Qandilit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Qandilit
Qandilit (schwarz) vom Dupezeh, Qala Diza, as-Sulaimaniyya, Irak
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1980-046[1]

IMA-Symbol

Qnd[2]

Andere Namen

Magnesiotitanat-Spinell

Chemische Formel
  • (Mg,Fe3+)2(Ti,Fe3+,Al)O4[1]
  • (Mg,Fe3+,Fe2+)2(Ti4+,Fe3+,Al)O4[3]
  • (Mg,Fe2+)2(Ti,Fe3+,Al)O4[4]
  • Mg2Ti4+O4[5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/B.04-030

4.BB.05
07.02.05.01
Ähnliche Minerale Magnetit, Magnesioferrit
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[6]
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227[5]
Gitterparameter a = 8,40 Å[5]
Formeleinheiten Z = 8[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7 (VHN100 = 960 bis 1045)[7]
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,03; berechnet: 4,04[7]
Spaltbarkeit vollkommen nach {111}[7]
Bruch; Tenazität spröde[4]
Farbe schwarz[7]
Strichfarbe schwarz[7]
Transparenz undurchsichtig (opak)
Glanz Metallglanz[7]
Magnetismus stark magnetisch[7]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in heißer 50 %er Salzsäure (HCl)[8]

Qandilit (gesprochen: Kandilit[9]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Mg2Ti4+O4[5] und ist damit chemisch gesehen ein Magnesium-Titan-Oxid. Strukturell zählt Qandilit zur Gruppe der Spinelle.

Qandilit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt oktaedrische Kristall bis etwa 2,3 mm Größe, kommt aber auch in Form körniger Mineral-Aggregate vor. Das Mineral is in jeder Form undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der schwarzen Kristalle einen metallischen Glanz. Auch seine Strichfarbe ist schwarz. Unter dem Auflichtmikroskop erscheint Qandilit dagegen grau mit einem blassrosa Stich.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Qandilit in den als Qandil-Gruppe bezeichneten, metamorphen Gesteinen am Berg Dupezeh bei Qala Diza (Qeladze, قلعة دزة) im Gouvernement as-Sulaimaniyya in der Autonomen Region Kurdistan im Nord-Irak. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch H. M. Al-Hermezi, der das Mineral nach dessen Typlokalität benannte.

Al-Hermezi reichte seine Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1980 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangsnummer der IMA: 1980-046[1]), die den Qandilit als eigenständige Mineralart anerkannte. Publiziert wurde die Erstbeschreibung im Dezember 1985 im Fachmagazin Mineralogical Magazine. Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von MineralName lautet „Qnd“.[2]

Das Typmaterial des Minerals wird an der University of Strathclyde in Glasgow und im Royal Museum in Edinburgh in Schottland, im Nationalmuseum der Naturwissenschaften in Tokio (Japan) sowie im Mines ParisTech (auch École des mines de Paris) und im Muséum national d’histoire naturelle in Paris (Frankreich) aufbewahrt.[10]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die aktuelle Klassifikation der IMA zählt den Qandilit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Ahrensit, Brunogeierit, Filipstadit, Ringwoodit und Ulvöspinell die Ulvöspinell-Untergruppe innerhalb der Oxispinelle bildet.[11]

Da der Qandilit erst 1980 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz war der Qandilit noch nicht aufgeführt.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten „Lapis-Mineralienverzeichnis“, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/B.04-030. In der Lapis-Systematik entspricht dies der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 3 : 4 (Spinelltyp M3O4 und verwandte Verbindungen)“, wo Qandilit zusammen mit Brunogeierit, Coulsonit, Magnesiocoulsonit, Ulvöspinell und Vuorelainenit die Gruppe der „V/Ti/Ge-Spinelle“ mit der Systemnummer IV/B.04 bildet.[3]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Qandilit ebenfalls in die Abteilung „Metall : Sauerstoff = 3 : 4 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Chromit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Filipstadit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Hercynit, Jakobsit, Magnesiochromit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Spinell, Trevorit, Ulvöspinell, Vuorelainenit und Zincochromit die „Spinellgruppe“ mit der Systemnummer 4.BB.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Qandilit die System- und Mineralnummer 07.02.05.01. Dies entspricht ebenfalls der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Mehrfache Oxide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“ in der „Titan-Untergruppe“, in der auch Ulvöspinell eingeordnet ist.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die idealisierte, theoretische Verbindung Mg2TiO4 besteht aus 30,29 Gew.-% Magnesium (Mg), 29,83 Gew.-% Titan (Ti) und 39,88 Gew.-% Sauerstoff (O). Die Elektronenstrahlmikroanalyse an Proben aus der Typlokalität Qandil, Dupezeh enthielten allerdings zusätzlich einen bedeutenden Anteil an Eisen in der Form von 28,27 % Fe2O3 und 10,32 % FeO. Hinzu treten geringe Beimengungen von 4,83 % Al2O3 und 0,76 % MnO sowie Spuren von 0,02 % Siliciumdioxid (SiO2).[13] Basierend auf vier Sauerstoffatomen ergibt damit die empirische Formel (Mg1.32Fe3+0.41Fe2+0.26Mn0.02)Σ=2.01(Ti0.06Fe3+0.23Al0.17)Σ=1.00O4.[4]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Qandilit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 mit dem Gitterparameter a = 8,40 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In kalter Salzsäure ist Qandilit nur teilweise, in heißer Salzsäure (50 %[8]) sowie in heißer Schwefelsäure (H2SO4) und heißer Salpetersäure dagegen vollständig löslich.[14]

Mit einer Mohshärte von 7 gehört Qandilit zu den harten Mineralen, dass ähnlich wie das Referenzmineral Quarz in der Lage ist, einfaches Fensterglas zu ritzen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Spinellen zeigt Qandilit eine vollkommene Spaltbarkeit nach dem Oktaeder {111}.[7]

Seine magnetischen Eigenschaften sind ähnlich stark wie die von Magnetit.[7]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An seiner Typlokalität am Dupezeh im Irak bildete sich Qandilit in forsteritreichen metamorphisierten Gesteinen in Kontakt mit Kaersutitreichem gebändertem Diorit. Neben Forsterit fanden hier als weitere Begleitminerale noch Calcit, Perowskit und Spinell.[4]

Qandilit gehört zu den sehr seltenen Mineralbildungen und konnte entsprechend bisher in nur wenigen Proben nachgewiesen werden. Weltweit sind bisher nur rund 10 Vorkommen für Qyndilit dokumentiert (Stand 2024).[15] Seine Typlokalität Dupezeh ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort im Irak.

Europaweit fand sich das Mineral bisher nur in der zur Gemeinde Cusano Mutri gehörenden Bauxit-Lagerstätte Regia Piana und in den Vulkangesteinen des Somma-Vesuv-Komplexes in der italienischen Region Kampanien sowie bei Allt Guibhsachain nahe Ballachulish in den schottischen Highlands.

Weltweit kennt man Qandilit noch aus den Lamproitfeldern im Distrikt Nalgonda des indischen Bundesstaats Telangana, den Edelmetall-Lagerstätten des Kondjor-Massivs im Aldanhochland in der Republik Sacha (Jakutien) beziehungsweise der Region Chabarowsk im russischen Föderationskreis Ferner Osten sowie am Fundpunkt Kimberlite 73 bei Hermansville im Menominee County des US-Bundesstaates Michigan.[16]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 739–744 (englisch, rruff.info [PDF; 497 kB; abgerufen am 27. April 2024]).
  • Barry A. Wechsler, Robert B. von Dreele: Structure refinements of Mg2TiO4, MgTiO3 and MgTi2O5 by time-of-flight neutron powder diffraction. In: Acta Crystallographica. B45, 1989, S. 542–549, doi:10.1107/S010876818900786X (englisch).
  • Roberta L. Millard, Ronald C. Peterson, Brian K. Hunter: Study of the cubic to tetragonal transition in Mg2TiO4 and Zn2TiO4 spinels by 17O MAS NMR and Rietveld refinement of X-ray diffraction data. In: American Mineralogist. Band 80, 1995, S. 885–896 (englisch, rruff.info [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 27. April 2024]).
  • Hugh St. C. O’Neill, Simon A. T. Redfern, Sue Kesson, Simine Short: An in situ neutron diffraction study of cation disordering in synthetic qandilite Mg2TiO4 at high temperature. In: American Mineralogist. Band 88, 2003, S. 860–865 (englisch, rruff.info [PDF; 191 kB; abgerufen am 27. April 2024]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Qandilite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2024. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2024, abgerufen am 27. April 2024 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b c d Qandilite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 55 kB; abgerufen am 27. April 2024]).
  5. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 189 (englisch).
  6. David Barthelmy: Qandilite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 27. April 2024 (englisch).
  7. a b c d e f g h i H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 739 (englisch, rruff.info [PDF; 497 kB; abgerufen am 27. April 2024]).
  8. a b Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 304 (englisch).
  9. H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 744 (englisch, rruff.info [PDF; 497 kB; abgerufen am 27. April 2024]).
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – Q. (PDF 61 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 27. April 2024 (englisch).
  11. Cristian Biagioni, Marco Pasero: The systematics of the spinel-type minerals: An overview. In: American Mineralogist. Band 99, Nr. 7, 2014, S. 1254–1264, doi:10.2138/am.2014.4816 (englisch, Vorabversion online [PDF; 4,6 MB; abgerufen am 27. April 2024]).
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 27. April 2024 (englisch).
  13. H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 743 (englisch, [1] [PDF; 497 kB; abgerufen am 27. April 2024]).
  14. H. M. Al-Hermezi: Qandilite, a new spinel end-member, Mg2TiO4, from Qala-Dizeh region, NE Iraq. In: Mineralogical Magazine. Band 49, Dezember 1985, S. 741 (englisch, [2] [PDF; 497 kB; abgerufen am 27. April 2024]).
  15. Localities for Qandilite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 27. April 2024 (englisch).
  16. Fundortliste für Qandilit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 27. April 2024.