Magnesiocoulsonit

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Magnesiocoulsonit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1994-034[1]

IMA-Symbol

Mcou[2]

Andere Namen
  • Vanadinspinell[3]
Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/B.03
IV/B.04-005

4.BB.05
07.02.04.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[8]
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227[4]
Gitterparameter a = 8,38 Å[4]
Formeleinheiten Z = 8[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6,5 (VHN100 = 873–1080, durchschnittlich 969)[7]
Dichte (g/cm3) gemessen: nicht definiert; berechnet: 4,31[7]
Spaltbarkeit fehlt[6]
Bruch; Tenazität uneben; spröde[7]
Farbe schwarz; im Auflicht hellgrau[7]
Strichfarbe schwarz[7]
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten unlöslich in Salpetersäure (HNO3)

Magnesiocoulsonit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung MgV2O4.[4][5] Chemisch gesehen ist Magnesiocoulsonit daher ein Magnesium-Vanadium-Oxid oder auch Vanadinspinell[3], da er strukturell zur Gruppe der Spinelle gehört.

Magnesiocoulsonit ist das Magnesium-Analogon von Coulsonit (FeV2O4) ähnlich dem Analogon-Paar Chromit (FeCr2O4) – Magnesiochromit (MgCr2O4) und bildet mit letzterem eine Mischkristallreihe.[9] Aufgrund der Mischkristallbildung ist meist ein Teil des Vanadiums durch Chrom ersetzt (substituiert), daher wird die Formel in verschiedenen Quellen auch mit Mg(V3+,Cr3+)2O4[6][7] angegeben.

Magnesiocoulsonit konnte bisher nur in Form unregelmäßiger oder grob oktaedrischer Körner bis etwa 0,3 mm Durchmesser entdeckt werden. Das Mineral ist undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der schwarzen Kristallite einen metallischen Glanz. Die Strichfarbe von Magnesiocoulsonit ist ebenfalls schwarz, die Reflioxionsfarbe unter dem Auflichtmikroskop wirkt dagegen hellgrau.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die synthetische Verbindung MgV2O4 wurde bereits 1947 von Walter Rüdorff und Bertold Reuter dargestellt und dessen Kristallstruktur untersucht.[3]

Die natürliche Bildung der Verbindung wurde erstmals im Marmor-Steinbruch Pereval (auch Grube Kaber) bei Sljudjanka nahe dem Baikalsee in der russischen Region Ostsibirien entdeckt und 1995 durch L. S. Resnizki, Je. W. Skljarow und S. F. Uschtschaporskaja beschrieben. In Anlehnung an dessen Magnesiumgehalt und seiner Verwandtschaft mit Coulsonit nannten Skljarow und Uschtschaporskaja das Mineral Magnesiocoulsonit (russisch Магнезиокулсонит[10]).

Das Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Museum der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau unter der Katalog-Nr. 88235–88237 aufbewahrt.[7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die aktuelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Magnesiocoulsonit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Chromit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Dellagiustait, Deltalumit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Guit, Hausmannit, Hercynit, Hetaerolith, Jakobsit, Maghemit, Magnesiochromit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Spinell, Thermaerogenit, Titanomaghemit, Trevorit, Vuorelainenit und Zincochromit die Spinell-Untergruppe innerhalb der Oxispinelle bildet.[11] Ebenfalls in diese Gruppe gehören die nach 2018 beschriebenen Oxispinelle Chihmingit[12] und Chukochenit[13] sowie der Nichromit, dessen Name von der CNMNC der IMA noch nicht anerkannt worden ist.[14]

Bereits in der veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Magnesiocoulsonit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Oxide mit Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 3 : 4 (Spinelltyp M3O4 und verwandte Verbindungen)“, wo er zusammen mit Brunogeierit, Coulsonit, Qandilit, Ulvöspinell, Vuorelainenit die Gruppe der „V/Ti/Ge-Spinelle“ mit der System-Nr. IV/B.03 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Magnesiocoulsonit ebenfalls in die Abteilung der Oxide mit Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 3 : 4 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Brunogeierit, Chromit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Filipstadit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Hercynit, Jakobsit, Magnesiochromit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Nichromit (N), Qandilit, Spinell, Trevorit, Ulvöspinell, Vuorelainenit und Zincochromit die „Spinellgruppe“ mit der System-Nr. 4.BB.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Magnesiocoulsonit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung „Mehrfache Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Coulsonit und Vuorelainenit in der „Vanadium-Untergruppe“ mit der System-Nr. 07.02.04 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die theoretische Zusammensetzung von MgV2O4 enthält 12,78 Gew.-% Magnesium (Mg), 53,57 Gew.-% Vanadium (V) und 33,65 % Sauerstoff (O). Dies entspricht in der Oxidform 21,19 Gew.-% MgO und 78,81 Gew.-% V2O3.[8] Die untersuchten Proben aus der Typlokalität Pereval in Russland enthielten dagegen nur 20,90 % MgO und 50,07 % V2O3, dafür allerdings zusätzlich 28,09 % C2O3, was auf die Mischkristallbildung mit Magnesiochromit schließen lässt, sowie kleinere Beimengungen von 0,36 % Al2O3, 0,2 % FeO, 0,18 MnO und 0,14 % TiO2.
Basierend auf vier Sauerstoffatomen ergibt damit die empirische Formel (Mg0.99Fe0.01)Σ=1.00(V1.28Cr0.71Al0.01)Σ=2.00O4.00 beziehungsweise die idealisierte Mischformel Mg(V3+,Cr3+)2O4.[7]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiocoulsonit kristallisiert kubisch in der Spinellstruktur mit der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227, dem Gitterparameter a = 8,38 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Mineral ist unlöslich in Salzsäure (HCl) und Salpetersäure (HNO3). Unter dem Auflichtmikroskop zeigen sich weder Bi- noch innere Reflexionen. Auch mögliche pleochroistische Eigenschaften konnten nicht beobachtet werden.[15][9]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiocoulsonit bildet sich als akzessorischer Bestandteil in chrom- und vanadiumhaltigen metamorphen Gesteinen. Als Begleitminerale treten unter anderem ebenfalls chrom- und vanadiumhaltiger Tremolit, Goldmanit, Chlorie und Muskovit sowie Calcit, Kämmererit, Florensovit, Kalininit, Karelianit, vanadiumhaltiger Magnesiochromit, Pyrit und Quarz auf.[7][9]

Der bisher einzige bekannte Fundort für Magnesiocoulsonit ist dessen Typlokalität Pereval in Ostsibirien, Russland.[16]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walter Rüdorff, Bertold Reuter: Die Struktur der Magnesium- und Zink-Vanadinspinelle. Beitrag zur Struktur der Spinelle. In: Zeitschrift für Anorganische und Allgemeine Chemie. Band 253, Mai 1947, S. 194–208, doi:10.1002/zaac.19472530311.
  • Bertold Reuter, R. Aust, G. Colsmann, C. Neuwald: Über Oxidsysteme mit Übergangsmetallionen in verschiedenen Oxydationsstufen. XIX. Darstellung und Eigenschaften vanadium(II)-haltiger und damit n-leitender Vanadium(III)-Spinelle. In: Zeitschrift für Anorganische und Allgemeine Chemie. Band 500, 1983, S. 188–198, doi:10.1002/zaac.19835000522.
  • L. Z. Reznitskiy, E. V. Sklyarov, Z. F. Ushchaporskaya: Magnesiocoulsonite MgV2O4 – a new mineral species in the spinel group. In: Zapiski Vserossiyskogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 124, Nr. 4, 1995, S. 91 (englisch).
  • John Leslie Jambor, Vladimir A. Kovalenker, Jacek Puziewics, Andrew C. Roberts: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 81, 1996, S. 1282–1286 (rruff.info [PDF; 482 kB; abgerufen am 3. September 2018]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c Walter Rüdorff, Bertold Reuter: Die Struktur der Magnesium- und Zink-Vanadinspinelle. Beitrag zur Struktur der Spinelle. In: Zeitschrift für Anorganische und Allgemeine Chemie. Band 253, Mai 1947, S. 194–208, doi:10.1002/zaac.19472530311.
  4. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 189 (englisch).
  5. a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; März 2018 (englisch, PDF 1,65 kB)
  6. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
  7. a b c d e f g h i j Magnesiocoulsonite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 54 kB; abgerufen am 16. Juni 2023]).
  8. a b Webmineral – Magnesiocoulsonite (englisch)
  9. a b c Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 303–304.
  10. Mindat – Magnesiocoulsonite (englisch)
  11. Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, Nr. 1, 12. September 2018, S. 183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch).
  12. S.-L. Hwang, P. Shen, T.-F. Yui, H.-T. Chu, Y. Iizuka, H.-P. Schertl, and D. Spengler: Chihmingite, IMA 2022-010. In: CNMNC Newsletter 67, European Journal of Mineralogy. Band 34, 2022, S. 015601 (ejm.copernicus.org [abgerufen am 21. Januar 2024]).
  13. Can Rao, Xiangping Gu, Rucheng Wang, Qunke Xia, Yuanfeng Cai, Chuanwan Dong, Frédéric Hatert, Yantao Hao: Chukochenite, (Li0.5Al0.5)Al2O4, a new lithium oxyspinel mineral from the Xianghualing skarn, Hunan Province, China. In: American Mineralogiste. Band 107 (5), 2022, S. 842–847, doi:10.2138/am-2021-7932.
  14. Cristian Biagioni, Marco Pasero: The systematics of the spinel-type minerals: An overview. In: American Mineralogist. Band 99, Nr. 7, 2014, S. 1254–1264, doi:10.2138/am.2014.4816 (englisch, Vorabversion online [PDF]).
  15. John L. Jambor, Vladimir A. Kovalenker, Jacek Puziewics, Andrew C. Roberts: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 81, 1996, S. 1282–1286 (rruff.info [PDF; 482 kB; abgerufen am 3. September 2018]).
  16. Fundortliste für Magnesiocoulsonit beim Mineralienatlas und bei Mindat