Liniendienst von Joh. Ces. Godeffroy & Sohn

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Anzeige von Joh. Ces. Godeffroy & Sohn im Februar 1850 in der in Hamburg erscheinenden Börsen-Halle
Werbung für die Linienschifffahrt von Joh. Ces. Godeffroy & Sohn, Anzeige in der Süd-Australischen Zeitung, 6. Januar 1865[1]

Das Hamburger Handelshaus Joh. Ces. Godeffroy & Sohn begann ab 1850 unter der Leitung von Cesar Godeffroy einen Liniendienst mit regelmäßigen Schiffsverbindungen aufzubauen.[2] Ausgehend von Hamburg wurden Ziele in Australien, Chile und Kalifornien durch Segelschiffe angelaufen.[3][4] Viele der eingesetzten Fahrzeuge wurden auf der Reiherstiegwerft erbaut, die die Firma 1849 erworben hatte.[5] Im Rahmen einer größeren Bauserie wurden hier Voraussetzungen für die Linienschifffahrt geschaffen.[3] Anfang des Jahres 1857 besaß Joh. Ces. Godeffroy & Sohn 27 Schiffe mit einer Transportkapazität von zusammen 4961 Kommerzlasten und hatte damit die größte Flotte unter den Hamburger Reedereien.[6]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Scheitern der deutschen Revolution von 1848/1849 und Goldfunde in Kalifornien (ab 1848), im australischen Victoria (ab 1850), Neusüdwales (1851) und Queensland (ab 1853) trieb viele Menschen zur Auswanderung.[7] Mit zahlreichen Inseraten in Zeitungen wurde von Joh. Ces. Godeffroy & Sohn in deutschsprachigen Ländern um Auswanderer und Frachtaufträge für die Segelschiffe geworben.[8][9] Nach Entsendung von jeweils drei Auswandererschiffen nach Australien in den Jahren 1848 und 1849[10][11] wurde im April 1850 der regelmäßige Linienverkehr mit zunächst zwölf Segelschiffen begonnen.[12] Für das Jahr 1852 übernahm die Firma eine vertragliche Verpflichtung, 2000 Auswanderer nach Australien zu schiffen. Zwecks Organisation wurde unter Leitung von Otto Neuhauss eine Niederlassung in Melbourne eröffnet. In den folgenden Jahren entsandten Joh. Ces. Godeffroy & Sohn jeweils zehn bis zwölf große Schiffe in die Kolonie Südaustralien.[13] Hier waren B. Amsberg & Co Exklusiv-Agenten. Im Frachtverkehr übernahmen sie 1861 früheste Transporte holsteinischer und sächsischer Schafe zu Zuchtzwecken.

Zugleich war 1852 der Beginn einer Spitzenperiode im Transport von deutschen Auswanderern nach Sydney. In der Stadt standen Joh. Ces. Godeffroy & Sohn zunächst in Verbindung zu dem Kaufmann Adolph Feez. In den Folgejahren wechselten die Agenturen zu Kirchner & Co[14], J. B. Metcalfe und Dreutler & Co. 1861 wurden schließlich Rabone, Feez & Co, hervorgegangen aus der von Adolph Feez gegründeten A. Feez & Co., mit dem Verkauf von Passagescheinen für die Linienschiffe und einer Vermittlung von Immigranten als Arbeitskräften für den australischen Markt beauftragt. Ab 1862 trat das Haus in der Kolonie Neusüdwales als Generalagent für die Schifffahrtslinie auf.

Im australischen Queensland übernahm ab 1864 die J. C. Heussler & Co eine Agentur im Auswanderertransport für einzelne Schiffe (Johan Cesar und Peter Godeffroy). 1867 wurde der Inhaber Johann Christian Heussler zum Treuhänder für Passagegelder prospektiver Einwanderer nach Queensland. 1869 erhielt seine Firma eine Exklusiv-Lizenz zum Verkauf von Passagescheinen für den Godeffroy'schen Liniendienst.

Die Abfertigung der Schiffe in Hamburg wurde durch die Firma Dieseldorff & Co durchgeführt.[15] Johann Peter Daniel Dieseldorff (1826–1887) hatte sich einige Zeit in Australien aufgehalten und über seine Erfahrungen ein Buch verfasst.[16] Als Schiffsmakler waren Knöhr & Burchard, J.D. Schirmer's Nachfolger, Cellier & Parrau und Friedr. Brödermann für die Befrachtung zuständig.

Die Fahrten nach Kalifornien begannen ab 1857 unrentabel zu werden und wurden eingestellt. 1867 reduzierte man auch die Frequenzen nach Australien. Durch wirtschaftliche Krisen kam es Ende 1879 zur Zahlungsunfähigkeit von Joh. Ces. Godeffroy & Sohn und infolgedessen zum Erliegen des Liniendienstes.

Zitate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Regelmäßige Packet- und Passagierfahrt der nachbenannten großen Fregattschiffe der Herren Johann Cesar Godeffroy u. Sohn in Hamburg nach Port Adelaide, Melbourne und Sydney in Australien. […] Sämtliche Schiffe sind eigends zu dieser Fahrt gebaut und auf das Zweckmäßigste eingerichtet. Im April 1850 werden die obigen die regelmäßige Fahrt beginnen.“

W. Kirchner: Australien und seine Vortheile für Auswanderer[2]

„Direct Line of Hamburg and Australian Clipper Packets, sailing from Hamburg twice a month […] The undersigned can confidently recommend the splendid line of packets, belonging to the eminent firm of Messrs. John Cesar Godeffroy and Son, of Hamburg.“

F. Haller & Co: Colonial Times[8]

Liste der Schiffe im Liniendienst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Flagge der Reederei, Ausschnitt aus der Lithografie Flaggenkarte Hamburgischer Rheder[17]
Liste der Schiffe im Liniendienst von Joh. Ces. Godeffroy & Sohn
Name Typ Baujahr Bauwerft
Adolph[18] Bark 1838 Richters, Hamburg
Adolph Brigg 1854 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Adolph[19] Brigg 1858 Reiherstieg Schiffswerfte & Kesselschmiede
Alfred Bark 1836 Werft Johann Lange
Alfred Bark 1842 Lulea
Alfred Bark 1856 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Antonie[20] Brigg 1831 Chatham, USA
Alster Bark 1846 Venedig
Australia[21] Vollschiff 1837/38 Biddeford
Australia Brigg 1858 Reiherstieg Schiffswerfte & Kesselschmiede
Beausite[22] 1854 William Perrine, New York
Cesar & Helene Brigg 1817
Cesar & Helene Brigg 1856 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Cesar Godeffroy Bark 1851 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Cesar Godeffroy Bark 1855 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Cesar Godeffroy Bark 1873 Johann Marbs Werft
Dockenhuden Bark 1848 Dreyer-Werft (Neuhof)
Emmy Vollschiff 1847[23][24]
Esplanade
Grasbrook Brigg 1851/53 Gottfried Jacob Franz Krohn, Schiffbaumeister (Hamburg)
Helene[25] Bark 1851 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Hermann Bark 1849 Mitzlaff-Werft (Elbing)
Iserbrook Brigg 1853 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Johan Cesar Bark 1852 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Kehrwieder Schonerbrigg 1852/53 Werft Johann Jakob Richters
La Rochelle Vollschiff 1855 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Peter Godeffroy[26] Vollschiff 1851 Weilbach (Stockholm)
Peter Godeffroy Bark 1857 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Peter Godeffroy Bark 1868 Reiherstieg Schiffswerfte & Kesselschmiede
Reiherstieg Brigg 1852 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
San Francisco[27] Bark 1846 Björneborg
San Francisco[28] Bark 1859 Reiherstieg Schiffswerfte & Kesselschmiede
Sophie Bark 1850 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Steinwärder Bark 1848 Dreyer-Werft (Neuhof)
Susanne[29] Brigg 1850 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Susanne Godeffroy Vollschiff 1863 Meyer-Werft (Lübeck)
Vesta[30] Brigg 1807 Bremen
Vesta[31] Brigg 1850 Uckermünde
Vesta Brigg 1855/56 Somm’sche Werft
Victoria[32] Bark 1839 Somm’sche Werft
Wandrahm Vollschiff 1854 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg
Wilhelmsburg Vollschiff 1853 Godeffroy’s Werfte Reiherstieg

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kurt Schmack: J. C. Godeffroy & Sohn Kaufleute zu Hamburg. Leistung und Schicksal eines Welthandelshauses. Broschek & Co, Hamburg 1938.
  • Walter Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis der Hamburger Reedereien 1824-1888. Teil 1. Museum für Hamburgische Geschichte, Hamburg 1969, S. 162–175.
  • Birgit Scheps: Das verkaufte Museum. Die Südsee-Unternehmungen des Handelshauses Joh. Ces. Godeffroy & Sohn, Hamburg, und die Sammlungen „Museum Godeffroy“. (Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, (NF) 40.) Goecke & Evers, Keltern-Weiler 2005.
  • J. C. Jülfs, F. Balleer (Hgs.): Die wichtigsten Seehäfen der Erde nach ihren hydrographischen, nautischen und commerciellen Beziehungen.
    • Band 1: Asien, Australien, Südamerika und West-Indien. Schultzsche Buchhandlung, Oldenburg 1870, (urn:nbn:de:bvb:12-bsb11156459-3)
      • Supplement, enthaltend die nach Erscheinen des ersten Bandes von 1869 bis October 1872 nöthig gewordenen Nachträge und Berichtigungen. Schultzsche Buchhandlung, Oldenburg 1873, (urn:nbn:de:bvb:12-bsb11166832-5)
    • Band 2: Central-Amerika, Mexiko und Nord-Amerika nebst Anhang, enthaltend viele Plätze Süd-Amerikas und West-Indiens. Schultzsche Buchhandlung, Oldenburg 1875, (urn:nbn:de:bvb:12-bsb11312323-5)
    • Band 3: Europa. Schultzsche Buchhandlung, Oldenburg 1878, (urn:nbn:de:bvb:12-bsb11368360-24)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Packet- & Passagierfahrt von Hamburg nach Adelaide. In: Süd-Australische Zeitung. Adelaide 6. Januar 1865, S. 7 (nla.gov.au).
  2. a b Wilhelm Kirchner: Australien und seine Vortheile für Auswanderer. Brönner, Frankfurt am Main 1850, S. 163 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DJGBFMy6Rw1QC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA163~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  3. a b Birgit Scheps: Das verkaufte Museum: Die Südsee-Unternehmungen des Handelshauses Joh. Ces. Godeffroy & Sohn, Hamburg, und die Sammlungen „Museum Godeffroy“. (Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, (NF) 40.) Goecke & Evers, Keltern-Weiler 2005, S. 15.
  4. Heinr. C. Schmoock-Smok: Wegweiser nach und in Australien. Verlags-Comptoir, Potsdam 1854, S. 102 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3Du0ksAAAAYAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA102~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  5. Reiherstieg Schiffswerfte und Maschinenfabrik, Hamburg. In: Historisch-biographische Blätter. Band 7, Nr. 9. Eckstein’s Biographischer Verlag, Berlin 1906 (resolver.sub.uni-hamburg.de).
  6. Dr. J. L. Schwarz (Hrsg.): Hamburg's Handel im Jahre 1856. Im Selbstverlage, Hamburg 1857, S. 65 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3Dch5WAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA65~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  7. Bereits 1841 hatte sich J.C. Godeffroy & Sohn an der Deutschen Colonisations-Gesellschaft beteiligt, deren Geschäftsziel in der Besiedelung der Chathaminseln lag.
  8. a b German Immigration. In: Colonial Times. Band XLIII, Nr. 10060. Hobart 13. August 1855, S. 4 (nla.gov.au).
  9. Packet- und Passagierfahrt von Hamburg nach Adelaide. In: Süd Australische Zeitung. Tanunda and Adelaide 8. Mai 1867, S. 12, Sp. 1 (nla.gov.au).
  10. Gabriele Hoffmann: Das Haus an der Elbchaussee: Die Geschichte einer Reederfamilie, Piper, München 2000, S. 161.
  11. „Regelmäßige Paket- und Passagierfahrt der (10) großen Fregattschiffe der Herren Johann Cäsar Godeffroy und Sohn in Hamburg. October 1849“. In: Deutsche Auswanderer, Vierter Jg., 26. Januar 1850, Die deutschen Ansiedelungen in Südaustralien, S. 55, (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D2SMR65W3pJIC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA55~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D)
  12. Peter Godeffroy, Cesar Godeffroy, Emmy, Australia, Alfred (700 t), Sophie (25. April, Port Adelaide), Victoria, Dockenhuden, Steinwärder (25. April, Valdivia), Alfred (450 t), Adolph (15. April, San Franzisko) und Susanne (15. Mai, Sidney) (Anzeige vom 11. März 1850 in Börsen-Halle, Seite 2)
  13. Gabriele Hoffmann: Das Haus an der Elbchaussee: Die Geschichte einer Reederfamilie, Piper, München 2000, S. 161 und 164.
  14. Wilhelm Kirchner war von 1849 bis 1860 Hamburgischer Konsul in Sydney und seit 1839 dort ansässig.
  15. Auswanderung. Dritter Rechenschaftsbericht des Hamburger Vereins zum Schutze von Auswanderern, erstattet in der General-Versammlung des Vereins am 1. März 1854. Hamburg, S. 32–33 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DEJ1AAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA32~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  16. J[ohann] P[eter] D[aniel] Dieseldorff: Wegweiser nach Südaustralien, oder Südaustralien in seiner jetzigen Gestalt. Nach eigener Anschauung während eines mehrjährigen Aufenthalts besonders für Auswanderer geschildert. Verlag von Robert Kittler, Hamburg 1849 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D7igyAQAAMAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPP7~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  17. E.A. Szalla: Flaggenkarte Hamburgischer Rheder. F.H. Nestler & Melle, Hamburg 1879 (uni-hamburg.de – Ausschnitt aus der Lithografie).
  18. Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis …, S. 164, (verkauft November 1853)
  19. Anhang. In: Internationales Register / Germanischer Lloyd 1878, Berlin, S. 4, Nr. 66
  20. Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis …, S. 164, (gekauft 1840, verkauft 1853)
  21. Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis …, S. 166, (gekauft Oktober 1848, verkauft 1856)
  22. Bekanntmachung. In: Hamburger Nachmittag. 21. April 1863, S. 8, (Digitalisat)
  23. abweichend 1841. „Im Besitz der Reederei Godeffroy schon 1841“: Armin Clasen: Die Schiffe der Chile-Auswanderung über Hamburg 1850–75 und die Schiffbauerfamilie von Somm. In: Zeitschrift für Niederdeutsche Familienkunde, 38. Jg., Heft 1, Januar 1963, PDF
  24. Im Text einer Anzeige in der Börsen-Halle vom 22. Mai 1849, Seite 2, ist von „neuerbaute“ die Rede, (Digitalisat)
  25. Anhang. In: Internationales Register / Germanischer Lloyd 1878, Anhang, Berlin, S. 149, Nr. 115
  26. In Zeitungsanzeigen im Januar 1850 wurde bereits ein Segelschiff Peter Godeffroy angekündigt.
  27. Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis …, S. 166, (gekauft 1850, verkauft 1857)
  28. Anhang. In: Internationales Register / Germanischer Lloyd 1876, Berlin, S. 477, Nr. 10
  29. Anhang. In: Internationales Register / Germanischer Lloyd 1876, Berlin, S. 249, Nr. 123, (abweichende Angaben zur Werft)
  30. Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis …, S. 163, (gekauft 1829, verloren 1852)
  31. Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis …, S. 166, (verkauft 1856)
  32. Kresse: Seeschiffs-Verzeichnis …, S. 164, (verkauft 1861)