Heftetjernit

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Heftetjernit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2006-056[1]

IMA-Symbol

Hef[2]

Chemische Formel ScTaO4
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/D.16
IV/D.16-050

4.DB.30
48.01.01.04
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P2/c (Nr. 13)Vorlage:Raumgruppe/13
Gitterparameter a = 4,784 Å; b = 5,693 Å; c = 5,120 Å
β = 91,15°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {100}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5 (geschätzt in Analogie zu Ferberit)
Dichte (g/cm3) 6,44 (berechnet)
Spaltbarkeit sehr vollkommen nach {010}
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe tief dunkelbraun, z. T. grünlichbraun; Im Durchlicht normale Interferenzfarben und höchstens schwache Dispersion.
Strichfarbe dunkelbraun mit rötlichem Ton
Transparenz durchscheinend bis durchsichtig
Glanz Diamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindex n = 2,23
Optischer Charakter zweiachsig, Orientierung unbekannt
Pleochroismus schwach von braun mit rötlichem Stich nach rötlichbraun

Heftetjernit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung ScTaO4 und ist damit chemisch gesehen ein Scandium-Tantal-Oxid im Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2.

Heftetjernit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und wurde bisher ausschließlich in Form von gestreckt-tafligen Kristallen bis etwa 0,4 × 0,1 mm Größe von tief dunkelbrauner Farbe in Hohlräumen im Albit gefunden.

Die Typlokalität des Minerals ist der 4,3 km nordwestlich von Tørdal zwischen Høydalen und Skarsfjell liegende Cleavelandit-Amazonit-Pegmatit „Heftetjern“ im Drangedal, Telemark, Norwegen, in dem bereits seit Beginn der 1970er Jahre qualitativ hochwertiger Amazonit abgebaut worden ist.[3][4] Dieser an Sc-haltigen oder Sc-führenden Mineralen reiche Pegmatit stellt auch die Typlokalität für Agakhanovit-(Y), Kristiansenit und Oftedalit sowie das noch unbenannte (OH)-dominante Analogon von Gadolinit-(Y) dar.[5]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals war Heftetjernit 2004 von dem Amateurmineralogen Roy Kristiansen bei der Untersuchung einer kleinen Albitstufe aus dem Heftetjern-Pegmatit beobachtet worden. Heftetjernit wurde 2006 von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt und 2010 im europäischen Wissenschaftsmagazin European Journal of Mineralogy durch Uwe Kolitsch, Roy Kristiansen, Gunnar Raade und Ekkehart Tillmanns erstbeschrieben. Sie benannten das Mineral nach dessen Typlokalität, dem Pegmatit Heftetjern. Der Name des Pegmatits wird wie folgt erklärt: Der kleine, in der Nähe des Steinbruchs liegende See ist ein „tjern“ (Norwegisch für Bergsee oder Weiher); „hefte“ bedeutet hemmen oder verzögern. „Heftetjern“ kann also ungefähr mit „man wird in der Landschaft am Geradeausgehen gehindert, weil man dem See ausweichen muss“ übersetzt werden.[3][6]

Typmaterial des Minerals wird in der Sammlung des Department of Geology, Naturhistorisk Museum in Oslo, Norwegen, unter der Katalog-Nr. 41726 aufbewahrt.[3]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz würde Heftetjernit mit Ferberit, Hübnerit, Sanmartinit und dem inzwischen diskreditierten Wolframo-Ixiolith die „Wolframit-Reihe“ mit der System-Nr. IV/D.16 bilden.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Heftetjernit ebenfalls in die Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen Kationen; Ketten kantenverknüpfter Oktaeder“ zu finden ist, wo es zusammen mit Ferberit, Huanzalait, Hübnerit, Krasnoselskit, Magnesiowolframit, Rossovskyit und Sanmartinit die „Wolframit-Gruppe“ mit der System-Nr. 4.DB.30 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Heftetjernit im Gegensatz zu den Strunz’schen Systematiken in die Klasse der „Phosphate, Arsenate, Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Molybdate und Wolframate“ ein. Hier ist er zusammen mit Wolframit, Ferberit, Hübnerit und Sanmartinit in der „Wolframit-Reihe“ mit der System-Nr. 48.01.01 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserfreien Molybdate und Wolframate mit A XO4“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Analyse des Heftetjernits von Heftetjern ergab Mittelwerte von 15,59 % Sc2O3; 6,93 % SnO2; 1,61 % TiO2; 3,02 % MnO; 2,07 % FeO; 53,58 % Ta2O5 und 14,25 % Nb2O5. Auf der Basis von vier Sauerstoffatomen errechnete sich daraus die empirische Formel (Sc0,64Sn0,13Mn0,12Fe0,08Ti0,06)Σ=1,03(Ta0,69Nb0,30)Σ=0,99O4, welche zu (Sc,Sn,Mn,Fe,Ti)(Ta,Nb)O4 vereinfacht wurde.[3] Die Idealformel für das Mineral ist dagegen ScTaO4, welche Gehalte von 23,79 % Sc2O3 und 76,21 % Ta2O5 erfordert.

Infolgedessen ist eine Mischkristallbildung mit dem in der Natur bereits nachgewiesenen[7][8], als Mineral aber noch nicht anerkannten niobdominanten Endglied mit der Formel ScNbO4 möglich. Chemisch kann Heftetjernit als Sc-dominantes Analogon des Al3+-dominierten Alumotantits, AlTaO4, der Y-dominanten Minerale Iwashiroit-(Y) und Formanit-(Y), beide YTaO4, oder des Mn-dominanten Tantalit-(Mn), MnTa2O5, aufgefasst werden, die aber gänzlich andere Kristallstrukturen aufweisen.[3]

Unter den 19 heute von der IMA anerkannten Scandiummineralen war Heftetjernit die chronologisch elfte beschriebene Scandiumphase und das weltweit erste natürliche terrestrische Scandiumoxid.[4]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heftetjernit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P2/c (Raumgruppen-Nr. 13)Vorlage:Raumgruppe/13 mit den Gitterparametern a = 4,784 Å, b = 5,693 Å, c = 5,120 Å und β = 91,15° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Die Kristallstruktur des im Wolframit-Strukturtyp kristallisierenden Minerals basiert auf zwei Typen verzerrter Oktaeder mit gemeinsamen Kanten, die hauptsächlich von Scandium bzw. von Tantal besetzt werden.[3]

Heftetjernit ist isotyp zu den Tungstaten Ferberit, Hübnerit, Sanmartinit, Huanzalait und den synthetischen M2+WO4-Komponenten mit M = Mg, Co, Ni, Zn, und Cd. Isotyp sind ferner synthetische Komponenten der allgemeinen Formeln M2+MoO4 (M = Mn, Co, Ni) und M3+NbO4 (M3+ = Fe, In) sowie MnReO4 und InTaO4.[3]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heftetjernit tritt innerhalb von Hohlräumen im Albit auf den Oberflächen eines röntgenamorphen Ti-Y-Ta-Nb-Minerals oder eingeschlossen in diesem auf. Er bildet gestreckt-tafelige oder säulige Kristalle von bis zu 0,4 mm Länge und bis zu 0,1 mm Breite, an denen lediglich das Pinakoid {001} sowie entweder {010} oder {001} identifiziert worden sind. Eine Zwillingsbildung wurde nicht beobachtet.[3]

Physikalische und chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heftetjernitkristalle sind tief dunkelbraun und bereichsweise auch grünlichbraun, ihre Strichfarbe ist dagegen immer dunkelbraun mit einem rötlichen Strich.[3]

Die Oberflächen der durchscheinenden bis durchsichtigen Kristalle weisen aufgrund der sehr hohen Lichtbrechung von n = 2,23 einen diamantartigen Glanz auf. Im durchfallenden Licht zeigt Heftetjernit normale Interferenzfarben und höchstens schwache Dispersion sowie einen schwachen Pleochroismus von Gelblichbraun mit rötlichem Stich senkrecht zur Längserstreckung der Kristalle nach Rötlichbraun parallel dazu.[3]

Heftetjernit besitzt eine sehr vollkommene Spaltbarkeit nach {010}, bricht aufgrund seiner Sprödigkeit aber ähnlich wie Amblygonit, wobei die Bruchflächen uneben ausgebildet sind. Für das Mineral wird in Analogie zu Ferberit eine Mohshärte von 4,5 angenommen.[3] Damit gehört Heftetjernit zu den mittelharten Mineralen, steht zwischen den Referenzmineralen Fluorit (Härte 4) und Apatit (Härte 5) und lässt sich wie diese mehr (Fluorit) oder weniger (Apatit) leicht mit einem Taschenmesser ritzen. Die berechnete Dichte für Heftetjernit beträgt 6,44 g/cm³.[3] Heftetjernit zeigt weder im lang- noch im kurzwelligen UV-Licht eine Fluoreszenz.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heftetjernit ist ein typisches Sekundärmineral und entsteht bei der Oxidation scandiumhaltiger Tantal-Niob-Minerale.[9] Im Heftetjern-Pegmatit bildete er sich in einem Hohlraum im Albit aus einem unidentifizierten röntgenamorphen Ti-Y-Ta-Nb-Mineral. Weitere Begleitminerale sind Fluorit, Muskovit, alterierter Milarit und ein weiteres unidentifiziertes metamiktes, dunkelgraubraunes Mineral der Pyrochlor- oder der Mikrolith-Gruppe. Auf zwei weiteren Proben wird Heftetjernit von Biotit, Kalifeldspat sowie einem metamikten Mineral mit einer ähnlichen Zusammensetzung wie Polykras-(Y) begleitet.[3]

Als sehr seltene Mineralbildung konnte Heftetjernit bisher (Stand 2018) nur von seiner Typlokalität beschrieben werden.[10][11] Als Typlokalität gilt der scandiumreiche Heftetjern-Pegmatit (Koordinaten des Pegmatits Heftetjern), ein Cleavelandit-Amazonit-Pegmatit des gemischten LCT-NYF-Typs (LCT = Lithium, Cäsium, Tantal – NYF = Niob, Yttrium, Fluor), der sich unweit der Stadt Tørdal zwischen Høydalen und Skarsfjell in der Provinz (Fylke) Telemark, Norwegen, befindet.[3] Fundorte für Heftetjernit in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind damit unbekannt.[11][12]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heftetjernit wäre aufgrund seiner hohen Scandiumgehalte zwar ein wichtiges Scandiumerz, ist aber aufgrund seiner extremen Seltenheit lediglich für Mineralsammler von Interesse.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Uwe Kolitsch, Roy Kristiansen, Gunnar Raade, Ekkehart Tillmanns: Heftetjernite, a new scandium mineral from the Heftetjern pegmatite, Tørdal, Norway. In: European Journal of Mineralogy. Band 22, Nr. 2, 2010, S. 309–316, doi:10.1127/0935-1221/2010/0022-1987.
  • Roy Kristiansen: A unique assemblage of Scandium-bearing minerals from the Heftetjern-pegmatite, Tørdal, south Norway (Kongsberg Mineralsymposium 2009). In: Norsk Bergverksmuseum Skrift. Band 41, 2009, S. 75–104 (Online [PDF; 16,5 MB; abgerufen am 3. Januar 2018]).
  • Heftetjernite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 311 kB; abgerufen am 3. Januar 2018]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q Uwe Kolitsch, Roy Kristiansen, Gunnar Raade, Ekkehart Tillmanns: Heftetjernite, a new scandium mineral from the Heftetjern pegmatite, Tørdal, Norway. In: European Journal of Mineralogy. Band 22, Nr. 2, 2010, S. 309–316, doi:10.1127/0935-1221/2010/0022-1987.
  4. a b Roy Kristiansen: A unique assemblage of Scandium-bearing minerals from the Heftetjern-pegmatite, Tørdal, south Norway (Kongsberg Mineralsymposium 2009). In: Norsk Bergverksmuseum Skrift. Band 41, 2009, S. 75–104 (Online [PDF; 16,5 MB; abgerufen am 3. Januar 2018]).
  5. Mindat – Lokalität Heftetjern
  6. Steffen Jahn: Neue Mineralien 1/2011. In: Mineralien-Welt. Band 22, Nr. 1, 2011, S. 54–63.
  7. Eligiusz Szełęg, Irina Gałuskina, Krystian Prusik: Sc–Nb oxide from corundum pegmatite of the Krucze Skały in Karpacz (Karkonosze massif, Lower Silesia, Poland) – a potentially new mineral of the ScNbO4 – FeWO4 series (20th General Meeting of the IMA (IMA2010), Budapest, Hungary, August 21-27). In: CD of Abstracts. Band 6, 2010, S. 501 (rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 4. Januar 2018]).
  8. Jakub Výravský, Radek Škoda, Milan Novak: Kristiansenite, thortveitite and SCNbO4: Products of Ca-metasomatism of Sc-enriched columbite-(Mn) from NYF pegmatite Kožichovice II, Czech Republic (PEG2017). In: NGF Abstracts and Proceedings. Band 2, 2017, ISBN 978-82-8347-019-2, S. 169–172.
  9. Roy Kristiansen: Heftetjernitt og triklin titanitt fra Heftetjern i Tørdal (in Norwegisch). In: Stein. Band 37, Nr. 4, 2010, S. 20–22 (nags.net [PDF; 445 kB; abgerufen am 5. Januar 2018]).
  10. Mindat – Anzahl der Fundorte für Heftetjernit
  11. a b Fundortliste für Heftetjernit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  12. Mindat – Heftetjernit