Octadecabacter

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Octadecabacter
Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Proteobacteria
Klasse: Alphaproteobacteria
Ordnung: Rhodobacterales
Familie: Roseobacteraceae
Gattung: Octadecabacter
Wissenschaftlicher Name
Octadecabacter
Gosink et al 1998

Octadecabacter ist eine Gattung von Bakterien. Einige Arten von Octadecabacter wurden aus polarem Meereis isoliert und zeigen dementsprechend Wachstum bei niedrigen Temperaturen, so wächst die Art Octadecabacter arcticus ausschließlich bei Temperaturen zwischen 4 und 10 °C.

Merkmale und Stoffwechsel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Arten von Octadecabacter sind aerob, d. h. sie sind auf Sauerstoff angewiesen. Der Stoffwechsel ist die Atmung mit Sauerstoff als terminalem Elektronenakzeptor.[1] Es sind auch mikroaerophile Stämme vorhanden, hier erfolgt Wachstum nur unter geringen Sauerstoffkonzentrationen. Bakteriochlorophylle werden nicht gebildet.[1]

Bei der Mehrheit der Arten findet keine Nitratreduktion statt, eine Ausnahme ist z. B. Octadecabacter temperatus.[2] Diese Art ist auch polar begeißelt. Andere Arten, wie Octadecabacter antarcticus, O. arcticus, O. ponticola und O. ascidiaceicola sind hingegen nicht begeißelt.[3] Octadecabacter-Stämme produzieren Gasvesikel. Die Rolle der Gasbläschen dieser Gattung ist unbekannt.[1]

Das dominierende Chinon ist Ubichinon-10.[3][4]

Bei Octadecabacter arcticus und O. antarcticus wurde ein neues Enzym der Xanthorhodopsin-Gruppe gefunden. Das Enzym funktioniert als lichtgesteuerte Protonenpumpe.[5] Es nutzt die Sonnenenergie um Protonen von dem Zellinneren nach außen zu transportieren. Der hierbei entstehende H+-Konzentrationsunterschied wird genutzt, um ATP zu bilden. Es handelt sich um eine spezielle Form der Phototrophie. Das Enzym von Octadecabacter unterscheidet sich von den bisher bekannten Xanthorhodopsin-Arten. Aufgrund dessen wurde die Gruppe der Xanthorhodopsine in zwei Untergruppen aufgeteilt, Gruppe I und II.[6] Das bei Octadecabater gefundene Xanthorhodopsin wurde zu der neu aufgestellten Gruppe II gestellt. Bakterien, die Xanthorhodopsine der Gruppe I bilden, kommen hauptsächlich in Orten mit hohen Temperaturen vor. Arten der Gruppe II wiederum eher in Gebieten mit niedrigen Temperaturen, wie Antarktis und Arktis und hier auch innerhalb von Eis, wie z. B. Octadecabacter arcticus und O. antarcticus.

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Octadecabacter zählt zu der Familie der Roseobacteraceae innerhalb der Alphaproteobakterien (Stand Februar 2024). Zuvor wurde sie der Familie Rhodobacteraceae zugeordnet. Die Familie Roseobacteraceae wurde 2021 aufgrund genetischer Analysen neu erstellt, um Arten, die der Gattung Roseobacter phylogenetisch am nächsten stehen, innerhalb dieser neuen Familie zu vereinigen.[7] Die nun zu den Roseobacteraceae gestellten Bakterien findet man in der Literatur auch unter den zuvor etablierten Namen Roseobacter-clade. Die restlichen Arten innerhalb der Rhodobacteraceae wurden schließlich im Jahr 2022 aufgrund weiterer Untersuchungen zu der Familie Paracoccaceae gestellt und die ursprüngliche Familie Rhodobacteraceae aufgelöst.[8] Die Arten der Roseobacteraceae sind den Stoffwechsel betreffend sehr vielfältig.[9] Es sind photoheterotrophe und chemoheterotrophe Arten vorhanden. Viele sind marinen Ursprungs. Der Abbau von Dimethylsulfoniopropionat, entweder durch Demethylierung oder Spaltung oder auch durch beides, ist eine gemeinsame Fähigkeit der Arten.[9]

Die zuerst beschriebenen Arten der Gattung Octadecabacter sind Octadecabacter arcticus und O. antarcticus. Sie wurden 1998 von John J. Gosink und Mitarbeitern aus Eis der Arktik bzw. der Antarktik isoliert.[10]

Der Name Octadecabacter weist auf die Octadecensäure (C18:1) hin, dies ist eine für die Gattung typische Fettsäure.

Es folgt eine Liste von einigen Arten der Octadecabacter:[11]

Die zuerst als Octadecabacter jejudonensis beschrieben Art wurde im Jahr 2015 aufgrund weiterer Untersuchungen zu der neu aufgestellten Gattung Pseudooctadecabacter jejudonensis gestellt.

Stämme der Gattung Octadecabacter lassen sich von den verwandten Gattungen Roseobacter und Sulfitobacter anhand der Fettsäurezusammensetzung, der fehlenden Pigmentierung, des Fehlens von Bakteriochlorophyll a und der Gasbläschen unterscheiden.[1]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Octadecabacter wird aufgrund phylogenetischer Merkmale zu den sogenannten Roseobacter-clade gestellt.[6] Die Mitglieder dieser Gruppe sind in den Weltmeeren weit verbreitet. Es wurde gezeigt, dass Mitglieder der Roseobacter-Gruppe teilweise bis zu 22 % der im freien Meereswasser vorkommenden (pelagischen) Bakterien in der Nordsee ausmachen können.[2] Die verschiedenen Arten sind im Meer an unterschiedliche Ökosysteme angepasst, z. B. kommen sie frei im Meer, in Biofilmen oder auch in Verbindung mit anderen Organismen vor.[6] Auch die Arten der Gattung Octadecabacter wurden jeweils von unterschiedlichen Ökosystemen isoliert. Die Art Octadecabacter ascidiaceicola wurde von einer Seescheide (Halocynthia roretzi) im Meer bei Südkorea isoliert.[12] Hierauf weist der Artname O. ascidiaceicola hin, der wissenschaftliche Name der Seescheiden ist Ascidiceae. Octadecabacter algicola und O. dasysiphoniae wurden von Rotalgen isoliert.[13] Octadecabacter temperatus wurde aus dem Oberflächenwasser der südlichen Nordsee isoliert.

Stämme von Octadecabacter wurden auch von der Braunalgengattung Sargassum isoliert. Die isolierten Stämme produzieren spezielle Enzyme der Gruppe Lyasen. Diese Enzyme dienen dazu, Alginat, einen Bestandteil der Zellwand von Braunalgen, aufzulösen und für das Wachstum zu nutzen.[14]

Einige Stämme sind psychrophil, d. h. sie zeigen Wachstum bei relativ niedrigen Temperaturen. So zeigt Octadecabacter arctica Wachstum bei 4–15 °C, Octadecabacter temperatus bei Temperaturen zwischen 4 und 25 °C. Die Arten O. arctica und O. antarctica wurden von Meereseis isoliert.[1]

Verschiedene Stämme der Roseobacter-Gruppe gehörten zu den ersten isolierten aeroben Bakterien, die auf Dimethylsulfoniopropionat (DMSP) wachsen. Auch bei Octadecabacter-Stämmen wurden Gene isoliert, die hierbei eine Rolle spielen[15][16] DMSP ist eine organische Schwefelverbindung, die in den Ozeanen vorkommt und eine wichtige Rolle im globalen Schwefelkreislauf spielt. DMSP wird hauptsächlich von Algen gebildet. Bakterien können aus DMSP das Dimethylsulfid (DMS) bilden, welches wichtig für die Wolkenbildung ist.[15]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e John J. Gosink: Octadecabacter In: Bergey's Manual of Systematics of Archaea and Bacteria. 1. Auflage. Wiley, 2015, ISBN 978-1-118-96060-8, doi:10.1002/9781118960608.gbm00859 (wiley.com [abgerufen am 11. Februar 2024]).
  2. a b Sara Billerbeck, Julia Orchard, Brian J. Tindall, Helge-Ansgar Giebel, Thorsten Brinkhoff, Meinhard Simon: Description of Octadecabacter temperatus sp. nov., isolated from the southern North Sea, emended descriptions of the genus Octadecabacter and its species and reclassification of Octadecabacter jejudonensis Park and Yoon 2014 as Pseudooctadecabacter jejudonensis gen. nov., comb. nov. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. Band 65, Pt_6, 1. Juni 2015, ISSN 1466-5026, S. 1967–1974, doi:10.1099/ijs.0.000205 (microbiologyresearch.org [abgerufen am 24. Februar 2024]).
  3. a b Sooyeon Park, Sun Young Yoon, Yong-Taek Jung, Jung-Hoon Yoon: Octadecabacter ponticola sp. nov., isolated from seawater. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. Band 66, Nr. 10, 1. Oktober 2016, ISSN 1466-5026, S. 4179–4184, doi:10.1099/ijsem.0.001332 (microbiologyresearch.org [abgerufen am 27. Februar 2024]).
  4. Myeong Seo Jin, Kyung Hyun Kim, Ju Hye Baek, Jeong Min Kim, Che Ok Jeon: Octadecabacter algicola sp. nov. and Octadecabacter dasysiphoniae sp. nov., isolated from a marine red alga and emended description of the genus Octadecabacter. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. Band 73, Nr. 1, 4. Januar 2023, ISSN 1466-5026, doi:10.1099/ijsem.0.005664 (microbiologyresearch.org [abgerufen am 27. Februar 2024]).
  5. John Vollmers, Sonja Voget, Sascha Dietrich, Kathleen Gollnow, Maike Smits, Katja Meyer, Thorsten Brinkhoff, Meinhard Simon, Rolf Daniel: Poles Apart: Arctic and Antarctic Octadecabacter strains Share High Genome Plasticity and a New Type of Xanthorhodopsin. In: PLoS ONE. Band 8, Nr. 5, 6. Mai 2013, ISSN 1932-6203, S. e63422, doi:10.1371/journal.pone.0063422, PMID 23671678, PMC 3646047 (freier Volltext) – (plos.org [abgerufen am 24. Februar 2024]).
  6. a b c Sonja Voget, Markus Göker, Thorsten Brinkhoff: Genomik: Grundlage zum Verständnis des Erfolgs von Roseobacter-Gruppe. In: BIOspektrum. Band 20, Nr. 3, Mai 2014, ISSN 0947-0867, S. 279–282, doi:10.1007/s12268-014-0441-2 (springer.com [abgerufen am 25. Februar 2024]).
  7. Kevin Y. H. Liang, Fabini D. Orata, Yann F. Boucher, Rebecca J. Case: Roseobacters in a Sea of Poly- and Paraphyly: Whole Genome-Based Taxonomy of the Family Rhodobacteraceae and the Proposal for the Split of the “Roseobacter Clade” Into a Novel Family, Roseobacteraceae fam. nov. In: Frontiers in Microbiology. Band 12, 25. Juni 2021, ISSN 1664-302X, doi:10.3389/fmicb.2021.683109, PMID 34248901, PMC 8267831 (freier Volltext) – (frontiersin.org [abgerufen am 26. Februar 2024]).
  8. Markus Göker: Filling the gaps: missing taxon names at the ranks of class, order and family. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. Band 72, Nr. 12, 14. Dezember 2022, ISSN 1466-5026, doi:10.1099/ijsem.0.005638 (microbiologyresearch.org [abgerufen am 26. Februar 2024]).
  9. a b Haiwei Luo, Mary Ann Moran: Evolutionary Ecology of the Marine Roseobacter Clade. In: Microbiology and Molecular Biology Reviews. Band 78, Nr. 4, Dezember 2014, ISSN 1092-2172, S. 573–587, doi:10.1128/MMBR.00020-14, PMID 25428935, PMC 4248658 (freier Volltext) – (asm.org [abgerufen am 25. Februar 2024]).
  10. J.J. Gosink, R.P. Herwig, J.T. Staley: Octadecabacter arcticus gen. nov., sp. nov., and O. antarcticus, sp. nov., Nonpigmented, Psychrophilic Gas Vacuolate Bacteria from Polar Sea Ice and Water. In: Systematic and Applied Microbiology. Band 20, Nr. 3, August 1997, S. 356–365, doi:10.1016/S0723-2020(97)80003-3 (elsevier.com [abgerufen am 24. Februar 2024]).
  11. LPSN - Octadecabacter (Stand 25. Februar 2024)
  12. Young-Ok Kim, In-Suk Park, Sooyeon Park, Bo-Hye Nam, Ji-Min Park, Dong-Gyun Kim, Jung-Hoon Yoon: Octadecabacter ascidiaceicola sp. nov., isolated from a sea squirt (Halocynthia roretzi). In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. Band 66, Nr. 1, 1. Januar 2016, ISSN 1466-5026, S. 296–301, doi:10.1099/ijsem.0.000715 (microbiologyresearch.org [abgerufen am 11. Februar 2024]).
  13. Myeong Seo Jin, Kyung Hyun Kim, Ju Hye Baek, Jeong Min Kim, Che Ok Jeon: Octadecabacter algicola sp. nov. and Octadecabacter dasysiphoniae sp. nov., isolated from a marine red alga and emended description of the genus Octadecabacter. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. Band 73, Nr. 1, 4. Januar 2023, ISSN 1466-5026, doi:10.1099/ijsem.0.005664 (microbiologyresearch.org [abgerufen am 24. Februar 2024]).
  14. Menglin Bao, Ji-Sook Park, Hailong Wu, Hyuk Je Lee, Sang Rul Park, Tae-Hoon Kim, Young Baek Son, Tae Hee Lee, Charles Yarish, Jang K. Kim: A comparison of physiological responses between attached and pelagic populations of Sargassum horneri under nutrient and light limitation. In: Marine Environmental Research. Band 173, Januar 2022, S. 105544, doi:10.1016/j.marenvres.2021.105544 (elsevier.com [abgerufen am 24. Februar 2024]).
  15. a b Yin-Xin Zeng, Zong-Yun Qiao: Diversity of Dimethylsulfoniopropionate Degradation Genes Reveals the Significance of Marine Roseobacter Clade in Sulfur Metabolism in Coastal Areas of Antarctic Maxwell Bay. In: Current Microbiology. Band 76, Nr. 9, September 2019, ISSN 0343-8651, S. 967–974, doi:10.1007/s00284-019-01709-5 (springer.com [abgerufen am 28. Februar 2024]).
  16. Irene Wagner-Döbler, Hanno Biebl: Environmental Biology of the Marine Roseobacter Lineage. In: Annual Review of Microbiology. Band 60, Nr. 1, 1. Oktober 2006, ISSN 0066-4227, S. 255–280, doi:10.1146/annurev.micro.60.080805.142115 (annualreviews.org [abgerufen am 27. Februar 2024]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]