Ludwig Friedrich Kalkmann

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Ludwig Friedrich Kalkmann (* 1. Juli 1791 in Bremen; † 20. April 1847 ebenda) war ein deutscher Kaufmann und Vizekonsul von Brasilien in Bremen. Er widmete sich der Einwanderung deutscher Kolonisten nach Brasilien.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinrich Philipp Friedrich Ludwig Kalkmann wurde am 1. Juli 1791 in Bremen geboren. Er heiratete Charlotte Marianne Kessler, mit der er die Töchter Marie (1822–1919), später eine bedeutende Frauenrechtlerin und Musikpädagogin, Mathilde (1824–1909) und zuletzt (1829) Albertine bekam.[1]

Während seines ersten Aufenthaltes in Bremen im Juli 1825 ernannte der brasilianische Major Georg v. Schäffer, Bevollmächtigter des Kaisers Dom Pedro I von Brasilien, den dortigen angesehenen Kaufmann und Bürger Ludwig Friedrich Kalkmann provisorisch zum brasilianischen Konsul für den Stadtstaat, also zu einem Posten höheren Grades als der eigene. Beide waren eng befreundet.[2] Kalkmann, offenbar im Portugalgeschäft bewandert und Portugiesisch sprechend, zeigte sich bereit, die Auswanderung nach Brasilien mit zu organisieren. „Für Leute, die nach Brasilien reisen wollen, sind Sammelplätze bereitgestellt worden, wo sie bis zu ihrer Einschiffung mit Erlaubnis des Senats auch erste militärische Übungen unter Leitung unseres Konsuls, Herrn Ludwig Friedrich Kalkmann, lernen, der im Feldzuge gedient hat.“[3]

Feier anlässlich der Rückkehr von Kaiser Peter I. aus Bahia am 4. April 1826 auf dem Platz São Francisco de Paula in Rio de Janeiro

Der Herzoglich Braunschweigsche Oberlieutenant a. D. Julius Mansfeldt berichtet in Meine Reise nach Brasilien im Jahre 1826 (1828), dass er in Konsul Kalkmann und seiner Gattin „eine höchst achtbare und gebildete Familie“ gefunden habe. Durch Kalkmann sei er in den Club des Museums und in andere Gesellschaften eingeführt worden.[4]

Georg v. Schäffer leitete die Auswanderer, die bereits auf dem Weg nach Hamburg waren, um, designierte 1827 den Kaufmann Louis Friedrich Kalkmann zum brasilianischen Vizekonsul und beauftragte ihn, ein Annahmebüro in Bremen zu eröffnen.[5]

Kalkmann war von 1827 bis 1847 kaiserlich brasilianischer Vizekonsul. Eingesetzt wurde er vom Diplomaten Antônio José Rademaker, Hausherr des 1826 in Hamburg neu eröffneten brasilianischen Generalkonsulats, am 19. November 1826. Die Hansestadt Bremen erkannte ihn provisorisch an, ohne ihm ein Exequatur auszustellen. Brasilianischer Konsul wurde er aber dort erst 1847.[6] 1829 wurde Ludwig Friedrich Kalkmann zum brasilianischen Konsul für das Königreich Hannover ernannt.[7]

Der Bremer Kaufmann Kalkmann fungierte auch als Reeder und gründete die Firma Louis F. Kalkmann. 1834 stellte er sein erstes Schiff in Dienst und baute seine Reederei bis zur Mitte des Jahrhunderts auf neun Einheiten aus.[8] Im Juni 1837 veröffentlichte er in der Bremer Zeitung eine Anzeige, wonach das Dampfschiff „William IV.“ am 1. Juni mit der Bäderfahrt beginnen werde. „Das Schiff geht morgens um 6 Uhr von Bremerhaven ab, wird gegen 10 Uhr bei Wangerooge und gegen Mittag bei Norderney seine Passagiere absetzen und nachmittags bei Helgoland ankern.“[9]

„Es erregte unliebsames Aufsehen, als 1836 der Kaufmann Kalkmann ein ‚Seelenverkäuferschiff‘ mit etwa 100 Armen und Landstreichern für die brasilianische Marine zusammenstellte“, schreibt Friedrich Deike (1959).[10]

Der Friedrich Ludwig Kalkmann betreffende Eintrag im Staats-Calender der Freien Hansestadt Bremen auf das Schalt-Jahr 1844 lautet:

Portugal.
Joaquim van Zeller, General-Consul.
Ludwig Friedrich Kalkmann, Vice-Consul.“

Staats-Calender der Freien Hansestadt Bremen auf das Schalt-Jahr 1844 Gedruckt und zu haben bei Johann Georg Heyse, Bremen 1844, S. 100

In den 1840er Jahren ging Vizekonsul Kalkmann daran, die Auswanderung nach Brasilien erneut zu organisieren. 1845 versuchten Bremer Kaufleute in Rio de Janeiro in Zusammenarbeit mit ihm, ein großes Einwanderungsprojekt für Brasilien umzusetzen, das den Bremer Schiffen Fracht für die Ausfuhr verschaffen konnte.[11]

Seine fünfte und letzte Brasilien-Reise trat Ludwig Friedrich Kalkmann nach 18-jähriger Unterbrechung mit einem Teil seiner Familie im Frühjahr 1846 an. Die „Helene“, ein Segler der eigenen Reederei, legte am 5. Mai 1846 in Bremen unter der Führung von Captain Johann Grabau mit Ziel Pernambuco ab. In Brasilien nahm Kalkmann mehrere Reisen und Ortsbesichtungen vor, worüber er regelmäßig in Briefen an die noch junge Weser-Zeitung berichtete. Seinen letzten Brief brachte er Ende April 1847 in Pernambuco zu Papier. Nach der Rückkehr trug er seine Brasilien-Briefe für eine gesonderte Publikation bei C. Schünemann in Bremen zusammen und leitete sie am 1. August 1847 mit einführenden Worten ein.[12]

Vor Ort arbeitete Kalkmann mit dem seit 1837 amtierenden bremischen Generalkonsul in Rio de Janeiro, Christian Stockmeyer sen., zusammen. „Ein Bremer, Herr Kalkmann, der dort Konsul ist, will sich verpflichten, jährlich 10.000 Deutsche dahin abzuliefern“, schrieb die Wiener Zeitschrift in ihrer Ausgabe vom 24. März 1847 und bezog sich dabei auf zwei Briefe aus Rio de Janeiro in der Kölnischen Zeitung, in welchen ausdrücklich vor der Auswanderung nach Brasilien gewarnt worden sei.

Über die Auswanderung nach Brasilien führt Ludwig Friedrich Kalkmann in seinen Reisebriefen aus Brasilien aus (S. 52): „(…) Was der Auswanderer an baarem Gelde mit sich nimmt oder für seine Überfahrt bedarf, ist die erste Auslage, welche mit der Zeit, und sogar mit Zinsen wieder bezahlt wird. Mit jedem Auswanderer senden wir einen neuen Kunden deutscher Manufacturen-Fabrikate aus. Der deutsche Einwanderer, bald nachdem er sich in seiner neuen Heimath eingebürgert hat, consumirt das Doppelte oder Dreifache an Manufactur-Waaren für sich und seine Familie, als was er in Deutschland gewohnt war. Er nimmt bald die Landessitte an; so fand ich es in Brasilien, so in den Vereinigten Staaten. (…)“

1847 wurde bei C. Schünemann eine Denkschrift, Sr. Kaiserl. Maj. Dom Pedro II. überreicht von Louis Friedrich Kalkmann und Julius Friedrich Koeler am 11. Januar 1847 in Bezug auf eine Gesellschaft, welche dieselben zur Förderung deutscher Einwanderungen zu bilden beabsichtigen, aufgelegt.[13] „Kalkmann versuchte im selben Jahre zugleich mit dem bei Kaiser Dom Pedro II. hochangesehenen, das wärmste Interesse für die deutschen auswanderungslustigen Landsleute bekundenden Major J. F. Koeler die Brasilianer durch eine portugiesisch abgefaßte Denkschrift für die Begünstigung der deutschen Einwanderung und Bildung einer besonderen Einwanderungsgesellschaft zu erwärmen“, verlautet im Kritischen Repertorium der Deutsch-Brasilianischen Literatur von Oskar Canstatt (Berlin 1902).[14]

Ludwig Friedrich Kalkmann wurde 1824 als Diakon des Bremer Doms gewählt.[15] Er war Mitglied und Vorsitzender der Ende Juni 1827 gegründeten „Alten Liedertafel“ Bremen und gehörte der Bremer Delegation an, die gemeinsam mit einer Delegation aus hannoverschen Sängern am 16. Juli 1831 im Oyler Wald bei Marklohe (Nienburg/Weser) den Bund der Vereinigten Norddeutschen Liedertafeln aus der Taufe hob.[16]

Das Wohnhaus der Reeder-Familie Kalkmann war das Haus Schlachte Nr. 5 in der Bremer Altstadt. Es beherbergte in den unteren beiden Stockwerken das Kontor und die Wohnräume, darüber diente es als Packhaus (Lagerhaus). Nach Kalkmanns Tod diente das Haus als so genannte „Länderfirma“, die vor allem mit Südamerika handelte. Sie besaß aber auch gute Beziehungen zu Westindien und Nordamerika und führte von dort viel Tabak ein.[17]

Philipp Kalkmann, geboren zu Bremen am 30. April 1822 als Sohn von Johann Philipp und Helena Margaretha Kalkmann, folgte dem offenbar „in gutem Andenken gebliebenen“ Ludwig Friedrich Kalkmann später im Amt. Er wurde am 20. April 1869 Konsul des Norddeutschen Bundes in Ceará, Brasilien.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reisebriefe aus Brasilien, mit besonderer Rücksicht auf die Auswanderung, C. Schünemann, Bremen 1847 (books.google.de)

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hugo Freiherr von Freytag-Loringhoven: Menschen und Dinge wie ich sie in meinem Leben sah. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1923.
  • Ferdinand Schröder (Brasilienpfarrer): Brasilien und Wittenberg. Ursprung und Gestaltung deutschen evangelischen Kirchentums in Brasilien. Berlin, Leipzig 1936 (Nachdruck 2020).
  • Percy Ernst Schramm: Die deutsche Siedlungskolonie Doña Francisca (Brasilien, St. Catharina) im Rahmen gleichzeitiger Projekte und Verhandlungen. In: Jahrbuch für Geschichte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Lateinamerikas, Köln, Graz 1964 (insb. S. 291 degruyter.com PDF).
  • Klaus Blum: Musikfreunde und Musici. Musikleben in Bremen seit der Aufklärung. Hans Schneider, Tutzing 1975, S. 134, 186.
  • Hubertus J. Rescher: Die deutschsprachige Literatur zu Brasilien von 1789–1850: Widerspiegelung brasilianischen Sozial- und Wirtschaftsstrukturen von 1789–1850 in der deutschsprachigen Literatur desselben Zeitraums. Peter D. Lang, Frankfurt am Main 1979, S. 64.
  • Klaus Friedland (Hrsg.): Maritime Aspects of Migration. Böhlau Verlag, Köln, Wien 1989, S. 223.
  • Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte (ZVHG). Bd. 94, Hamburg 2008, bearbeitet von Stuart Jenks, S. 25.
  • Sabine Grimm: Adelslinien – Die Herren von Frydag. Unruhige Zeiten, Band 7, BoD – Books on Demand, 2011.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Marie Kalkmann auf bremerfrauengeschichte.de, abgerufen am 24. Januar 2021. Genealogische Foren nennen überdies die Sprösslinge Heinrich Carl Georg Kalkmann (* 1838) und Hermann Louis Friedrich Kalkmann (* 1840). Mathilde Luise Kalkmann heiratete 1847 in Rio de Janeiro den Geschäftsträger Carl Gottlob von Freytag-Loringhoven. Sabine Grimm, Adelslinien – Die Herren von Frydag. Unruhige Zeiten, 2011, S. 155, berichtet, Ludwig Friedrich Kalkmann habe einst mit seinen beiden ältesten Töchtern, darunter Mathilde, eine Gesundheitsreise nach Brasilien unternommen, auf der diese den russischen Legationsrat Carl Gottlob von Freytag-Loringhoven kennengelernt habe. Durch Mathilde sei in der Familie (drei Söhne, drei Töchter) „gutes deutsches Bürgerhaus“ geprägt worden. „In ihm wurde die deutsche Bildung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts praktiziert.“
  2. Staden-Jahrbuch. Band 41: Beiträge zur Brasilkunde und zum brasilianisch-deutschen Kultur- und Wirtschaftsaustausch. Veröffentlichungen des Instituto Hans Staden de Ciências, Letras e Intercâmbio Cultural Brasileiro-Alemão, São Paulo 1993, S. 147.
  3. Staden-Jahrbuch, wie oben, S. 160.
  4. Julius Mansfeldt: Meine Reise nach Brasilien im Jahre 1826. Magdeburg 1828, S. 8.
  5. Ludwig Deike: Die Entstehung der Grundherrschaft in den Hollerkolonien an der Niederweser. Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen, Heft 27, C. Schünemann, Bremen 1959, S. 21 f.
  6. Staden-Jahrbuch, wie oben, S. 161. Kalkmanns Substitut war laut Festlegung vom 5. Februar 1828 Caspar Hermann Meynen (Rheinische Vierteljahrsblätter, Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1938, S. 111). Das Bremer Adressbuch von 1831 führt im Fünften Abschnitt unter „Consuln, Agenten und Geschäftsführer“ (S. 10) 14 Amtsträger auf, darunter „Herr Louis Frederik Kalkmann, Kaiserl. Brasilianischer Vize-Consul, Schlachte No. 5.“ Kalkmann war neben seiner Handelstätigkeit kaiserlich brasilianischer und königlich portugiesischer Vizekonsul, auch Vizekonsul der Republik Uruguay. Im Almanach de Gotha, 1845, wird er unter dem Namen Louis-Fréd. Kalkmann als Uruguays Vizekonsul in Bremen angegeben.
  7. Münchener Politische Zeitung, 31. Juli 1829, S. 1052.
  8. Franz Josef Pitsch: Die wirtschaftlichen Beziehungen Bremens zu den Vereinigten Staaten von Amerika bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. (Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen, hrsg. v. K. H. Schwebel, Bd. 42), Bremen 1974, S. 97.
  9. Archiv-Journal, Nr. 14/Juli 2011, Stadtarchiv Norderney, Digitalisat, abgerufen am 27. Januar 2021.
  10. Deike, wie oben, S. 113.
  11. Débora Bendocchi Alves: Das Brasilienbild der deutschen Auswanderungswerbung im 19. Jahrhundert. Wissenschaftlicher Verlag, Berlin 2000, S. 217.
  12. L. F. Kalkmann: Reisebriefe aus Brasilien, mit besonderer Rücksicht auf die Auswanderung. C. Schünemann, Bremen 1847, S. 5. Diese Angaben stehen im Widerspruch zu den Lebensdaten bei Hubertus J. Rescher: Die deutschsprachige Literatur zu Brasilien von 1789–1850, Wiederspiegelung brasilianischer Sozial- und Wirtschaftsstrukturen von 1789–1850 in der deutschsprachigen Literatur desselben Zeitraums. Frankfurt am Main 1979, S. 64: „Louis Friedrich KALKMANN, geb. am 1. 7. 1791 in Bremen, gest. am 20. 4. 1847 ebda.“
  13. Digitale Sammlungen der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, abgerufen am 24. Januar 2021. Die damals publizierte Denkschrift unterschrieb L. F. Kalkmann im Juli 1847.
  14. Oskar Canstatt: Kritisches Repertorium der Deutsch-Brasilianischen Literatur. D. Reimer, Berlin 1902, S. 45 f.
  15. Heinrich Wilhelm Rotermund: Geschichte der Domkirche St. Petri zu Bremen und des damit verbundenen Waisenhauses und der ehemaligen Domschule von ihrem Ursprunge und mancherlei Schicksalen bis zum Jahre 1828. Bremen 1829, S. 224.
  16. Festbuch für die Hundertjahrfeier der Vereinigten Norddeutschen Liedertafeln in Hannover vom 20.–22. Juni 1931. Hrsg. vom Festausschuss der Ortsgruppe Hannover, Hannover 1931, S. 7 f.
  17. „Hermann Ritter (1878—1949)“. In: Niedersächsische Lebensbilder, Bd. 5, hrsg. v. Otto Heinrich May, August Lax, Hildesheim 1962, S. 240. Das Gebäude Schlachte 5, ursprünglich 1605 errichtet, stand in einer Reihe von drei Packhäusern: Schlachte 3, 4 und 5. Alle drei wurden 1898 abgerissen, für Louis F. Kalkmann & Co. wurde 1904 ein neues Packhaus erbaut. (Peter Strotmann: Das Geheimnis der drei Packhäuser, Weser-Kurier, 16. Mai 2017, abgerufen am 31. Januar 2021; Baudenkmäler als Kultur- und Geschichtsdokumente (Forschungen zur Geschichte der Bau- und Kunstdenkmäler in Bremen, 2), Bremen 1962, S. 410. Beim alliierten Bombenangriff auf Bremen am 6. Oktober 1944 fiel das Haus neben vielen weiteren den Flammen zum Opfer. Im Bremischen Adreß-Buch von 1847 wird als Wohnhaus der Eheleute Kalkmann an der Osterthors-Contrescarpe No. 6, als Comptoir aber weiterhin Schlachte 5 angegeben. Nach dem Tod ihres Mannes lebte die Witwe Charlotte Kalkmann zunächst im (vorher nicht im Adressbuch verzeichnet gewesenen) Haus Werderstr. 16 in der Altstadt und dann im Haus Charlottenstr. 13 in Bremen-Ostertor.