Hydroxytyrosol

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Strukturformel
Strukturformel von 3-Hydroxytyrosol
Allgemeines
Name Hydroxytyrosol
Andere Namen
  • 2-(3,4-Dihydroxyphenyl)ethanol
  • 3,4-Dihydroxyphenethylalcohol
  • DOPET
Summenformel C8H10O3
Kurzbeschreibung

gelbe Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 10597-60-1
EG-Nummer (Listennummer) 600-704-3
ECHA-InfoCard 100.114.418
PubChem 82755
ChemSpider 74680
DrugBank DB12771
Wikidata Q744577
Eigenschaften
Molare Masse 154,16 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Siedepunkt

170–175 °C[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Hydroxytyrosol ist eine phytochemische Verbindung aus der Familie der Phenolsäuren mit sehr starken antioxidativen Eigenschaften, wie durch den ORAC-Wert (Oxygen Radical Absorbance Capacity) 40.000 µmolTE/g belegt wird. Hydroxytyrosol (HT) gehört zur großen Familie der natürlichen Polyphenole, die aus mehr als 10.000 Molekülspezies besteht und zu der Anthocyane, Flavonoide, Secoiridoide (wie Oleuropein und Ligustrosid), Phenolsäuren (Hydroxytyrosol und Tyrosol), Stilbene, die Ellagitannine des Granatapfels etc. zählen.[3]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reife Oliven

Hydroxytyrosol kommt im Fruchtfleisch von Oliven vor und ist folglich auch in der Flüssigkeit beinhaltet, die während des Pressens der Oliven entsteht (OMW Olive Mill Wastewaters, Abwässer der Olivenölherstellung, auch Vegetationswasser genannt), sowie im nativen Olivenöl, allerdings in weitaus geringerer Konzentration, da Polyphenole generell eher wasser- als öllöslich sind. Während Hydroxytyrosol im Vegetationswasser eine Konzentration von ca. 4–6 g/l aufweisen kann, erreicht es im Olivenöl eine maximale Konzentration von 0,7–0,8 g/l.

Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der polyphenolische Phytokomplex in der Olive und speziell in den Abwässern der Olivenölherstellung, die als landwirtschaftliches Abfallprodukt über die Böden entsorgt werden, enthält zusammen mit Hydroxytyrosol viele Dutzend weitere bioaktive Moleküle, u. a. Cyanidine, Quercetin, Gallsäure, Tyrosol, Oleuropein, Verbascosid, Ligustrosid, Oleocanthal etc. Dieser Zusammenschluss von Polyphenolen zeichnet sich durch eine stärkere biomedizinische Wirkung aus als isoliertes Hydroxytyrosol, da zwischen den verschiedenen Polyphenolen eine synergetische Wechselwirkung entsteht, wie die vorrangig hinsichtlich des nativen Olivenöls und des Vegetationswassers durchgeführten Studien gezeigt haben. Dank einer Studie, die zu einem internationalen Patent führte,[4] wurde es möglich, den polyphenolischen Phytokomplex der Abwässer der Olivenölherstellung zu extrahieren, zu klären, zu konzentrieren und die Polyphenole für die industrielle Produktion verfügbar zu machen.

Polyphenole entstammen dem Sekundärstoffwechsel der Pflanzen und üben hauptsächlich eine Schutzfunktion gegenüber Parasiten und Krankheitserregern aus.[5][6] Als pflanzliche Abwehrwirkstoffe sind Polyphenole auch in der Lage, der Entwicklung und Fortpflanzung zahlloser Bakterienarten wie Staphylokokken, Escherichia coli und Klebsiella im menschlichen Organismus entgegenzuwirken.[7][8] Hydroxytyrosol und die anderen natürlichen Polyphenole weisen zahllose biologische Aktivitäten und gesundheitsfördernde Wirkungen bei der Prävention und der Behandlung von alterungsbedingten Pathologien auf und wirkt dem Auftreten von Tumoren und Herz-Kreislauf-Krankheiten entgegen.[9] Die 2016 durchgeführte Studie von Piroddi, Albini et al.[10] zu in der Toskana (Arezzo) aus der Olivensorte Moraiolo extrahiertem Vegetationswasser hat eine antiatherogene Wirkung des polyphenolischen Phytokomplexes gezeigt. In der Studie von T. Rossi, D. Stefano, D. Pizzichini, A. Albini et al.[11] konnten positive Wirkungen der Polyphenole aus Olivenfruchtfleisch hinsichtlich des Wachstums, der Migration und Invasion von in vitro kultivierten Tumorzellen (Enddarmtumorzellen) verzeichnet werden.

Hydroxytyrosol ist dank der Vielzahl der Prozesse, in denen es eine antioxidative Wirkung ausübt, eines der am intensivst untersuchten polyphenolischen Moleküle. Es handelt sich in der Tat um einen kraftvollen Hemmer oxidativer Schäden, die aus der Lipidperoxidation der Zellen hervorgehen, welche als Hauptursache der durch freie Radikale verursachten Schäden gilt. Hydroxytyrosol wurde außerdem mit der Reduzierung von durch oxidativen Stress verursachten Schäden in Verbindung gebracht, auch bei Epithelzellen,[12] Leberzellen[13] und Blutzellen.[14][15]

Hydroxytyrosol verbessert durch die Hemmung der Thrombozytenaggregation den Blutfluss und hat demnach eine antithrombotische und herzschützende Wirkung.[16][17][18] Hydroxytyrosol ist des Weiteren im Gehirn aktiv, wo es die Neuronen vor Oxidation schützt, das Potential der mitochondrialen Membran erhöht und so eine größere Reaktivität der Gehirnzellen bewirkt.[19]

Der Oxidationsprozess ist Ursache einiger Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems und des Stoffwechsels. Insbesondere die Oxidation des LDL-Cholesterins liegt der Bildung atherosklerotischer Plaques zugrunde, welche die Fluiddynamik der Blutgefäße beeinträchtigen und zu schwerwiegenden Risiken und Krankheiten des Herzkreislaufsystems führen. Die Wirksamkeit der im Fruchtfleisch von Oliven und im Olivenöl enthaltenen Polyphenole gegen den Oxidationsprozess des LDL und bei der Verringerung des Risikos kardiovaskulärer Krankheiten wurde bewiesen.[20][21][22] Einige dieser Studien (Eurolive)[23] haben die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) dazu veranlasst festzulegen, dass die Aufnahme einer täglichen Menge von 5 mg Hydroxytyrosol und seiner Derivate aus nativem Olivenöl eine effektive Reduzierung des kardiovaskulären Risikofaktors gewährleistet.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Datenblatt 3-Hydroxytyrosol, ≥98% (HPLC) bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 12. Mai 2017 (PDF).
  2. Shmuel Yannai: Dictionary of Food Compounds with CD-ROM, Second Edition. CRC Press, 2012, ISBN 978-1-420-08352-1, S. 519 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. A. N. Li, S. Li, Y. J. Zhang, X. R. Xu, Y. M. Chen, H. B. Li: Resources and biological activities of natural polyphenols. In: Nutrients. Band 6, Nummer 12, Dezember 2014, S. 6020–6047, doi:10.3390/nu6126020, PMID 25533011, PMC 4277013 (freier Volltext) (Review).
  4. M. Pizzichini, C. Russo: Recupero integrale di tutte le componenti chimiche delle acque di vegetazione olearie (Memento des Originals vom 29. August 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cat.inist.fr; Int. Patent W02005123603 (2005).
  5. H. K. Obied, M. S. Allen, D. R. Bedgood, P. D. Prenzler, K. Robards, R. Stockmann: Bioactivity and analysis of biophenols recovered from olive mill waste. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 53, Nummer 4, 2005, S. 823–837, doi:10.1021/jf048569x, PMID 15712986 (Review).
  6. H.K. Obied, P. D. Prenzler, et al.: Advances in Molecular Toxicology. 2012. C. F. James, Elsevier. Volume 6: 195–242.
  7. R. Capasso, A. Evidente, L. Schivo, G. Orru, M. A. Marcialis, G. Cristinzio: Antibacterial polyphenols from olive oil mill waste waters. In: The Journal of Applied Bacteriology. Band 79, Nummer 4, 1995, S. 393–398, PMID 7592132.
  8. A. Tafesh, N. Najami, J. Jadoun, F. Halahlih, H. Riepl, H. Azaizeh: Synergistic antibacterial effects of polyphenolic compounds from olive mill wastewater. In: Evidence-based complementary and alternative medicine : eCAM. Band 2011, 2011, S. 431021, doi:10.1155/2011/431021, PMID 21647315, PMC 3106970 (freier Volltext).
  9. M. Vaher, S. Ehala, M. Kaljurand: On-column capillary electrophoretic monitoring of rapid reaction kinetics for determination of the antioxidative potential of various bioactive phenols. In: Electrophoresis. Band 26, Nummer 4–5, 2005, S. 990–1000, doi:10.1002/elps.200410086, PMID 15714541.
  10. M. Piroddi, A. Albini, R. Fabiani, L. Giovannelli, C. Luceri, F. Natella, P. Rosignoli, T. Rossi, A. Taticchi, M. Servili, F. Galli: Nutrigenomics of extra-virgin olive oil: A review. In: BioFactors. Band 43, Nummer 1, Januar 2017, S. 17–41, doi:10.1002/biof.1318, PMID 27580701 (Review).
  11. Barbara Bassani, Teresa Rossi u. a.: Potential chemopreventive activities of a polyphenol rich purified extract from olive mill wastewater on colon cancer cells. In: Journal of Functional Foods. 27, 2016, S. 236, doi:10.1016/j.jff.2016.09.009.
  12. C. Manna, S. D’Angelo, V. Migliardi, E. Loffredi, O. Mazzoni, P. Morrica, P. Galletti, V. Zappia: Protective effect of the phenolic fraction from virgin olive oils against oxidative stress in human cells. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 50, Nummer 22, Oktober 2002, S. 6521–6526, PMID 12381144.
  13. L. Goya, R. Mateos, L. Bravo: Effect of the olive oil phenol hydroxytyrosol on human hepatoma HepG2 cells. Protection against oxidative stress induced by tert-butylhydroperoxide. In: European Journal of Nutrition. Band 46, Nummer 2, 2007, S. 70–78, doi:10.1007/s00394-006-0633-8, PMID 17200875.
  14. C. Manna, P. Galletti, V. Cucciolla, G. Montedoro, V. Zappia: Olive oil hydroxytyrosol protects human erythrocytes against oxidative damages. In: The Journal of Nutritional Biochemistry. Band 10, Nummer 3, 1999, S. 159–165, PMID 15539284.
  15. V. Lavelli, G. Fregapane, M. D. Salvador: Effect of storage on secoiridoid and tocopherol contents and antioxidant activity of monovarietal extra virgin olive oils. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 54, Nummer 8, 2006, S. 3002–3007, doi:10.1021/jf052918l, PMID 16608222.
  16. R. Priora, D. Summa, S. Frosali, A. Margaritis, D. Di Giuseppe, C. Lapucci, F. Ieri, F. M. Pulcinelli, A. Romani, F. Franconi, P. Di Simplicio: Administration of minor polar compound-enriched extra virgin olive oil decreases platelet aggregation and the plasma concentration of reduced homocysteine in rats. In: The Journal of nutrition. Band 138, Nummer 1, Januar 2008, S. 36–41, PMID 18156401.
  17. C. L. Léger, M. A. Carbonneau, F. Michel, E. Mas, L. Monnier, J. P. Cristol, B. Descomps: A thromboxane effect of a hydroxytyrosol-rich olive oil wastewater extract in patients with uncomplicated type I diabetes. In: European Journal of Clinical Nutrition. Band 59, Nummer 5, 2005, S. 727–730, doi:10.1038/sj.ejcn.1602133, PMID 15798774.
  18. M. González-Santiago, E. Martín-Bautista, J. J. Carrero, J. Fonollá, L. Baró, M. V. Bartolomé, P. Gil-Loyzaga, E. López-Huertas: One-month administration of hydroxytyrosol, a phenolic antioxidant present in olive oil, to hyperlipemic rabbits improves blood lipid profile, antioxidant status and reduces atherosclerosis development. In: Atherosclerosis. Band 188, Nummer 1, 2006, S. 35–42, doi:10.1016/j.atherosclerosis.2005.10.022, PMID 16300770.
  19. Sebastian Schaffer, Maciej Podstawa, Francesco Visioli, Paola Bogani, Walter E. Müller, Gunter P. Eckert: Hydroxytyrosol-Rich Olive Mill Wastewater Extract Protects Brain Cells in Vitro and ex Vivo. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. 55, 2007, S. 5043, doi:10.1021/jf0703710.
  20. F. Visioli, G. Bellomo, G. Montedoro, C. Galli: Low density lipoprotein oxidation is inhibited in vitro by olive oil constituents. In: Atherosclerosis. Band 117, Nummer 1, 1995, S. 25–32, PMID 8546752.
  21. S. J. Rietjens, A. Bast, J. de Vente, G. R. Haenen: The olive oil antioxidant hydroxytyrosol efficiently protects against the oxidative stress-induced impairment of the NObullet response of isolated rat aorta. In: American Journal of Physiology. Heart and Circulatory Physiology. Band 292, Nummer 4, 2007, S. H1931–H1936, doi:10.1152/ajpheart.00755.2006, PMID 17172277.
  22. S. Cicerale, L. Lucas, R. Keast: Biological activities of phenolic compounds present in virgin olive oil. In: International journal of molecular sciences. Band 11, Nummer 2, Februar 2010, S. 458–479, doi:10.3390/ijms11020458, PMID 20386648, PMC 2852848 (freier Volltext) (Review).
  23. M. I. Covas, R. de la Torre, M. Fitó: Virgin olive oil: a key food for cardiovascular risk protection. In: The British Journal of Nutrition. Band 113 Suppl. 2, 2015, S. S19–S28, doi:10.1017/S0007114515000136, PMID 26148918 (Review).