Jahrbuch für Pädagogik

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Jahrbuch für Pädagogik

Beschreibung Periodikum
Fachgebiet Erziehungswissenschaft
Sprache Deutsch
Verlag Peter Lang (bis 2021);
Beltz Juventa (ab 2021) (Deutschland)
Erstausgabe 1992
Erscheinungsweise einmal jährlich
Herausgeber Oedelsheimer Kreis & Nachfolger:innen
Weblink ingentaopen.com
Artikelarchiv Jg. 2001 - 2019
ISSN (Print)
ISSN (online)

Das Jahrbuch für Pädagogik erscheint einmal jährlich unter einem Schwerpunktthema im Verlag Beltz Juventa.

Gründer und Herausgeber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Jahrbuch für Pädagogik wurde begründet von den Pädagogen und Erziehungswissenschaftlern Kurt Beutler (1937–2011; Hannover), Ulla Bracht (Münster), Hans-Jochen Gamm (1925–2011; Darmstadt und Rostock), Klaus Himmelstein (Regensburg), Wolfgang Keim (Paderborn), Gernot Koneffke (1927–2008; Darmstadt). Karl-Christoph Lingelbach (1930–2014; Frankfurt am Main), Gerd Radde (1924–2008; Berlin), Ulrich Wiegmann (Berlin) und Hasko Zimmer (Münster). Diese Gründergeneration bildete den Oedelsheimer Kreis.

Heute wird das Jahrbuch herausgegeben von: Carsten Bünger (Erziehungswissenschaftler, Schwäbisch Gmünd), Charlotte Chadderton (Erziehungswissenschaftlerin, Derby), Agnieszka Czejkowska (Erziehungswissenschaftlerin, Graz), Martin Dust (Erziehungswissenschaftler, Hannover), Andreas Eis (Politikdidaktiker, Kassel), Christian Grabau (Erziehungswissenschaftler, Hagen), Andrea Liesner (Erziehungswissenschaftlerin, Hamburg), Ingrid Lohmann (Erziehungswissenschaftlerin, Hamburg), David Salomon (Politikwissenschaftler, Darmstadt), Susanne Spieker (Erziehungswissenschaftlerin, Landau), Jürgen-Matthias Springer (Verlagsgeschäftsführer i. R., Essen), Anke Wischmann (Erziehungswissenschaftlerin, Flensburg).

Konzept, Profil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Jahrbuch für Pädagogik macht es sich seit 1992 zur Aufgabe, Diskurs- und Realentwicklungen in Pädagogik und Bildungspolitik kritisch zu begleiten und aus bildungs- und gesellschaftstheoretisch interessierter Perspektive zu beleuchten. Als bildungstheoretische Leitidee gilt ein Konzept von Mündigkeit, welches historisch und theoretisch im internen Zusammenhang von Aufklärung, Demokratie und Bildung gründet. Pädagogik wird als ein spezifisches theoretisches und praktisches Handlungsfeld von Gesellschaft begriffen. Nach dem Verständnis des Jahrbuchs können daher Fragen von Bildung und Erziehung nicht allein aus der disziplinären Perspektive der Erziehungswissenschaft bearbeitet werden, sondern bedürfen interdisziplinärer gesellschafts- und humanwissenschaftlicher Zugänge. Der interdisziplinäre Horizont und die Verknüpfung von bildungs- und gesellschaftstheoretischen Sichtweisen schlagen sich sowohl in der Wahl der Jahresthemen wie der Autorinnen und Autoren nieder. Einen markanten Zug im Profil des Jahrbuchs bildet die zentrale Bedeutung des Jahresthemas, auf welches sich nahezu alle Beiträge beziehen, so dass jeder Band als jährliches Periodikum zugleich ein Aufsatzband zu einer thematischen Fragestellung ist.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Jahrbuch für Pädagogik ist als Publikationsprojekt des Oedelsheimer Kreises entstanden. In Oedelsheim an der Oberweser traf sich seit Januar 1989 ein Kreis von pädagogischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die den in der universitären Pädagogik vorherrschenden Strömungen kritisch gegenüberstanden. Insbesondere kritisierten sie, dass die Erziehungswissenschaft sich ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit nicht gestellt und die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen habe. Hieraus entstand, noch im Vorfeld des Jahrbuchs für Pädagogik, die Veröffentlichung „Erziehungswissenschaft und Nationalsozialismus – Eine kritische Positionsbestimmung“ (1990).

Die Realgeschichte 1989/91 fügte dem ein zweites Feld der Kontroverse mit dem „Mainstream“ der Disziplin hinzu: Der Oedelsheimer Kreis wandte sich gegen die umstandslose Diskriminierung und „Abwicklung“ der in der DDR geleisteten pädagogischen Forschung und sah sich zudem vor die Aufgabe gestellt, die auch in Westdeutschland an den Rand gedrängten gesellschaftskritischen und materialistischen Zugänge zur pädagogischen Wissenschaft zu bewahren.

Die Themen der ersten 10 Jahrbücher, die vom Gründungsherausgeberkreis verantwortet wurden, spiegeln einerseits die beiden Kontroversen um die NS-Vergangenheit und die pädagogische Bedeutung ihrer Aufarbeitung heute („Auschwitz und die Pädagogik“, 1995) und um die Legitimität kritischer und materialistischer Zugänge („Erziehungswissenschaft im deutsch-deutschen Vereinigungsprozess“, 1992; „Mündigkeit – Zur Neufassung materialistischer Pädagogik“, 1997; „Kritik der Transformation – Erziehungswissenschaft im vereinigten Deutschland“, 2002). Andererseits werden gegenwartsrelevante Diskurse in Wissenschaft und Gesellschaft aufgegriffen und für die Erziehungswissenschaft in kritischer Absicht erschlossen (etwa „Geschlechterverhältnisse und die Pädagogik“, 1994; „Pädagogik in multikulturellen Gesellschaften“, 1996; „Bildung nach dem Zeitalter der großen Industrie“, 1998).

Mit dem Ausscheiden der Gründungsherausgeber aus Altersgründen seit der Jahrtausendwende erneuerte und verjüngte sich nach und nach der Herausgeberkreis. Der Blick richtet sich jetzt vor allem auf Transformations- und Umbruchprozesse in der Welt und deren Herausforderungen für die Pädagogik sowie auf Folgen und Spuren dieser Transformationen in pädagogischen und bildungspolitischen Diskursen und Praxen.

Themen und Titel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1992: Erziehungswissenschaft im deutsch-deutschen Vereinigungsprozess
  • 1993: Öffentliche Pädagogik vor der Jahrhundertwende
  • 1994: Geschlechterverhältnisse und die Pädagogik
  • 1995: Auschwitz und die Pädagogik
  • 1996: Pädagogik in multikulturellen Gesellschaften
  • 1997: Mündigkeit. Zur Neufassung materialistischer Pädagogik
  • 1998: Bildung nach dem Zeitalter der großen Industrie
  • 1999: Das Jahrhundert des Kindes?
  • 2000: Gleichheit und Ungleichheit in der Pädagogik
  • 2001: Zukunft
  • 2002: Kritik der Transformation – Erziehungswissenschaft im vereinigten Deutschland
  • 2003: Erinnern – Bildung – Identität
  • 2004: Globalisierung und Bildung
  • 2005: Religion – Staat – Bildung
  • 2006: Infantilisierung des Lernens? Neue Lernkulturen – ein Streitfall
  • 2007: Arbeitslosigkeit
  • 2008: 1968 und die neue Restauration
  • 2009: Entdemokratisierung und Gegenaufklärung
  • 2010: „Der vermessene Mensch“. Ein kritischer Blick auf Messbarkeit, Normierung und Standardisierung
  • 2011: Menschenrechte und Bildung
  • 2012: Schöne Neue Leitbilder
  • 2013: Krisendiskurse
  • 2014: Menschenverbesserung – Transhumanismus
  • 2015: Inklusion als Ideologie
  • 2016: Events & Edutainment[1]
  • 2017: Pädagogik in Zeiten von Krieg und Terror[2]
  • 2018: Political Correctness und pädagogische Kritik
  • 2019: Innere Sicherheit[3]
  • 2020: Neue Arbeitsverhältnisse – Neue Bildung[4]
  • 2021: Zukunft – Stand jetzt[5]
  • 2022: 30 Jahre und kein Ende der Geschichte
  • 2023: Rassismuskritik und (Post)Kolonialismus[6]

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Herausgeberkreis trifft sich in der von den Gründungsherausgebern begonnenen Tradition halbjährlich in Oedelsheim und berät den Stand der Arbeit am jeweiligen Jahrgangsband und die weitere Themenplanung. Er entscheidet etwa eineinhalb bis zwei Jahre im Voraus über das Jahresthema und bestimmt einige seiner Mitglieder zu Redakteuren für den betreffenden Band. Der Entscheidung zugrunde liegt ein von einem der Herausgeber vorgelegtes Konzeptpapier, welches die Diskursrelevanz des Themas begründet, wichtige Fragestellungen entfaltet und Vorschläge zu Schwerpunktsetzungen und Aufbau macht.

Die Qualität des Jahrbuchs für Pädagogik wird gewährleistet durch die aktive Einwerbung von Beiträgen ausgewiesener Autoren sowie durch intensive redaktionelle Betreuung der angefragten Aufsätze.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Ein ‚Jahrbuch‘, das ungebrochen querliegt, deren (sic!) Autoren die öffentliche Kontroverse nicht scheuen bzw. über die Grenzen der Disziplin hinaus anregen wollen. Die aufgegriffenen Themen nabeln gesellschaftliche Realität nicht von Wissenschaft ab, sondern stellen sich ihr (selbst)-kritisch, bestehen auf pädagogischer Verantwortung gegenüber derselben.“ (Christiane Griese: 10 Jahre Jahrbuch für Pädagogik, in: PÄD Forum: Unterrichten • Erziehen 14 (2001), S. 254.)

„Dieses Jahrbuch ist inzwischen eine Institution und thematisiert Kategorien aktueller oder auch vernachlässigter erziehungswissenschaftlicher Diskursstränge breit gefächert und kritisch zugleich.“ (PÄD Forum: Unterrichten • Erziehen 16 (2003), S. 56.)

„Entgegen dem Mainstream der eigenen Disziplin und offizieller Bildungspolitik verfolgt das ‚Jahrbuch‘ konsequent die Position kritischer Erziehungswissenschaft. Es bildet eine der wenigen verbliebenen Plattformen argumentativer Gegenöffentlichkeit.“ (F. Hartmut Paffrath/Claus Claßen in: Das Argument 254 (2004), S. 141.)

Die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft zeichnete den Beitrag von Sven Kluge im Jahrbuch für Pädagogik 2010: Der vermessene Mensch. Ein kritischer Blick auf Messbarkeit, Normierung und Standardisierung mit dem DGfE-Nachwuchsförderpreis 2012 aus.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfgang Keim u. a. (Hrsg.): Erziehungswissenschaft und Nationalsozialismus – Eine kritische Positionsbestimmung (= Forum Wissenschaft. Studienheft 9). Bund demokratischer Wissenschaftler, Marburg 1990, ISBN 3-924684-21-9.
  • Martin Dust, Christoph Sturm, Edgar Weiß (Hrsg.): Pädagogik wider das Vergessen. Festschrift für Wolfgang Keim. Kiel/Köln 2000, ISBN 3-9805016-8-X.
  • Peter Euler: Kritik in der Pädagogik: Zum Wandel eines konstitutiven Verhältnisses. In: Ludwig A. Pongratz, Wolfgang Nieke, Jan Masschelein (Hrsg.): Kritik der Pädagogik – Pädagogik als Kritik. Opladen 2004, S. 9–28.
  • Wolfgang Keim, Gerd Steffens (Hrsg.): Bildung und gesellschaftlicher Widerspruch. Hans-Jochen Gamm und die deutsche Pädagogik seit dem Zweiten Weltkrieg. Frankfurt am Main 2006.
  • Harald Bierbaum u. a. (Hrsg.): Nachdenken in Widersprüchen. Gernot Koneffkes Kritik bürgerlicher Pädagogik. Wetzlar 2007.
  • Edgar Weiß (Hrsg.): Pädagogische Perspektiven in kritischer Tradition. Freundesgabe für Wolfgang Keim. Frankfurt am Main 2011.
  • Wolfgang Keim: 20 Jahre „Jahrbuch für Pädagogik“, 25 Jahre „Oedelsheimer Kreis“ – Ein Blick zurück zu den Anfängen. In: Jahrbuch für Pädagogik 2013. Frankfurt am Main 2013, S. 17–38.
  • Wolfgang Keim: ‚Auschwitz und die Pädagogik‘ - Der Gründerkreis des Jahrbuchs vor dem Hintergrund erziehungswissenschaftlicher Kontroversen der 1980er und 1990er Jahre. Rückblick. In: Jahrbuch für Pädagogik 2023: Rassismuskritik und (Post)Kolonialismus. Berlin 2023, S. 252–271.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jahrbuch für Pädagogik im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, DNB 016396359

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Events & Edutainment. 2016, urn:nbn:de:0111-pedocs-148219.
  2. Pädagogik in Zeiten von Krieg und Terror. 2018, urn:nbn:de:0111-pedocs-171667.
  3. Innere Sicherheit. 2019, https://www.ingentaconnect.com/content/plg/jfp/2021/. Rezension von Imke Marquardt und Philippe A. Marquardt http://www.klinkhardt.de/ewr/978363184162.html.
  4. Neue Arbeitsverhältnisse – Neue Bildung. 2022, urn:nbn:de:0111-pedocs-237571. Rezension von Eik Gädecke https://www.klinkhardt.de/ewr/978377996815.html
  5. Zukunft - Stand jetzt. 2022, urn:nbn:de:0111-pedocs-247104. doi:10.25656/01:24710, Belegexemplar DNB 1244520098 bei der Deutschen Nationalbibliothek.
  6. Rassismuskritik und (Post)Kolonialismus. 2023, urn:nbn:de:0111-pedocs-280743. doi:10.25656/01:28074.