Nonnenroth

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Nonnenroth
Stadt Hungen
Koordinaten: 50° 31′ N, 8° 55′ OKoordinaten: 50° 31′ 12″ N, 8° 54′ 33″ O
Höhe: 185 (183–211) m ü. NHN
Fläche: 5,18 km²[1]
Einwohner: 742 (31. Dez. 2022) HW+NW[2]
Bevölkerungsdichte: 143 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 35410
Vorwahl: 06402
Evangelisch-reformierte Kirche Nonnenroth

Nonnenroth ist ein Stadtteil von Hungen im mittelhessischen Landkreis Gießen.

Geografische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nonnenroth liegt nördlich von Hungen. Durch den Ort verlaufen die Landesstraße 3007 sowie die Kreisstraßen 147, 148 und 149. Der Ort liegt auf der Südostseite eines Hügels im Übergang zwischen Vogelsberg und Wetterau. Unterhalb Nonnenroths fließt der Rothbach.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nonnenroth wurde erstmals 1271 im Verzeichnis der Falkensteiner Gerichte als Lunrode urkundlich erwähnt. Die Schreibweise des Ortsnamens änderte sich über die Jahrhunderte mehrfach, die aktuelle Version ist seit 1798 gebräuchlich. Das Dorf gehörte früher zur „Hersfeldschen Mark“. Auf einer Bergkuppe wurde das heutige Wahrzeichen, eine Wehrkirche errichtet, deren Glockenturm in den Kirchenneubau integriert wurde. Im Laufe der Jahrhunderte brannte die Kirche dreimal durch Blitzschlag ab. Sie wurde im Jahre 2011 umfassend restauriert. Weiteres Wahrzeichen ist das Steinerne Kreuz, dessen genauer Ursprung unbekannt ist, jedoch bereits vor 1600 auf einer Basaltkuppe errichtet wurde.

Im Jahre 1600 besaß das Dorf rund 60 Wohnhäuser, ein Backhaus und eine Brauerei und war durch einen Dorfwall gesichert. Der Dreißigjährige Krieg sorgte auch hier für große Schäden. 1621 wurde das Dorf erstmals geplündert. Im Verlauf des Krieges quartierten sich spanische, schwedische, bayerische, französische und hessische Truppen hier ein. Fast alle Wohnhäuser wurden zerstört, die Landwirtschaft kam fast zum Erliegen. Erst 1698 wies Nonnenroth wieder einen Bestand von 22 Häusern auf.

Bereits 1900 existierte eine dorfinterne Wasserleitung. Im Jahre 1906 wurde das Dorf an die Fernwasserleitung zwischen Lauter und Bad Nauheim angeschlossen.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Zum 31. Dezember 1971 erfolgte im Zuge der Gebietsreform in Hessen die freiwillige Eingliederung der Gemeinde Nonnenroth in die nahegelegene Kleinstadt Hungen.[3][4] Für Nonnenroth wurde, wie für alle Stadtteile, ein Ortsbezirk eingerichtet.[5]

Verwaltungsgeschichte im Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Nonnenroth angehört(e): [1][6][7]

Gerichte seit 1803[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Nonnenroth ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Braunfels“ in Hungen zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. Ab 1822 ließen die Fürsten Solms-Braunfels ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Hungen“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Nonnenroth zuständig war. Auch auf sein Recht auf die zweite Instanz, die durch die Justizkanzlei in Hungen ausgeübt wurde verzichtete der Fürst 1823.[12] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[13]

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Hungen“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[14]

Am 1. Juni 1934 wurde das Amtsgericht Hungen aufgelöst und Nonnenroth dem Amtsgericht Laubach zugeteilt.[15] Am 1. Juli 1968 erfolgte auch die Auflösung des Amtsgerichts Laubach und die Zuteilung Nonnenroths zum Amtsgericht Gießen.[16]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Nonnenroth 711 Einwohner. Darunter waren 18 (2,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 105 Einwohner unter 18 Jahren, 285 zwischen 18 und 49, 192 zwischen 50 und 64 und 129 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 294 Haushalten. Davon waren 66 Singlehaushalte, 96 Paare ohne Kinder und 105 Paare mit Kindern, sowie 24 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 57 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 201 Haushaltungen lebten keine Senioren.[17]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nonnenroth: Einwohnerzahlen von 1830 bis 2020
Jahr  Einwohner
1830
  
414
1834
  
359
1840
  
382
1846
  
412
1852
  
382
1858
  
399
1864
  
383
1871
  
357
1875
  
376
1885
  
350
1895
  
364
1905
  
354
1910
  
356
1925
  
318
1939
  
314
1946
  
514
1950
  
512
1956
  
420
1961
  
430
1967
  
483
1971
  
505
1987
  
561
1991
  
663
2000
  
770
2005
  
765
2011
  
711
2015
  
686
2020
  
683
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; nach 1970: Stadt Hungen[18]; Zensus 2011[17]

Historische Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1830: 414 evangelische Einwohner[1]
• 1961: 349 evangelische, 77 katholische Einwohner[1]

Historische Erwerbstätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1961: Erwerbspersonen: 123 Land- und Forstwirtschaft, 77 Prod. Gewerbe, 22 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 15 Dienstleistung und Sonstiges.[1]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für den Stadtteil Nonnenroth besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Nonnenroth) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[5] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 54,48 %. Dabei wurden gewählt: Je ein Mitglied der SPD, des Bündnis 90/Die Grünen und der „Freien Wähler Hungen“ (FW), sowie zwei Mitglieder der CDU.[19] Der Ortsbeirat wählte Werner Leipold (SPD) zum Ortsvorsteher.[20]

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem 1. Mai 2018 bietet das Dorf mit der Schäferwagenherberge eine naturnahe besondere Übernachtungsmöglichkeit in 6 nach historischen Vorbildern gestalteten Schäferwagen. Direkt am „Lutherweg 1521“ gelegen, punktet Nonnenroth zudem mit 3 aus Eiche geschnitzten drei Meter hohen Skulpturen, die Martin Luther, Johannes Calvin sowie den „Post-modernen Menschen“ darstellen. Schnitzkünstler aus Belarus realisierten die Kunstwerke im Jahr 2016. Seit 1992 unterhält die evangelische Kirchengemeinde lebhafte Kontakte in das von der Tschernobylkatastrophe besonders betroffene Land.

Regelmäßige Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Traditionell wird an Christi Himmelfahrt das Dorffest im Ortskern gefeiert, was zum Feiertag von zahlreichen Gästen aus nah und fern mit Fahrrad und zu Fuß besucht wird. Weitere Bräuche sind das Aufstellen des Narrenbaums sowie des Maibaums.

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dolles Dorf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nonnenroth erreichte im Jahr 2013 das Finale des jährlich vom Hessischen Rundfunk ausgetragenen Wettbewerbs Dolles Dorf. Bei dem in Kassel stattfindenden Finale siegte Walsdorf, weitere Finalisten waren die Dörfer Röhrenfurth und Neukirchen[21].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nonnenroth – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  3. Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Hungen des Fürsten Solms-Braunfels.
  4. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Hungen; 1822 gingen die Rechte des „standesherrlichen Amts Hungen“ an das Landgericht über, wo sie im Namen der Standesherren ausgeübt wurden) und Verwaltung.
  5. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs. Infolge des Deutschen Krieges wurde die Provinz Oberhessen dort zwangsweise Mitglied.
  6. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Oberhessen aufgelöst.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  8. Am 31. Dezember 1971 als Ortsbezirk zur Stadt Hungen.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Nonnenroth, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Einwohnerzahlen inkl. Nebenwohnsitze. In: Internetauftritt. Stadt Hungen, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Februar 2019; abgerufen im März 2024.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hungen.de
  3. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 299.
  4. Butteron, Ernst: Liebe Heimat Nonnenroth. 1976
  5. a b Hauptsatzung der Stadt Hungen (2. Änderung). Abgerufen im März 2024.
  6. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 21 f., 438 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 424 (online bei Google Books).
  10. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 135 (online bei Google Books).
  11. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  12. Theodor Hartleben (Hrsg.): Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Band 2, Teil 1. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S. 271 (online bei Google Books).
  13. Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
  14. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  15. Verordnung über die Umbildung von Amtsgerichtsbezirken vom 11. April 1934. In: Der Hessische Staatsminister (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1934 Nr. 10, S. 63 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 13,6 MB]).
  16. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 c) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  17. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 6 und 46, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  18. Einwohner mit Nebenwohnsitzen: 1999–2007; 1971–2015 2020
  19. Ortsbeiratswahl Ortsbezirk Nonnenroth. In: Votemanager. Stadt Hungen, abgerufen im März 2024.
  20. Ortsbeirat Nonnenroth. In: Ratsinformationssystem. Stadt Hungen, abgerufen im März 2024.
  21. Walsdorf ist dolles Dorf 2013, abgerufen am 20. Juni 2019