Johanna Weber (Sexarbeiterin)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Johanna Weber (* 1968[1], bürgerlich: Verena Johannsen)[2] ist eine deutsche Sexarbeiterin sowie Mitbegründerin und politische Sprecherin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD).[3] Aufgrund ihres politischen Engagements für Prostitution wird sie nicht nur in den Medien als die „Cheflobbyistin“[4] der deutschen Hurenbewegung bezeichnet, sondern geriet dabei auch in die Kritik von abolitionistischen Prostitutionsgegnern, wie etwa Alice Schwarzer, die sich für eine Ächtung von Prostitution und eine Einführung des Sexkaufverbots nach Schwedischem Modell (auch Nordisches Modell genannt) in Deutschland ausgesprochen haben.[5]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Prostitution kam Weber das erste Mal während ihres Studiums der Pädagogik und Slawistik in Berührung, als sie in Hamburger Wohnungsbordellen „einen interessanten Nebenjob“ fand.[6] In die Sexarbeit kehrte sie dann 2009 auch nach einer Tätigkeit „als Führungskraft in der Marketingabteilung eines großen Konzerns“[7] als „berührbare Domina, die Erotik und SM vereint“[8] zurück und war seitdem in unterschiedlichen Bordellen und auch als Escort in Deutschland und der Schweiz tätig.[9] Weber selbst bezeichnet sich als Bizarrlady[10] und teilt sich in Berlin mit anderen Sexarbeitenden ein Studio, dessen Mitinhaberin sie ist.[11] Im Rahmen von Coachings[12] gibt sie ihr Wissen an andere Sexarbeitende weiter und bietet Backstage-Führungen durch ihr Studio an.[13]

BesD[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Fachtagung zur Prostitutionspolitik des Bündnisses der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (bufaS e. V.) im Jahr 2012 in Bochum[14] sah Weber die Chance zur Gründung eines Berufsverbandes eigens für Sexarbeitende in Deutschland.[15] Aus dieser Idee entstand dann 2013 der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD).[16]

Politische Arbeit und Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weber war Mitverfasserin der Streitschrift Appell FÜR Prostitution für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen in der Sexarbeit[17] in Erwiderung zum Appell gegen Prostitution von Alice Schwarzer und positionierte sich gegen deren Befürwortung des Schwedischen Modells für Deutschland.[18]

Weber war Teilnehmerin diverser Runder Tische zum Thema „Sexarbeit“.[19]

Bereits vor ihrer Tätigkeit für den BesD war Weber Mitglied bei Verdi[20] und sie gehört dem Beirat des Bündnisses der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (bufas e. V.) an.[21]

Standpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sexarbeit statt Prostitution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weber lehnt den Oberbegriff „Prostitution“ ab, denn „der trägt überhaupt nicht dazu bei, unsere Arbeit positiver zu bewerten und zu normalisieren.“[22]

Nein zum Sexkaufverbot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Kernpunkt ihrer politischen Arbeit betrifft die Entstigmatisierung von Sexarbeit[23] und ihr Eintreten gegen ein faktisches Sexkaufverbot in Deutschland im Rahmen des „Nordischen Modells“.[24]

Artikel (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Elisabeth Hill/Mark Bibbert: Zur Regulierung der Prostitution. Eine diskursanalytische Betrachtung des Prostituiertenschutzgesetzes (=Theorie und Praxis der Diskursforschung). Springer VS, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-26928-9.
  • Almuth Waldenberger: Die Hurenbewegung. Geschichte und Debatten in Deutschland und Österreich. LIT, Münster 2016, ISBN 978-3-643-50597-2.
  • Maria Wersig: Schutz durch Kontrolle? Zur Debatte über die Regulierung der Sexarbeit in Deutschland. In: Ulrike Lembke (Hrsg.): Regulierungen des Intimen. Sexualität und Recht im modernen Staat. Springer VS, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-658-11748-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Steckbrief Johanna Weber. In: Die Regierung weiß gar nicht, was wir Prostituierten wollen. In: Xing-Klartext vom 6. Juli 2016 (abgerufen: 8. August 2021).
  2. Wer sind die Sexarbeiterinnen wirklich? In: Emma vom 2. September 2014 (abgerufen: 8. August 2021).
  3. Simone Schmollack: Wir arbeiten lieber unabhängig. In: taz vom 19. Februar 2019 (abgerufen: 8. August 2021).
  4. Jan Guldner: Die meisten Frauen machen diesen Job selbstbestimmt. In: Der Spiegel vom 29. Oktober 2013 (abgerufen: 8. August 2021).
  5. Noëmi Landolt: Wir haben eine eigene Stimme. In: Die Wochenzeitung 16/2015 (abgerufen: 8. August 2021).
  6. Julian Beyer: Sexarbeiterin Johanna Weber engagiert sich für ihren Berufsstand. In: Bremen Zwei vom 22. April 2021 (abgerufen: 8. August 2021).
  7. Volker ter Haseborg/Hanna-Lotte Mikuteit: Prostituierte ein ganz normaler Beruf. In: Die Welt vom 28. Dezember 2012 (abgerufen: 8. August 2021).
  8. Refiererende: Johanna Weber. In: Wie wir arbeiten wollen. Taz lab vom 21. April 2018 (abgerufen: 8. August 2021).
  9. Johanna Weber. In: SM-Kurse des Studio Lux, ohne Datum (abgerufen: 8. August 2021).
  10. Julian Beyer: Johanna Weber. Ich habe Spaß an Sex als Dienstleistung. In: Bremen Zwei vom 22. April 2021 (abgerufen: 8. August 2021).
  11. Sabine Beikler: Masken können ohnehin in die Sexarbeit integriert werden. In: Der Tagesspiegel vom 7. Juli 2020 (abgerufen: 8. August 2021).
  12. Johanna Weber. In: SM-Kurse des Studio Lux, ohne Datum (abgerufen: 8. August 2021).
  13. Backstagetour im Dominastudio Backstagetour im Dominastudio. In: visit Berlin, ohne Datum (abgerufen: 8. August 2021).
  14. Jahresfachtagung bufaS Forum Sexarbeit: ‘SexarbeiterInnen willkommen in Europa?!’ vom 13. bis 15. November 2012 im Jahrhunderthaus in Bochum (abgerufen am 8. August 2021).
  15. Undine de Rivière: Mein Huren-Manifest. Inside Sex-Business. München 2018.
  16. Dorothea Czarnecki et al.: Prostitution in Deutschland – Fachliche Betrachtung komplexer Herausforderungen Berlin im April 2014, S. 31 (abgerufen am 8. August 2021).
  17. Johanna Weber/Undine de Rivière(=BesD): Appell für Prostitution für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen in der Sexarbeit (abgerufen am 8. August 2021).
  18. Adelheid Müller-Lissner/Andreas Oswald: Kann Sexarbeit freiwillig sein? In: Der Tagesspiegel vom 13. Oktober 2013 (abgerufen am 8. August 2021).
  19. Judith Langowski: Mehr Beratung und Sicherheit für Sexarbeiter In: Der Tagesspiegel vom 13. November 2019 (abgerufen am 8. August 2021).
  20. Mario Beisswenger: Zu viele Klischees über Sexarbeit. In: M – Menschen Machen Medien. Heft 2/2021 (abgerufen am 8. August 2021).
  21. Fachberatungsstellen. Unterwerfung unter Regierungskurs schreitet immer schneller voran. In: Doña Carmen vom 24. März 2018 (abgerufen am 8. August 2021).
  22. Patricia Hecht: Denen geht es um Kontrolle. In: Taz vom 27. Dezember 2017 (abgerufen am 8. August 2021).
  23. Christina Laußmann: Der richtige Weg wäre, an der Stigmatisierung zu arbeiten. In: magazin.hiv vom 18. September 2015 (abgerufen am 8. August 2021).
  24. Johanna Weber/Lilli Erdbeermund (=BesD): Stellungnahme zur SPD-Forderung nach dem „Nordischen Modell“. Ein Sexkaufverbot in Deutschland würde die Diskriminierung von tausenden Menschen in der Sexarbeit massiv verschärfen und insbesondere Migrant*innen schaden (abgerufen am 8. August 2021).