Schiffbau in der DDR

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Der Schiffbau in der DDR war zentralistisch organisiert. Ein großer Anteil der gebauten Schiffe diente der Fischerei und wurde in die Sowjetunion geliefert.

Wismar, Mathias-Thesen-Werft

Demontage und Wiederaufbau der Werften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach anfänglichen Demontagen der Werften folgte 1948 SMAD-Befehl Nr. 103, der anordnete, die Schiffbaukapazitäten zu erhöhen. Daraufhin wurden an Flüssen im Inland und an der Küste neue Werften gebaut, vorhandene Werften erweitert, und eine Schiffbauzulieferindustrie aufgebaut. Anfangs wurden viele in der Ostsee versenkten Schiffe gehoben und repariert. Ein Schwerpunkt beim Neubau waren Schiffe für die Fischerei. Zum Ende der Reparationszeit am 31. Dezember 1953 zählte die Bilanz rund 1.170 Schiffe, davon 1.120 Fischereischiffe, die an die Sowjetunion abgeliefert wurden. Der Schiffbau der SBZ und der DDR war für die Reparationslieferungen an die Sowjetunion der zweitwichtigste Industriezweig.

Zentrale Struktur des Schiffbaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Werften unterstanden den Berliner Ministerien und waren Mitglied im Branchenverbund Vereinigung Volkseigener Werften (VVW). Später wurden sie in der 1959 gebildeten Vereinigung Volkseigener Betriebe Schiffbau (VVB) organisiert, die 1979 vom Kombinat Schiffbau Rostock (KSR) abgelöst wurde.

Die Planvorgaben für die zu bauenden Schiffe kamen von den vorgesetzten Stellen. Bis 1989 wurden 3.500 Schiffe, davon 2.700 Fischereischiffe an die Sowjetunion geliefert. Insgesamt wurden 4.000 Schiffe in 50 Länder geliefert. Dabei handelte es sich überwiegend um Fischereifahrzeuge, Frachtschiffe bis 25.000 tdw, Fahrgastschiffe, Binnenschiffe und Spezialschiffe, die zum Teil in riesigen Serien gebaut wurden. Um diese in der Planzeit und besonders in der geforderten Exportqualität zu fertigen, wurden wichtige Schiffbauzulieferbetriebe in den VVB und danach in den KSR integriert.

Die Werften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Infotafel auf dem Museumsschiff Dresden
Werftübersicht
Bezeichnung Standort(e) Produkte Betriebszeit
Warnowwerft Warnemünde Rostock-Warnemünde Seeschiffe
Mathias-Thesen-Werft Wismar Seeschiffe
Schiffswerft „Neptun“ Rostock Seeschiffe
Volkswerft Stralsund Stralsund Seeschiffe, Fischereischiffe
Peene-Werft Wolgast Seeschiffe
Elbewerft Boizenburg Boizenburg Binnen-, Fischerei und Seeschiffe
Schiffswerft Roßlau Roßlau Binnen-, Fischerei und Seeschiffe
Schiffswerft „Edgar André“ Magdeburg Binnen-, Fischerei und Seeschiffe
Schiffswerft Übigau Dresden-Übigau Binnen- und Seeschiffe
Schiffswerft Laubegast Dresden-Laubegast Binnenschiffe
Schiffswerft Oderberg Oderberg Binnenschiffe 1946 bis 1990
Oderwerft Eisenhüttenstadt Eisenhüttenstadt Binnen- und Fischereischiffe
Yachtwerft Berlin Berlin Binnenschiffe und Sportboote
Schiffswerft Rechlin Rechlin Binnenschiffe und Sportboote 1948 bis 1996
Volkswerft „Ernst Thälmann“ Brandenburg Binnen-, Fischerei und Seeschiffe 1946 bis 1962
Daten[1]

In der DDR gebaute Seeschiffstypen und Serien (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bauzeit
(von/bis)
Bezeichnung Typ Anzahl
gebaute Einheiten
Bauwerft/en Auftraggeber/
Empfänger
Bild Bemerkung
1953–1958 Typ 201
(Serie Kolomna)
Stückgutfrachter 19 Neptunwerft Sowjetunion Die Serie Kolomna war der erste Serienfrachtschiffstyp der DDR
1955–1957 Serie Wolgast
(Kümo 500)
Küstenmotorschiff 18 VEB Peene-Werft Wolgast
VEB Elbewerft Boizenburg
VEB Schiffsreparaturwerft Laubegast
DSR In Modifikationen gebaut, siehe Typenartikel
1957–1961 Typ IV
(Serie Typ Frieden)
Stückgutfrachter 15 Warnow-Werft DSR und Kuba
1958/59 Serie Ugleuralsk Massengutschiff 9 Warnow-Werft Sowjetunion
1958–1962 Typ 201
(Serie Andizhan)
Stückgutfrachter 46 Neptunwerft Sowjetunion Die Serie Andizhan war der meistgebaute Serienfrachtschiffstyp der DDR
1958–1961
1962–1964
Serie Ilri
(Framo Ilri und
Kümo Ilri)
Stückgutfrachter 8 und 4 Neptunwerft Diverse ausländische Reeder Die Serie Ilri war der erste in den Westen exportierte Frachtschiffstyp der DDR
1959–1963 Serie Nordstern
(Kümo 840)
Küstenmotorschiff 25 VEB Peene-Werft Wolgast DSR, Vietnam Zahlenmäßig größte Serie für die DSR.
1960–1963 Serie Dzhankoy Massengutschiff 17 Warnow-Werft Sowjetunion
1961–1963 Typ IX
(Serie Lübbenau)
Massengutfrachter 6 Warnow-Werft DSR In Modifikationen gebaut, siehe Typenartikel
1962–1966 Typ X
(Serie Edgar André)
Stückgutfrachter 16 Warnow-Werft DSR In Modifikationen gebaut, siehe Typenartikel
1963–1967 Serie Povenez Stückgutfrachter 40 Neptunwerft Sowjetunion
1964–1971 Ilri (Typ IV)
(Serie Bari und Serie Karlsburg)
Stückgutfrachter 12 Neptunwerft Bundesrepublik
1966–1972 Serie Pioner Stückgutfrachter 32 Neptunwerft Sowjetunion
1967–1970 Typ XD
(Serie Rostock)
Stückgutfrachter 16 Warnow-Werft DSR
1966–1977 Serie Hellerau
(Neptun Holzfrachtschiffstyp 401)
Eisverstärkter Holzfrachter 6 Neptunwerft DSR (Andere Baureihe als Serie Hans Krüger Typ Neptun 401)
1968/69 Serie Joprima Stückgutfrachter 5 Neptunwerft Norwegen
1968–1972 Typ 17 Stückgutfrachter 34 Warnow-Werft Sowjetunion und Indien In Modifikationen gebaut, siehe Typenartikel
1968–1972 Serie Hansel
(Neptun Typ 451)
Mehrzweckfrachtschiff / Holz-Containerfrachtschiff 21 Neptunwerft Norwegen, DSR Drei Fahrzeuge in modifizierter Bauart für DSR, Neptun Typ 448, siehe Typartikel.
1969–1970 Typ Pazifik Mehrzweck-Stückgutschiff 3 Warnow-Werft VR China In Modifikationen gebaut, siehe Typenartikel
1970–1973 Typ Neptun 381
(Serie Hamburger Wall)
Mehrzweck-Stückgutschiff 7 Neptunwerft Bundesrepublik
1970–1973 Typ Europa
(Serie Joa)
Küstenmotorschiff 20 VEB Elbewerften Boizenburg/Roßlau Norwegische Reedereien
1971–1975 Typ Indik
(Serie Karl Marx / Vishva Aditya)
Schnellfrachter 8 Warnow-Werft DSR, Shipping Corporation of India Zwei Schiffe für DSR
1972–1974 Typ Mercator
(Serie Varnemunde)
Semicontainerschiff 21 VEB Warnow-Werft UdSSR, Kuba, DSR Nordhausen, Mühlhausen, Sangerhausen, Sondershausen für DSR
1972–1975 Typ Neptun 371
(Serie Sol Michel)
Mehrzweck-Stückgutschiff 6 Neptunwerft Norwegen, Schweden
1972–1981 Typ Meridian
(Serie Eagle)
Semicontainerschiff 33 Warnow-Werft DSR und diverse ausländische Reeder Als Meridian I und II gebaut, siehe Typenartikel
1972–1987 Typ OBC
(Serie Bella Coola)
Erz-, Massengut- und Containerschiff 28 VEB Mathias-Thesen-Werft DSR und diverse ausländische Reeder
1973–1976 Typ Neptun 341
(Serie Rostok)
Mehrzweck-Stückgutschiff 19 Neptunwerft UdSSR
1973–1981 Typ Neptun 471
(Serie Jobella)
Mehrzweckfrachtschiff 13 Neptunwerft Diverse ausländische Reeder
1974 Typ Neptun 388
(Serie Neuenburg)
Mehrzweck-Stückgutschiff 2 Neptunwerft Bundesrepublik
1975–1979 Typ Mercur I Containerschiff 10 VEB Warnow-Werft Sowjetunion Erstes Vollcontainerschiff aus DDR-Produktion
1975–1980 Poseidon
(Serie Rudolf Diesel)
Mehrzweck-Stückgutfrachter 19 Neptunwerft DSR In Modifikationen Typ 271/280 gebaut, siehe Typenartikel
1976 Typ Neptun 401
(Serie Hans Krüger)
Mehrzweck-Stückgutschiff 2 Neptunwerft Bundesrepublik (Andere Baureihe als Neptun Holzfrachtschiffstyp 401, Serie Hellerau)
1976/77 Typ Neptun 403
(Serie Ivory Tellus)
Mehrzweck-Stückgutschiff 3 Neptunwerft Diverse ausländische Reeder
1977–1981 Typ UL-ESC
(Serie Dmitriy Donskoy)
Eisgängiges Massen-, Stückgutfrachter und Containerschiff 13 VEB Warnow-Werft UdSSR
1977–1985 Typ Neptun 421
(Serie Cam Doussié)
Semicontainerschiff 33 Neptunwerft DSR und diverse ausländische Reeder
1979–1985 Monsun
(Serie Faneos)
Semicontainerschiff 15 VEB Warnow-Werft DSR und diverse ausländische Reeder Radebeul einziges DSR-Schiff
1980–1982 Typ MBC Massen-, Stückgut- und Containerschiff 6 VEB Mathias-Thesen-Werft Bundesrepublik
1982/83 Typ RO 15 RoRo-Schiff 3 VEB Mathias-Thesen-Werft DSR
1982–1985 Typ Mercur II Containerschiff 10 VEB Warnow-Werft Sowjetunion
1983–1993 Typ Lo/Ro 18 ConRo-Schiff 27 VEB Warnow-Werft Sowjetunion
1987–1989 Typ Saturn Containerschiff 4 VEB Warnow-Werft DSR
1987–1990 Typ Passat Semicontainerschiff 15 VEB Warnow-Werft Diverse ausländische Reeder

Neubauprogramm für Binnenmotorgüterschiffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baujahre[2] Schiffstyp Werft Anzahl Tragfähigkeit
(t)
Antriebsleistung
(PS)
Geschwindigkeit
(km/h)
Bild
1953–1954 Großplauermaß
Typ Rothensee
Edgar-André-Werft Magdeburg/Rothensee 3 712 300 13
1958–1960 Großfinowmaß
Z-Antrieb
Schiffswerft Oderberg 12 240 90 12
1960 Großplauermaß
Typ Oderberg I.
Schiffswerft Oderberg 4 705 400 15
1960–1963 Großplauermaß
Typ Boizenburg
Elbewerft Boizenburg 62 679 420 14
1962–1963 Großplauermaß
Typ Boizenburg/Roßlau
Roßlauer Schiffswerft 28 679 420 14
1962–1963 Großplauermaß
Typ Oderberg II.
Schiffswerft Oderberg 8 700 300 13
1986–1987 Motorgüterschiff
Typ Rostock
Roßlauer Schiffswerft 4 1026 600 16

Neubauprogramm für Stoßboote, Schlepper, Eisbrecher und Schubschiffe (ab 1954, Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werft Schiffstyp Baujahre Anzahl Antriebsleistung
(PS)
Bild
Werft Genthin Stoßboote 1954–1955 6 50
Werft Zehdenick Stoßboote 1954–1955 8 50
Werft Laubegast Stoßboote 1956–1957 26 50
Schiffswerft Barth Stoßboote 1954–1955 5 50
Mette-Werft-Brandenburg Stoßboote 1955–1956 10 50
Schiffswerft Dresden-Übigau Eisbrecher Typ Oder 1955–1956 1 540
Thälmann-Werft Brandenburg
(früher Gebr. Wiemann)
Eisbrecher Typ Oder 1958 6 540 Eisbrecher Kienitz der Serie
Oderwerft Fürstenberg
(später Eisenhüttenstadt)
Schlepper Motor I bis X 1958 10 225
Oderwerft Eisenhüttenstadt Schlepper Typ Havel 1961–1965 4 150
Roßlauer Schiffswerft Kanalschubschiffe 1965–1966 66 190 Schiff der Serie 190 PS (2364) an der Mühlendammschleuse in Berlin
Yachtwerft Berlin Eisbrecher Typ Elbe 1966–1968 6 700
Yachtwerft Berlin Stromschubschiffe 1966–1968 23 480
Yachtwerft Berlin Stromschubschiffe 1968–1972 26 600
Yachtwerft Berlin Stromschubschiffe 1972–1973 7 780
Yachtwerft Berlin Kanalschubschiff Typ 300 (KSS 24) 1983–1986 34 300 Schubschiff der Serie 300 PS (2433) im Einsatz
Yachtwerft Berlin Finow-Klasse (Schubboot) 1961–1989 110 100
Werft Genthin Stromschubschiffe (flachgehend) 1980–1988 6 600

Wende und Privatisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der „Wende“ umfasst der DDR-Schiffbau 5 Seeschiffswerften, 2 Binnenschiffswerften und 9 Schiffbauzulieferbetriebe mit insgesamt rund 55.000 Beschäftigten. Weitere 6.000 Beschäftigte zählen die organisatorisch zum Kombinat Binnenschifffahrt und Wasserstraßen gehörenden VEB Schiffsreparaturwerften. Ab 1992 wurden die Werften und Zulieferbetriebe privatisiert, dabei werden in Mecklenburg-Vorpommern von der Treuhandanstalt und privaten Investoren wie. z. B. „Bremer Vulkan“ und der Hegemann-Gruppe rund 6 Mrd. DM investiert. Dabei entstanden sehr moderne Werften und rund 10.000 Arbeitsplätze blieben erhalten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • H.-W. Dünner, H.-Ch. Knoll: 50 Jahre Deutsche Binnenreederei – Vom ostdeutschen Binnenschifffahrtsunternehmen zum europäischen Logistikdienstleister. Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg 1999, ISBN 3-7822-0757-2.
  • Gert Uwe Detlefsen u. a.: VEB Deutsche Seereederei Rostock. (= Deutsche Reedereien. Band 23). Verlag Gert Uwe Detlefsen, 2005, ISBN 3-928473-81-6.
  • N. N.: DDR Schiffbau. Tradition und Gegenwart. Schiffbaumuseum auf dem Traditionsschiff. Rostock-Schmarl. Schiffbaumuseum, Rostock 1972, OCLC 907745114.
  • D. Strobel, G. Dame: Mit MTW zur See. Schiffbau in Wismar. Hinstorff, Rostock 1996, ISBN 3-356-00660-6.
  • D. Strobel, G. Dame: Schiffbau zwischen Elbe und Oder Koehler, Herford 1993, ISBN 3-7822-0565-0

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dietrich Strobel, Günter Dame: Schiffbau zwischen Elbe und Oder: 1945–1992. 1. Auflage. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1993, ISBN 3-7822-0565-0.
  2. Armin Gewiese, Rolf Schönknecht: Binnenschiffahrt zwischen Elbe und Oder, DSV-Verlag