Obere Grasstraße 1

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Das Wohnhaus im Mai 2011

Die Obere Grasstraße 1, auch Uhrmacherhäusl,[1] war ein Wohnhaus in München-Obergiesing. Das Bauwerk ist[2] unter der Denkmalnummer D-1-62-000-4866 als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen.[2] Das Gebäude wurde im September 2017 illegal abgerissen, was ein großes mediales Echo erzeugte.[3][4][5] Zuvor hatte das Gebäude zwei Jahre leer gestanden.[6]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gebäude stand östlich der Heilig-Kreuz-Kirche in der Oberen Grasstraße in der Feldmüllersiedlung, einem Wohngebiet aus Kleinhäusern, die zwischen 1830 und 1860 erbaut wurden. Die Siedlung ist als Ensemble ebenfalls denkmalgeschützt.[7] Das Wohnhaus stand auf einer Höhe von 535 Metern über NHN.[8]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ehemalige Handwerkerhaus war eine zusammengesetzte Baugruppe bestehend aus einem erdgeschossigen, verputzten Massivbau mit Satteldach im Norden und einem zweigeschossigen, verputzten Massivbau mit Satteldach und großer Schleppgaube. Im Kern wurde das Gebäude um 1840/45 errichtet und nach der Kriegszerstörung 1944 wiederaufgebaut.[2]

Abriss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zustand des Gebäudes nach dem Abbruch

Am 1. September 2017 wurde das Gebäude von der CSH Baubetreuung GmbH illegal abgerissen.[9] Am Tag zuvor hatte der Abriss durch die von Anwohnern informierte Polizei noch verhindert werden können.[6][10][11]

Rechtsstreit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegen den Hausbesitzer wurde ein Bußgeldverfahren eröffnet, bei dem geprüft wird, ob der Abriss eine Straftat darstellt. Des Weiteren verfügte die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt, er habe das Uhrmacherhäusl innerhalb von zwei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung unter Berücksichtigung der bisherigen Kubatur und Form sowie unter Erhalt der vorhandenen Giebelwände und der Keller wiederherzustellen. Gegen den Bescheid dieser Verfügung legte er Klage ein.[12] Nachdem das Verwaltungsgericht München den Bescheid am 16. Juli 2019 zunächst wegen eines Formfehlers als rechtswidrig einstufte,[13] bestätigte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am 30. Juli 2021 im Wesentlichen die Rechtsauffassung der Stadt.[14]

Außerdem wurde der Eigentümer vom Amtsgericht München im Juli 2022 wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung und Nötigung zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen à 530 Euro (132.500 Euro) verurteilt. Der Bauunternehmer wurde wegen Beihilfe zu gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu 110 Tagessätzen à 40 Euro (4.400 Euro) verurteilt.[15] Beide legten daraufhin Berufung ein. Im November 2023 wurde der Berufungsprozess gegen den Eigentümer gegen Zahlung einer Geldauflage (100.000 Euro zugunsten der Stiftung Denkmalschutz und der Staatskasse) eingestellt. Der Bauunternehmer nahm seine Berufung zurück. Unabhängig von der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens bestätigte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Berufungsurteil jedoch überwiegend die Anordnung der Landeshauptstadt zur Wiederherstellung des Uhrmacherhäusls.[16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Obere Grasstraße 1 (München) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Was dem Bauherrn nach dem illegalen Abriss in Giesing droht. In: Süddeutsche Zeitung. 5. September 2017.
  2. a b c Ehem. Handwerkerhaus, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (PDF, abgerufen am 5. September 2017).
  3. Steffi Wagner: Wilder Westen in Giesing: Illegaler Abriss von Baudenkmal erhitzt die Gemüter. In: br.de. Bayerischer Rundfunk, 4. September 2017, abgerufen am 6. September 2017.
  4. Hubert Grundner: Baufirma zerstört ein Stück vom alten Giesing. In: Süddeutsche Zeitung. 3. September 2017, abgerufen am 3. September 2017.
  5. OB Reiter: Abriss des Handwerkerhauses in Giesing „ein Skandal“. In: tz.de. 4. September 2017. Abgerufen am 5. September 2017.
  6. a b Denkmalgeschütztes Haus in München plattgemacht (Memento vom 21. Januar 2018 im Internet Archive). In: br.de. Bayerischer Rundfunk, 4. September 2017. .
  7. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege(Hrsg.): Bayerischer Denkmalatlas, Aktennummer E-1-62-000-12.
  8. Topographische Karten, Bayerisches Vermessungsamt (BayernAtlas).
  9. Stefanie Wagner: Illegaler Abriss in Obergiesing: Alles nur "ein Unfall" |. Bayerischer Rundfunk, archiviert vom Original am 22. Juni 2018;.
  10. Widerrechtlicher Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudes in Giesing. Rathaus Umschau – Referat für Stadtplanung und Bauordnung, 4. September 2017, abgerufen am 17. September 2017.
  11. Abriss der Geschichte in: FAZ vom 24. Januar 2018, Seite 11
  12. Caroline Wörmann, Sascha Karowski, Klaus Vick: Streit um Uhrmacherhäusl: Jetzt zieht der Eigentümer vor Gericht. In: www.merkur.de. 9. Mai 2018, abgerufen am 11. Mai 2018.
  13. Stephan Handel: Stadt verliert Prozess um Uhrmacherhäusl. In: www.sueddeutsche.de. 16. Juli 2019, abgerufen am 16. Juli 2019.
  14. Stephan Handel: Uhrmacherhäusl in Giesing wird wohl wieder aufgebaut. In: www.sueddeutsche.de. 30. Juli 2021, abgerufen am 31. Juli 2021.
  15. 132.500 Euro Geldstrafe für illegalen Abriss des Uhrmacherhäusls. In: www.br.de. 29. Juli 2022, abgerufen am 30. Juli 2022.
  16. Illegal abgerissenes Uhrmacherhäusl: Prozess eingestellt. In: Süddeutsche Zeitung. 17. November 2023. Abgerufen am 17. November 2023.

Koordinaten: 48° 7′ 0″ N, 11° 34′ 50″ O