Henrike Lähnemann

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Henrike Lähnemann (2020)

Henrike Lähnemann (* 15. Mai 1968 in Münster)[1] ist eine deutsche Germanistin. Sie lehrt als Professorin für Germanistische Mediävistik an der University of Oxford.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Henrike Lähnemann[2] ist die Tochter des Theologen Johannes Lähnemann und die Enkelin der Mediävistin Eleonore Dörner und des Archäologen Friedrich Karl Dörner. Sie wurde in Münster geboren und ging in Lüneburg (Johanneum Lüneburg) und Nürnberg (Neues Gymnasium Nürnberg) zur Schule. Sie studierte Deutsche Literatur, Kunstgeschichte und Theologie an den Universitäten Bamberg, Edinburgh, Berlin und Göttingen. Nach ihrer Promotion über spätmittelalterliche deutsche Lehrdichtung an der Universität Bamberg arbeitete sie an der Universität Tübingen, wo sie sich mit einer Untersuchung über das Buch Judith in der deutschen Literatur des Mittelalters habilitierte. Lähnemann verbrachte ein Jahr als Feodor Lynen Stipendiatin an der University of Oxford und ein Semester als Gastprofessorin an der Universität Zürich.[3] Von 2006 bis 2014 hatte sie den Lehrstuhl für Germanistik an der Newcastle University inne und leitete die Abteilung Deutsch der School of Modern Languages an der Newcastle University. 2010 wurde sie von der DFG für die Aufnahme in das Portal AcademiaNet,[4] einer Datenbank mit Profilen führender Wissenschaftlerinnen,[5] nominiert. Von 2009 bis 2014 war sie Vorsitzende der Organisation Women in German Studies. 2015 hat sie den Lehrstuhl für Germanistische Mediävistik an der University of Oxford in der Nachfolge von Nigel F. Palmer und Peter Ganz übernommen. Von 2015 bis 2024 ist sie zudem Senior Research Fellow am Freiburg Institute for Advanced Studies der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.[6]

Im Zentrum ihrer Forschung stehen mittelalterliche Manuskripte, die Beziehung zwischen Text und Bild und die Art wie volkssprachliche mit lateinischer Literatur in Verbindung steht. Lähnemanns Forschung beschäftigt sich aktuell daher mit Andachtstexten aus Norddeutschland, insbesondere mit Handschriften aus dem Kloster Medingen. Des Weiteren kooperiert sie mit Eva Schlotheuber im Rahmen eines von der Gerda-Henkel-Stiftung finanzierten Projekts, das die Edition des Briefverkehrs der Nonnen des Klosters Lüne zum Ziel hat.

Thematisch setzt sich Lähnemann insbesondere mit Reformation und Buchdruck auseinander. Ihre linguistische und interdisziplinäre Perspektive komplettiert dabei das Team aus Reformationsexperten der University of Oxford, zu denen unter anderem auch Lyndal Roper und Diarmaid MacCulloch zählen. Im Rahmen des Projekts Translating, Printing, Singing the Reformation kamen neben Buchdruck-Workshops[7] und Neuinszenierungen reformatorischer Schlüsselszenen[8] sowohl eine Website[9], die Zugang zu digitalisierten Reformationspamphleten bietet, als auch ein Blog[10] und ein Podcast[11] zustande, die die jüngsten Aktivitäten des Reformationsteams dokumentieren. Die politische Relevanz des Projekts zeigt sich in der Verbindung von Reformations- mit Anti-Brexit-Gedanken[12][13] sowie ganz besonders auch im Gebrauch der Reformationsflugschriften für ein Protest-Hallelujah[14] im Rahmen des zivilen Widerstands in Hongkong.

Die Autorin Angelika Overath, mit der sie eine langjährige produktive Arbeitsbeziehung verbindet, hat ihr ihren Roman Sie dreht sich um gewidmet.[15] Zudem wurde Henrike Lähnemann im Buch Die Glücklichen. Warum Frauen die Mitte des Lebens so großartig finden von Susanne Beyer als eine von 18 erfolgreichen Frauen um die 50, neben Christiane Paul und Claudia Schiffer, porträtiert.[16]

Gemeinsam mit der Historikerin Eva Schlotheuber veröffentlichte Henrike Lähnemann 2023 eine Monographie mit dem Titel Unerhörte Frauen. Die Netzwerke der Nonnen im Mittelalter.[17]

Forschungsprojekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zusammen mit Eva Schlotheuber u. a.: Netzwerke der Nonnen. Kritische Edition der Briefsammlung der Lüner Benediktinerinnen (Hs. 15, ca. 1460–1555) (= Spätmittelalter, Humanismus, Reformation). Mohr Siebeck, Tübingen 2024, ISBN 978-3-16-160898-8, eBook PDF ISBN 978-3-16-160899-5 doi:10.1628/978-3-16-160899-5.
  • Zusammen mit Eva Schlotheuber: Unerhörte Frauen. Die Netzwerke der Nonnen im Mittelalter. Propyläen, Berlin 2023, ISBN 978-3-549-10037-0.
  • Zusammen mit Howard Jones, Martin Keßler und Christina Ostermann herausgegeben: Martin Luther. Sermon von Ablass und Gnade (= Treasures of the Taylorian. Series One: Reformation Pamphlets 2). Taylor Institution Library, Oxford 2018, ISBN 978-0-9954564-2-6.[24]
  • Das Erfurter »Enchiridion« in der Goslarer Marktkirchen-Bibliothek. In: Helmut Liersch (Hrsg.): Marktkirchen-Bibliothek Goslar. Beiträge zur Erforschung der reformationszeitlichen Sammlung. Schnell & Steiner, Regensburg 2017, ISBN 978-3-7954-3032-0, S. 232–243.
  • Zusammen mit Howard Jones herausgegeben: Martin Luther, Sendbrief vom Dolmetschen (= Treasures of the Taylorian. Series One: Reformation Pamphlets 1). Taylor Institution Library, Oxford 2017, ISBN 978-0-9954564-1-9.[25]
  • Zusammen mit Eva Schlotheuber u. a.: Netzwerke der Nonnen. Edition und Erschließung der Briefsammlung aus Kloster Lüne (ca. 1460–1555). In: Wolfenbütteler Digitale Editionen. Wolfenbüttel 2016-, online.
  • Medinger Nonnen als Schreiberinnen zwischen Reform und Reformation. In: B.-J. Kruse u. a.: Rosenkränze und Seelengärten. Bildung und Frömmigkeit in niedersächsischen Frauenklöstern. Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel 2013, ISBN 978-3-447-06813-0, S. 37–42, 319–320.
  • Der Medinger “Nonnenkrieg” aus der Perspektive der Klosterreform. Geistliche Selbstbehauptung 1479–1554. In: Kees Schepers, Thom Mertens (Hrsg.): 1517–1545: The Northern Experience. Mysticism, Art and Devotion between Late Medieval and Early Modern (= Ons Geestelijk Erf. 87.2016, 1-2), S. 91–116, (doi:10.2143/OGE.87.1.3200541, Lizenzpflichtig), (Peer reviewed).
  • Zusammen mit Ulrike Hascher-Burger: Liturgie und Reform im Kloster Medingen. Edition und Untersuchung des Propst-Handbuchs Oxford, Bodleian Library, MS. Lat. liturg. e. 18 (= Spätmittelalter, Humanismus, Reformation. 76). Mohr Siebeck, Tübingen 2013. ISBN 978-3-16-152804-0.[26]
  • Text und Textil. Die beschriebenen Pergamente in den Figurenornaten In: C. Klack-Eitzen, W. Haase, T. Weissgraf: Heilige Röcke. Kleider für Skulpturen in Kloster Wienhausen. Schnell & Steiner, Regensburg 2013, ISBN 978-3-7954-2701-6, S. 71–78 (79–173).
  • Also do du ok. Andachtsanweisungen in den Medinger Handschriften In: E. Brüggen, F.-J. Holznagel, S. Coxon, A. Suerbaum: Text und Normativität im deutschen Mittelalter. de Gruyter, Tübingen 2012, ISBN 978-3-11-028004-3, S. 437–453.
  • Der Auferstandene im Dialog mit den Frauen. Die Erscheinungen Christi in den Andachtsbüchern des Klosters Medingen In: L. M. Koldau: Passion und Ostern in den Lüneburger Klöstern. Verlag Kloster Ebstorf, Ebstorf 2010, ISBN 978-3-926655-11-0, S. 105–134.
  • The Sword of Judith. Judith Studies Across the Disciplines. Open Book Publishers, Cambridge, UK 2010, ISBN 978-1-906924-15-7.
  • Per organa. Musikalische Unterweisung in Handschriften der Lüneburger Klöster In: H. Lähnemann, S. Linden: Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes Sprechen in der deutschen Literatur des Mittelalters. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2009, ISBN 978-3-11-021898-5, S. 397–412, urn:nbn:de:hebis:30:3-234398, (doi:10.1515/9783110218992.397, Verlag, Lizenzpflichtig).
  • Zusammen mit Sandra Linden herausgegeben: Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes Sprechen in der deutschen Literatur des Mittelalters. de Gruyter, Berlin / New York 2009, ISBN 978-3-11-021898-5, urn:nbn:de:hebis:30:3-234466, (doi:10.1515/9783110218992, Verlag, Lizenzpflichtig).
  • Hystoria Judith: Deutsche Judithdichtungen vom 12. bis zum 16. Jahrhundert (= Scrinium Friburgense. 20). Walter de Gruyter, Berlin 2006, ISBN 978-3-11-019011-3, doi:10.1515/9783110925418.
  • ‘An dessen bom wil ik stighen.’ Die Ikonographie des Wichmannsburger Antependiums im Kontext der Medinger Handschriften. In: Oxford German Studies 2005, ISSN 1745-9214 (electronic), Band 34, S. 19–46.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Henrike Lähnemann. In: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender Online. Berlin, Boston: De Gruyter, 2010. Abgerufen am 9. Oktober 2023 (Lizenzpflichtig).
  2. Lähnemanns Profil auf der Website der Fakultät. Abgerufen am 27. August 2020.
  3. CV Henrike Lähnemann. Abgerufen am 29. September 2021.
  4. Vergleiche auch hier AcademiaNet website.
  5. Ein Interview auf AcademiaNet mit Henrike Lähnemann: Eine spannende Umbruchssituation (Memento des Originals vom 23. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/academia-net.de
  6. Henrike Lähnemann | Faculty of Medieval and Modern Languages. Abgerufen am 29. September 2021 (englisch).
  7. Print Workshop. 26. Mai 2017, abgerufen am 24. August 2020.
  8. 500 years celebration. 1. November 2017, abgerufen am 24. August 2020.
  9. Taylor Editions/ Reformation. Abgerufen am 24. August 2020.
  10. The Reformation at the Taylor Institution Library – A Bodleian Libraries blog. Abgerufen am 24. August 2020.
  11. Podcast Reformation 2017. Abgerufen am 24. August 2020.
  12. Henrike Lähnemann: Devastated but determined. Consequences of Brexit for Academia. In: FAZ. 29. Juni 2016, abgerufen am 24. August 2020 (englisch).
  13. A UTOPIAN ISLAND? BREXIT IN A HISTORICAL CONTEXT. Universität Freiburg – FRIAS, 14. August 2017, abgerufen am 24. August 2020 (englisch).
  14. Henrike Lähnemann & Wai Yip HO: The Reformation and Hongkong. 20. August 2019, abgerufen am 24. August 2020.
    Sing hallelujah to the lord 2019 .6.16 Hong Kong. 17. Juni 2019, abgerufen am 24. August 2020.
  15. Leseprobe auf der Verlagsseite von Random House
  16. Susanne Beyer: Geist. Die Lehrstuhlinhaberin Henrike Lähnemann und die Ausdehnung des Denkens. In: Die Glücklichen. Warum Frauen die Mitte des Lebens großartig finden. Blessing, München 2021, ISBN 978-3-89667-680-1, S. 37–44.
  17. Andreas Main: Die Netzwerke der Nonnen im Mittelalter – dazu die Historikerin Eva Schlotheuber. (mp3-Audio; 21 MB; 23:14 Minuten) In: Deutschlandfunk-Sendung „Tag für Tag“. 9. Oktober 2023, abgerufen am 10. Oktober 2023.
    Andrea Roedig: Die mächtigen Bräute Christi. (pdf; 280 kB) In: Deutschlandfunk-Kultur-Sendung „Buchkritik“. 5. Juli 2023, abgerufen am 17. August 2023.
    Andrea Roedig: „Unerhörte Frauen“ von Henrike Lähnemann, Eva Schlotheuber. (mp3-Audio; 4,8 MB; 5:13 Minuten) In: Deutschlandfunk-Kultur-Sendung „Buchkritik“. 5. Juli 2023, abgerufen am 10. Oktober 2023.
    Christina Lutter: Wer konnte Christus unter den Lebenden näher sein als sie? In: FAZ.net. 17. Juni 2023, abgerufen am 17. August 2023.
  18. Eva Schlotheuber, Henrike Lähnemann, Simone Schultz-Balluff, Edmund Wareham, Philipp Trettin und Lena Vosding: Netzwerke der Nonnen. Edition und Erschließung der Briefsammlung aus Kloster Lüne (ca. 1460-1555). Wolfenbüttel 2016-. (Wolfenbütteler Digitale Editionen, ZZ), abgerufen am 27. August 2020.
  19. Martina Gilica: NDR 1 Niedersachsen - Kulturspiegel Podcast: Geheimnisvolle Briefe im Kloster Lüne. NDR, 3. März 2020, abgerufen am 27. August 2020.
  20. Website zur Neuzusammenstellung der verstreuten Manuskripte und Drucke der Zisterzienserinnen von Medingen. Abgerufen am 27. August 2020.
  21. The Sword of Judith – The Judith Project (Memento vom 4. April 2013 im Internet Archive)
  22. http://users.ox.ac.uk/~fmml2152/renner/
  23. http://users.ox.ac.uk/~fmml2152/sigenot/
  24. Sermon von Ablass und Gnade. Taylor Editions, abgerufen am 27. August 2020.
  25. Sendbrief vom Dolmetschen, Open Access. Taylor Editions, abgerufen am 27. August 2020.
  26. Liturgie und Reform Table of Contents. Abgerufen am 27. August 2020.