Hutcheonit

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Hutcheonit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2013-029[1]

IMA-Symbol

Htn[2]

Chemische Formel Ca3Ti2Al2SiO12[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silicate und Germanate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

VIII/A.08-115
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Ia3d (Nr. 230)Vorlage:Raumgruppe/230
Gitterparameter a = 11,843 Å[3]
Formeleinheiten Z = 8[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht bestimmt
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,86[3]
Spaltbarkeit nicht bestimmt
Bruch; Tenazität nicht bestimmt
Farbe nicht bestimmt
Strichfarbe nicht bestimmt
Transparenz nicht bestimmt
Glanz nicht bestimmt
Kristalloptik
Brechungsindex n = nicht bestimmt
Doppelbrechung δ = nicht bestimmt

Das Mineral Hutcheonit ist ein sehr seltenes Silikat aus der Obergruppe der Granate mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ca3Ti2Al2SiO12. Es kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der Struktur von Granat und findet sich in Form weniger µm großer Kriställchen in Calcium-Aluminium-reichen Einschlüssen (CAI: calcium aluminium inclusion) im Allende Meteoriten.[3]

Außer in seiner Typlokalität, dem Allende Meteoriten, Pueblito de Allende, Chihuahua, Mexiko, wurde Hutcheonit-reicher Granat bislang (2017) nur noch in Kalksilikatfels-Einschlüssen des Gabbro im Harz, Radautal Deutschland nachgewiesen.[3][4]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1978 untersuchten Koritnig und seine Mitarbeiter Granate aus einem Kalksilikat-Hornfels im Bärenstein-Steinbruch im Radautal (Harz), der bereits 1903 von J. Fromme und 1928 von Georg Frebold beschrieben worden war. Diese aluminiumreichen Schorlomit-Moromotoit-Grossular-Mischkristalle liegen mit ihrer Zusammensetzung im Bereich von Hutcheonit, wurden aber nicht als neues Mineral betrachtet.[4]

Am 8. Februar 1969 ging ein Meteorit im Norden Mexikos nieder und wurde nach dem Ort benannt, dessen Postamt er knapp verschonte, Pueblito de Allende. Dieser Allende-Meteorit, ein kohliger CV3-Chondrit, gehört zu den am besten untersuchten Meteoriten weltweit und ist die Typlokalität mehrerer Minerale. 2013 entdeckten Chi Ma and Alexander N. Krot darin eine neue Granatspezies, die sie nach dem Physiker und Kosmochemiker Ian D. Hutcheon vom Lawrence Livermore National Laboratory benannten, in Würdigung seiner zahlreichen Beiträge zur Chemie des Kosmos und der Meteorite.[3]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die aktuelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Hutcheonit zur Granat-Obergruppe, wo er zusammen mit Kimzeyit, Irinarassit, Schorlomit, Kerimasit und Toturit die Schorlomit-Gruppe mit 10 positiven Ladungen auf der tetraedrisch koordinierten Gitterposition bildet.[5]

Die veraltete, aber noch gebräuchliche 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz führt den Hutcheonit noch nicht auf. Er würde zusammen mit Almandin Andradit, Calderit, Goldmanit, Grossular, Henritermierit, Hibschit, Holtstamit, Hydrougrandit, Katoit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin, Uwarowit, Wadalit und Yamatoit (diskreditiert, da identisch mit Momoiit) zur „Granatgruppe“ mit der System-Nr. VIII/A.08 in der Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ gezählt werden.

Auch die seit 2001 gültige 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik kennt den Hutcheonit noch nicht. Hier würde er ebenfalls die „Granatgruppe“ mit der System-Nr. 9.AD.25 innerhalb der Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ eingeordnet werden. Diese ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Inselsilikate ohne zusätzliche Anionen; Kationen in oktaedrischer [6]er- und gewöhnlich größerer Koordination“ zu finden wäre. Auch die nach 2001 beschriebenen Granate Irinarassit, Kerimasit, Toturit, Menzerit-(Y) und Eringait wären in die Granatgruppe einsortiert worden.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana würde den Hutcheonit in die Abteilung der „Inselsilikatminerale“ einordnen. Hier wäre er zusammen mit Kimzeyit, Schorlomit und Morimotoit in der „Granatgruppe (Schorlomit-Kimzeyit-Reihe)“ mit der System-Nr. 51.04.03c innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen nur mit Kationen in [6] und >[6]-Koordination“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hutcheonit ist das Al-Analog von Schorlomit und bildet komplexe Mischkristalle vor allem mit Kimzeyit, Schorlomit, Grossular und Morimotoit. Die gemessene Zusammensetzung aus der Typlokalität ist

  • [X]Ca2,99[Y](Ti4+1,53Mg0,25Al0,17Fe2+0,05V3+0,03)[Z](Si1,68Al1,32)O12[3],

wobei mit [X], [Y] und [Z] die Positionen in der Granatstruktur angegeben sind.

Dies entspricht einer Mischung von 66 % Hutcheonit (Ca3Ti2Al2SiO12) mit 22 % Morimotoit-Mg (Ca3Ti(Mg,Fe)2+Si3O12) entsprechend der Austauschreaktion

  • [Y]Ti4+ + 2[Z]Al3+ = [Y](Mg,Fe)2+ + 2[Z]Si4+,

und 12 % Grossular (Ca3(Al,V3+)2Si3O12) entsprechend der Austauschreaktion

  • [Y]Ti4+ + [Z]Al3+ = [Y](Al,V3+) + [Z]Si4+.[3]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hutcheonit kristallisiert mit kubischer Symmetrie in der Raumgruppe Ia3d (Raumgruppen-Nr. 230)Vorlage:Raumgruppe/230 mit 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Der natürliche Mischkristall aus der Typlokalität hat dem Gitterparameter a = 11,843 Å.[3]

Die Struktur ist die von Granat. Calcium (Ca2+) besetzt die dodekaedrisch von 8 Sauerstoffionen umgebenen X-Positionen, Titan (Ti4+) die oktaedrisch von 6 Sauerstoffionen umgebene Y-Position und die tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebenen Z-Position ist mit Aluminium (Al3+) und Silicium (Si4+) besetzt.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Typlokalität von Hutcheonit ist der Allende-Meteorit, ein kohliger CV3-Chondrit aus Pueblito de Allende, Chihuahua, Mexiko. Hier tritt Hutcheonit in Calcium-Aluminium-reichen Einschlüssen (CAI) auf. Begleitminerale sind Monticellit, Grossular, Wadalit und Adrianit. Es wird angenommen, dass sich Hutcheonit in Meteoriten bei der Umwandlung von Melilith, Perowskit und Ti-Al-Diopsid durch Eisen-Alkali-Hallogen-Fluide bildet.[3][6]

Es wird eine Bildung 3–4 * 109 Jahre nach der Entstehung CAI bei Temperaturen unterhalb von 600 °C z. B. über die Reaktion

  • 3 Melilith + Al,Ti-Diopsid + Cl (aq) + 6,12 H2O (l) = 0,17 Adrianit + Hutcheonit + 1,5 Monticellit + 0,88 Grossular + 0,5 Kushiroit + 1,39 Ca (aq) + 0,05 Al (aq) + 0,04 SiO2 (aq) + 6,12 H2 (g)

angenommen.[6]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k Chi Ma and Alexander N. Krot: Hutcheonite, Ca3Ti2(SiAl2)O12, a new garnet mineral from the Allende 2 meteorite: An alteration phase in a Ca-Al-rich inclusion. In: American Mineralogiste. Band 99, Nr. 4, April 2014, S. 667–670 (minsocam.org [PDF; 2,8 MB; abgerufen am 3. Oktober 2017]).
  4. a b S. Koritnig, H. Rösch, A. Schneider, F. Seifert: Der Titan-Zirkon-Granat aus den Kalksilikatfels-Einschlüssen des Gabbro im Radautal, Harz, Bundesrepublik Deutschland. In: TMPM Tschermaks Mineralogische und Petrographische Mitteilungen. Band 25, Nr. 4, Dezember 1978, S. 305–313, doi:10.1007/BF01180234.
  5. Edward S. Grew, Andrew J. Locock, Stuart J. Mills, Irina O. Galuskina, Evgeny V. Galuskin and Ulf Hålenius: IMA Report - Nomenclature of the garnet supergroup. In: American Mineralogist. Band 98, 2013, S. 785–811 (main.jp [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 29. April 2020]).
  6. a b Chi Ma and Alexander N. Krot: Adrianite, Ca12(Al4Mg3Si7)O32Cl6, a new Cl-rich silicate mineral from the Allende meteorite: An alteration phase in a Ca-Al-rich inclusion. In: American Mineralogist. In Press, 2018 (minsocam.org [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 22. Juli 2018]).