Isocyanwasserstoff

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Strukturformel
Strukturformel von Isocyanwasserstoff
Allgemeines
Name Isocyanwasserstoff
Andere Namen
  • Wasserstoffisocyanid
  • Isoblausäure
  • Kohlenmonoxidimin
Summenformel CHN
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 6914-07-4
PubChem 6432654
ChemSpider 4937885
Wikidata Q1107746
Eigenschaften
Molare Masse 27,02534 g·mol−1
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Isocyanwasserstoff ist eine instabile chemische Verbindung aus Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenstoff. Es ist ein Tautomer von Cyanwasserstoff (HCN) und die Stammverbindung der Isocyanide. Seine Bedeutung auf dem Gebiet der Astrochemie hängt mit seiner Allgegenwart im interstellaren Medium zusammen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Nachweis seiner Existenz wurde erstmals 1963 von D. E. Milligan und M. E. Jacox erbracht, die sein Infrarotabsorptionsspektrum nach der Photolyse von Methylazid in einer Argonmatrix bei 4 K beobachteten. Später berichteten die Autoren, dass ähnliche Absorptionsbanden bei der Photolyse von HCN in einer Argon- und Stickstoffmatrix bei 14 K entstehen. 1971 berichteten L. E. Snyder und D. Buhl über die Beobachtung einer neuen interstellaren Emissionslinie mit der Bezeichnung U90.7 bei 90665 ± 1 MHz bei einigen Radioquellen. Nach einer Anregung von Herzberg bezüglich der interstellaren X-ogen-Linie U89.2, wurde festgestellt, dass die Zuordnung der U90.7-Linie als J = 1→0 Übergang von HNC einen nicht unvernünftigen Bereich von Strukturparametern für diese Spezies impliziert. Ab-initio-Berechnungen zu HNC wurden von J. Barsuhn, P. K. Pearson et al. und W. P. Kraemer et al. durchgeführt und ergaben eine Struktur und damit eine Rotationskonstante, die mit der Zuordnung der beobachteten interstellaren Linie zu HNC übereinstimmt.[2]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Isocyanwasserstoff wurde im interstellaren Gas[3] und auf Titan nachgewiesen.[4][5]

Isocyanwasserstoff ist das wesentlich energiereichere Isomer von Cyanwasserstoff und findet sich etwa genauso häufig in kaltem interstellarem Gas wie dieses, wobei Cyanwasserstoff bei den tiefen Temperaturen im freien Raum eigentlich weit überwiegen sollte. Lange vermuteten die Forscher, dass letztlich die ionisierende Strahlung, die das Weltall durchdringt, diese oft sehr energetischen Isomere hervorbringt. Hierbei bildet sich auf einem verschlungenen Weg zuerst ein symmetrischer Vorläufer, das Ion HCNH+. Trifft ein HCNH+-Ion mit einem Elektron zusammen, wird es neutralisiert und zerfällt in Bruchstücke, wobei Energie frei wird. Auf diesem Weg ist die Bildung beider Isomere möglich.[6]

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Isocyanwasserstoff kann aus freiem Cyanwasserstoff in Gegenwart katalytischer Mengen bestimmter Schwermetallsalze entstehen.[7]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Isocyanwasserstoff ist ein lineares triatomisches Molekül mit C∞v-Punktgruppensymmetrie. Es ist ein Zwitterion und ein Isomer der Cyanwasserstoffs (HCN).[5][8] Isocyanwasserstoff (HNC) und HCN haben große, ähnliche Dipolmomente, mit μHNC = 3,05 Debye bzw. μHCN = 2,98 Debye.[9]


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. R. A. Creswell, E. F. Pearson, M. Winnewisser, G. Winnewisser: Detection of the Millimeter Wave Spectrum of Hydrogen Isocyanide, HNC. In: Zeitschrift für Naturforschung A. Band 31, Nr. 3-4, 1976, S. 221–224, doi:10.1515/zna-1976-3-401 (englisch).
  3. VERSCHUUR: Die phantastische Welt der Radioastronomie. Birkhäuser Basel, 2013, ISBN 978-3-0348-6666-8, S. 158 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Simon Petrie: Hydrogen Isocyanide, HNC: A Key Species in the Chemistry of Titan's Ionosphere? In: Icarus. Band 151, Nr. 2, 2001, S. 196–203, doi:10.1006/icar.2000.6569.
  5. a b William D. Laidig, Yukio Yamaguchi, Henry F. Schaefer Iii: Where to look for the electronic spectrum of hydrogen isocyanide, HNC. In: The Journal of Chemical Physics. Band 80, Nr. 7, 1998, S. 3069, doi:10.1063/1.447118 (englisch).
  6. Max-Planck-Gesellschaft: Rätsel um energiereiche Moleküle in interstellaren Wolken gelöst | Max-Planck-Gesellschaft, abgerufen am 27. September 2022
  7. Carbonsäuren und Carbonsäure-Derivate. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 978-3-13-217504-4, VIII. Isocyanide (Isonitrile) (I), S. 1611–1613, doi:10.1055/b-0035-112389.
  8. Chin Fong Pau, Warren J. Hehre: Heat of formation of hydrogen isocyanide by ion cyclotron double resonance spectroscopy. In: The Journal of Physical Chemistry. Band 86, Nr. 3. American Chemical Society, 1982, S. 321–322, doi:10.1021/j100392a006 (englisch).
  9. P. P. Tennekes, J. Harju, M. Juvela, L. V. Toth: HCN and HNC mapping of the protostellar core Cha-MMS1. In: Astronomy & Astrophysics. Band 456, Nr. 3, 2006, S. 1037–1043, doi:10.1051/0004-6361:20040294, arxiv:astro-ph/0606547 (englisch).