Polo Hofer

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Polo Hofer bei einem Auftritt (2011)

Polo Hofer (eigentlich Urs Alfred Hofer; * 16. März 1945 in Interlaken; † 22. Juli 2017 in Oberhofen am Thunersee)[1] war ein Schweizer Mundartrock-Sänger und Schlagzeuger. Er trug in den 1970er- und 1980er-Jahren im Zuge einer Schweizer Mundartwelle als Pionier wesentlich zur Popularisierung schweizerdeutsch gesungener Rock- und Popmusik bei. Nach seinem Tod wurde er daher als «legendäres Nationalheiligtum»[2] bezeichnet und erhielt bereits zu Lebzeiten den Übernamen «Polo National».[3]

Musikalische Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1961 begann Hofer eine vierjährige Lehre als Handlithograf. Im selben Jahr gründete er hobbymässig die Popgruppe The Jetmen als Schlagzeuger und Leadsänger. 1967 wurde er beim schweizerischen Rhythm-’n’-Blues-Festival zum besten Sänger erkoren.

Im Sommer 1971 gründete er mit Hanery Amman, Schifer Schafer und Sämi Jungen die Mundart-Band Rumpelstilz. 1973 veröffentlichten sie ihre erste Single, Warehuus-Blues, zwei Jahre später ihre erste LP, Vogelfuetter. Mit Rumpelstilz brachte er 1976 auf Berndeutsch unter anderem die beiden Hits Kiosk und Teddybär heraus.

Wiederholt wurde Polo Hofer und Rumpelstilz vorgeworfen, zumindest teilweise Lieder zu plagieren. Besonders bei Kiosk glaubten nicht wenige Kritiker und andere Hörer deutliche Ähnlichkeiten zum Lied Dixie Chicken der Band Little Feat zu erkennen. Das Management von Little Feat klagte gegen Hofer, als der Song auch in einer schriftdeutschen Version in Deutschland erschien und dort über 600'000-mal verkauft wurde. In einem Vergleich wurden alle Einnahmen durch Kiosk den Autoren von Dixie ChickenLowell George und Fred Martin – zugesprochen.[4]

Polo Hofer und Band 1988

1977 erschien die Doppel-LP Fätze u Bitze…. Nach der Trennung von Rumpelstilz gründete Hofer Polo’s Schmetterding zusammen mit Span und Marianna Polistena, mit denen er insgesamt vier Alben veröffentlichte. 1989 kamen die Rumpelstilz in Original-Besetzung für ein kurzes Comeback zusammen und spielten das Album Live im Anker ein.

1984 gründete er die SchmetterBand, mit der er bis Januar 2003 unterwegs war. Das Abschiedskonzert wurde dokumentiert auf der DVD AbXang & Usklang von Mirjam von Arx. 2004 tourte er mit der Band The Alpinistos und gab ein Konzert zur Einweihung des neu gestalteten Berner Bundesplatzes mit Hanery Amman, Michel Poffet, Andi Pupato und Hank Shizzoe. Dieses Konzert wurde auf DVD veröffentlicht. Ausserdem nahm er drei englischsprachige Alben mit Swiss Blues Authority[5] und das Album Buebetröim mit dem Swiss Jazz Orchestra auf.

Im Frühling 2005 wurde zu seinem 60. Geburtstag die Biografie Polo von Samuel Mumenthaler veröffentlicht. Darin erzählen Freunde, Weggefährten und er selber über sein Leben. Am 7. Oktober 2006 wurde Alperose vom Schweizer Fernsehpublikum zum grössten Schweizer Hit aller Zeiten gewählt.

2007 erschien das Album Duette 1997–2007 mit 19 Duetten, etwa mit Endo Anaconda, Philipp Fankhauser, Gölä, Büne Huber, Dodo Hug und Sina. 2009 erschien Hofers erstes Solo-Album Prototyp. Es entstand in rund vierjähriger Zusammenarbeit mit 30 Musikern und Sängerinnen und erreichte auf Anhieb Platz 1 in der Schweizer Hitparade.

Sein Song Manne, mir blybe dranne war der offizielle Schweizer Fansong der Fussball-Weltmeisterschaft 2010.

Im März 2010 erschien das Buch Das alles u no vil meh mit sämtlichen bisherigen Liedertexten von Polo Hofer. Im Februar 2012 wurde das Musical Alperose in Bern aufgeführt; für 2013 war eine Reprise geplant.

Auszeichnungen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1995: Prix Walo (Kategorie: Rock)
  • 2002: Prix Walo (Kategorie Pop & Rock)
  • 2007: Hofer und Hanery Amman werden vom Gemeinderat Interlaken mit dem «Goldenen Schlüssel» geehrt.
  • 2007: Hofers Schaffen wird in der Sonderausstellung Jungfrau, Hofer & Ragusa im Historischen Museum Bern gewürdigt.
  • 2008: Hofer erhält den Musikpreis 2008 des Kantons Bern.[6]
  • 2009: Das frühere «Flückmätteli» in Interlaken wird auf den Namen «Amman-Hofer-Platz» umbenannt.
  • 2011: Swiss Music Awards: Lebenswerk wird ausgezeichnet
  • 2015: Schweizer des Jahres[7]

Weitere Tätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Polo Hofer war auch Perkussionist, Maler, Dichter, Veranstalter und Schauspieler. Er verfasste mit Der Rock, der Roll & überhaupt einen Gedichtband und spielte Hauptrollen in den Filmen Das Schweigen der Männer und Die Vogelpredigt oder Das Schreien der Mönche von Clemens Klopfenstein sowie die Rolle des Herrn Aschwanden in Die Nagelprobe von Luke Gasser. Ausserdem setzte er sich für die Legalisierung des Cannabiskonsums in der Schweiz ein. Von März 2008 bis Juli 2011 gestaltete er jeden Sonntag von 21 bis 22 Uhr auf DRS 3 eine eigene Radiosendung (Pop, Perlen und Polo), in welcher er seine Lieblingsmusik vorstellte; sie ist auch als Podcast verfügbar.[8]

Persönliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Alter von 21 Jahren heiratete Polo zum ersten Mal. Er adoptierte den Sohn Oliver, den seine Frau Trudi mit in die Ehe brachte. 1996 starb seine langjährige Partnerin Isabelle Hediger im Alter von 36 Jahren an Krebs. Mit seiner zweiten Ehefrau Alice, die er 1997 kennenlernte und 2004 heiratete, wohnte er in Oberhofen am Thunersee.[9] Den Übernamen «Polo» erhielt er als Pfadfinder von Hugo Ramseyer, dem Gründer des Zytglogge Verlags, weil Polos Eltern im «Maison Hofer»-Modegeschäft in Interlaken Polohemden anboten, was damals etwas Neues war.

2007 musste sich der Sänger ein bösartiges Karzinom am rechten Stimmband entfernen lassen.[10]

Er starb im Alter von 72 Jahren nach einer Lungenkrebserkrankung zu Hause in Oberhofen am Thunersee.[1][11]

Diskografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Polo’s Pop Tales[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1968: Polo’s Pop Tales

Mit Drum Circus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1971: Magic Theatre (erschienen 2003)

Mit Rumpelstilz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Polos SchmetterDing[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der SchmetterBand (bis 2004)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Titel Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartsChartplatzierungen[12][13]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 CH
1984 Polovinyl CH16
(6 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 1984
1985 Giggerig CH2
Gold
Gold

(22 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 27. Oktober 1985
1986 Im Wilde Weste CH10
(8 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 14. Dezember 1986
1988 Rütmus, Bluus + schnälli Schue! CH1
Gold
Gold

(16 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 12. Juni 1988
1990 Eden CH1
Platin
Platin

(28 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 7. Oktober 1990
1991 1984–1991 – 15 starke Songs plus 3 CH12
(3 Wo.)CH
Best-of-Album, Charteintritt: 30. Juli 2017
Bluesiana
Videoalbum
1992 Travailler c’est trop dûr CH1
(27 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 6. September 1992
1993 Live CH6
(12 Wo.)CH
Livealbum
Erstveröffentlichung: 5. Dezember 1993
1994 Welcome i dr Sonderbar CH1
Platin
Platin

(19 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 13. November 1994
1995 1987–1994 – Weitere 15 starke Songs CH20
(7 Wo.)CH
Best-of-Album
Erstveröffentlichung: 22. Oktober 1995
1997 Über alli Bärge CH1
Gold
Gold

(17 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 14. September 1997
2000 Härzbluet CH1
Platin
Platin

(20 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 16. Januar 2000
2002 Xangischxung CH2
Platin
Platin

(22 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 2. Juni 2002
2003 AbXang & UsKlang
Videoalbum
2004 Silber, Gold & Perle CH1
Gold
Gold

(16 Wo.)CH
Best-of-Album
Erstveröffentlichung: 5. September 2004

Seit 2004 mit diversen Musikern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Titel Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartsChartplatzierungen
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 CH
1983 Switzerband CH24
(1 Wo.)CH
Switzerband mit Polo Hofer
2000 Kind Of Blue CH30
(6 Wo.)CH
Swiss Blues Authority feat. Polo Hofer
2007 Duette 1977–2007 CH3
Gold
Gold

(21 Wo.)CH
Polo Hofer
Erstveröffentlichung: 24. März 2007
2009 Prototyp CH1
Platin
Platin

(20 Wo.)CH
Polo Hofer
Erstveröffentlichung: 21. August 2009
2010 Rimix CH6
(5 Wo.)CH
Polo Hofer
Erstveröffentlichung: 1. Oktober 2010
2011 Polo Hofer singt Bob Dylan 1981–2011 CH4
(14 Wo.)CH
Polo Hofer
Erstveröffentlichung: 27. Mai 2011
2012 Alperose – das Musical CH33
(3 Wo.)CH
Musical
2015 100 % Schweizer Musik CH1
(11 Wo.)CH
Polo Hofer & Friends
Erstveröffentlichung: 23. Oktober 2015
2016 Ändspurt CH2
(20 Wo.)CH
Polo Hofer
Erstveröffentlichung: 8. Januar 2016
Die besten Balladen von 1976–2016 CH10
(14 Wo.)CH
Polo Hofer
Erstveröffentlichung: 25. November 2016
2017 Klassiker CH3
(20 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 25. August 2017
2018 Rocks & Pops CH20
(3 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 20. April 2018

Singles[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Titel
Album
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartsChartplatzierungen[14][13]
(Jahr, Titel, Album, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 CH
1979 Radio 24
CH3
(7 Wo.)CH
als Polo Hofer's Schmetterding
1984 Wyssebüehl
Polovinyl
CH69
(1 Wo.)CH
Charteinstieg: 30. Juli 2017
1985 Alperose
Giggerig
CH24
(6 Wo.)CH
Polo Hofer und die Schmetterband
Charteinstieg: 2. Dezember 2007
1986 Im letschte Tram
Im Wilde Weste
CH73
(1 Wo.)CH
Polo Hofer und die Schmetterband
Charteinstieg: 30. Juli 2017
1987 Stop Aids
1987–1994 – 15 weitere starke Songs
CH7
(6 Wo.)CH
Polo Hofer und die Schmetterband
1992 156... Sexy Sue
Boys in Blue
CH18
(6 Wo.)CH
Steve Whitney Band mit Gastsänger Polo Hofer
1997 Du und i / Kiffer
Über alli Bärge
CH31
(5 Wo.)CH
Polo Hofer und die Schmetterband
2004 Nüt meh als am Stüür
Silber, Gold & Perle
CH48
(3 Wo.)CH
Polo Hofer und die Schmetterband
2007 Alperose
Duette 1977–2007
CH15
(10 Wo.)CH
mit Sandee/Sina/Kandlbauer
2009 Wie söll me däm de säge süsch
Prototyp
CH41
(7 Wo.)CH

Sonstige Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2013: Weisch du no? feat. Knackeboul (Kompilationsbeitrag Bock uf Rock Vol. 6)[15]

Spielfilme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Regisseur Clemens Klopfenstein drehte mehrere Filme mit Polo Hofer und Max Rüdlinger:

Zu dieser Serie gehört der abschliessende Film Das Ächzen der Asche von 2018, in dem der verstorbene Polo Hofer nur noch durch eine Büste verkörpert auftritt.

Dokumentarfilm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Orlando Geremia: Ross’n’Roll. Mit Polo Hofer auf grosser Tour durch die kleine Schweiz. elfundzehn, Eglisau 2014, ISBN 978-3-905769-36-4.
  • Walter Haas: Zeitgenössische Mundartliteratur der deutschen Schweiz. Ein theoretischer und geschichtlicher Überblick. In: Michigan Germanic Studies 6 (1980), S. 58–119.
  • Thomas Küng: Rhythmus & Rausch. Polo Hofers langer Weg. Bugra Suisse, Bern 1988, ISBN 3-7170-0125-5.
  • Samuel Mumenthaler: Polo. Eine Oral History. Editions Plus Sàrl, Zürich 2005, ISBN 3-909676-16-2.
  • Samuel Mumenthaler: 50 Jahre Berner Rock. Vorwort von Polo Hofer. Zytglogge, Oberhofen 2009, ISBN 978-3-7296-0796-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b «Tschou zäme, es isch schön gsy!» In: Tages-Anzeiger. 25. Juli 2017.
  2. Sophie Gut: Abschied von Polo National: Zum Tod des Ur-Mundartrockers. Radio SRF 3, 24. Juli 2017.
  3. «Tschou zäme, es isch schön gsy!» Adieu, Polo National! In: Schweizer Illustrierte. 25. Juli 2017.
  4. «Kiosk» oder «Dixie Chicken»? In: Radio SRF Musikwelle 14. November 2017, abgerufen am 26. Mai 2018.
  5. Swiss Blues Authority feat. Polo Hofer – Kind Of Blue. In: hitparade.ch.
  6. Polo Hofer erhält den Musikpreis des Kantons Bern (Memento vom 26. Februar 2009 im Internet Archive). In: nachrichten.ch. 10. Oktober 2008.
  7. Polo Hofer ist «Schweizer des Jahres». In: Neue Zürcher Zeitung. 10. Januar 2016.
  8. Schweizer Radio DRS: Podcasts Pop, Perlen und Polo
  9. Jungfrau Zeitung: Polo Hofer – sein Leben und Wirken. 25. Juli 2017, abgerufen am 16. Januar 2023.
  10. Gabriella Massimi: Polo Hofer: Tumor am Stimmband. In: Jungfrau Zeitung. Abgerufen am 13. Oktober 2012.
  11. srf/kors; hesa: SRF News: Mundartlegende gestorben – Polo Hofer ist tot. 24. Juli 2017, abgerufen am 24. Juli 2017.
  12. Chartquellen Alben: CH
  13. a b Auszeichnungen für Musikverkäufe: CH
  14. Chartquellen Singles: CH
  15. BOCK UF ROCK Eine sechste Bock uf Rock zum runden Geburtstag. In: trespass.ch. 28. August 2013, archiviert vom Original am 5. September 2013; abgerufen am 19. Oktober 2013 (Schweizer Hochdeutsch).