Oxicame

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Piroxicam, erster Vertreter
Meloxicam, erstes Oxicam mit selektiver COX-2 Wirkung
Lornoxicam (Chlor-Tenoxicam)

Oxicame sind eine Gruppe von Stoffen, die in der Medizin als Nichtopioid-Analgetika eingesetzt werden. Sie wirken wie viele andere Nichtsteroidale Antirheumatika als unselektive, reversible Hemmer der Cyclooxygenase. Je nach Wirkstoff zeigen sie aber eine leichte Präferenz gegenüber der Cyclooxygenase-2, wie im Fall von Meloxicam.[1] Im Unterschied zu anderen NSAR haben die meisten Oxicame eine relativ lange Wirkungsdauer. Durch gezielte Chlorsubstitution und die dadurch schnellere Hydroxylierung in Paraposition konnte mit Lornoxicam eine kürzere Halbwertszeit erreicht werden. Oxicamen werden schmerzlindernde, fiebersenkende, antiexsudative und entzündungshemmende Effekte zugeschrieben.

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Anatomisch-Therapeutisch-Chemischen Klassifikationssystem sind oder waren unter M01AC folgende Oxicame gelistet:[2]

  1. Piroxicam
  2. Tenoxicam
  3. Isoxicam – 1983 eingeführt, 1985 vom Markt genommen.[3]
  4. Droxicam
  5. Lornoxicam
  6. Meloxicam

Cinnoxicam ist ein anderer Name für Piroxicam Cinnamat. Sudoxicam wurde aufgrund seiner hepatoxischen Wirkungen medizinisch nicht weiter verfolgt.[4] Ampiroxicam, Droxicam und Pivoxicam sind Prodrugs von Piroxicam. Enolicam ist den Oxicamen strukturverwandt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Projekt hinter der Entwicklung dieser Stoffgruppe begann 1962 mit Joseph G. Lombardino und John A. Lowe bei Pfizer und führte 1980 zu den ersten Marktzulassungen. Ziel war ein neuer antirheumatischer Wirkstoff längerer Wirkdauer, weshalb abseits der verbreiteten Carboxylsäuren gesucht wurde. Er sollte entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen und bei chronischen Leiden längerfristig sicher gegeben werden können. 1977 wurden Ergebnisse klinischer Studien zum ersten Oxicam veröffentlicht, das später den Namen Piroxicam bekam. Ab 1980 wurde es von der FDA als "Felden" zugelassen. Die wichtigsten Patente für dessen Herstellung sind 1993 abgelaufen.[5] Ab 1993 folgte Lornoxicam als erstes Oxicam mit einer Plasmahalbwertszeit von etwa 4 Stunden,[6] 1996 das COX-2 selektivere Meloxicam.[7]

Tenoxicam und Lornoxicam wurden von Hoffmann-La Roche angemeldet, Droxicam von Provesan SA, Meloxicam durch Boehringer Ingelheim.[8][9]

Isoxicam wurde ab 1983 als "Pacyl" oder "Vectren" vermarktet, aber nach Todesfällen in Frankreich im Oktober 1985 wieder vom Markt genommen.[3][10] Die Zulassung von Droxicam wurde 1994 suspendiert.[11]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Keto-Enol-Tautomere von Piroxicam

Oxicame werden wegen ihres sauren Strukturelementes auch als „Enolsäuren“ bezeichnet, ihre physikochemischen Eigenschaften können abhängig von der Mikroumgebung abweichen.[12]

Sie liegen unter Standardbedingungen als blass-gelbe bis orange Feststoffe vor. Die Keto-Enol-Tautomerie wird hier am Beispiel Piroxicam gezeigt.[13]

Pharmakologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirkungsmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Wirkungsmechanismus besteht wie bei anderen NSAR in der Hemmung der Cyclooxygenasen und Minderung der Thrombozytenaggregation. Die einzelnen Oxicame unterscheiden sich hinsichtlich der Stärke ihrer Präferenz für Cyclooxygenase-2.[14]

Pharmakokinetik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verstoffwechslung dieser Wirkstoffgruppe erfolgt hauptsächlich in der Leber über Cytochrom P450 2C9. Die Bioverfügbarkeit liegt über 89 % (Meloxicam) und kann wie bei Piroxicam und Tenoxicam absolut sein. Die Wirkung stellt sich bei oraler Gabe meist binnen der ersten zwei Stunden ein. Mit Ausnahme von Lornoxicam und Meloxicam betragen die Plasmahalbwertszeiten über 48 Stunden, weshalb ein Fließgleichgewicht erst im Verlauf der ersten Tage oder Wochen bei zunehmender Wirkung erreicht wird.

Oxicame können die Plazenta-Barriere durchqueren und in der Muttermilch auftreten.[15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfgang Löscher: Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. Hrsg.: Fritz Rupert Ungemach. 7. Auflage. Parey, Stuttgart 2006, ISBN 3-8304-4160-6, S. 377.
  • Joseph G. Lombardino, John A. Lowe: The role of the medicinal chemist in drug discovery — then and now. In: Nature Reviews Drug Discovery. 3. Jahrgang, 2004, doi:10.1038/nrd1523 (nature.com).
  • ARZNEIMITTEL: Rote Hand. In: Der Spiegel. Nr. 43, 1985 (online).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Oxicame – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mutschler, Ernst: Mutschler Arzneimittelwirkungen. Pharmakologie, klinische Pharmakologie, Toxikologie. 10. Auflage. Stuttgart. 2013.
  2. M01AC im ATC/DDD, abgerufen im Februar 2016.
  3. a b Consolidated List of products whose consumption and/or sale have been banned, withdrawn, severely restricted or not approved by Governments, United Nations, 2003, p. 123 (Edition 2005) (englisch), abgerufen am 16. Februar 2016.
  4. Zhi-Yi Zhang: Sudoxicam Part 2. Compound Articles. In: Handbook of Metabolic Pathways of Xenobiotics. 2014, doi:10.1002/9781118541203.xen294.
  5. Discovery of Piroxycam bei nature, abgerufen am 17. Februar 2016.
  6. NYCOMED FILES FOR LORNOXICAM (englisch), abgerufen im Februar 2016.
  7. Suche nach ATC Code "M01AC*" im Arzneispezialitätenregister, abgerufen am 19. Februar 2016.
  8. Patentanmeldung FR2528433: Derivatives of oxazinobenzothiazine-6,6-dioxide. Angemeldet am 15. Juni 1982, veröffentlicht am 16. Dezember 1983, Anmelder: Provesan SA, Erfinder: José Esteve Soler.
  9. R. Auvinet, T. Ziller, B. Appelboom: Comparison of the onset and intensity of action of intramuscular meloxicam and oral meloxicam in patients with acute sciatica. In: Clinical Therapeutics. 17. Jahrgang, Nr. 6, Dezember 1995, S. 1078–1098, doi:10.1016/0149-2918(95)80086-7, PMID 8750399.
  10. Fung, A. Thornton, K. Mybeck, J. H.-h. Wu, K. Hornbuckle, E. Muniz: Evaluation of the Characteristics of Safety Withdrawal of Prescription Drugs from Worldwide Pharmaceutical Markets-1960 to 1999. In: Therapeutic Innovation & Regulatory Science. 35. Jahrgang, Nr. 1, 1. Januar 2001, S. 293–317, doi:10.1177/009286150103500134.
  11. Consolidated List of products whose consumption and/or sale have been banned, withdrawn, severely restricted or not approved by Governments, United Nations, 2003, S. 116 (Edition 2005) (englisch), abgerufen am 23. Februar 2016.
  12. Banerjee R, Chakraborty H, Sarkar M: Photophysical studies of oxicam group of NSAIDs: piroxicam, meloxicam and tenoxicam. In: Spectrochimica Acta. Part A, Molecular and Biomolecular Spectroscopy. 59. Jahrgang, Nr. 6, 2003, S. 1213–1222, doi:10.1016/S1386-1425(02)00300-1, PMID 12659890. (englisch)
  13. Ivanova D, Deneva V, Nedeltcheva D, Kamounah FS, Gergov G, Hansen PE, Kawauchi S, Antonov L: Tautomeric transformations of piroxicam in solution: a combined experimental and theoretical study. In: RSC Advances. 5. Jahrgang, 2015, S. 31852–31860.
  14. DE. Furst: Meloxicam: Selective COX-2 inhibition in clinical practice. In: Semin Arthritis Rheum. 6. Jahrgang, Nr. 1, 26. Juni 1997, PMID 9219316. (englisch).
  15. Amy M. Karch: 2014 Lippincott’s Nursing Drug Guide, 1. Auflage (2013), erschienen bei Lippincott Williams & Wilkins, ISBN 978-1-4511-8655-0. (englisch).