Nicolaus Friedreich

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Nicolaus Friedreich

Nicolaus Friedreich, (normiert) auch Nikolaus Friedreich geschrieben (* 31. Juli 1825 in Würzburg; † 6. Juli 1882 in Heidelberg) war ein deutscher Pathologe, Internist und Neurologe sowie Hochschullehrer in Würzburg und Heidelberg.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicolaus Friedreich war der dritte berühmte Arzt seiner Familie. Sein Vater war der Würzburger Medizinprofessor und Gerichtsarzt Johann Baptist Friedreich (1796–1862),[1] sein Großvater der Pathologe Nicolaus Anton Friedreich (1761–1836),[2] der die Fazialislähmung (englisch Bell’s palsy) beschrieb.

Friedreich studierte in Würzburg an der Julius-Maximilians-Universität von 1844 bis 1850 Medizin, mit einer kurzen Unterbrechung von einem Semester 1847 in Heidelberg bei Jakob Henle. Im Jahre 1845 schloss er sich dem Corps Rhenania Würzburg an.[3] Der Hofrat Carl Friedrich von Marcus (1802–1862),[4] Albert Kölliker, Franz von Rinecker sowie Virchow waren seine wichtigsten Lehrer. Mit Carl Gegenbaur, einem Kommilitonen, war er befreundet. Beide verfassten im Jahre 1848 eine Arbeit Über den Schädel des Axolotl.

Nach seiner Promotion bei Kölliker im Jahre 1850 war er 1850/1851 bis 1852 als Zweiter Assistent (zusammen mit Carl Gegenbaur als Drittem Assistenten), 1851 auch als Assistent in der Psychiatrischen Klinik, und 1852/1853 (in Nachfolge von Christoph Klinger, welcher später Obermedizinalrat in München wurde, und als Vorgänger von Anton Biermer) als Erster Assistent des Medizinprofessors Marcus in der Medizinischen Klinik des Juliusspitals tätig.[5][6]

Unter der Patronage des Physiologen Albert von Kölliker und des Pathologen Rudolf Virchow habilitierte er sich dort 1853 für Spezielle Pathologie und Therapie.[7]

Als Rudolf Virchow 1856 Würzburg verließ und an die Charité in Berlin ging, wurde Friedreich kommissarischer Leiter der Würzburger Pathologie und 1857 außerordentlicher Professor für Pathologie und pathologische Anatomie. Nachdem August Förster 1858 zum Nachfolger von Virchow berufen worden war, wurde Friedreich ordentlicher Professor für Pathologie und Therapie sowie von 1858 bis 1882 Direktor der Medizinischen Klinik[8] an der Universität Heidelberg. Würzburg verließ er am 29. März 1858.

Zu Friedreichs Schülern gehörten Adolf Kussmaul, Wilhelm Erb, Richard von Krafft-Ebing und Friedrich Schultze. 1863 beschrieb er mit seiner Arbeit Über degenerative Atrophie der spinalen Hinterstränge eine Ataxie, die später Friedreich'sche Ataxie genannt wurde. Es gelang ihm, diese Erkrankung von der spinozerebellaren Heredoataxie zu unterscheiden. 1881 beschrieb Friedreich die multiplen Paralysen[9] und führte die Bezeichnung „Myoklonus“ in die Neurologie ein.[10] Im Jahr 1875 führte er die chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse auf Venenstauung, Sekretstauung und Alkoholabusus zurück.[11] Besondere Aufmerksamkeit widmete er auch den Herz- und Kreislaufkrankheiten.[12] Auf ihn geht auch das sogenannte „Friedreich-Zeichen“, ein kurzzeitiger steiler Abfall des Jugularvenenpulses bei Rechtsherzinsuffizienz oder Panzerherz, zurück.[13] Im Jahr 1880 wurde Friedreich zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[14] Friedreich war von ärztlicher Seite der Erbauer des alten Universitätsklinikums Heidelberg an der Voßstraße.[15] Er war Mitglied der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte.[16]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Friedreich war in der Medizinischen Abteilung der Universitätsklinik Heidelberg (Ludolf von Krehl Klinik) an der Bergheimer Straße eine Patientenstation benannt. Seit dem Umzug im Jahr 2004 in das Klinikgelände im Neuenheimer Feld erinnert eine Schautafel im Foyer der Medizinischen Universitätsklinik an Nicolaus Friedreich.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bericht über 33 im Juliushospitale abgelaufene Fälle von Abdominaltyphus. In: Verhandlungen der Würzburger Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft. Band 5, 1855, S. 271–331.
  • Ein neuer Fall von Leukämie. In: Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin. (Berlin) 1857, 12, S. 37–58.
  • Die Krankheiten der Nase, des Kehlkopfes, der Trachea, der Schild- und Thymusdrüse. In: Virchows Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. 1858.
  • Ein Beitrag zur Pathologie der Trichinenkrankheit beim Menschen. In: Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin. (Berlin) 1862, 25, S. 399–413.
  • Die Krankheiten des Herzens. In: Virchows Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. Erlangen 1854, Band 5, 1. Abteilung, S. 385–530; 2. Auflage, F. Enke, Erlangen 1867.
  • Ueber degenerative Atrophie der spinalen Hinterstränge. In: Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin. (Berlin), 1863, (A) 26: S. 391 und 433.
  • Ueber Ataxie mit besonderer berücksichtigung der hereditären Formen. In: Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin. (Berlin) 1863.
  • Die Heidelberger Baracken für Krigesepidemien während des Feldzuges 1870 und 1871. Heidelberg 1871.
  • Ueber progressive Muskelatrophie, über wahre und falsche Muskelatrophie. Berlin 1873.
  • Der acute Milztumor und seine Beziehungen zu den acuten Infektionskrankheiten (Volkmanns Sammlung klinischer Vorträge). Leipzig 1874.
  • Die Krankheiten des Pankreas. Leipzig 1875.
  • Paramyoklonus multiplex. In: Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie, und für klinische Medicin. (Berlin) 1881, 86, S. 421–430.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rudolf Virchow: Zur Erinnerung an Nicolaus Friedreich. In: Virchow’s Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie. Band 90, 1882, S. 212–220.
  • Julius PagelFriedreich, Nicolaus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 48, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 785 f.
  • Robert HerrlingerFriedreich, Nikolaus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 458 f. (Digitalisat).
  • Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803–1932. Hrsg. vom Rektorat der Ruprecht-Karls-Universität-Heidelberg. Springer, Berlin/Heidelberg/Tokio 2012, ISBN 978-3-642-70761-2.
  • Erich Kuhn: Nicolaus Friedreich. In: Wolfgang U. Eckart, Christoph Gradmann (Hrsg.): Ärztelexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 1995, S. 146.
  • Thomas Sauer, Ralf Vollmuth: Briefe von Mitgliedern der Würzburger Medizinischen Fakultät im Nachlaß Anton Rulands. Quellen zur Geschichte der Medizin im 19. Jahrhundert mit Kurzbiographien. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 9, 1991, S. 135–206, hier: S. 151.
  • Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg, Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 230–231, 774 und öfter.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nikolaus Friedreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Melchior Josef BandorfFriedreich, Johannes Baptista. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 400.
  2. August Hirsch: Friedreich, Nicolaus Anton. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 400 f.
  3. Kösener Korps-Listen 1910, 209/93
  4. Klaudia Tomasevic: Die medizinische Versorgung von Kindern Mitte des 19. Jahrhunderts am Beispiel von Würzburg. Würzburg, Januar (2002) Inaugural-Dissertation S. 47, online (PDF; 3,7 MB)
  5. Robert Herrlinger: Friedreich, Nikolaus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 458 f. (Digitalisat).
  6. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. 2001, S. 774, 780 und 830.
  7. Habilitationsschrift: Beiträge zur Lehre von den Geschwülsten innerhalb der Schädelhöhle
  8. Werner E. Gerabek: Friedreich, Nikolaus. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 440–441, hier: S. 440.
  9. Paul Girard: Geschichte der Neurologie. In: Illustrierte Geschichte der Medizin. (Jean-Charles Sournia, Jacques Poulet, Marcel Martiny: Histoire de la médicine, de la pharmacie, de l'art dentaire et de l'art vétérinaire. Hrsg. von Albin Michel-Laffont-Tchou und Mitarbeitern, Paris 1977–1980, 8 Bände) Deutsche Bearbeitung von Richard Toellner unter Mitarbeit von Wolfgang Eckart, Nelly Tsouyopoulos, Axel Hinrich Murken und Peter Hucklenbroich, 9 Bände, Salzburg 1980–1982; auch als Sonderauflage in sechs Bänden, ebenda 1986, Band 2 der Sonderauflage, S. 1149.
  10. Friedreich N.: Neuropathologische Beobachtung beim Paramyoklonus multiplex. In: Virchows Arch path Anat physiol klin Med. Band 86, 1881, S. 421–434.
  11. K. Zimmermann: Bauchspeicheldrüse. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 89–106, hier: S. 93.
  12. Erich Kuhn: Nikolaus Friedreich, in: Wolfgang U. Eckart und Christoph Gradmann: Ärzte Lexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart, 3. Auflage Springer Berlin Heidelberg 2006, S. 129–130, ISBN 978-3-540-29584-6 (Print), ISBN 978-3-540-29585-3 (Online). doi:10.1007/978-3-540-29585-3
  13. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. 2001, S. 231 (zitiert).
  14. Mitgliedseintrag von Nikolaus Anton Friedreich bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 7. September 2016.
  15. Wilhelm Doerr: Das Pathologische Institut, in: Gotthard Schettler (Hrsg.): Das Klinikum der Universität Heidelberg und seine Institute, Springer Verlag Heidelberg, Berlin 1986, S. 11. ISBN 3-540-16033-7
  16. Mitglieder der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte 1857