeption der Werke Humperts kommt unter anderem in folgenden Äußerungen zum Ausdruck:

„Seine (Humperts) Kompositionen sind geschrieben in einer erweiterten Tonalität mit Elementen der Kirchentonart, so dass die Texte der geistlichen Chorwerke zugleich neu und im Kontinuum der Glaubensbezeugung erscheinen. In der kompositorischen Auseinandersetzung mit den Werken der Vergangenheit vermied Humpert jede Form des Experiments, suchte er den persönlichen, künstlerischen Ort seiner Gegenwart, seiner geschichtlichen Existenz als eine Proportionalität zum tradierten Erbe und zur Moderne. In diesem elementar geschichtlichen Sinne – nicht in einem einengend lokalen – ist Hans Humpert in der geistigen Widerspieglung seiner von Natur und Geschichte geprägten Geburtsstadt wahrhaft ein Paderborner Komponist.“

Rudolf Hoffmann: Hans Humpert zum hundertsten Geburtstag dem Paderborner Komponisten zu Ehren

„Humperts linear konzipierten Werke verdeutlichen seine Vertrautheit mit der geistlichen Polyphonie, dem gregorianischen Choral und der Orgel. Sie enthalten sich subjektiver Gefühlsausbrüche, sie sind verstandsklar durchkonstruiert und verschmähen strikt allen ästhetischen Aufwand“

C.H. Sander: Dem Gedenken Hans Humperts. In: Westfälisches Volksblatt Nr. 214 vom 15. Sept. 1954

„Dennoch wird Hans Humpert, der mit 42 Jahren leider allzu früh verstorbene und vielleicht auch noch nicht völlig ausgereifte Künstler zu den fähigsten Komponisten unseres Jahrhunderts und zu den begabtesten Neutönern der zwanziger bis vierziger Jahre zu zählen sein, da er in seinem Werken durchaus Eigenes auszusprechen verstand.“

Theo Hamacher: Hans Humpert, Kulturpreisträger der Stadt Paderborn in: Theo Hamacher (Hrsg.), Beiträge zur Musikgeschichte des Paderborner Raums, 1982, S. 406

Hindemith kommentierte 1929 das Werk „Konzert für Streichquartett und größeres Kammerorchester“:

„Es sei ein Werk voll von reiner und reicher Musik, dass man aus ihm zwei Symphonien schreiben könne.“

Paul Hindemith: Die Musik in Geschichte und Gegenwart,Hrsg.: Friedrich Blume, Kassel

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Ehrungen und Würdigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1928 erhielt Humpert den Mendelssohn-Preis der Stadt Berlin für sein Werk „Konzert für Streichquartett und größeres Kammerorchester“.
  • 1947 wurde eine Straße in Paderborn nach ihm benannt.[4]
  • 1955 wurde Hans Humpert posthum zum ersten Kulturpreisträger der Stadt Paderborn ernannt.

Hans-Humpert-Gesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1954 wurde die Hans-Humpert-Gesellschaft gegründet, mit dem Ziel, die Gesamtwerke Humperts zu verwalten und die Drucklegung seiner vielen Manuskripte als vorhandene Komposition zu fördern. 1977 löste sich die Gesellschaft aufgrund von schwindender Mitgliederzahl wieder auf. Das Schriftgut der Gesellschaft befindet sich im Stadtarchiv Paderborn.

Nachlass im Stadtarchiv Paderborn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1978 kamen Akten und von Humpert selbst gesammelte Partituren, welche sich bis dahin noch in dem Besitz der Hans-Humpert-Gesellschaft befanden, in das Stadtarchiv Paderborn. In den Folgejahren konnte der Bestand durch einzelne Schenkungen von Original-Partituren erweitert werden. Am 8. November 2002, gemäß Depositalvertrags vom 29. November und 11. Dezember 2001, konnte der sich im Privatbesitz befindende, kompositorische Teil des Nachlass Humperts von seinem Sohn Hans Ulrich Humpert und dem Nachlassverwalter Rudolf Hoffmann an das Stadtarchiv Paderborn übergeben werden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • M. E. Brockhoff: Musikgeschichte der Stadt Paderborn. Paderborn 1982.
  • T. Hamacher: Erinnerung an Hans Humpert. In: Die Warte. Heft 12, Paderborn 1963, S. 186 f.
  • T. Hamacher: Hans Humpert, Kulturpreisträger der Stadt Paderborn. In: T. Hamacher (Hrsg.): Beiträge zur Musikgeschichte des Paderborner Raumes. 1982.
  • J. Hatzfeld: Von allen Dämonen des Schaffens geplagt: Hans Humpert, dem großen Paderborner Komponisten zum 50. Geburtstag. In: Westfalen-Zeitung. Nr. 90 vom 18. April 1951.
  • F. Hegemann: Zur 20. Wiederkehr des Todestages Hans Humperts. In: Der Kump. Heft 9, Paderborn 1963, S. 11.
  • F. Hegemann: Aus dem Heimatgeschehen. Hans-Humpert-Konzert. In: Die Warte. Heft 10, Paderborn 1958, S. 152.
  • F. Hegemann: Heimatgeschehen durch die Warte gesehen. Hans-Humpert-Abend. In: Die Warte. Heft 12, Paderborn 1958, S. 186.
  • E. Isenberg: Die Chor- und Orgelwerke Hans Humperts. In: Staatsexamensarbeit Mskr. Köln 1986, Stadtarchiv Paderborn S 2/1681
  • K. Laux: Musik und Musiker der Gegenwart. 1. Band, Deutschland, Essen 1949, S. 151.
  • F. Kreusch: Das Grab des Komponisten Hans Humpert. In: Der Kump. Heft 8, Paderborn 1963, S. 23.
  • Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 3494. online

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/17391072
  2. Brief Hans Humperts an Georg Hoffmann vom 8. Juli 1942.
  3. Brief Hans Humperts an Felix Kreusch vom 9. Mai 1943.
  4. G. Liedtke: Abbestraße bis Zwetschenweg: Straßennamen in Paderborn. H&SVerlag, Paderborn 1999, ISBN 3-929507-08-0, S. 105.