Moskau SH

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Moskau SH
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Schaffhausen Schaffhausen (SH)
Bezirk: Steinw
Gemeinde: Ramsen SHi2
Postleitzahl: 8262
Koordinaten: 703772 / 285291Koordinaten: 47° 42′ 36″ N, 8° 49′ 17″ O; CH1903: 703772 / 285291
Höhe: 420 m ü. M.
Einwohner: 50 (2015)[2]
Luftaufnahme Moskau 16. Juni 2006
Luftaufnahme Moskau 16. Juni 2006

Luftaufnahme Moskau 16. Juni 2006

Karte
Moskau SH (Schweiz)
Moskau SH (Schweiz)
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Moskau ist ein Ortsteil der Gemeinde Ramsen im östlichen Teil des Schweizer Kantons Schaffhausen. Moskau umfasst fünfzehn Häuser.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Weiler liegt an der Grenze zu Deutschland an einer Hauptstrasse. Die deutsche L 191 führt von Kirchen-Hausen durch den Hegau und an Singen vorbei zur Zollstelle Ramsen. Die Strasse führt als Hauptstrasse 332 weiter durch Moskau zum Rheinübergang bei Hemishofen. Benachbart liegt der Ortsteil Petersburg. Der nördlichste Teil des heutigen Ortsteiles Moskau trug früher den Namen Warschau. Diese drei Ortsnamen gemahnen an drei Hauptstädte im Russischen Kaiserreich: St. Petersburg war die Hauptstadt Russlands, Warschau die Hauptstadt von Russisch-Polen und Moskau die Krönungsstadt der Zaren.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Namen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einer Überlieferung sollen russische Truppen im Jahr 1799, während des Zweiten Koalitionskriegs, das Dorf besetzt und hier ihr Lager aufgeschlagen haben. Angeblich sollen dort noch Jahrzehnte später von den Russen stammende Hufeisen gefunden worden sein.[3][4][1] Damals kämpften die verbündeten Russen, Österreicher und Briten gegen Napoleons Frankreich.

Historisch gesichert ist, dass der älteste der Örtlichkeitsnamen, Petersburg, auf Stabhalter (Vizegemeindepräsident) Peter Neidhart zurückgeht, der 1822 ausserhalb Ramsens ein Haus baute, das anschliessend von der Bevölkerung scherzhaft nach ihm benannt wurde.[5][6][3] Als Bauer Clemens Gnädinger um das Jahr 1852 in der Nähe einen Bauernhof baute, taufte er sein Gehöft Moskau – in scherzhafter Anlehnung an die benachbarte Petersburg.[5][6][3] Beide Namen gingen später auf die beiden sich allmählich bildenden Quartiere über. Weitere Einzelhäuser erhielten in der Folge ebenfalls russisch inspirierte Namen: Auf älteren Karten des Siegfriedatlasses hiessen zwei Häuser direkt an der Landesgrenze Warschau (sie wurden im 20. Jahrhundert abgebrochen); noch heute gibt es ein Haus zur Krim, und bis 1934 hiess ebenda ein Gasthof Restaurant zur Moskau.

Restaurant zur Moskau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Restaurant zur Moskau

Das Restaurant zur Moskau gab durch seinen merkwürdigen Namen und die Lage unmittelbar an der Landesgrenze Anlass zu mancherlei Spekulationen. So wurde während der 1930er-Jahre ungefragt kommunistische Propaganda zugeschickt, da einige Genossen dort Gesinnungsfreunde vermuteten. Im Deutschen Reich war man ebenfalls dieser Ansicht und befürchtete, im Moskau werde ein bolschewistischer Angriff auf Deutschland geplant.

Tatsächlich ging es jedoch lediglich um Schmugglerei. Der Wirt des Gasthofs zur Moskau hatte dem 24-jährigen Schmuggler Hermann Weber, einem arbeitslosen, aus der Tschechoslowakei stammenden Kaufmann, einen Verschlag für seine Waren und zur Übernachtung zur Verfügung gestellt. Am 27. August 1933 wurde Hermann Weber mit einem Begleiter von deutschen Zöllnern angehalten. Auf beiden Seiten fielen Schüsse, Weber konnte fliehen, der Begleiter und die mitgeführte Schmuggelware blieben zurück: ungefähr 50 Pfund Zucker sowie 150 Pfund antifaschistische Druckschriften der Kommunistischen Partei. Stundenlang suchten daraufhin Zöllner, Polizisten, SA- und SS-Leute aus der nahen Stadt Singen das Grenzgebiet ab, doch Weber lag bereits im Schweizer Unterschlupf. Vier Männer der Sturmabteilung überquerten die Grenze, brachen in den Verschlag im Moskau ein, verprügelten Weber und schleppten ihn zurück ins Deutsche Reich, wo er eingesperrt wurde. Nach Protest des Gesandten des Bundesrates in Berlin gegen die Grenzverletzung und der Drohung, nicht am Nürnberger Reichsparteitag teilzunehmen, wurde der Schmuggler Hermann Weber bei Konstanz an die Schweizer Behörden überstellt. Aufgrund der Sicherheitsgefahr für das Land wurde der Schmuggler Weber darauf nach Frankreich abgeschoben.[3] 1934 hielten es die Wirtsleute Anna und Ernst Züllig[7] schliesslich für angebracht, ihrem Restaurant den unverfänglicheren Namen Hegau zu geben.[8]

Wirtschaft und Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bahnhof Ramsen

Heute ist Moskau vor allem durch seine Lage an der Grenze geprägt. Zapfsäulen und Tankstellenshops dominieren das Bild. Mehrere Speditionsfirmen haben ihre Verzollungsbüros in Moskau.
Der Bahnhof Ramsen liegt im Bereich Moskau/Petersburg. Im Jahr 2004 wurde der Betrieb auf der Bahnlinie durch die SBB stillgelegt. Die Linie 25 von SchaffhausenBus endet an der Haltestelle «Ramsen, Petersburg» im Bahnhofsbereich. Die Stiftung SEHR & RS hat von den SBB 2006 die gesamte Infrastruktur der Bahnlinie Etzwilen – Rielasingen mit Ausnahme der Rheinbrücke bei Hemishofen käuflich übernommen. Auf der Strecke verkehren Museumsbahn-Züge und Schienenvelos/Draisinen.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Doris Fehrenbacher u. a.: Heimatbuch Ramsen. Hrsg. zur 1150-Jahr-Feier der Gemeinde Ramsen von der Gemeinde Ramsen. Ramsen 1969, S. 210.
  • Franz Hofmann: Einmal Moskau–Petersburg und zurück in einem Tag. In: Auf alten Wegen – Mobilität im Hegau (= Jahrbuch des Hegau-Geschichtsvereins. Band 68). MarkOrPlan, Singen (Hohentwiel) 2011, ISBN 978-3-933356-65-9, ISSN 0438-9034, S. 91–108.
  • Eduard Joos u. a.: Die Orts- und Flurnamen des Kantons Schaffhausen. Eingeschlossen die deutsche Enklave Büsingen. Huber, Frauenfeld 2018, ISBN 978-3-7193-1595-5.
  • Stefan Keller: Bildlegenden. 66 wahre Geschichten. Rotpunktverlag, Zürich 2016, ISBN 978-3-85869-711-0.
  • Georg Walter: Die Orts- und Flurnamen des Kantons Schaffhausen, mit vergleichender Berücksichtigung von Namen der benachbarten badischen, zürcherischen und thurgauischen Gemeinden. Meier, Schaffhausen 1912.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Eine Weltreise in der Schweiz: Von «Moskau» über «Chlii-Amerika» ins «Paradies». In: watson.ch. (watson.ch [abgerufen am 1. Februar 2018]).
  2. [1]
  3. a b c d Stefan Keller: Kellers Geschichten: Moskau. In: Saiten Ostschweizer Kulturmagazin. Verein Saiten, Verlag, Schmiedgasse 15, Postfach 556, 9004 St. Gallen, August 2016, abgerufen am 2. Februar 2018.
  4. verschiedene Autoren: Dorfnamen: Im wahrsten Sinn des Ortes. Abgerufen am 1. Februar 2018.
  5. a b Georg Walter: Die Orts- und Flurnamen des Kantons Schaffhausen, mit vergleichender Berücksichtigung von Namen der benachbarten badischen, zürcherischen und thurgauischen Gemeinden. Meier, Schaffhausen 1912.
  6. a b Eduard Joos u. a.: Die Orts- und Flurnamen des Kantons Schaffhausen. Eingeschlossen die deutsche Enklave Büsingen. Huber, Frauenfeld 2018, S. 742.
  7. Einmal Moskau retour, bitte. htr.ch, archiviert vom Original am 2. Februar 2018; abgerufen am 2. Februar 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.htr.ch
  8. Wolfgang Neidhart: Moskau und Petersburg. In: hirschen.ch. Abgerufen am 2. Februar 2018.
  9. Homepage der Bahnbetreiberin