Industriemalerei

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Joseph Wright of Derby: The Blacksmith’s Shop (1771)

Als Industriemalerei wird Malerei bezeichnet, die Industrie darstellt. Sie ist ein Teil der Industriekultur.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pehr Hilleström: Besuch in der Ankerfabrik von Söderfors (1782)
Léonard Defrance: Inneres einer Gießerei (1789)
Philipp Jakob Loutherbourg der Jüngere: Coalbrookdale by Night (1801)
Carl Blechen: Das Walzwerk bei Eberswalde (um 1830)
Alfred Rethel: Die Harkortsche Fabrik auf Burg Wetter (um 1834)
Karl Eduard Biermann: Borsig’s Maschinenbau-Anstalt zu Berlin (1847)
William Wyld: Manchester from Kersal Moor (1852)
Wilhelm Scheiner: Seilerei Felten und Guilleaume in Köln (1866)
August von Wille: Blick vom Ehrenberg auf Barmen (1870, Bildausschnitt)
Adolph von Menzel: Das Eisenwalzwerk (1872–1875)
Henry Farny: Schweineschlachtung in Cincinnati (Pork Packing in Cincinnati), Chromolithografie zur Fließbandfertigung in einer US-amerikanischen Großschlachterei (1873)

Im Zuge der Industrialisierung entstanden Industriearchitekturen, Industrieanlagen und Industrielandschaften, die bildende Künstler als Sujet der Landschafts-, Genre-, Interieur-, Architektur- und Vedutenmalerei entdeckten und entwickelten. Auch der in der Industrie tätige Mensch, der Industriearbeiter und sein Arbeitsleben, wurde von ihnen künstlerisch behandelt. Diese Darstellungen bilden einen wesentlichen Ausschnitt aus der Kategorie von Bildern über das Thema Arbeit und gelten als bildlicher Ausdruck der Moderne. Ihre Zahl stieg im Laufe des 19. Jahrhunderts stark an.

Als frühes Beispiel eines Industriegemäldes gilt das in Gouache ausgeführte Bild La Salpêtrière,[1] das der französische Maler Louis-Jacques Durameau im Jahr 1764 während eines Studienaufenthaltes in Rom von der Arbeit in einer Salpeterfabrik schuf. Als Denis Diderot dieses Bild im Salon de Paris des Jahres 1767 sah, war er von dem neuartigen Bildgegenstand und seiner Ausführung tief beeindruckt.[2] Etwa zur gleichen Zeit begann sich der Maler Joseph Wright of Derby, der Zeitzeuge der Industriellen Revolution in England war, mit industriellen Bildthemen zu beschäftigen. Als ein wichtiges Bild aus dieser Phase gilt das Gemälde The Blacksmith’s Shop (1771). Der Schwede Pehr Hilleström übertraf in 124 ermittelten Gemälden von Kupfer- und Eisenbergwerken, Metall- und Glashütten, Gießereien, Schmieden und Ankerfabriken alle seine Zeitgenossen.[3] Ein weiterer Maler, der die entstehende Industrie im ausgehenden 18. Jahrhundert, aber auch den Kontrast zwischen Unternehmerschicht und Arbeiterschaft zum Bildgegenstand erhob, war Léonard Defrance aus Lüttich.[4]

Im Laufe des 19. Jahrhunderts ergaben sich vielseitige Zielsetzungen für Industriemaler. Hervorzuheben ist insbesondere die Industriemalerei als Darstellung der Leistungskraft eines Unternehmens und seiner Produkte. So entstanden viele Industriegemälde als Auftragsmalerei, etwa zur repräsentativen Ausgestaltung und Innenausstattung von Verwaltungsgebäuden der Unternehmen sowie für Werbekataloge, Firmenbroschüren, Festschriften und anderen Veröffentlichungen. Industriebilder fanden Eingang in die Gebrauchsgrafik und wurden auf Industrie- und Gewerbeausstellungen gezeigt, insbesondere auf den großen Weltausstellungen, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts veranstaltet wurden. Daher begannen Industrielle damit, gezielt Industriemaler auszusuchen, zu fördern und zu beschäftigen. Eine bekannte Auftragsarbeit, die im Deutschland der Gründerzeit entstand und zu einer Ikone der Hochindustrialisierung in Deutschland avancierte, war das Gemälde Das Eisenstahlwerk von Adolph von Menzel. Etwa zeitgleich entstand der Bilderzyklus Lebensgeschichte einer Lokomotive, die Paul Meyerheim im Auftrag des Industriellen Albert Borsig schuf. Am Ende des 19. Jahrhunderts begannen außerdem Technikmuseen damit, Industriemalerei in Auftrag zu geben und auszustellen.

Wie andere Genres der Malerei durchlief auch die Industriemalerei verschiedene Stilepochen. Unterschiedlichen Strömungen, Kunstauffassungen, Techniken und Sujets hingen ihre Maler an. In der Malerei der Romantik und des Historismus wiesen sie durch Industriemotive auf das in ihrer Wahrnehmung gestörte Verhältnis von Mensch und Natur oder auf die Ankunft einer neuen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung hin. Später richtete sich das Interesse der Maler auch auf die Sozialkritik und die Darstellung harter Arbeits- und Lebensbedingungen. Gleichzeitig gab es Industriemaler, die die Industrie und ihre Akteure idealisierten bzw. heroisierten. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kamen großformatig ausgeführte Vogelperspektiven von Industriekomplexen in Mode. Industrielle Architekturen, Landschaften und Arbeitswelten bildeten ebenfalls bevorzugte Themen in der Malerei der Neuen Sachlichkeit. Auch im Sozialistischen Realismus hatten Industriemotive einen hohen Stellenwert. Als Medium der bildenden Kunst, der Darstellung, Repräsentation und Werbung wurde die Industriemalerei im Laufe des 20. Jahrhunderts weitgehend durch die Industriefotografie abgelöst. Ein großes Ausstellungsprojekt, das sich Industriemalerei und Industriekultur als seinen thematischen Schwerpunkt vornahm, war 1952 die Kunstausstellung Eisen und Stahl.

Industriemaler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Pollock Anshutz: The Ironworker’s Noontime (1880)
Nikolai Alexejewitsch Kassatkin: Die Kohlensammler (1894)
Heinrich Kley: Hochofen der Friedrich-Alfred-Hütte (1911)
Konstantin Fjodorowitsch Bogajewski: Hafen einer imaginierten Stadt (1932)
Carl Grossberg: Jacquard-Weberei (1934)
Reginald Marsh: Sorting the Mail (1936)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sabine Beneke, Hans Ottomeyer (Hrsg.): Die zweite Schöpfung. Bilder der industriellen Welt vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Berlin 2002, ISBN 978-3-93235-362-8.
  • Christoph Bertsch: Industrielle Revolution in der Bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts. In: Dietmar Guderian (Hrsg.): Technik und Kunst. Springer, Berlin 1994, ISBN 978-3-642-95793-2, S. 233–261.
  • Beate Ines Ermacora: Das Industriebild in der Malerei und Graphik des 19. Jahrhunderts in Österreich. Dissertation, Innsbruck 1987.
  • Hans-Peter Hilger: Anfänge der Industriemalerei in Deutschland. In: Der Anschnitt. Zeitschrift für Kunst und Kultur im Bergbau. Jahrgang 12, Nr. 4, Bochum 1960, S. 10–14.
  • Eva A. Mayring: Bilder der Technik, Wissenschaft und Industrie. Ein Bestandskatalog des Deutschen Museum München. München 2008, ISBN 978-3-93883-228-8.
  • Sung-Kook Park: Studien zu Industriemotiven in der Malerei der Romantiker. Marburg 2004, ISBN 978-3-8288-8727-5.
  • Hedwig Schmücker: Das Industriemotiv in der deutschen Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts. Dissertation, Münster 1930.
  • Klaus Türk (Hrsg.): Arbeit und Industrie in der bildenden Kunst. Beiträge eines interdisziplinären Symposiums. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-07139-3.
  • Agnes Waldstein: Das Industriebild. Vom Werden einer neuen Kunst. Berlin 1929.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Industriemalerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Dominica Capozucca-Jachnow, Jörg Meißner, Maike Steinkamp: Künstlerbiographien, Webseite zur Ausstellung Die zweite Schöpfung: Bilder der industriellen Welt vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart (2002) im Portal dhm.de (Deutsches Historisches Museum)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. La Salpêtrière, Webseite im Portal kunstkopie.de, abgerufen am 3. November 2016
  2. Christine Hoffmeister: Europäische Industriegemälde zwischen Rokoko und Romantik. In: Klaus Türk (Hrsg.), S. 27
  3. Christine Hoffmeister, S. 31
  4. Françoise Dehousse, Maïté Pacco, Maurice Pauchen: Léonard Defrance. L’œuvre peint. Editions du Perron et Eugène Wahle, Liège 1985, ISBN 2-87011-099-5.