Landesversammlung des Freistaates Coburg

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Ketschentor und Staatsministerium, Sitz der Landesversammlung

Die Landesversammlung des Freistaates Coburg war 1919 und 1920 der Landtag des Freistaates Coburg.

Entstehung des Landtags[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Novemberrevolution wurde auch Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha gestürzt und das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha in einen Freistaat (also eine Republik) umgewandelt. Die Macht lag zunächst bei den Arbeiter- und Soldatenräten. Der Vollzugsausschuss des Arbeiter- und Soldatenrates und die vorläufige Staatsregierung erließen am 14. Januar 1919 eine Verordnung über die Wahlen zu einer Landesversammlung für den Staat Sachsen-Coburg. Danach sollte der bisherige Coburger Landtag durch einen frei gewählten Landtag ersetzt werden. Die Landesversammlung hatte weiterhin 11 Mitglieder. Diese wurden nun jedoch im Verhältniswahlrecht in freier und gleicher Wahl gewählt. Auch das Frauenwahlrecht war erstmals eingeführt. Das Mindestalter für die aktive Wahl waren 21, für die passive Wahl 26 Jahre. Das ganze Land bildete einen Wahlkreis.

Als Wahltermin wurde der 9. Februar 1919 festgelegt.

Das Wahlbündnis der Bürgerlichen erhielt 41,4 %, die SPD 58,6 %. Die Landesversammlung verabschiedete am 10. März 1919 das „Vorläufige Gesetz über die Gesetzgebung und Verwaltung im Freistaate Coburg“, die provisorische Coburger Verfassung.

Ein Gemeinschaftlicher Landtag Sachsen-Coburg und Gotha wurde nicht mehr gebildet. Gemäß Staatsvertrag über die Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Freistaaten Coburg und Gotha vom 12. April 1919 wurde die Rechnungsprüfung der gemeinsamen Einrichtungen fünfköpfigen Ausschüssen der Coburger Landesversammlung und der Landesversammlung des Freistaates Sachsen-Gotha übertragen.

Ende des Landtags[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Staatsvertrag zwischen den Freistaaten Bayern und Coburg über die Vereinigung Coburgs mit Bayern endete 1920 die Selbstständigkeit des Landes und damit auch der Landtag. Der Bayerische Landtag wurde damit der Nachfolger der Landesversammlung. Drei Abgeordnete aus Coburg wurden übergangsweise bis zur nächsten bayerischen Landtagswahl Landtagsabgeordnete im Bayerischen Landtag. Am 18. März 1920 wählte die Landesversammlung die Abgeordneten Hermann Mämpel (SPD), Johann Stegner (SPD) und Hans Schack (Deutsche Demokratische Partei, Bürgerliche Einheitsliste) in den Bayerischen Landtag.

Abgeordnete der Landesversammlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Name Partei Lebensdaten Beruf Ort Anmerkungen
Max Oscar Arnold Bürgerliche Einheitsliste 1854–1938 Puppenfabrikant Neustadt bei Coburg Alterspräsident, Vizepräsident
Reinhold Artmann SPD 1870–1960 Schreiner Coburg Mitglied der Staatsregierung
Gustav Hess Bürgerliche Einheitsliste 1874–1940 Landwirt Neuses bei Coburg
Ehrhard Kirchner SPD 1866–1927 AOK-Geschäftsführer Neustadt bei Coburg Präsident der Landesversammlung
Franz Klingler SPD 1875–1933 Schriftleiter des Coburger Volksblatts Coburg Mitglied der Staatsregierung
Ernst Külbel Bürgerliche Einheitsliste 1863–1938 Malzfabrikant Coburg
Bernhard Lauer SPD 1867–1927 AOK-Angestellter Neustadt bei Coburg
Hermann Mämpel SPD 1866–1944 AOK-Verwaltungsinspektor Coburg Schriftführer
Dr. Hans Schack Bürgerliche Einheitsliste 1878–1946 Richter am Amtsgericht Coburg Coburg Mitglied der Staatsregierung
Johann Stegner SPD 1866–1954 Brauer und Wirt Frohnlach
Carl Wendt SPD 1887–1936 Maschinenschlosser Rodach stellvertretender Schriftführer

Die Landesversammlung bildete folgende Ausschüsse:

  1. Ausschuss zur Regelung der Domänenfragen (Arnold, Kirchner, Mämpel, Schack, Stegner)
  2. Rechts- und Verfassungsausschuss (Artmann, Klingler, Külbel, Lauer, Schack)
  3. Finanz- und Rechnungsprüfungsausschuss (Hess, Külbel, Mämpel, Stegner, Wendt)
  4. Petitionsausschuss (Arnold, Artmann, Hess, Kirchner, Klingler)

Versammlungsort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Landesversammlung tagte im Gebäude des Staatsministeriums am Ketschentor. Dieses Gebäude, in dem später das Landgericht Coburg untergebracht war, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Harald Mittelsdorf: Die vergessenen Parlamente : Landtage und Gebietsvertretungen in den Thüringer Staaten und Gebieten 1919 bis 1923, 2002.
  • Harald Mittelsdorf: 175 Jahre Parlamentarismus in Thüringen, 1992, ISBN 386160500X.
  • Verhandlungen der Landes-Versammlung für den Freistaat Coburg, Digitalisat.
  • Gesetzsammlung für Sachsen-Coburg, Digitalisat.
  • Verordnung über die Wahlen zu einer Landesversammlung für den Staat Sachsen-Coburg. Vom 14. Januar 1919; in: Gesetzessammlung für Sachsen-Coburg, Nr. 2, S. 8 ff., Digitalisat.
  • Staatsvertrag über die Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Freistaaten Coburg und Gotha. Vom 12. April 1919; in: Gesetzessammlung für Sachsen-Coburg, Nr. 17, S. 117 ff., Digitalisat.
  • Bekanntmachung, betreffend den Staatsvertrag zwischen den Freistaaten Bayern und Coburg über die Vereinigung Coburgs mit Bayern vom 14. Februar 1920 nebst Schlußprotokoll dazu vom gleichen Tage sowie das Reichsgesetz, betreffend die Vereinigung Coburgs mit Bayern, vom 30. April 1920. Vom 12. Mai 1920; in: Gesetzessammlung für Sachsen-Coburg, S. 93 ff., Digitalisat.
  • Michael Kotulla: Thüringische Verfassungsurkunden : vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis heute.