Julia Zejn

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Julia Zejn (* 1985) ist eine deutsche Comiczeichnerin, -autorin und Illustratorin.

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zejn studierte an der Hochschule Niederrhein in Krefeld, Abteilung designkrefeld, Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Illustration und Animation. Ihre Masterarbeit, der Film Norden, datiert von 2013.[1] Seit 2013 arbeitet sie freiberuflich als Illustratorin, unter anderem für fünf Theaterproduktionen des Kollektivs sputnic,[2] die etwa am Theater Bremen (Moks)[3] oder am Theater Dortmund[4] zu sehen waren.

Parallel widmete Zejn sich immer stärker dem Zeichnen von Comics. Ihre erste Einzelveröffentlichung, die drei fiktive Frauenbiographien aus drei Generationen erzählt, erschien 2018 im avant-verlag. Ihren Zeichenstil für dieses Buch bezeichnete Julia Zejn als „sehr analog“, die Illustrationen habe sie „mit Bleistift auf Papier gezeichnet und digital nur ganz wenig nachgearbeitet“.[5] „Dass 'Drei Wege' ein Debüt ist, glaubt kein Mensch. Ist aber so“, hieß es in der taz, und weiter: „Die geschickt in drei Erzählungen platzierten Parallelen verengen nichts, sondern deuten im Gegenteil über das Buch hinaus: auf das, was diese Gesellschaft immer noch an Zumutungen bereit hält“.[6] An anderer Stelle wurde auf die „visuelle Komposition“ des Albums hingewiesen: „Das dreifarbige Konzept – jede Erzählebene ist in einem anderen Farbton gehalten – ordnet die unterschiedlichen Handlungsstränge. Zejns unaufgeregte und bildlastige Inszenierung wirkt kraftvoll und ausdrucksstark.“ Inhaltlich wurde im selben Beitrag angemerkt, die Graphic Novel lade „zu einer – wenn auch nicht allzu kritischen – Reflexion der heutigen Gesellschaft ein“.[7] In der PAGE wurde die Graphic Novel auf der Bestenliste geführt, ebenso war sie beim Deutschlandfunk auf Platz 2 der Rangliste der 20 besten Comics aus 2018 platziert sowie unter den sieben besten Jugendbüchern.[8] „Warum feministische Comics einen Nerv treffen“ hieß der Artikel im Onlinemagazin Republik, in welchem Karin Cerny Arbeiten verschiedener Künstlerinnen behandelte und das „literarische“ Album Drei Wege so charakterisierte: „Im Zentrum stehen drei Frauenschicksale, die ein Jahrhundert abdecken, vom Dienstmädchen über eine Arbeiterin in den 1968er-Jahren bis zur zeitgenössischen Studentin, die in Berlin lebt. Alle drei sind gefangen in Strukturen, die ihnen nicht erlauben, ihr Leben so zu führen, wie sie es gerne führen würden.“[9]

2021 folgte der Band Andere Umstände. Die „Großstadtromanze“ zeige „einen Schwangerschaftsabbruch als eine wohl überlegte und private Entscheidung einer erwachsenen Frau“, befand Kristine Hartauer auf SWR2.[10] Im Entstehungsprozess dieser Arbeit habe die Autorin „ungefähr 20 Frauen befragt“.[11] Basierend auf Gesprächen mit Betroffenen sei Zejn „eine inhaltlich sehr realistische, ernsthafte Darstellung“ gelungen, hieß es im Missy Magazine. „Das Unspektakuläre dieses großen Dramas“ gebe die Zeichnerin „in ruhigen Buntstiftbildern wieder, oft in minutiösen Momentaufnahmen des Alltags, ohne Worte, fast filmisch“. Rezensentin Imke Staats weist weiter auf „sehr schöne poetische Bilder und Ideen“ hin und konkretisiert zum Beispiel „die Übersetzung von Technomusik als Kringelform“.[12] Auch Sophia Zessnik arbeitet in ihrer Besprechung in der taz die zeichnerische Umsetzung der Geschichte heraus: „Unaufgeregt“ führe Zejn durch die Beziehung des Paares und illustriere sie „mit sanften Bleistiftstrichen“. Der Stil wirke auf den ersten Blick simpel, schaffe es jedoch, Gedanke und Gefühle der Protagonisten eindrücklich darzustellen: „Oft verändern sich nur die Augenbrauen, verziehen sich die Münder zu Strichen, und trotzdem wird deutlich, was den jeweiligen Charakter gerade bewegt.“[13] Auf die visuelle Struktur des Bandes geht Lara Keilbart im Tagesspiegel ein, wenn sie beobachtet, dass „im klassischen Neun-Panel-Raster und wenigen Varianten davon [...] laute wie leise Momente der Geschichte einen stabilen Rahmen“ finden. Was die teilweise „schroffen Zeichnungen“ anbelangt, formuliert die Rezensentin: „Das Leben ist eben nicht so klinisch sauber wie die Ligne claire“, wobei sie betont, dass Zejn nichts „ins unverständlich Chaotische abdriften“ lasse. Ihr Fazit: „Feministisch im Kern, persönlich und zugänglich in der Präsentation: Ein wichtiger, starker und brandaktueller Comic.“[14] Im letzten Quartal des Erscheinungsjahres fand das Album Aufnahme unter die nach Auffassung der Kritiker „Top-10-Titel“: Julia Zejns „bewusst unspektakuläre Erzählweise“ verschaffe dem Band „eine Eindringlichkeit, die das Geschehen bis hin zur Abtreibung besonders nachvollziehbar macht“.[15]

Zejn präsentierte Arbeiten beim Festival Lyon BD (2018) in Lyon sowie in der Ausstellung UNVERÖFFENTLICHT – Die Comicszene packt aus! Strips and Stories – von Wilhelm Busch bis Flix in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen.[16]

Auf die Frage, welche Themen ihr besonders am Herzen liegen, antwortete sie in einem Interview: „Emanzipation in verschiedenen Bereichen, sei es als Frau, von der Familie, von der Schicht, in der man aufwächst, und von gesellschaftlichen Normen.“[17]

Sie lebt mit ihrer Familie in Leipzig.[18] Dort sucht sie oft den Botanischen Garten auf, um zu zeichnen.[19][20]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausstellungsbeteiligungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2018: 1918–2018. Regards croisés, im Rahmen des Festivals Lyon BD
  • 2021: UNVERÖFFENTLICHT – Die Comicszene packt aus! Strips and Stories – von Wilhelm Busch bis Flix, Ludwiggalerie Schloss Oberhausen (bis 16. Januar 2022)

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 2023 wurde Bisher kein Tiger in Sicht als „Bester narrativer Kurz-Comic“ mit einem GINCO Award ausgezeichnet.[21]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der A-Gang hat am Sonntag viele Gäste. In: Westdeutsche Zeitung. 19. April 2013, abgerufen am 17. November 2021.
  2. Bühne, Raum & Video. Sputnic Visual Arts, abgerufen am 17. November 2021.
  3. Ensemble: Julia Zejn, Illustration. Theater Bremen, abgerufen am 17. November 2021.
  4. Ulrike Weidlich: Schauspielhaus Dortmund: "Die Möglichkeit einer Insel". In: Fidena.de. Abgerufen am 17. November 2021.
  5. Isabella Caldart: Zeit für Revolution. In der Graphic Novel "Drei Wege" zeichnet die Illustratorin Julia Zejn die Werdegänge drei junger Frauen. In: Missy 06/18. Missy Magazine, abgerufen am 29. November 2021.
  6. Eins, zwei, alle. Jan-Paul Koopmann über Julia Zejns Comic „Drei Wege“ im Brauhaus-Foyer. In: Die Tageszeitung. Abgerufen am 17. November 2021.
  7. Nora Jäggi: Drei Wege, Rezension. In: Buch & Maus 2 /19. Schweizerisches Institut für Kinder- und Jugendmedien, 2019, abgerufen am 17. November 2021.
  8. Julia Zejn feiert große Erfolge mit ihrem Comic "Drei Wege". In: Design Krefeld News. Abgerufen am 17. November 2021.
  9. Karin Cerny: Warum feministische Comics einen Nerv treffen. In: Republik.ch. 21. August 2019, abgerufen am 4. November 2022.
  10. Kristine Hartauer: „Andere Umstände“: Julia Zejns Comic über Schwangerschaftsabbruch. SWR, 16. November 2021, abgerufen am 17. November 2021.
  11. Julia Schaaf: Abtreibung als Comic. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 16. November 2021, abgerufen am 17. November 2021.
  12. Imke Staats: Comics, Andere Umstände. In: Missy Magazine, Buch- und Comicempfehlungen. 13. September 2021, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  13. Sophia Zessnik: Selbstbestimmt und ohne Reue. In Julia Zejns zweitem Comic ist die Protagonistin ungewollt schwanger. Die Entscheidung, die sie deshalb trifft, kommt ohne Drama und Trauma aus. In: Die Tageszeitung. 23. Januar 2022, abgerufen am 24. Januar 2022.
  14. Lara Keilbart: Der Weg einer Entscheidung. Feministisch, persönlich und zugänglich: Julia Zejns zweiter Langcomic „Andere Umstände“ erzählt die Geschichte einer Beziehung, die mit einer Abtreibung endet. In: Der Tagesspiegel. 2. Mai 2022, abgerufen am 29. Oktober 2022.
  15. Martin Jurgeit: Die besten Comics des Quartals: Das sind die Favoriten der Kritikerjury. In: Tagesspiegel. 2. Januar 2022, abgerufen am 10. Januar 2022.
  16. Beteiligte Künstlerinnen und Künstler, Pressemappe zu UNVERÖFFENTLICHT – Die Comicszene packt aus! Strips and Stories – von Wilhelm Busch bis Flix, Ausstellung von 3. Oktober 2021 bis 16. Januar 2022.
  17. Julia Zejn im Interview. In: Siebenaufeinenstreich. Abgerufen am 17. November 2021.
  18. Julia Zejn: "Andere Umstände". Stadtbibliothek Friedrichshain Kreuzberg, Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda, abgerufen am 17. November 2021.
  19. Ann-Kathrin Canjé: Tabu: Schwangerschaftsabbruch – Leipziger Comiczeichnerin erzählt einfühlsame Beziehungsgeschichte. MDR Kultur, 19. November 2021, abgerufen am 15. Februar 2022.
  20. Les auteurs: Julia Zejn. Lyon BD, abgerufen am 7. März 2022 (französisch).
  21. GINCO Award 2023: Die Gewinner*innen. In: comic.de. 9. September 2023, abgerufen am 15. September 2023.