Musikjahr 1723

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Weitere Ereignisse

Dieser Artikel behandelt das Musikjahr 1723.

Musikjahr 1723
Senesino, Cuzzoni, Berenstadt
Senesino, Cuzzoni, Berenstadt
Karikatur einer Aufführung von Georg Friedrich Händels Flavio, re de’ Longobardi in London: Senesino links, Francesca Cuzzoni in der Mitte und rechts Gaetano Berenstadt. Die Oper wurde am 14. Mai uraufgeführt.
Antonio Caldara – La concordia de' pianeti – Titelseite des Librettos – Wien 1723

Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Sebastian Bach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Georg Friedrich Händel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Georg Friedrich Händel – Flavio, re de’ Longobardi – Titelseite des Librettos – London 1723
Georg Friedrich Händel – Ottone, re di Germania – Titelseite des Librettos – London 1723
  • Georg Friedrich Händel ist in London als musikalischer Direktor der Royal Academy of Music, eines neuen Opernunternehmens auf Subskriptionsbasis am King’s Theatre, tätig.
  • Neben Händel beschäftigt die Akademie zeitweise noch die Komponisten Giovanni Bononcini und Attilio Ariosti. Das Publikum spaltet sich in Parteien, die sich entweder hinter Händel oder Bononcini stellen. Insbesondere in der Anfangszeit sind Bononcinis Aufführungen erfolgreicher als Händels.
  • Nach heutigen Erkenntnissen ist die Opernakademie von Anfang an unterfinanziert und nur in den besten Zeiten wirtschaftlich tragfähig. Das Management versucht dadurch zum Erfolg zu kommen, dass es noch mehr Starsänger einkauft. Ab Januar 1723 wird Francesca Cuzzoni für zunächst 1500 Pfund pro Saison engagiert.
  • 12. Januar: Ottone, re di Germania, ein Dramma per musica von Georg Friedrich Händel auf ein Libretto von Nicola Francesco Haym auf Basis einer Dichtung von Stefano Benedetto Pallavicino, hat mit dem Mezzosoprankastraten Senesino in der Titelrolle seine Uraufführung am King’s Theatre in Haymarket in London. Die Aufführung hat sich wegen der verspäteten Ankunft der Sopranistin Francesca Cuzzoni um ein halbes Jahr verschoben.
  • 14. Mai: Flavio, re de’ Longobardi, ein weiteres Dramma per musica von Georg Friedrich Händel hat in der gleichen Besetzung wie Ottone in London seine Uraufführung. Nicola Francesco Hayms Libretto basiert auf einer älteren römischen Quelle, Il Flavio Cuniberto von Silvio Stampiglia, die ihrerseits auf ein gleichnamiges venezianisches Opernbuch von Matteo Noris für den Komponisten Giovanni Domenico Partenio zurückgeht.
  • Juli/August: Georg Friedrich Händel zieht in London in die 25 Brook Street und bewohnt hier bis zu seinem Tod im Jahr 1759 zwei Stockwerke. Nahezu alle Werke, die seit 1723 entstehen, werden in diesem Haus komponiert. Auch die Vorbereitungen der Aufführungen finden oft im Händelschen Dining Room statt.
  • Finanziell ergeht es Georg Friedrich Händel zu dieser Zeit gut, das Geschäft mit seiner eigenen Musik blüht. So ist er etwa am Verkauf von Eintrittskarten und Noten beteiligt. Die Pension, die er vom englischen Königshaus erhält, macht nur etwa ein Viertel seines Einkommens aus.

Alessandro Scarlatti[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alessandro Scarlatti, der sich in den Jahren 1717 bis 1722 überwiegend in Rom aufgehalten und dort mehrere Opern für das Teatro Capranica komponiert hat, verbringt seinen Lebensabend in Neapel.
  • Scarlatti beginnt sein letztes Hauptwerk, eine Serenata für die Hochzeit des Prinzen von Stigliano, die durch seinen Tod im Oktober 1725 unvollendet bleiben wird.

Domenico Scarlatti[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Domenico Scarlatti ist seit 1719 in Lissabon Musiklehrer und Hofkapellmeister am Hofe des frommen und verschwendungssüchtigen Königs Johann V. Scarlatti hat hier vor allem geistliche Vokalwerke zu liefern und schreibt auch einige weltliche Serenatas. Er ist außerdem Cembalolehrer von Dom António (1695–1757), dem jüngeren Bruder des Königs, und der Prinzessin Maria Bárbara de Bragança, die sich als hochbegabt erweist.

Georg Philipp Telemann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Philipp Telemann ist seit 1721 Cantor Johannei und Director Musices der Stadt Hamburg, eines der angesehensten musikalischen Ämter Deutschlands. In seinem neuen Amt verpflichtet sich Telemann zur Komposition von zwei Kantaten wöchentlich und einer Passion pro Jahr, in späteren Jahren greift er allerdings bei seinen Kantaten auf frühere Werke zurück. Daneben komponiert er zahlreiche Musiken für private und öffentliche Anlässe, etwa für Gedenktage und Hochzeiten. Das Amt des Cantoris Johannei ist auch mit einer Tätigkeit als Musiklehrer des Johanneum verbunden; seinen Verpflichtungen zu außermusikalischem Unterricht kommt Telemann jedoch nicht selbst nach. Außerdem übernimmt er für ein Jahresgehalt von 300 Talern auch die Leitung der Hamburgischen Oper am Gänsemarkt und baut das bereits 1660 von Matthias Weckmann gegründete, aber mittlerweile nicht mehr konzertierende Collegium musicum neu auf.
  • Telemann übernimmt zusätzlich eine Stelle als Kapellmeister von Haus aus für den Hof des Markgrafen von Bayreuth. Dorthin liefert er von Zeit zu Zeit Instrumentalmusik sowie eine Oper jährlich. Telemanns Konzertveranstaltungen finden meist im Drillhaus, der Exerzierhalle der Hamburgischen Bürgerwehr, statt und sind aufgrund des hohen Eintrittspreises den höheren Klassen vorbehalten. Telemann liefert für seine Aufführungen – abgesehen von denen im Opernhaus – fast ausschließlich eigene Kompositionen.

Antonio Vivaldi[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere biografische Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • François Couperin muss sein Organistenamt in St-Gervais in Paris, das er seit 1685 innehatte, aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.
  • In London debütiert Francesca Cuzzoni am 12. Januar neben Senesino und Gaetano Berenstadt in Händels Ottone. Das Daily Journal berichtet, dass Cuzzoni „mit ihrem Gesang das zahlreich erschienene Publikum überraschte und von diesem bewundert wurde“. Bereits drei Tage später, zur zweiten Vorstellung des Händelschen Ottone ist die Popularität der Cuzzoni massiv gewachsen, dass die Eintrittskarten statt für eine halbe Guinea nunmehr für vier Guinea verkauft werden. Am 26. März sollen „einzelne Adlige (sogar) 50 Guinea für eine Eintrittskarte“ bezahlt haben, wodurch sie allein an diesem einen Abend Einnahmen in Höhe von 70 Pfund erzielt. Cuzzoni und Senesino sangen in diesem Jahr auch Hauptrollen in Caio Marzio Coriolano von Attilio Ariosti (23. März 1723), Erminia von Giovanni Bononcini (30. März 1723), Flavio von Händel (14. Mai 1723) und in Giovanni Bononcinis Farnace (30. November 1723).
  • Der jugendliche Farinelli tritt, wie es einer beliebten Tradition entspricht, zu Beginn seiner Karriere zunächst in Frauenrollen auf, im Karneval 1723 als Adelaide in Nicola Antonio Porporas Oper Adelaide.
Grafik aus dem Klebeband Nr. 15 der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek in Arolsen Costanza e fortezza, Oper von Johann Joseph Fux (Musik), Pietro Pariato (Libretto), uraufgeführt am 28. August 1723 in Prag zur Krönung Karl VI. zum König von Böhmen. Theaterarchitektur und Bühnenbilder von Giuseppe Galli da Bibiena. Motiv: Das eigens errichtete Theater in der Reitschule, Blick zur Bühne
  • Anlässlich der Krönung von Kaiser Karl VI. zum König von Böhmen wird die Oper Costanza e fortezza von Johann Joseph Fux aufgeführt (mit Ballettmusiken von Nicola Matteis dem Jüngeren). Zu den Musikern gehören auch Silvius Leopold Weiss, Johann Joachim Quantz und Carl Heinrich Graun, die extra nach Prag angereist sind, und auch in Jan Dismas Zelenkas Melodrame de Sancto Wenzeslao mitwirken. Von Zelenka werden bei der Gelegenheit auch mehrere Instrumentalwerke aufgeführt.[1]
  • Reinhard Keiser, der 1722 seine Ernennung zum königlich-dänischen Kapellmeister erhalten hat, lässt sich, nach mehreren Besuchen in seiner alten Wirkungsstätte Hamburg, endgültig in Kopenhagen nieder. Er schreibt weiterhin Opern für die Oper am Gänsemarkt, deren Spielplan er gemeinsam mit dem neuen Direktor Georg Philipp Telemann beherrscht.
  • Jean-Philippe Rameau beginnt eine Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Alexis Piron. Er komponiert seine ersten Bühnenmusiken zu vier von dessen Komödien. Keine dieser Kompositionen sind erhalten geblieben.
  • Gottfried Silbermann erhält am 30. Juni vom sächsischen Kurfürsten Friedrich August I., der zugleich polnischer König ist, das Privileg des königlichen „Hoff- und Land-Orgel-Bauers“. Lukrative Aufträge ins Ausland (Moskau, Petersburg, Kopenhagen, Prag) lehnt er prinzipiell ab und konzentriert sich auf ein Wirkungsfeld im Umkreis von etwa 35 Kilometern. Silbermann ist auch an der Weiterentwicklung im Instrumentenbau beteiligt. Über das von ihm, inspiriert von Regina Gertrud Schwarz (Ehefrau von Johann Ulrich von König), um 1720 erfundene „Clavessin d’amour“ oder „Cimbal d’amour“, ein großes Clavichord, lässt er 1723 einen Aufsatz mit einem Kupferstich drucken. Friedrich August I. erteilt ihm im gleichen Jahr das Privileg für dieses Instrument und gewährt eine 15-jährige Schutzfrist.
  • Pier Francesco Tosi lässt seine Gesangsschule Opinioni de’ cantori antichi, e moderni o sieno osservazioni sopra il canto figurato drucken und reist zu diesem Zweck nach Bologna. Diese wird in Europa große Verbreitung finden, was die spätere englische Übersetzung durch John Ernest Galliard (London 1742 oder 1743) und die deutsche durch Johann Friedrich Agricola (Berlin 1757) belegen.
  • Giuseppe Tartini und Antonio Vandini und treten in die Dienste des Grafen Kinsky in Prag.
  • Francesco Maria Veracini kehrt nach einer Zeit in Deutschland in seine Heimatstadt Florenz zurück, spielt Kirchenmusik und komponiert ein Oratorium. Während dieser Zeit macht er sich einen schlechten Ruf und erntet den Spitznamen eines „capo pazzo“ (Wirrkopfes).
  • Unico Wilhelm van Wassenaer heiratet Dodonea Lucia van Goslinga, eine friesische Aristokratin und Tochter von Sicco van Goslinga, mit der er drei Söhne haben wird.
  • Pietro Gnocchi wird Kapellmeister am Dom von Brescia.
  • Das Zimmermannsche Kaffeehaus von Gottfried Zimmermann in Leipzig beginnt eine Zusammenarbeit mit dem 1701 von Georg Philipp Telemann gegründeten Collegium Musicum, das im Saal des Kaffeehauses Konzerte aufführt. Von 1729 bis 1739 wird Johann Sebastian Bach das Collegium Musicum leiten und hier viele seiner weltlichen Kantaten und Instrumentalkompositionen vorstellen.

Uraufführungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bühnenwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Oratorium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Instrumentalmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Orchestermusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kammermusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jacques Aubert
    • Livres de sonates pour violon et B. c., Op. 3
  • Johann Sebastian Bach
    • 6 Sonaten („Trios“) für Violine und Cembalo obligato, BWV 1014–1019/1019a (komponiert 1717–23)[5][3]
Marin Marais – Sonnerie de Sainte-Geneviève du Mont de Paris, aufgeführt von New Comma Baroque
  • Marin MaraisLa gamme et autres morceaux de symphonie
    • La Gamme en forme d'un petit Opera
    • Sonata a la Maresienne
    • La Sonnerie de Ste. Genevieve du Mont de Paris

Violoncello solo[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johann Sebastian Bach
    • 6 Cellosuiten BWV 1007–1012 (komponiert 1717–23)[5]

Tastenmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cembalo[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johann Sebastian Bach[5]
    • Französische Suiten:
      • Französische Suite Nr. 2 (Fassung A) (BWV 813, komponiert um 1722–23)
      • Französische Suite Nr. 3 (BWV 814, komponiert um 1722–23)
      • Französische Suite Nr. 4 (BWV 815, komponiert um 1722–23)
    • Inventionen und Sinfonien:
      • zweistimmige Inventionen (BWV 772–786, komponiert 1720–23)
      • dreistimmige Sinfonien (BWV 787–801, komponiert 1720–23)

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johann Sebastian Bach – Fuge C-Dur (BWV 953, komponiert 1723–24)[5]

Vokalmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geistlich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sopranarie aus der Kantate Herr, gehe nicht ins Gericht (BWV 105)
  • Antonio Maria Bononcini – Stabat Mater
  • André Campra – De Profundis (Grand Motet)[6]
  • Georg Friedrich Händel
    • Te Deum / Queen Caroline Te Deum (HWV 280, komponiert 1714, revidiert 1723–24)[7]
  • Antonio Vivaldi
    • Motette Canta in prato (RV 623, komponiert 1723–24)
    • Motette O qui coeli terraeque (RV 631, komponiert 1723–24)
    • andere Motetten u. a., die nicht genau datiert werden können.[3]
  • Jan Dismas Zelenka – Missa Sancti Spiritus, D-Dur (ZWV 4, 1723)

Weltlich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johann Sebastian Bach
    • Kantate Lateinische Ode (BWV Anh. 20)
    • Kantate Murmelt nur, ihr heitern Bäche[5]
  • Louis-Antoine Dornel – Le tombeau de Clorinde. (Kantate) 172

Lehrwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pier Francesco Tosi – Opinioni de’ cantori antichi, e moderni o sieno osservazioni sopra il canto figurato (Bologna 1723)
  • Johann MatthesonCritica Musica. Pars 4. Selbstverlag (Hamburg 1723)
Orgel von Zacharias Hildebrandt in der Kreuzkirche in Störmthal

Instrumentenbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geboren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geburtsdatum gesichert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Genaues Geburtsdatum unbekannt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carlo Francesco Pollarolo

Gestorben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Portal: Musik – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Musik

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Musik 1723 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Opernlibretti 1723 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Els Moens: Booklettext zur CD: Jan Dismas Zelenka − Prague 1723, Il Fondamento, Paul Dombrecht, passacaille 9524, S. 16–18 (deutsche Übers. v. Dirk Ceelen), hier: S. 16–17
  2. Ercole sul Termodonte (Antonio Vivaldi) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  3. a b c d Antonio Vivaldi – Werke sortiert nach Entstehungszeit. In: Klassika.info. Abgerufen am 15. November 2018.
  4. Die genannten vier Werke von Zelenka sind mit 1723 datiert. Els Moens: Booklettext zur CD: Jan Dismas Zelenka − Prague 1723, Il Fondamento, Paul Dombrecht, passacaille 9524, S. 16–18 (deutsche Übers. v. Dirk Ceelen), hier: S. 17
  5. a b c d e f Johann Sebastian Bach – Werke sortiert nach Entstehungszeit. In: Klassika.info. Abgerufen am 15. November 2018.
  6. S. 5 im Booklet zur CD: André Campra -Messe et Motets, Le Concert spirituel, Hervé Niquet, Accord/musidisc, 1992/2000
  7. Georg Friedrich Händel – Werke sortiert nach Entstehungszeit. In: Klassik.info. Abgerufen am 15. November 2018.