Marten de Mare

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Marten de Mare, auch Martinus, Merten, Meerten, (* um 1540 vermutlich in Groningen; † 1612 in Bremen) war ein Orgelbaumeister der Spätrenaissance in Groningen und Bremen. Etwa ein Dutzend Tätigkeiten (Neubauten, Erweiterungsumbauten und Reparaturen) an eigenen oder fremden Orgeln sind bezeugt, aber nur noch einzelne Register oder Orgelteile von de Mare heute erhalten, darunter zwei prachtvolle Prospekte in Stellichte (1610) und St. Ansgarii in Bremen (1611).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vater Andreas de Mare war ebenfalls Orgelbauer und übersiedelte – möglicherweise aufgrund seines protestantischen Glaubens – von Gent nach Groningen, wo er 1560 für sich und seine Söhne Christoffer und Marten das sogenannte kleine Bürgerrecht erwarb. Marten de Mare wurde wahrscheinlich in Groningen geboren und nach der Patron der Groninger Martinikerk genannt, wo sein Vater 1542 einen großen Erweiterungsbau der Orgel durchführte.[1] Nachdem er zunächst in der väterlichen Werkstatt mitgearbeitet hatte, trat Marten 1578 als selbstständiger Orgelbauer erstmals beim Umbau der Orgel in der Emder Großen Kirche hervor,[2] wo er bis 1594 tätig war. Die Zeit in Emden waren unterbrochen durch einige Jahre Wirksamkeit in Verden (Aller) ab 1583.

Im Zuge der Emder Revolution im Jahr 1595 zog er mit seiner Familie nach Bremen, wo er im gleichen Jahr den Bürgereid ablegte und zusammen mit seiner Frau und zwei Töchtern das Bremer Bürgerrecht erwarb. Die Einbürgerung erfolgte am 27. Juni 1595.[3] Bereits für 1586 ist eine Reparatur des Positivs von St. Stephani bezeugt; weitere Orgelreparaturen und Neubauten in anderen Bremer Kirchen folgten.[1] Wahrscheinlich erlernten Edo Evers und Johann Busse bei de Mare den Orgelbau. Von 1599 bis 1601 ließ er sich in Paderborn nieder und schuf im südlichen Westfalen drei Neubauten.[4]

Marten de Mare war verheiratet; seine Ehefrau Take de Mare[3] und er hatten mehrere Kinder. Außer den beiden Töchtern Franke und Eime[3] ist der Sohn Martini de Mare[5] nachgewiesen. Marten de Mare starb 1612 in Bremen.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marten de Mare stand in der Tradition des Orgelbauers Hendrik Niehoff. Seine Werke zeichnen sich durch prächtig gestaltete Prospekte aus, die von der Spätrenaissance gekennzeichnet sind. Zum repräsentativen Erscheinungsbild tragen auch die klappbaren Flügeltüren bei. Die erhaltenen Gehäuse in Stellichte und St. Ansgari in Bremen zählen „zu den schönsten Schöpfungen der Renaissance in Norddeutschland“.[6] Zweimanualige Werke verfügen über ein Rückpositiv. Möglicherweise geht das Orgelgehäuse in der Stellichter St.-Georg-Christophorus-Jodokus-Kirche auf Andreas de Mare zurück, dessen Orgel für das ostfriesische Kloster Thedinga im Jahr 1609 von Sohn Marten im Zuge der Klosterauflösung abgetragen wurde.[7]

Für die Disposition grundlegend ist das Plenum, das auf Prinzipalregistern basiert, ergänzt um Flöten- und Zungenstimmen, die das Instrumentarium der Renaissance widerspiegeln. Forschungen von Wilfried Michel zufolge sind die ursprünglichen Flügeltüren der Orgel in Kloster Oelinghausen in die Tafelgemälde an der Orgelrückwand umgestaltet worden.[8]

Werkliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kursivschreibung gibt an, dass die Orgel nicht oder nur noch das historische Gehäuse erhalten ist. In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale und ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand oder zu Besonderheiten.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1578–1582 Emden Große Kirche II/P 9 (?) Erweiterung der alten einmanualigen Orgel, die aus dem Kloster Blauhaus 1565–68 (mindestens I/4; Umfang FGA-g2a2) aufgestellt worden war, durch Andreas und Marten de Mare. 1585–94 führte Marten allein Reparaturen und die Jahrespflicht durch. 1710 soll sie 13 Register haben. Von diesem Instrument ist nichts erhalten.
1597 Jever Stadtkirche Neubau; Orgel wird aus Bremen mit dem traditionellen Manualumfang der Renaissance (FGA-g2a2) geliefert. Aufgrund späterer Neubauten wurde dieses Instrument beseitigt.
vor 1600 Oldenburg Lambertikirche I 9 Reparatur von Slegel; nicht erhalten
1599 Kloster Oelinghausen Klosterkirche
Neubau unter Verwendung älterer Register von 1586; später Erweiterungsumbauten; einige Register erhalten → Orgel[9]
1600–1601 Kirchhundem St. Peter und Paul Neubau, nicht erhalten
1600–1601 Burg Schnellenberg Kapelle Neubau, nicht erhalten
1603 Bremen St. Martini
I Neubau oder Vergrößerungsumbau.[10] Ob Christian Bockelmann die Orgel 1616–19 durch ein neues Werk ersetzt oder nur eingreifend umgebaut hat, ist nicht eindeutig geklärt. Durch Auslagerung im Zweiten Weltkrieg wurde der kostbare Prospekt bewahrt. → Orgel in St. Martini Bremen
1608–1609 Leer Große Kirche in Leer I 10 Neubau unter Verwendung alter Register aus der Orgel des aufgehobenen Klosters Thedinga, die sein Vater spätestens 1590 gebaut hatte, nachdem Graf Enno III. 1609 der Leeraner Kirche das Instrument geschenkt hatte. Erweiterungen durch Albertus Antonius Hinsz (1763/1766), Wilhelm Caspar Joseph Höffgen und Brond de Grave Winter (1846–1850) sowie Paul Ott (1953–55), wobei der Grundbestand von de Mare erhalten blieb. 2006–08 wurde der alte Pfeifenbestand anhand der Inskriptionen vom Organeum (Weener) systematisch erfasst. Eine umfassende Renovierung oder Rekonstruktion steht noch bevor. → Orgel der Großen Kirche (Leer)
1610 Bremen St. Stephani Reparatur; nicht erhalten
1610 Stellichte St.-Georg-Christophorus-Jodokus-Kirche II/P 12 Möglicherweise brachte de Mare das kostbare Gehäuse der Thedinga-Klosterorgel mit dem reich verzierten Prospekt nach Stellichte und schuf das innere Pfeifenwerk neu, das später allerdings ersetzt wurde. In diesem Zuge hat de Mare die Prospektpfeifen (vormals Principal 4′) durch Auflöten von Deckeln in eine Quintadena 8′ umgebaut. Jürgen Ahrend rekonstruierte 1985 ein Innenwerk im Sinne des ursprünglichen Zustands. Der prachtvolle Prospekt ist erhalten und fügt sich geschlossen in die Renaissance-Innenausstattung der Gutskapelle ein.[11]
1611 Bremen St. Ansgarii
II Orgelneubau mit Rückpositiv, der später um Pedaltürme erweitert wurde. Der prächtige Prospekt ist noch zum größten Teil erhalten, da er durch Auslagerung bewahrt werden konnte, während Kirche und Orgel im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. → Orgel von St. Ansgarii Bremen

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jürgen Ahrend, Winfried Dahlke: Dokumentation der Orgel der Evangelisch-Reformierten Großen Kirche zu Leer. Print-on-Demand (ohne Orts- und Jahresangabe vermutlich Stade 2008).
  • Walter Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands. Orgeltopographie (= Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands. Band 48). Ostfriesische Landschaft, Aurich 1968.
  • Ibo Ortgies: Die Praxis der Orgelstimmung in Norddeutschland im 17. und 18. Jahrhundert und ihr Verhältnis zur zeitgenössischen Musikpraxis. Göteborgs universitet, Göteborg 2004 (gbv.de [PDF; 5,4 MB] rev. 2007).
  • Uwe Pape, Winfried Topp: Orgeln und Orgelbauer in Bremen. 3. Auflage. Pape Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-921140-64-1.
  • Fritz Piersig: Die Orgeln der bremischen Stadtkirchen im 17. und 18. Jahrhundert. In: Bremisches Jahrbuch. Band 35, 1935, S. 379–425 (brema.suub.uni-bremen.de).
  • Harald Polenz, Wilfried Michel: Die Orgeln der Klosterkirche Oelinghausen. In: Magdalena Padberg (Hrsg.): Kloster Oelinghausen und die historischen Orgeln. Ostfriesische Landschaft, Iserlohn 1989, ISBN 3-922885-44-6, S. 146–200.
  • Auke H. Vlagsma: Andreas en Marten de Mare Orgelmakers van de Renaissance – Deel 1: Inleiding en werken van Andreas de Mare. In: Het Orgel. Band 109, 2013, S. 36–41.
  • Auke H. Vlagsma: Andreas en Marten de Mare. Orgelmakers uit de Renaissance. Deel 2: Werken van Andreas en Marten de Mare. In: Het Orgel. Band 110, 2014, S. 18–29.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild Verlag, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2. Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4.
  • Maarten Albert Vente: Die Brabanter Orgel. Zur Geschichte der Orgelkunst in Belgien und Holland im Zeitalter der Gotik und der Renaissance. H. J. Paris, Amsterdam 1963.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Pape, Topp: Orgeln und Orgelbauer in Bremen. 2003, S. 403.
  2. Kaufmann: Orgeln in Ostfriesland. 1968, S. 35, 100–101.
  3. a b c Bürgerbuch der Altstadt 1586–1609 Juni 19. Staatsarchiv Bremen, Bremen, Signatur: 2-P.8.A.19.a.2.a, S. 68.
  4. Pape, Topp: Orgeln und Orgelbauer in Bremen. 2003, S. 404.
  5. Bürgerbuch [1642]. Bremer Staatsarchiv, Bremen, Signatur: P.8.A.19.a.3. (Auszug aus dem Eintrag: „Mare, de, Dirich. Als des sel. Martini de Mare, eines gewesenen Bürgers Sohn, stattete er nach erlangter Mündigkeit seinen Eid am 31. Januar 1642 und wurde damit eingebürgert […].“)
  6. Kaufmann: Orgeln in Ostfriesland. 1968, S. 35.
  7. Ahrend, Dahlke: Dokumentation der Orgel der Evangelisch-Reformierten Großen Kirche zu Leer. 2008, S. 5f., 12, 240–248.
  8. Sauerland. Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes. Nr. 1, 1988, S. 10, abgerufen am 9. Januar 2019 (PDF-Datei; 2,92 MB).
  9. Arnsberg / Holzen – Klosterkirche St. Petri Oelinghausen – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 17. Mai 2023 (deutsch).
  10. Fritz Piersig: Die Orgeln der bremischen Stadtkirchen im 17. und 18. Jahrhundert. In: Bremisches Jahrbuch. Nr. 35, 1935, S. 389–391 (brema.suub.uni-bremen.de), gesehen 23. Januar 2011.
  11. Orgel in Stellichte, abgerufen am 9. Januar 2019.