Senta Eichstaedt

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Senta Eichstaedt (* unbekannt; † nach 1929) war eine deutsche Schauspielerin. Eichstaedt drehte zwischen 1913 und 1929 über 20 Stummfilme. Bekannt wurde sie dem Kinopublikum als weiblicher(A1) Detektiv „Miss Nobody“(A2)

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Miss-Nobody-Filmen, mit denen sie zu Beginn ihrer Karriere bekannt wurde, gehören Der schwarze Diamant,(A3) Das Geheimnis von Chateau Richmond,(A4)(A5) und Die Jagd nach der Hundertpfundnote.(A6) Als Detektivin scheute sie – „eindeutig emanzipiert“ – auch keinen Körpereinsatz. Sie „nahm Verfolgungen über Hausdächer auf, überwand mit einem Seil Höhen und Tiefen und verkleidete sich auch schon mal als Mann, um in Kleidungs- und Schuhwerkfragen gleichberechtigte Verfolgerin des Verfolgten zu sein“.[1]

Ihr Partner in der Miss-Nobody-Detektivfilmreihe war Fred Goebel, welcher als Fred Selva-Goebel noch vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs Hauptrollen an ihrer Seite spielte. Er war der Vivian Dartin in Das Geheimnis von Chateau Richmond und der urbritische Gentleman Phileas Fogg in Die Jagd nach der Hundertpfundnote, bei der, wie der Alternativtitel Die Reise um die Welt ahnen lässt, Jules Vernes Roman von 1873 Pate gestanden haben mag.

Auch später blieb Eichstaedt dem Genre treu, auch wenn sie darin nicht mehr als leading lady besetzt war, so z. B. 1920 im wiederum von Willy Zeyn inszenierten Film Kaliber fünf Komma zwei aus der Detektivreihe Joe Deebs. Darin gab sie nicht mehr die Detektivin, sondern die Schwester der Bankiersgattin Agnes. Den Detektiv spielte Carl Auen. Außerdem spielte sie im Joe-Jenkins-Detektivdrama Der Mitternachtsbesuch, ebenfalls 1920, bei dem Kurt Brenkendorf die Hauptrolle spielte und Adolf Gärtner Regie führte.

Mehrmals trat Eichstaedt auch in Urban-Gad-Filmen mit Asta Nielsen auf, etwa in Zapatas Bande (1913/14),[2] Das Kind ruft (1913/14), Das Feuer (1914), Vordertreppe – Hintertreppe (1915) sowie Weiße Rosen (1916). In dem Film Die Schuld von Rudolf Biebrach war sie 1919 neben Henny Porten zu sehen.

Nach 1920 wurden ihre Engagements seltener. Ein letzter Kriminalfilm war Der Bekannte Unbekannte von 1922, in welchem sie in der Rolle der Maud zu sehen war. 1925 und 1927 spielte sie noch in zwei Filmen mit Maly Delschaft. Ihren letzten Auftritt hatte sie 1929 in Carl Boeses frühem Halbstarkenfilm Geschminkte Jugend[3] in einer kleinen Rolle. In einem Tonfilm scheint sie nicht mehr mitgespielt zu haben.

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • (A1) 
    „Die Detektivin Miss Nobody (Senta Eichstaedt) jagte bereits 1913 selbstständig Verbrecher und übergab sie der Polizei. Die Filmfigur Nobody rückte den weiblichen Blick in die Mitte des Geschehens und machte die ‚Kunst des Beobachtens‘ zur Grundlage ihres Berufes.“[4]
  • (A2) 
    Zur Figur der „Miss Nobody“:
    • In USA gab es um 1913 eine Kurzfilmserie, die einer „Miss Nobody“ gewidmet war. Hersteller war die Nestor Film Company, der Produzent war David Horsley[5]
    • Die britische Schriftstellerin Ethel Carney Holdsworth nannte die Protagonistin ihres am 1. September 1913 erschienenen Romans „Miss Nobody“. Er gilt als der erste Roman in Großbritannien, der von einer Arbeiterfrau geschrieben worden war[6]
    • Einen männlichen Detektiv mit Namen Nobody gab es schon 1904. Der deutsche Schriftsteller Emil Robert Kraft hatte ihn in seinem Kolportageroman „Detektiv Nobody’s Erlebnisse und Reiseabenteuer“ zwischen 1904 und 1906 auftreten lassen. Ob auf ihn der „Detektiv Nobody“ zurückgeht, dessen Abenteuer Kabarettist Charlie Roellinghoff als „Der letzte Kinoerklärer“ launig kommentiert? Der Sketch, der auch den Untertitel „Ein Abend im Vorstadtkino“ trägt, ist auf der Grammophonplatte Homocord 4-3256 (mx. T.C.1397/98) erhalten, die am 17. August 1929 herauskam; anzuhören war sie bei YouTube[7] in den Kriminalfilmen, die der Regisseur Willy Zeyn 1913 mit ihr inszenierte.
  • (A3) 
    Der schwarze Diamant führte den Serientitel „Nobody, der weibliche Detektiv. I“.[8]
  • (A4) 
    Das Geheimnis von Chateau Richmond D 1913 (2. Bild Miss Nobody-Serie);[9] Heide Schlüpmann schreibt dazu: „Der Film enthält die genre-üblichen Verfolgungsjagden, Aufnahmen von städtischem Ambiente und technischen Errungenschaften wie Autos, Motorbooten usw. Mit diesen Reizen verbinden sich die Elemente von Verstecken, Entdecken, Maskerade, wie sie zu der stehenden Figur des Detektivs gehören, und gewinnen durch die weibliche Besetzung eine eigentümliche Bedeutung.“
  • (A5) 
    The German Early Cinema Database gibt Käthe Wittenberg als „Detektivin Nobody“ an,[10] was auf einem Irrtum zu beruhen scheint, da in der Filmographie von Käthe Wittenberg beim Filmportal[11] der Film Das Geheimnis von Chateau Richmond nicht aufgeführt ist.
  • (A6) 
    „Die Jagd nach der Hundertpfundnote“ hieß auch „Die Hundertpfundnote“ oder „Die Reise um die Welt“[12]
  • (A7) 
    Der Film wurde ‚nach wahren Begebenheiten‘ gedreht: 24.000 Zuschauer kamen, als der Deutsche Wilhelm Bode alias „Riccardo Sacco“ im Mai 1905 im Wiener Prater auftrat. Die Menschen klopften an die Scheibe, als wäre Sacco ein seltenes Zootier, seine Popularität war ungebrochen;[13] Ein Photo zeigt Sacco, wie „der deutsche Hungerkünstler Wilhelm Bode alias ‚Riccardo Sacco‘ nach 32 Tagen ohne Nahrung im Hotel ‚Regent‘ in Salford seine erste Mahlzeit genoss“.[14]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

in Schrift:

  • Heinrich Fraenkel: Unsterblicher Film. Die grosse Chronik. Von der Laterna Magica bis zum Tonfilm. Bildteil von Wilhelm Winckel. Band 1. Kindler, München 1956, DNB 451329279, S. 387, 389.
  • Ludwig Greve, Margot Pehle, Heidi Westhoff (Hrsg.): „Hätte ich das Kino!“ Die Schriftsteller und der Stummfilm. Eine Ausstellung des Deutschen Literatur Archivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach a. N. (= Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv: Sonderausstellungen des Schiller-Nationalmuseums. Nr. 27). Katalog zur Ausstellung. Kösel Verlag, München 1976, DNB 770511783, S. 40.
  • Sebastian Hesse: Kamera-Auge und Spürnase. Der Detektiv im frühen deutschen Kino (= KINtop-Schriften. Band 5). Stroemfeld Verlag, Frankfurt/Basel 2003, ISBN 3-87877-765-5.
  • Florian Nelle: Künstliche Paradiese. Vom Barocktheater zum Filmpalast (= Film – Medium – Diskurs. Band 13). Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3041-9 (Zugl.: Berlin, Freie Univ., Habil.-Schr., 2004).
  • Heide Schlüpmann: Unheimlichkeit des Blicks. Das Drama des frühen deutschen Kinos. Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main. Verlag Stroemfeld/Roter Stern, Basel/Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-87877-373-0, S. 136, 341–342.

im Netz:

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. So Dagmar Trüpschuch 2004.
  2. Ein Standphoto daraus bei events.at (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) (Quelle: Filmarchiv Austria)
  3. Geschminkte Jugend in der Internet Movie Database, abgerufen am 3. Juli 2021.
  4. Nelle, S. 320, und Trüpschuch 2004.
  5. Miss Nobody (1913) bei IMDb.
  6. MISS NOBODY COMES TO SALFORD WORKING CLASS MOVEMENT LIBRARY. In: salfordstar.com, 1. September 2013, abgerufen am 16. November 2021.
  7. N. N. auf YouTube, abgerufen am 16. November 2021 (Dieses Video ist nicht mehr verfügbar.).
  8. Der schwarze Diamant (1913) bei The German Early Cinema Database, DCH Cologne, abgerufen am 3. Juli 2021.Vorlage:GECD Titel/Wartung/ID fehlt in Wikidata
  9. Gerhard Gruber: Der Steckbrief – Das Geheimnis von Chateau Richmond. In: stummfilm.at, abgerufen am 16. November 2021.
  10. Das Geheimnis von Chateau Richmond (1913) bei The German Early Cinema Database, DCH Cologne, abgerufen am 3. Juli 2021.Vorlage:GECD Titel/Wartung/ID fehlt in Wikidata
  11. Käthe Wittenberg. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 3. Juli 2021.
  12. Die Jagd nach der Hundertpfundnote (1913) bei The German Early Cinema Database, DCH Cologne.Vorlage:GECD Titel/Wartung/ID fehlt in Wikidata
  13. Katja Iken: Hungern als Show. Ich will so leiden, wie ich bin. In: Spiegel Online. 15. Oktober 2011, abgerufen am 3. Juli 2021.
  14. Katja Iken: Hungern als Show. Ich will so leiden, wie ich bin. Fotostrecke, Foto 13/15. In: Spiegel Online. 15. Oktober 2011, abgerufen am 3. Juli 2021.