Karl Heise (Anthroposoph)

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Karl Hermann Heise (* 27. November 1872 in Laucha an der Unstrut; † 18. August 1939) war ein deutscher Anthroposoph und Schriftsteller, der esoterische und verschwörungstheoretische Werke verfasste. Bekannt wurde er vor allem als Autor des Buches Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg (1919), eines Klassikers der antisemitischen und anti-freimaurerischen Verschwörungsliteratur, in dem er einer gegen Deutschland gerichteten Verschwörung von Freimaurern die Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs zuschrieb und für das Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, das Vorwort schrieb und die Druckkosten mittrug.[1]

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über Heises Leben ist wenig bekannt. Von seinem Vater lernte er das Druckerhandwerk und arbeitete dann als Drucker bei Orell Füssli in Zürich. Er war Anhänger des völkischen Runen-Mystikers und Ariosophen Guido von List, Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft[2] in Zürich und des Mazdaznan-Kults[3]. Später trat er dem neugegründeten Illuminatenorden bei.[4]

In seinem Aufsatz Ein Wort zum Kapitel der früheren Erdenleben setzte sich Heise mit der Reinkarnationslehre auseinander und kritisiert sogenannte „Seher“. Seiner Auffassung nach sei das eigentliche „Ich“ eines Menschen auf der devachanischen Ebene zu finden, die noch über der astralischen liege. Dabei bezieht sich Heise explizit auf den Buddhismus und verwahrt sich gegen die Unterstellung, er würde weltanschauliche Elemente „aus dem Osten“ übernehmen. Er schreibt: „Ganz und gar nicht! Es sollte vielmehr gezeigt werden, wie der Abendländer alle notwendigen Erkenntnisse fürs Leben durchaus „daheim“ finden kann, dass sich aber alle wirkliche Welterkenntnis immer auch da wieder zurechtfindet, wo sie wie zufällig auch einmal den Blick dem „Fremdartigen“ zuwendet.“[5]

Seine Rassenlehre entfaltete Heise unter anderem im Aufsatz Das Geheimnis des spirituellen Fortschrittes. Danach war die arische weiße Rasse um die Zeitenwende an ihrem Tiefpunkt angelangt. Aus dem heidnischen Sonnenheiland sei ein Leidender im Diesseits geworden.[6]

Heises verschwörungstheoretische Schrift Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg wurde durch Vorträge von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, während des Krieges angeregt, und Steiner finanzierte auch die Drucklegung und steuerte ein Vorwort bei.[7]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heises Entente-Freimaurerei wurde von führenden Nationalsozialisten wie Heinrich Himmler und Alfred Rosenberg rezipiert.[8] Im Jahr seines Erscheinens wurde es in dem wenig später in Völkischer Beobachter umbenannten Münchener Beobachter positiv rezensiert.[9] Und 1923 schrieb Rosenberg: „Unter dem Deckmantel des Freisinns und des Kampfes für den Fortschritt wurden die freimaurerischen Organisationen immer nachdrücklicher ausgenutzt als politisches Mittel der sie zum großen Teil unterstützenden jüdischen Hochfinanz. Wir sehen durch die Jahrzehnte hindurch eine systematische Durchsetzung der Freimaurerlogen mit Vertretern des Judentums vor sich gehen; heute steht fast überall an der Spitze des Freimaurertums ein Jude oder einige von Juden abhängige Nichtjuden. Das ganze Problem läßt sich in diesem Zusammenhang nicht aufrollen; auf drei Schriften muß zwecks Begründung dieser Behauptungen hingewiesen werden: Auf Karl Heise, Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg, auf Friedrich Wichtl, Weltfreimaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik und auf Alfred Rosenberg, Das Verbrechen der Freimaurerei. In diesen Werken findet sich eine genaue Begründung der erhobenen Vorwürfe und die Widerlegung der freimaurerischen Verteidigungsschriften. Aus ihnen geht unwiderleglich hervor, dass die gutgläubige Gefolgschaft in vielen Staaten über die Absichten der eigentlichen Führer nirgends unterrichtet ist, dass, während die einzelnen Brüder von Weltverbrüderung schwärmen, die andern Organisation des Freimaurertums bewußt für national-politische Zwecke ausgenutzt haben.“[10] 1926 publizierte Heise zusammen mit Rosenberg die Schrift Der rote Faden in der Freimaurerpolitik der Gegenwart.[11]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher

  • Passionslegende und Osterbotschaft im Lichte der occulten Forschung. Zwei Vorträge gehalten am 17. und 29. März 1907 in der Freien Theosophischen Gesellschaft in Zürich, 2. A. Zürich 1907.
  • Lourdes, Lorch 1908.
  • Karma. Das universale Moralgesetz der Welt. Nach einem Vortrage gehalten in der Freien Theosophischen Gesellschaft in Zürich, Lorch 1909.
  • Das Alter der Welt im Lichte der okkulten Wissenschaft, Leipzig 1910.
  • Die astrale Konstitution des Menschen. Vom Standpunkte der okkulten Wissenschaft aus dargelegt, Leipzig 1911.
  • Entente-Freimaurerei und Weltkrieg. Ein Beitrag zur Geschichte des Weltkrieges und zum Verständnis der wahren Freimaurerei. Finkh, Basel 1919 (in diesem verschwörungstheoretischen Buch lastet Heise Freimaurern, Juden und Theosophen die Schuld am Ersten Weltkrieg an)
  • Okkultes Logentum. Leipzig 1921. (online – Internet Archive)
  • Der katholische Ansturm wider den Okkultismus, 1923.
  • Parsifal. Ein Bühnenweih-Festspiel Richard Wagners in okkult-esoterischer Beleuchtung, Berlin-Pankow 1924.
  • Wie aus Traum und anderen übersinnlichen Tatsachen Weltgeschichte wurde, Zürich 1930.
  • Die esoterische Bedeutung der Tellensage, Zürich 1930.

Beiträge

  • Germaniens Runenkunde. Die Initiation in das Geheimnis der Ario-Germanischen Sieben Ur-Heils-Runen. In: Theosophische Kultur, 3. Jahrgang, Februar 1911, Heft 2.
  • Die Freimaurerei in aller Welt. In: Weltkampf, 3. Jg. Heft ?

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reinhard Markner: Karl Heise (1872–1939). In: Helmut Reinalter (Hrsg.): Handbuch der Verschwörungstheorien. Salier, Leipzig 2018, S. 129–33.
  • Reinhard Markner: Les fantasmes géopolitiques d’un occultiste anthroposophe: Karl Heise (1872–1939). In: Politica Hermetica 33 (2019), S. 67–80.
  • Lorenzo Ravagli: Vom Ariogermanentum zur Christosophie. Versuch über Karl Heise. In: Jahrbuch für anthroposophische Kritik, Band 11 (2003), S. 86 ff. ISBN 3-907260-10-4.
  • Max Rechsteiner: Zum Gedenken an Karl Heise. In: Mitteilungen der anthroposophischen Vereinigung in der Schweiz, Nr. 81, S. 34–36.
  • Manfred Spalinger: Karl Heises „Entente-Freimaurerei und Weltkrieg“ – Versuch einer Beurteilung. In: Beiträge zur Dreigliederung, Anthroposophie und Kunst. Heft 40/41. S. 15–39. Herausgegeben von Arfst Wagner. Rendsburg 1994.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Peter Staudenmaier: Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus., in: Uwe Puschner: Die völkisch-religiöse Bewegung im Nationalsozialismus: eine Beziehungs- und Konfliktgeschichte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012. S. 475.
  2. Siehe die Klammerbemerkung von Arfst Wagner unter 11. ZUR PERSON KARL HEISES in Manfred Spalinger: Karl Heises "Entente-Freimaurerei und Weltkrieg", abgerufen 7. September 2012.
  3. Manfred Spalinger: Karl Heises "Entente-Freimaurerei und Weltkrieg". Abgerufen am 25. Juni 2021.
  4. S. Reinhard Markner: Karl Heise (1872–1939). In: Helmut Reinalter (Hrsg.): Handbuch der Verschwörungstheorien. Salier, Leipzig 2018, S. 129–33.
  5. Karl Heise: Ein Wort zum Kapitel der früheren Erdenleben. In: Zentralblatt für Okkultismus XV. Jg. (1921/22), H. 9
  6. Karl Heise: Das Geheimnis des spirituellen Fortschrittes. In: Psyche, III. Jg., 1918–1919, Heft 1, Oktober 1918, S. 13–17
  7. Siehe Helmut Zander: „Die schon lange bekannte Autorschaft Steiners ist heute eindeutig identifiziert“ (GA 265,59. Helmut Zander, Anthroposophie in Deutschland, Band 2, 2007, S. 991). Zu Heises Zusammenarbeit mit Rudolf Steiner auch Helmut Zander, Sozialdarwinistische Rassentheorien aus dem okkulten Untergrund des Kaiserreichs, in: Uwe Puschner, Walter Schmitz, Justus H. Ulbricht, Handbuch zur Völkischen Bewegung 1871–1918, 1999, S. 235. Siehe auch: Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945), 1999, S. 13, 70, 245f.
  8. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945), 1999, S. 13, 70, 245f, ISBN 3-486-56362-9.
  9. siehe Johannes Rogalla von Bieberstein, Die These von der freimaurerischen Verschwörung, Beiträge zur Dreigliederung, Anthroposophie und Kunst, Heft 49/50, 2002 (Online-Fassung)
  10. Nach Alfred Rosenberg: Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdische Weltpolitik. 1923. Online-Fassung (Memento vom 14. Juli 2011 im Internet Archive). Zur Bedeutung des Buches von Heise in verschwörungstheoretischen Kreisen s. auch Daniel Pipes, Conspiracy: How the Paranoid Style Flourishes and Where It Comes from, 1997, S. 101: “These ideas (i. e. fear of freemasonry) were then stoked by some powerful books. Friedrich Wichtl’s World Freemasonry – World Revolution – World Republic, ‚the best-known and most influential work to propagate an antimasonic conspiracy theory myth‘, came out in 1919 and had an ‚astonishing diffusion‘. Also in that year appeared the important screed by Karl Heise, Entente, Freemasonry and World War. […] The Nazis subscribed to secret society myths; after Jews, Freemasonry were the second group to be persecuted. Still they were second, turning up in Hitler’s public statements mainly as an instrument of Jewry’s world conspiracy. ‚Semitic Freemasons were the main agitators of [First] World War. Secretly concealed Masonry is Jewry’s best weapon‘. The verbal assault began even before 1933, and so active were the security services' antimasonic units that by August 1935 the party newspapers could announce ‚the end of Freemasonry in Germany‘.
  11. In: Der Weltkampf, Heft 29, Mai 1926; Reprint in: Arfst Wagner: Dokumente und Briefe zur Geschichte der Anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. Band IV, Rendsburg, Juni 1992. Zu Heise und dem völkisch-okkulten Umfeld siehe auch Helmut Zander, Sozialdarwinistische Rassentheorien aus dem okkulten Untergrund des Kaiserreiches, in: Uwe Puschner/Walter Schmitz/Justus H. Ulbricht (Hrsg.): Handbuch zur „Völkischen Bewegung“ 1871–1918, München 1999, S. 224–251 (vorgehalten bei akdh.net)