Henmilit

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Henmilit
Henmilit-Kristalle aus der Fuka-Mine bei Bitchu-cho unweit Takahashi, Präfektur Okayama, Chūgoku, Honshū, Japan (Stufengröße: 4,2 cm × 3,4 cm × 2,8 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1981-050[1]

IMA-Symbol

Hen[2]

Chemische Formel
  • Ca2Cu2+[(OH)2|B(OH)4]2[3]
  • Ca2Cu(OH)4[B(OH)4]2[4]
  • Ca2CuB2(OH)12[5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Borate (Monoborate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/G.09
V/G.09-020

6.AC.30
26.01.05.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1[4]
Raumgruppe P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2[4]
Gitterparameter a = 5,7617 Å; b = 7,9774 Å; c = 5,6488 Å
α = 109,611°; β = 91,473°; γ = 83,686°[4]
Formeleinheiten Z = 1[4]
Häufige Kristallflächen {100}, {010}, {101}, {102}, {110}, {011}, {142}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte < 2,5, Vickers-Härte VHN25 = 193–206 kg/mm2
Dichte (g/cm3) 2,51 (gemessen); 2,523 (berechnet)
Spaltbarkeit sehr vollkommen nach {001}, gut nach {110}
Bruch; Tenazität keine Angaben; spröde[4]
Farbe bläulichviolett
Strichfarbe ganz blass violett bis nahezu weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,585
nβ = 1,608 (berechnet)
nγ = 1,615
Doppelbrechung δ = 0,030
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 58°
Pleochroismus stark von X = blassrosa über Y = blassviolett nach Z = sehr blass blau
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in 1:2 verdünnter HCl und 1:2 verdünnter HNO3[4]
Besondere Merkmale zerfällt unter dem Elektronenstrahl

Henmilit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Borate“ (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate, siehe Klassifikation). Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der chemischen Formel Ca2Cu2+[(OH)2|B(OH)4]2,[3] ist also chemisch gesehen ein Calcium-Kupfer-Borat mit zusätzlichen Hydroxidionen, das strukturell zu den Monoboraten gehört.

Henmilit bildet bis 3 mm große, prismatisch-pinakoidale Kristalle, die charakteristische bläulichviolette Farbtöne zeigen. Daneben existieren massive derbe Aggregate. Das Mineral wird ausschließlich in der Fuka-Mine gefunden, die sich 40 km nordöstlich von Okayama bei der Stadt Takahashi in der Präfektur Okayama innerhalb der Region Chūgoku auf Honshū in Japan befindet. Henmilit tritt hier in Hohlräumen in bormineralisierten Gängen innerhalb von kontaktmetasomatisch umgewandelten Kalksteinen auf und wird u. a. von Pentahydroborit und Olshanskyit begleitet.[4][5]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Untersuchung von Bormineral-führenden Gängen in der Fuka-Mine wurde ein infolge seiner blauvioletten Farbe sehr auffälliges, eng mit Pentahydroborit vergesellschaftetes Mineral entdeckt. Bei detaillierten Untersuchungen stellte sich diese Phase als erstes Beispiel eines Borates mit Gehalten von sowohl Calcium als auch Kupfer und damit als neues Mineral heraus.

Das Mineral wurde 1981 von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt und 1986 von einem Team japanischer Wissenschaftler um Izumi Nakai von der Universität Tsukuba sowie Hisashi Okada, Kazunosuke Masutomi, Eiji Koyama und Kozo Nagashima als Henmilit erstbeschrieben. Benannt wurde es nach Professor Kitinosuke Henmi (1919–1997) und seiner Tochter Chiyoko Henmi (* 1949) vom Department of Earth Science der Universität Okayama in Okayama in Anerkennung ihrer mineralogischen Arbeit in der Skarnlagerstätte von Fuka, die zur Identifizierung von drei neuen Mineralen (Bicchulith, Fukalith und Oyelith) geführt hatten.

Typmaterial des Minerals wird im Nationalmuseum der Naturwissenschaften, Shinjuku bei Tokio, (Katalog-Nr. M-24641) sowie im National Museum of Natural History, Washington, D.C., USA, (Katalog-Nr. 165482) aufbewahrt.[5]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Henmilit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Inselborate“, wo er zusammen mit Frolovit die unbenannte Gruppe mit der System-Nr. V/G.09 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Henmilit in die neu definierte Klasse der „Borate“ und dort in die Abteilung der „Monoborate“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach dem Aufbau des Boratkomplexes und der möglichen Anwesenheit von zusätzlichen Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „B(O,OH)4, ohne und mit zusätzlichen Anionen; 1(T), 1(T) + OH usw.“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 6.AC.30 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Henmilit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung und gleichnamige Unterabteilung der „Wasserhaltigen Borate mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 26.01.05 zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Henmilit hat (auf Basis von 12 Sauerstoffatomen pro Formel) die gemessene Zusammensetzung Ca1,91Cu0,99B2,05O12H12,03, was zu Ca2CuB2(OH)12 idealisiert wurde und Gehalte von 18,85 B2O3, 21,53 % CuO, 30,36 % CaO und 28,26 % H2O erfordert.[6]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Henmilit kristallisiert im triklinen Kristallsystem in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 5,7617 Å; b = 7,9774 Å; c = 5,6488 Å; α = 109,611°; β = 91,473° und γ = 83,686° sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[4][7]

Im Henmilit findet sich das Bor in isolierten B(OH)4-Gruppen und Kupfer weist eine quadratisch-planare Koordination durch Hydroxidionen auf. Calcium ist von acht Hydroxidionen umgeben. Die Struktur des Henmilits besteht aus Dimern von kantenverknüpften Ca(OH)2-Polyedern, die durch die quadratisch-planaren Cu(OH)4-Gruppen verbunden sind, wodurch eine Schichtstruktur parallel [011] entsteht. Die Schichten werden durch B(OH)4-Tetraeder zu einem dreidimensionalen Gerüst verknüpft. Die Henmilit-Struktur lässt sich auch so beschreiben, dass Dimer aus Ca-Polyedern durch zwei B(OH)4-Tetraeder so verknüpft sind, dass Ketten parallel [001] entstehen. Diese Ketten werden durch quadratisch-planare Cu(OH)4-Gruppen zu einem dreidimensionalen Gerüst verknüpft.[4][7]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Idiomorpher Henmilit-Kristall mit angeschmolzem wirkendem Aussehen (Sichtfeld: 3 mm)
Tracht und Habitus von Henmilitkristallen
flächenarmer Kristall
flächenreicher Kristall (gleiche Farben repräsentieren gleiche Flächenformen)

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Henmilit bildet in Marmoren eingebettete kristalline Massen sowie – in Hohlräumen in Pentaborit-Gängen – auch bis 3 mm große, scharfkantige und formenreiche Kristalle, die auf der Oberfläche des Pentaborits sitzen oder mit diesem verwachsen sind. Die tragende und trachtbestimmende Kristallform der idiomorphen, pinakoidalen Kristalle ist das gut ausgebildete erste Pinakoid {100}. Bei flächenärmeren Kristallen treten noch das zweite Pinakoid {010}, die Pinakoide parallel zur b-Achse {101} und {101} und die Pinakoide parallel zur c-Achse {110} und {110} dazu. An flächenreicheren Kristallen lassen sich darüber hinaus noch die Pinakoide {102}, {011} und {142} identifizieren (vergleiche dazu auch die nebenstehenden Kristallzeichnungen).[6]

Physikalische und chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Farbe der Henmilit-Kristalle ist in allen Fällen ein charakteristisches Bläulichviolett. Die Strichfarbe des Henmilits variiert dagegen von ganz blass violett bis nahezu weiß.[4] Die Oberflächen der durchsichtigen Kristalle weisen einen starken glasartigen Glanz auf. Im Dünnschliff zeigt das Mineral unter dem Mikroskop einen starken Pleochroismus von X = blassrosa über Y = blassviolett nach Z = sehr blass blau.[4]

Henmilit besitzt eine sehr vollkommene Spaltbarkeit nach {001} und eine gute Spaltbarkeit nach {110}, bricht aufgrund seiner Sprödigkeit („fragile“) aber sehr leicht, wobei zur Art der Bruchflächen keine Angaben existieren. Der als „soft“ beschriebene Henmilit gehört mit einer Mohshärte < 2,5 und einer Vickers-Härte VHN25 = 193–206 kg/mm2 zu den weichen Mineralen, die sich wie das Referenzmineral Gips mit dem Fingernagel zumindest ritzen lassen. Die gemessene Dichte für Henmilit beträgt 2,51 g/cm³, die berechnete Dichte für das Mineral liegt bei 2,523 g/cm³.[4][6]

In 1:2 verdünnter Salzsäure und 1:2 verdünnter Salpetersäure ist Henmilit leicht löslich.[4]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Henmilit-Matrixstufe mit blauen, freistehenden Kristallen aus der Fuka Mine (Größe: 4,5 × 2,7 × 2,3 cm)

Als sehr seltene Mineralbildung konnte Henmilit bisher (Stand 2016) nur von seiner Typlokalität beschrieben werden. Diese ist der ehemalige Marmor-Steinbruch der Fuka-Mine, der 40 km nordöstlich von Okayama bei der Stadt Takahashi in der Präfektur Okayama innerhalb der Region Chūgoku auf Honshū in Japan liegt.[8][9]

Heute arbeitet das Bergwerk im Untertagebetrieb. Abgebaut wird ein hochreiner Calcit, der u. a. für Zahnpasta Verwendung findet. Die Fuka-Mine ist weltbekannt für die hier auftretenden Skarnminerale wie Bicchulith, Fukalith, Oyelith, Spurrit, Gehlenit und Rankinit. Sie stammen aus einem borhaltigen Hochtemperatur-Kalksilikatkarn mit extrem geringen Eisen-Gehalten, der sich an der Grenze zwischen einem Kalksteinkörper und einem monzonitischem Intrusivgestein entwickelt hat. Die erwähnten Minerale sind fast ausnahmslos hydrierte Calciumsilikate, die sich durch Hochtemperaturmetamorphose und -metasomatose des Kalksteins und folgende Hydrationsreaktionen bildeten.[4][10]

Henmilit wird in der Fuka-Mine in Hohlräumen in bormineralisierten Gängen innerhalb von kontaktmetasomatisch umgewandelten Kalksteinen angetroffen und von Pentahydroborit, Olshanskyit, Tenorit, Sillénit, Bultfonteinit, Cuspidin, Thaumasit, Brucit und Calcit begleitet.[4][5]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ungeachtet der hohen Gehalte an Bor und Kupfer ist Henmilit aufgrund seiner Seltenheit weder als Bor- noch als Kupfererz von Bedeutung. Dagegen herrscht für die attraktiven blauen Kristalle in Mineralsammlerkreisen eine starke Nachfrage.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Izumi Nakai, Hisashi Okada, Kazunosuke Masutomi, Eiji Koyama, Kozo Nagashima: Henmilite, Ca2Cu(OH)4[B(OH)4]2, a new mineral from Fuka, Okayama Prefecture, Japan. Part I. Occurrence and description. In: The American Mineralogist. Band 71, 1986, S. 1234–1236.
  • Henmilite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001. (PDF, 65,8 kB)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Henmilite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 336.
  4. a b c d e f g h i j k l m n o Izumi Nakai, Hisashi Okada, Kazunosuke Masutomi, Eiji Koyama, Kozo Nagashima: Henmilite, Ca2Cu(OH)4[B(OH)4]2, a new mineral from Fuka, Okayama Prefecture, Japan. Part I. Occurrence and description. In: The American Mineralogist. Band 71, 1986, S. 1234–1236 (rruff.info [PDF; 700 kB]).
  5. a b c d Henmilit. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (PDF, 65,8 kB)
  6. a b c Isao Kusachi: New data on mineralogical properties of henmilite (in Japanese with English abs.). In: Journal of the Mineralogical Society of Japan. Band 21, 1992, S. 127–130 (jstage.jst.go.jp [PDF; 423 kB]).
  7. a b Izumi Nakai: Henmilite, Ca2Cu(OH)4[B(OH)4]2, a new mineral from Fuka, Okayama Prefecture, Japan. Part II. Crystal structure. In: The American Mineralogist. Band 71, 1986, S. 1236–1239 (rruff.info [PDF; 700 kB]).
  8. Mindat – Anzahl der Fundorte für Henmilit
  9. Fundortliste für Carletonit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  10. Mindat – Typlokalität für Henmilit