pläne

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Pläne (auch pläne records) war ein Independent-Plattenlabel, das sich besonders auf das links-orientierte politische Lied, deutsche Liedermacher und Weltmusik spezialisiert hatte. pläne hatte seine Blüte in den politischen 1970er- und 1980er-Jahren. Sitz war Dortmund.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

pläne war der Name einer antifaschistischen Zeitschrift der Bündischen Jugend in den 1930er Jahren. Gegründet wurde sie von Eberhard Koebel (auch unter dem Namen tusk bekannt), der 1934 nach England emigrieren musste.[1][2][3] Die Nationalsozialisten verboten das Blatt. Ende der 1950er Jahre wurde die Zeitschrift wiederbelebt[4] und hielt noch bis in die 1960er Jahre hinein losen Kontakt zur bündischen Jugend.[5][6][7][8]

Ab 1961 wurden auch Buchpublikationen und auf Initiative des Schriftstellers Gerd Semmer Schallplatten unter gleichem Namen herausgebracht. Unter dem Titel Ça ira (‚das geht ran‘) erschienen Lieder der Französischen Revolution, gesammelt, übersetzt und editiert von Semmer, die erste Schallplattenproduktion (2 Longplay-Singles). Kurz darauf erschienen zwei Singles mit neuen deutschen Chansons von Gerd Semmer und Dieter Süverkrüp. Bald wurde eine Single von Hanns Dieter Hüsch, Carmina Urana, Vier Gesänge gegen die Bombe nachgelegt. Mit Lieder des europäischen Widerstandes gegen den Faschismus erschien 1965 die erste „echte“ Langspielplatte. Danach erschienen auch Aufnahmen von Fasia Jansen und Perry Friedman bei pläne. Anfang der 1960er Jahre begleitete pläne mit Liedern gegen die Bombe und Ostersongs die Demonstranten der Ostermärsche, es erschienen John Bernals Welt ohne Krieg und Heinrich Hannovers Opposition. pläne zog in dieser Zeit nach Dortmund um. Am 1. Mai 1966 meldeten Frank Werkmeister und Arno Klönne[9] pläne als GmbH an.

Ende der 1970er Jahre wurden der Liedermacher Hannes Wader sowie das Duo Zupfgeigenhansel unter Vertrag genommen. Nach dem Putsch in Chile erschienen Platten von Víctor Jara, Inti-Illimani und Quilapayún. In den 1980er Jahren wurde das Programm erweitert, ebenso wurde der Jazz-Bereich ausgebaut.

Der Verlag konzentrierte sich auf klassisches Liedermachertum mit Hannes Wader und Frank Baier sowie auf junge Künstler wie Mathilda, Jan Reimer, Hoyo Colorao und Little Venus.

In Deutschland wurde das pläne-Repertoire über Rough Trade Distribution vertrieben. pläne records hatte Vertriebe in den Niederlanden, Dänemark, Italien, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, Spanien, Südkorea, der Tschechischen Republik, der Slowakei und Ungarn.

Über die Besitzstrukturen des Verlags sind wenig konkrete Fakten bekannt. Der Verlag wurde oft als der 1968 gegründeten DKP nahestehend angesehen.[10] Der frühere DKP-Politiker Peter Schütt zählt den pläne-Verlag in einem Bericht für die Enquete-Kommission zur Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur zu den Unternehmen, die von der DDR-Führung finanziert gewesen seien, um in Westdeutschland Kulturpropaganda für die SED zu betreiben.[11] Wie sich das Engagement von DDR und DKP bei pläne genau gestaltete und wie lange es andauerte, ist nicht bekannt. Die Zeit berichtete 1989, dass am Ende der DDR der bis dahin von der SED finanzierte pläne-Verlag zunächst wirtschaftlich solide dastand und ohne fremde finanzielle Hilfe auskam, da er es geschafft hatte, sich nicht nur auf die Hilfe der sozialistischen Länder zu stützen, sondern ein eigenes attraktives Programm entwickelt hatte.[12]

2011 stellte das Unternehmen den Betrieb ein.

Programm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es erschienen Platten von Kabarettisten wie Dietrich Kittner und Ekkes Frank und dem Schauspieler Hanns Ernst Jäger. Vom DDR-Label Aurora wurden Produktionen von Ernst Busch übernommen: Lieder der Arbeiterklasse und Lieder des spanischen Bürgerkrieges. Auch eine Dichterlesung von Erich Kästner erschien.

Ab 1970 veröffentlichte der Verlag vermehrt auch Lieder aus aller Welt. Die Künstler kamen aus Südamerika, Russland, Israel, USA, Spanien, Frankreich, England, Schottland, Griechenland, Irland. Die Lieder verschiedener Stilrichtungen haben regionalen Bezug und Authentizität im Umgang mit musikalischen Traditionen. Kämpfendes Afrika war eine der ersten Weltmusik-LPs. 50 Pfennig pro Schallplatte gingen damals an den African National Congress. Lieder aus der UdSSR von Wladimir Wyssozki und Bulat Okudshawa kamen dazu, anschließend Mikis Theodorakis und Maria Farantouri sowie Zülfü Livaneli, Atahualpa Yupanqui aus Argentinien und die Exil-Chilenen von Quilapayun und Inti-Illimani, sowie Aufnahmen des von den Putschisten ermordeten Víctor Jara. Der Klarinettist Giora Feidman veröffentlichte seit Ende der 1980er Jahre bei pläne.

Mit Die Kanaken erschien bei Pläne Anfang der 1980er Jahre auch das erste kommerzielle Album eines türkischen Künstlers in deutscher Sprache.

Künstler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans Coppi: Harro Schulze-Boysen – Wege in den Widerstand: eine biographische Studie. 2. Auflage. Fölbach, Koblenz 1992, ISBN 3-923532-28-8, zugleich Dissertation TU Berlin 1992, S. 78 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Fritz Schmidt: Ein Mann zwischen zwei Welten: Eberhard Koebels politische Entwicklung, seine ersten Jahre in der Emigration und seine Wirkung auf illegale dj.1.11. Freudenstein, Edermünde 1997, ISBN 3-932435-28-1, S. 18 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Fritz Schmidt: Mord droht den Männern auf der andern Seite: Fallstudien zur Bedrohung und Ermordung jugendbewegter Menschen im Dritten Reich. 2. Auflage. Achims Verlag, Edermünde 2003, ISBN 3-932435-12-5, S. 13 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. ZDB-ID 953564-0
  5. Eckhart Holler: Linke Strömungen in den Jungenschaften in der dj.1.11-Tradition nach 1945. In: Jürgen Reulecke (Hrsg.): 50 Jahre danach – 50 Jahre davor: Der Meißnertag von 1963 und seine Folgen (= Jugendbewegung und Jugendkulturen. Jahrbuch 9). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8471-0336-3, S. 223–244, hier S. 226 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Eckard Holler: Rezension zu: Hans Graul: Der Jungenschafter ohne Fortune. Eberhard Köbel (tusk), erlebt und biographisch erarbeitet von seinem Wiener Gefährten. dipa-Verlag: Frankfurt/M., 1985. In: Das Argument, ISSN 0004-1157, 1986, Heft 158, Juli/Aug., S. 605–606, hier S. 605: „Die Zeitschrift ‚pläne‘ lebte Ende der 50er Jahre neu auf und entwickelte sich zum heutigen ‚Pläne-Verlag‘.“
  7. Florian Steinbiss: Deutsch-Folk: Auf der Suche nach der verlorenen Tradition. Die Wiederkehr des Volksliedes (= Fischer Taschenbücher. 2988). Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-596-22988-X, S. 29 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Thomas Mania: Das rock’n’popmuseum in Gronau – umweht vom Hauch der Zeit. In: Dietmar Schiller (Hrsg.): A change is gonna come: Popmusik und Politik: Empirische Beiträge zu einer politikwissenschaftlichen Popmusikforschung (= Politik: Forschung und Wissenschaft. Band 33). LIT Verlag, Münster 2012, ISBN 978-3-643-11429-7, S. 303–320, hier S. 314 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Georg Fülberth: Radikal und bündnisfähig – Arno Klönne wird heute 80. In: junge Welt, 4. Mai 2011. Online bei ag-friedensforschung.de, abgerufen am 7. November 2014.
  10. Klaus Staeck: Die Strippenzieher. Erinnerungen aus aktuellem Anlass. In: vorwaerts.de 2. September 2005/, abgerufen am 3. Februar 2015
  11. Peter Schütt: Die Kulturpropaganda der DKP als Teil der SED-Deutschlandpolitik. In: Materialien der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“. Band V, 3: Deutschlandpolitik. Nomos, Baden-Baden 1995, ISBN 3-7890-4037-1, S. 2331–2358, hier: S. 2335.
  12. Roland Kirbach: Von den Genossen verlassen. Die SED stellt die finanzielle Hilfe für westdeutsche Ableger ein. In: Die Zeit, 22. Dezember 1989, abgerufen am 7. November 2014.