Huneborg-Stadial

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Glaziale/
Interglaziale
Stadiale/
Interstadiale[1]  
 Zeitraum
(v. Chr.)[2] 
Weichsel-
Spätglazial
Jüngere Dryaszeit 10.730–09.700
Alleröd-Interstadial 11.400–10.730
Ältere Dryaszeit 11.590–11.400
Bölling-Interstadial 11.720–11.590
Älteste Dryaszeit 11.850–11.720
Meiendorf-Interstadial 12.500–11.850
Weichsel-
Hochglazial
Mecklenburg-Phase 15.000–13.000
Pommern-Phase 18.200–15.000
Lascaux-Interstadial 19.000–18.200
Laugerie-Interstadial 21.500–20.000
Frankfurt-Phase 22.000–20.000
Brandenburg-Phase 24.000–22.000
Tursac-Interstadial 27.000–25.500
Maisières-Interstadial 30.500–29.500
Denekamp-Interstadial 34.000–30.500
Huneborg-Stadial 39.400–34.000
Hengelo-Interstadial 41.300–39.400
Moershoofd-Interstadial 48.700
Glinde-Interstadial 51.500
Ebersdorf-Stadial 53.500
Oerel-Interstadial 57.700
Weichsel-
Frühglazial
Schalkholz-Stadial 60.000
Odderade-Interstadial 74.000
Rederstall-Stadial ?
Brörup-Interstadial ?
Amersfoort-Interstadial ?
Herning-Stadial 115.000
Eem-Warmzeit
126.000

Das Huneborg-Stadial ist ein Kälterückfall während des Weichsel-Hochglazials. Es datiert in etwa in den Zeitraum 40.000 bis 35.000 v. Chr.

Erstbeschreibung und Typlokalität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstbeschreibung des Huneborg-Stadials erfolgte 1995 durch Thomas van der Hammen im Zuge seiner stratigraphischen Arbeit über das Dinkeltal in den östlichen Niederlanden.[3] Das Stadial ist nach der Huneborg, einer Burg bei Ootmarsum benannt worden.

Stratigraphie und Korrelationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitliche Stellung des Huneborg-Stadials

Das Huneborg-Stadial folgt auf das Hengelo-Interstadial und wird seinerseits vom Denekamp-Interstadial überlagert. Es ereignete sich während des MIS 3 und korreliert mit den Dansgaard-Oeschger-Ereignissen DO10, das den Beginn des Stadials markiert, sowie DO9 und DO8. Zwischen DO9 und DO8 fällt das Heinrich-Ereignis H4.

Das Huneborg-Stadial ist keine durchgehende Kälteanomalie, es wird vielmehr von einer Warmphase eingeleitet, dem Huneborg-Interstadial oder Huneborg I, gekennzeichnet durch DO10 und DO9. Erst mit dem Heinrich-Ereignis H4 wurden stadiale Bedingungen verwirklicht. Das Huneborg-Stadial schließt ab DO8 mit einer erneuten Warmphase, dem Huneborg II; diese Warmphase entspricht in der Archäologie dem Les Cottés-Interstadial.

Das Huneborg-Stadial umfasst die Pollenstufen XI, XII und XIII-XII.

Datierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Direktdatierung des Huneborg-Stadials ist nicht bekannt, es kann aber über das Ende des Hengelo-Interstadials und DO10 sowie den Beginn des Denekamp-Interstadials in den Zeitraum 39.400 bis 34.900 v. Chr. eingeordnet werden. Anhand des grönländischen Eisbohrkerns NGRIP kann DO10 mit 39.800 Jahren v. Chr. veranschlagt werden, das Ende des Stadials kommt bei 34.800 v. Chr. zu liegen. Van der Hammen (1995) weist dem Intervall Huneborg I 35.700 bis 34.500 Radiokohlenstoffjahre zu, d. h. kalibriert (mit CalPal) den Zeitabschnitt 39.206 bis 37.801 v. Chr. Für Huneborg II gibt er 33.300 bis 32.000 Radiokohlenstoffjahre an bzw. 35.547 bis 34.069 v. Chr. Das eigentliche Stadial überdeckt somit die Zeitspanne 37.801 bis 35.547 v. Chr.

Umweltparameter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Huneborg-Stadial im zeitlichen Rahmen 25 bis 45 ka BP und Verlauf der GISP 2-Sauerstoffisotopenkurve

Sauerstoffisotopen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die δ18O-Werte für das eigentliche Stadial bewegen sich um – 43,5 ‰. Die Interstadiale erreichten jedoch wesentlich höhere Werte (bis zu 5,5 ‰), Huneborg II (DO8) beispielsweise – 38 ‰ und Huneborg I (DO10) – 38,7 ‰. Die Wärmeanomalie DO 9 war mit – 40 ‰ etwas undeutlicher ausgeprägt.[4]

Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Temperaturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marshall und Koutnik (2006) fanden für den südöstlichen Laurentidischen Eisschild eine Schwankung in den Jahresdurchschnittstemperaturen von nahezu 7 °C zwischen dem Stadial und dem Interstadial Huneborg II.[5]

Vegetation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der recht hohen Temperaturschwankungen innerhalb des Huneborg-Stadials oszillierte die Vegetation in Mitteleuropa zwischen subarktischen (Interstadiale) und arktischen (Stadial) Pflanzenvergesellschaftungen. Während des H4 etablierte sich sogar Permafrost.

Vulkaneruption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unmittelbar nach dem H4-Ereignis ereignete sich die Supereruption des Kampanischen Ignimbrits, datiert mit 39.280 Jahren BP bzw. 37.300 v. Chr.[6] Sie erreichte mit insgesamt 430 bis 680 Kubikkilometern ausgeworfenen Materials auf dem VEI die Stufe 7. Die Folgen dieses Ereignisses waren neben Vulkanischen Wintern möglicherweise die Verdrängung der Neandertaler durch den anatomisch modernen Menschen.

Magnetfeldumkehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zentriert um 41.000 Jahre BP bzw. 39.000 v. Chr. (Zeitraum 41.900 bis 39.600 Jahre BP) kam es zum Laschamp-Ereignis, einer relativ kurzzeitigen Umpolung des Erdmagnetfeldes.[7] Bedingt durch die gleichzeitig einhergehende Intensitätsverringerung erhöhte sich die Kosmische Strahlung erkennbar am Anstieg der Radionuklide 10Be und 14C.

Kulturelle Entwicklung und Archäologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Huneborg-Stadial korreliert mit dem Frühen Jungpaläolithikum. Mit Huneborg II erfolgte der Übergang vom Moustérien zum Aurignacien. Die aus diesem Intervall stammende Fundstätte Maisières-Canal bei Mons in Belgien belegt mit ihren Werkzeugfunden bereits das Aurignacien.[8] Die Sonderentwicklung des Szeletiens während des Huneborg-Stadials stellt eine lokale Entwicklung Osteuropas dar. Das östliche Szeletien wird durch die Fundstätte Buran-Kaya III auf der Krim vertreten.[9] Eine weitere Fundstätte auf der Krim ist Kabazi V, ein Abri, der von Neandertalern bewohnt wurde.

Die österreichische Fundstätte Schwallenbach (Fundort der Venus von Willendorf) mit dem Horizont Schwallenbach II sowie Willendorf II (Horizont C-4) entsprechen ebenfalls dem Huneborg II.[10] Sie dokumentieren ein bereits fortgeschrittenes Aurignacien.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thomas Litt, Achim Brauer, Tomasz Goslar, Josef Merkt, Krystyna Bałaga, Helmut Müller, Magdalena Ralska-Jasiewiczowa, Martina Stebich, Jörg F. W. Negendank: Correlation and synchronisation of Lateglacial continental sequences in northern central Europe based on annually laminated lacustrine sediments. In: Quaternary Science Reviews. vol. 20, Nr. 11, Mai 2001, S. 1233–1249.
  2. Zur Vereinheitlichung wurden die Altersangaben der Klimastufen des Weichsel-Spätglazials umgerechnet auf v. Chr. Bei den dendrochronologischen und warvenchronologischen Daten ist der Bezugspunkt das Jahr 1950, d. h. es müssen 1950 Jahre abgezogen werden, um v. Chr.-Angaben zu erhalten. Die Eiskerndaten beziehen sich dagegen auf das Bezugsjahr 2000. Die Altersangaben ab dem Weichsel-Hochglazial sind jeweils der ungefähre Beginn des entsprechenden Zeitintervalls v.h.
  3. T. Van der Hammen: The Dinkel Valley revisited: pleniglacial stratigraphy and global climatic change. Neogene and Quaternary Palaeoecology: a farewell to Waldo H. Zagwijn. In: G.F.W. Herngreen, L. van der Valk (Hrsg.): Mededelingen Rijks Geologische Dienst. Band 52, Nr. 1/2, 1995, ISSN 0770-2108, S. 343–355.
  4. N. J. Shackleton, R. G. Fairbanks, T.-C. Chiu, F. Parrenin: Absolute calibration of the Greenland time scale: implications for Antarctic time scales and for d14C. In: Quaternary Science Reviews. Band 23, 2004, S. 1513–1522.
  5. Shawn J. Marshall1, Michelle R. Koutnik: Ice sheet action versus reaction: Distinguishing between Heinrich events and Dansgaard-Oeschger cycles in the North Atlantic. In: Paleoceanography. 21, PA2021, 2006, doi:10.1029/2005PA001247.
  6. B. De Vivo, u. a.: New constraints on the pyroclastic eruptive history of the Campanian volcanic Plain (Italy). In: Mineralogy and Petrology. Band 73, 2001, S. 47–65.
  7. N. R. Nowaczyk, u. a.: Dynamics of the Laschamp geomagnetic excursion from Black Sea sediments. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 351–352, 2012, S. 54–69.
  8. Damien Flas, Rebecca Miller, Benjamin Jacobs: Les “burins” de l’atelier de débitage aurignacien de Maisières-Canal (Province du Hainaut, Belgique). In: Archéologiques. Band 2. Luxembourg 2006, S. 55–74.
  9. A. E. Marks, K. Monigal: Origins of the European Upper Paleolithic, Seen from Crimea. Simple Myth or Complex Reality? In: P. J. Brantingham, S. L. Kuhn, K. W. Kerry (Hrsg.): The Early Upper Paleolithic beyond Western Europe. University of California Press, Berkeley, Los Angeles, London 2004, S. 64–79.
  10. Paul Haesaerts, Nicolas Teyssandier: The early Upper Paleolithic occupations of Willendorf II (Lower Austria): a contribution to the chronostratigraphic and cultural context of the beginning of the Upper Paleolithic in Central Europe. In: João Zilhão, Francesco d’Errico (Hrsg.): Trabalhos de Arqueologia. Band 33, 2001, S. 133–151.