Heinrich Kannengießer

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Heinrich Kannengießer (auch: Kannegießer, Kannengisser, Quinckow, Quinqe, Quinque; * 15. Jahrhundert; † nach 1504) war ein Stück- und Glockengießer sowie Dresdner Bürgermeister.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über Kannengießers Herkunft ist nichts bekannt. In den Akten taucht er wiederholt unter dem Namen Kangiesser auf, was auf eine Abstammung aus einer beruflich mit dem Metallguss verbundenen Familie hindeutet. 1496 wird er als Heinrich Quinckow erwähnt. Dieser Name (lateinisch: fünf) dürfte mit dem Guss von fünf Glocken durch Kannengießer im Jahre 1491 in Verbindung stehen. Auch ein Nachkomme, wahrscheinlich sein Sohn Cristoff, wird 1505 Quinque genannt.[1] Ein zweiter Sohn, Johannes Kannengießer ist als Student der Leipziger Universität nachweisbar.[2]

Berufliche Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Glocke Kannengießers von 1480, heute in der Gedenkstätte Sophienkirche Dresden

Kannengießer stand als Geschützgießer im Dienste Herzog Albrechts, wurde aber auch mit anderen Gussaufträgen beauftragt. So war er an der Anfertigung von Bleirohren beim Bau der Albrechtsburg in Meißen beteiligt und lieferte Metallgussteile für das Torhaus des Dresdner Schlosses.[3]

Im Jahr 1486 stiftete er der Kirche des Franziskanerklosters auf dem Taschenberg in Dresden neue Kirchenglocken.[4] Da dem Bettelorden Glockentürme mit vollem Geläut nicht erlaubt waren, fand sie ihren Platz im Dachreiter.[5] 1491 goss Kannengießer neue Glocken für die im selben Jahr durch einen Brand zerstörte Dresdner Kreuzkirche.[4] Die Inschrift auf der Marienglocke lautete:

„Die Verstorbenen betrauere ich, die Lebenden rufe ich, die Blitze bändige ich, mit Freuden kündige ich die Feste an, Gott bin ich gefällig, die Gefahren des Sturms befriede ich.“

Inschrift

Dazu besaß Kannengießer eine Gießerei in der westlichen Südvorstadt Dresdens. Daneben goss er auch die Große Freibergische Glocke und war zusammen mit dem Ratsmitglied Donat Conrad Kirchenvater zum Heiligen Kreuz.[6]

Politisches Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1493 saß Kannengießer im Rat der Stadt Dresden.[7] Hier hatte er zeitweise das Amt des Brückenmeisters inne.[8] Das Brückenamt hatte für die Erhaltung der Dresdner Elbbrücke und der Kreuzkirche zu sorgen und verfügte über erheblichen Grundbesitz.[9] Außerdem wird er 1500 als Baumeister genannt.

1501 trat Kannengießer als Bürgermeister an die Spitze der Verwaltung. Nach der Ratsordnung von 1470 gab es zu dieser Zeit stets einen regierenden und zwei ruhende Stadträte. Derselbe Rhythmus galt für die drei gewählten Bürgermeister. So wechselten auch diese immer in der Reihenfolge regierender – beisitzender – ruhender Bürgermeister. Kannengießer war nach 1501 noch einmal 1504 regierender Bürgermeister. Aus diesem Jahr stammt auch seine letzte Erwähnung im Ratsregister.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sieglinde Richter-Nickel: Der ehrwürdige Rath zu Dresden, in: Dresdner Geschichtsbuch Nr. 5, Stadtmuseum Dresden (Hrsg.); DZA Verlag für Kultur und Wissenschaft, Altenburg 1999, ISBN 3-9806602-1-4.
  • Otto Richter: Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden, Band 1, Verlag W. Baensch, Dresden 1885.
  • Matthias Meinhardt: Dresden im Wandel: Raum und Bevölkerung der Stadt im Residenzbildungsprozess des 15. und 16. Jahrhunderts. Oldenbourg Akademieverlag, München 2009, ISBN 978-3050040684.
  • Jens Klingner: Das Dresdner Stadtbuch 1477–1495 – Edition und Forschung (Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophie, Kunst- und Gesellschaftswissenschaften der Universität Regensburg). Regensburg 2009 (Digitalisat als PDF; 4,5 MB).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wolfgang Fleischer: Die deutschen Personennamen, in: Wissenschaftliche Taschenbücher. Reihe Sprachwissenschaft, Band 20, Akademie-Verlag, 1964, S. 154
  2. Viktor Hantzsch: Dresdner auf Universitäten vom 14. bis zum 17. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens, Band 19, Verlag W. Baensch, 1906, S. 28.
  3. Carl von Metzsch-Reichenbach: Die interessantesten alten Schlösser, Burgen und Ruinen Sachsens, Verlag W. Baensch, 1902, S. 30.
  4. a b Karlheinz Blaschke: Geschichte der Stadt Dresden 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648), Band 1, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, 2005, Seite 306
  5. Georg Müller: Das Franziskanerkloster in Dresden. In: Beiträge zur Sächsischen Kirchengeschichte. Heft 5, 1890, S. 96.
  6. Martin Bernhard Lindau: Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Dresden von der frühesten bis auf die gegenwärtige Zeit, Band 1, Verlagsbuchhandlung von Rudolf Kunze, 1859
  7. Matthias Meinhardt: Dresden im Wandel: Raum und Bevölkerung der Stadt im Residenzbildungsprozess des 15. und 16. Jahrhunderts, Oldenbourg Akademieverlag, 2009, S. 518.
  8. Matthias Meinhardt: Die merckwürdigkeiten der Königlichen Bibliotheck zu Dreßden, Band 1, Hofbuchhandlung George Conrad Walther, Dresden, 1743
  9. Sieglinde Richter-Nickel: Der ehrwürdige Rath zu Dresden, in: Dresdner Geschichtsbuch Nr. 5, Stadtmuseum Dresden (Hrsg.); DZA Verlag für Kultur und Wissenschaft, Altenburg 1999, S. 10. ISBN 3-9806602-1-4.
VorgängerAmtNachfolger
 
Simon Werchau (1500)
Donat Conrad (1503)
Bürgermeister von Dresden
1501
1504
 
Hans Schmeißer (1502)
Matthes Koler (1505)