Lehrevaluation

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Als Lehrevaluation wird die Bewertung von Lehrveranstaltungen durch die Teilnehmenden bezeichnet. Es ist hier zu unterscheiden zwischen einer Lehrevaluation (übergreifende Bereiche der Lehre wie z. B. Studienzeiten oder Bibliotheksausstattung) und einer Lehrveranstaltungsevaluation (Bewertung von Vorlesungen und Seminaren).[1] Im Hochschulbereich zielt Evaluation darauf ab, die Zufriedenheit der Studierenden mit der Qualität der Lehre und deren Organisation zu erfassen. Diese Einbindung der Studierenden ist in § 6 des Hochschulrahmengesetzes festgelegt. Lehrevaluation dient dabei der Qualitätssicherung in der Lehre.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heiner Rindermann versteht unter Evaluation im Lehrkontext eine „systematische Analyse und empirische Untersuchung von Konzepten, Bedingungen, Prozessen und Wirkungen zielgerichteter Aktivitäten zum Zwecke ihrer Bewertung und Modifikation“.[2] Dementsprechend wird im Rahmen von Hochschulevaluationen die Bewertung der Lehre meist direkt in Form einer studentischen Veranstaltungskritik empirisch erfragt.

Ziele einer Lehrevaluation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lehrevaluationen können mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Zielen durchgeführt werden.[3] Lehrevaluation dient damit vorrangig dem Feedback ihrer Arbeit an die Lehrenden, ist somit Teil einer Qualitätssicherung. Lehrevaluation kann hier auch als Basis für Zielvereinbarungen genutzt werden.[4]

Als grundsätzliche Perspektiven einer Lehrevaluation fassen Souvignier und Gold (2002)[5] drei allgemeine Ziele zusammen:

  • Rückmeldung
  • Steuerung
  • Forschung

Diese Bereiche können unterschiedlich gewichtet sein, je nachdem ob mehr ein Feedback- und Kommunikationsmodell, Steuerung und Personalbeurteilung oder die Evaluationsforschung selbst im Fokus steht.

Relevanz für die Qualitätssicherung in der Hochschullehre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Lehrevaluation spielt eine entscheidende Rolle in der Qualitätssicherung der Hochschullehre. Sie bietet einen systematischen Ansatz, um die Lehrqualität zu analysieren und zu verbessern. Studierende liefern wertvolles Feedback zur Didaktik, Organisation und Struktur von Lehrveranstaltungen sowie zur fachlichen Kompetenz der Lehrpersonen. Durch die regelmäßige Durchführung können Schwachstellen identifiziert und gezielte Maßnahmen eingeleitet werden, um die Lehrqualität zu verbessern. Gleichzeitig kann auch Expertise herausgestellt werden.[6]

Studien belegen die positive Wirkung der Lehrevaluation auf die Qualität der Hochschullehre.[7] Die Ergebnisse der Lehrveranstaltungsevaluation dienen somit als Grundlage für Weiterentwicklungen und Qualitätsverbesserungen.

Diskurse zur Lehrveranstaltungsevaluation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diskurse im Kontext der Lehrveranstaltungsevaluation an deutschen Hochschulen umfassen Fragen zur Validität der Bewertungsmethoden[8], zur Verwendung der Ergebnisse für Karriereentscheidungen[9], zur Anonymität der Bewertungen[10] und zur Nutzung der Ergebnisse zur Verbesserung der Lehre[11]. Studien zeigen, dass Studierendenbewertungen eine moderate bis hohe Validität aufweisen, aber auch von subjektiven Faktoren beeinflusst werden können. Die Anonymität ermöglicht ehrliche Bewertungen, kann jedoch auch zu unangemessener Bewertung führen.

Instrumente zur Lehrveranstaltungsevaluation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einer Lehrevaluation werden in der Regel die Teilnehmenden aufgefordert per Fragebogen zur Lehrveranstaltung Stellung zu nehmen. Hier gibt es eine Vielzahl verschiedener Fragebögen, von denen viele nicht hinsichtlich der zentralen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität geprüft werden. Beispiele für bewährte standardisierte Fragebögen, bei denen derartige Prüfungen erfolgten, sind der FEVOR,[12] HILVE,[13] KIEL,[14] MFE-S[15] und MFE-V[16] sowie der TRIL[17] und eduValuation+[18].

Um eine umfassende Lehrveranstaltungsevaluation durchzuführen, können sowohl formative als auch summative Instrumente eingesetzt werden.

Formative Instrumente dienen der kontinuierlichen Rückmeldung und Verbesserung der Lehrveranstaltung während des laufenden Semesters. Hierzu zählen beispielsweise regelmäßige kurze Befragungen oder Feedbackrunden, in denen Studierende ihre Eindrücke und Anregungen zur Verbesserung der Lehrveranstaltung mitteilen können. Diese Form der Lehrveranstaltungsevaluation ermöglicht es den Lehrpersonen, schnell auf Probleme zu reagieren und ihre Lehr-/Lernmethoden anzupassen.[19]

Summative Instrumente hingegen werden nach Abschluss der Lehrveranstaltung eingesetzt und dienen der Zusammenfassung. Sie bieten einen retrospektiven Blick auf eine Lehrveranstaltung. Hierbei ist der standardisierte Fragebogen eine gängige Methode. Dieser ermöglicht es den Studierenden, ihre Einschätzungen zu verschiedenen Aspekten der Lehrveranstaltung abzugeben. Zusätzlich können auch andere Methoden wie Gruppenreflexionen oder Interviews eingesetzt werden, um ein umfassendes Bild von der Lehrveranstaltung zu erhalten.[20]

Bei der Auswahl der Instrumente ist es wichtig, auf die oben genannten Gütekriterien zu achten und diese zu gewährleisten, um aussagekräftige Ergebnisse und Daten zu erhalten.

Die Kombination aus formativen und summativen Instrumenten (wie z. B. die Lernerfolgsevaluation[21]) ermöglicht eine umfassende Lehrveranstaltungsevaluation, die kontinuierliches Feedback und Verbesserungen während des Semesters sowie eine Gesamtbewertung nach Abschluss der Lehrveranstaltung ermöglicht.

Online-Lehrevaluation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der Vorteile von Online-Befragungen, wie z. B. komplexe Filterführung und neuartige Fragetypen (u. a. Visuell-Analog-Skala), werden Lehrevaluationen zunehmend online erhoben. Dies stellt besondere Anforderungen an die Lehrevaluationssysteme,[22] insbesondere auch hinsichtlich der Usability dieser Systeme oder der Datensicherheit. Aufgrund ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten können auch elektronische Audience Response Systems zur punktuellen und vergleichenden Evaluation der Lehre verwendet werden.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nicole Auferkorte-Michaelis, Frank Linde, Maiken Bonnes, Annette Hintze, Henning Haschke: Feedback für den Lehralltag: Lehren und Lernen im Dialog. 1. Auflage. utb GmbH, Stuttgart, Deutschland 2023, ISBN 978-3-8385-6131-8, doi:10.36198/9783838561318 (utb.de).
  • H. W. Marsh: Students evaluations of university teaching – dimensionality, reliability, validity, potential biases, and utility. In: Journal of Educational Psychology. 76(5), 1984, S. 707–754.
  • H. Rindermann: Untersuchung zur Brauchbarkeit studentischer Lehrevaluation. Verlag Empirische Pädagogik, Landau 1996.
  • H. Rindermann: Lehrevaluation – Einführung und Überblick zu Forschung und Praxis der Lehrveranstaltungsevaluation an Hochschulen. Mit einem Beitrag zur Evaluation computerbasierten Unterrichts. 2. Auflage. Empirische Pädagogik, Landau 2009.
  • B. Schmidt, T. Loßnitzer: Lehrveranstaltungsevaluation: State of the Art, ein Definitionsvorschlag und Entwicklungslinien. In: Zeitschrift für Evaluation. 9(1), 2010, S. 49–72.
  • Werner Zillig: Bewerten in Lehrevaluationen. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 45, 2017, S. 66–85.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. H. Rindermann: Lehrevaluation – Einführung und Überblick zu Forschung und Praxis der Lehrveranstaltungsevaluation an Hochschulen. Mit einem Beitrag zur Evaluation computerbasierten Unterrichts. Empirische Pädagogik, Landau 2009.
  2. H. Rindermann: Lehrevaluation an Hochschulen: Schlussfolgerungen aus Forschung und Anwendung für Hochschulunterricht und seine Evaluation. In: Zeitschrift für Evaluation. 2/2003, S. 233–256.
  3. H. Rindermann: Lehrevaluation: Einführung und Überblick zu Forschung und Praxis der Lehrveranstaltungsevaluation an Hochschulen mit einem Beitrag zur Evaluation computerbasierten Unterrichts. Verlag Empirische Pädagogik, Landau 2001.
  4. M. Krämer: Evaluation und Zielvereinbarung in der Hochschule – Qualitätssicherung und/oder Disziplinierung. In: G. Krampen, H. Zayer (Hrsg.): Psychologiedidaktik und Evaluation. Band IV, Deutscher Psychologen Verlag, Bonn 2003, S. 215–231.
  5. E. Souvignier, A. Gold: Fragebögen zur Lehrevaluation: Was können sie leisten? In: Zeitschrift für Evaluation. 2/2002, S. 265–280.
  6. David Carless: Feedback for student learning in higher education. In: International Encyclopedia of Education(Fourth Edition). Elsevier, 2023, ISBN 978-0-12-818629-9, S. 623–629, doi:10.1016/b978-0-12-818630-5.14066-7 (elsevier.com [abgerufen am 14. November 2023]).
  7. Mark Shevlin, Philip Banyard, Mark Davies, Mark Griffiths: The Validity of Student Evaluation of Teaching in Higher Education: Love me, love my lectures? In: Assessment & Evaluation in Higher Education. Band 25, Nr. 4, Dezember 2000, ISSN 0260-2938, S. 397–405, doi:10.1080/713611436 (tandfonline.com [abgerufen am 14. November 2023]).
  8. Bas Senden, Trude Nilsen, Nani Teig: The validity of student ratings of teaching quality: Factorial structure, comparability, and the relation to achievement. In: Studies in Educational Evaluation. Band 78, 1. September 2023, ISSN 0191-491X, S. 101274, doi:10.1016/j.stueduc.2023.101274 (sciencedirect.com [abgerufen am 13. November 2023]).
  9. Anne Boring, Kellie Ottoboni: Student Evaluations of Teaching (Mostly) Do Not Measure Teaching Effectiveness. In: ScienceOpen Research. 7. Januar 2016, ISSN 2199-1006, doi:10.14293/S2199-1006.1.SOR-EDU.AETBZC.v1 (scienceopen.com [abgerufen am 13. November 2023]).
  10. Scott E. Carrell, James E. West: Does Professor Quality Matter? Evidence from Random Assignment of Students to Professors. In: Journal of Political Economy. Band 118, Nr. 3, Juni 2010, ISSN 0022-3808, S. 409–432, doi:10.1086/653808 (uchicago.edu [abgerufen am 13. November 2023]).
  11. Bob Uttl, Carmela A. White, Daniela Wong Gonzalez: Meta-analysis of faculty's teaching effectiveness: Student evaluation of teaching ratings and student learning are not related. In: Studies in Educational Evaluation (= Evaluation of teaching: Challenges and promises). Band 54, 1. September 2017, ISSN 0191-491X, S. 22–42, doi:10.1016/j.stueduc.2016.08.007 (sciencedirect.com [abgerufen am 13. November 2023]).
  12. T. Staufenbiel: Fragebogen zur Evaluation von universitären Lehrveranstaltungen durch Studierende und Lehrende. In: Diagnostica. 46(4), 2000, S. 169–181. (Doc) (Memento vom 11. Juni 2007 im Internet Archive) (Link zum Fragebogen)
  13. H. Rindermann: Lehrevaluation: Einführung und Überblick zu Forschung und Praxis der Lehrveranstaltungsevaluation an Hochschulen mit einem Beitrag zur Evaluation computerbasierten Unterrichts. Verlag Empirische Pädagogik, Landau 2001.
  14. G. Gediga, K. von Kannen, F. Schnieder, S. Köhne, H. Luck, B. Schneider: Kiel: Ein Kommunikationsinstrument für die Evaluation von Lehrveranstaltungen. Methodos, Bissendorf 2000.
  15. G. Hirschfeld, M. T. Thielsch: Münsteraner Fragebogen zur Evaluation von Seminaren (MFE-S). In: A. Glöckner-Rist (Hrsg.): Zusammenstellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen. ZIS Version 13.0. GESIS, Bonn 2009. (Link zum Fragebogen)
  16. G. Hirschfeld, M. T. Thielsch: Münsteraner Fragebogen zur Evaluation von Vorlesungen (MFE-V). In: A. Glöckner-Rist (Hrsg.): Zusammenstellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen. ZIS Version 13.0. GESIS, Bonn 2009. (Link zum Fragebogen)
  17. M. Gollwitzer, W. Schlotz: Das „Trierer Inventar zur Lehrveranstaltungsevaluation“ (TRIL): Entwicklung und erste testtheoretische Erprobungen. In: G. Krampen, H. Zayer (Hrsg.): Psychologiedidaktik und Evaluation. Band IV, Deutscher Psychologen Verlag, Bonn 2003, S. 114–128. (Website) (Memento vom 27. Mai 2007 im Webarchiv archive.today)
  18. Henrike Kärchner, Maren Gehle, Malte Schwinger: Entwicklung und Validierung des Modularen Fragebogens zur Evaluation digitaler Lehr-Lern-Szenarien (MOFEDILLS). In: ZeHf – Zeitschrift für empirische Hochschulforschung. Band 6, Nr. 1, 25. Mai 2023, ISSN 2367-3052, doi:10.3224/zehf.v6i1.05 (budrich-journals.de [abgerufen am 13. November 2023]).
  19. John Hattie: Visible Learning for Teachers: Maximizing Impact on Learning. Routledge, London 2011, ISBN 978-0-203-18152-2, doi:10.4324/9780203181522 (taylorfrancis.com [abgerufen am 14. November 2023]).
  20. Bernhard Schmidt: Qualität der Lehre an Hochschulen. 2008, doi:10.25656/01:7275 (pedocs.de [abgerufen am 14. November 2023]).
  21. Ergebnisse der Lehrveranstaltungsbewertung für die eigene Lehrpraxis nutzen. Abgerufen am 14. November 2023.
  22. M. Gumpinger: Online Lehrevaluationssysteme: Anforderungen und Implementation am Beispiel des medizinischen Curriculums. Dissertation. München 2008. (PDF, 8 MB)