Stangenrod (Grünberg)

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Stangenrod
Stadt Grünberg
Koordinaten: 50° 37′ N, 8° 58′ OKoordinaten: 50° 36′ 59″ N, 8° 58′ 8″ O
Höhe: 313 (302–323) m ü. NHN
Fläche: 4,18 km²[1]
Einwohner: 540 (31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 129 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1970
Postleitzahl: 35305
Vorwahl: 06401
Karte
Stadtteile von Grünberg

Stangenrod ist ein Stadtteil von Grünberg im mittelhessischen Landkreis Gießen. Das Dorf liegt 3 km nördlich von Grünberg im Vorderen Vogelsberg. Durch den Ort führt die Landesstraße 3215.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche in Stangenrod

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung des Orts erfolgte im Jahr 1320 unter dem Namen Stanginrode in einer Urkunde der Deutschordensballei Hessen.[2] Der Ortsname wird mit der Rodung von Stangen (dünnen Bäumen) erklärt. In einer erhaltenen Urkunde wurde der Ort um die Mitte des 14. Jahrhunderts auch als Sangenrode erwähnt.[2]

Im Jahr 1220 wurde eine Kapelle geweiht. Die im Kern romanische Stangenröder Kirche wurde allerdings bereits um 1100 als Wehrkirche errichtet; sie steht weithin sichtbar auf einer Anhöhe. Aus dieser frühen Zeit ist sie ein seltenes Beispiel in Oberhessen für eine Kirche mit Westturm.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Stangenrod:

„Stangenrod (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt 1 St. von Grünberg, hat 1 Kirche, 60 Häuser und 326 Einwohner, die alle evangelisch sind. Die meisten Einwohner gehören zum Bauernstand. Auf dem Stangenröder Berge stand der Galgen für die in Grünberg verurtheilten Verbrecher.“[3]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Stangenrod am 31. Dezember 1970 auf freiwilliger Basis in die Stadt Grünberg eingemeindet.[4][5] Für Stangenrod sowie für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Grünberg und die Kernstadt wurde je ein Ortsbezirk gebildet.[6]

Verwaltungsgeschichte im Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Stangenrod angehört(e): [2][7][8]

Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Materielles Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Stangenrod galt der Stadt- und Amtsbrauch von Grünberg als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit der Amtsbrauch keine Bestimmungen enthielt. Dieses Sonderrecht alten Herkommens behielt seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, bis es zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde.[15]

Gerichtsverfassung seit 1803[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Stangenrod das „Amt Grünberg“ zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übertragen. „Landgericht Grünberg“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Stangenrod zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[16] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Stangenrod wurde dem Amtsgericht Gießen zugewiesen.[17]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Stangenrod 555 Einwohner. Darunter waren 6 (1,1 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 99 Einwohner unter 18 Jahren, 235 zwischen 18 und 49, 126 zwischen 50 und 64 und 105 Einwohner waren älter.[18] Die Einwohner lebten in 222 Haushalten. Davon waren 39 Singlehaushalte, 84 Paare ohne Kinder und 75 Paare mit Kindern, sowie 21 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 42 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 153 Haushaltungen lebten keine Senioren.[18]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle: Historisches Ortslexikon[2]
• 1577: 021 Hausgesesse
• 1630: 011 zweispännige, 10 einspännige Ackerleute, 3 Einläuftige
• 1677: 022 Hausgesesse, davon 3 freie
• 1742: 001 Geistliche/Beamte, 41 Untertanen, 12 Junge Mannschaften, 7 Beisassen/Juden
• 1806: 271 Einwohner, 50 Häuser[19]
• 1829: 326 Einwohner, 60 Häuser[3]
• 1867: 285 Einwohner, 62 bewohnte Gebäude[20]
• 1875: 347 Einwohner, 67 bewohnte Gebäude[21]
Stangenrod: Einwohnerzahlen von 1791 bis 1967
Jahr  Einwohner
1791
  
226
1800
  
228
1806
  
271
1829
  
326
1834
  
314
1840
  
361
1846
  
440
1852
  
445
1858
  
348
1864
  
313
1871
  
355
1875
  
347
1885
  
306
1895
  
308
1905
  
308
1910
  
314
1925
  
346
1939
  
374
1946
  
540
1950
  
534
1956
  
481
1961
  
447
1967
  
442
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[2]; Ab 1970: Stadt Grünberg:[22][23]; Zensus 2011[18]

Historische Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1829: 326 evangelische (= 100 %) Einwohner[3]
• 1961: 364 evangelische (= 81,41 %), 58 katholische (= 12,98 %) Einwohner[2]

Historische Erwerbstätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1961: Erwerbspersonen: 97 Land- und Forstwirtschaft, 82 Produzierendes Gewerbe, 22 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 15 Dienstleistung und Sonstiges[2]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für den Stadtteil Stangenrod besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Stangenrod) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[6] Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 57,67 %. Es wurden gewählt: ein Mitglied der SPD und sechs Mitglieder der „Bürgerliste Stangenrod“ (BLS).[24] Der Ortsbeirat wählte Christian Aff (BLS) zum Ortsvorsteher.[25]

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehrere Vereine bestimmen das kulturelle Dorfleben:

  • Freiwillige Feuerwehr Stangenrod
  • Gesangverein „Concordia“ Stangenrod
  • Jugendclub Bölkstofffreunde
  • Kleintierzuchtverein H 107
  • Musikverein 1923 Stangenrod
  • Schützenverein Stangenrod
  • Stangenröder Carneval-Verein
  • SV Vorwärts 1923 Stangenrod
  • Jagdgenossenschaft
  • FC-Bayern-Fan-Club Stangenrod
  • Wanderclub Zugvögel (aufgelöst)
  • Gefriergemeinschaft Stangenrod (aufgelöst)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Infolge der Rheinbundakte.
  3. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Grünberg) und Verwaltung.
  4. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs. Infolge des Deutschen Krieges wurde die Provinz Oberhessen dort zwangsweise Mitglied.
  5. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Oberhessen aufgelöst.
  6. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  7. Am 31. Dezember 1970 als Ortsbezirk zur Stadt Grünberg.

Einzelnachweise

  1. a b Statistiken der Stadt Grünberg. In: Internetauftritt. Stadt Grünberg, abgerufen am 1. Januar 2022.
  2. a b c d e f g Stangenrod, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. Januar 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 272 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Eingliederung von Gemeinden in die Stadt Grünberg, Landkreis Gießen vom 7. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 4, S. 142, Punkt 180 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
  5. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 294.
  6. a b Hauptsatzung. (PDF; 43 kB) § 5. In: Webauftritt. Stadt Grünberg, abgerufen im März 2022.
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Die Zugehörigkeit des Amtes Grünberg anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  10. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 26 Punkt d) III. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 212 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  12. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 419 (online bei Google Books).
  14. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  15. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 67, Anm. 40 und S. 103.
  16. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  17. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  18. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 6 und 46, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  19. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 256 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  20. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 119 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 11 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  22. Haushaltsplan 2015. (PDF; 1,9 MB) In: Webauftritt. Stadt Grünberg, S. 13, archiviert vom Original; abgerufen im März 2019.
  23. Einwohnerzahlen 2020. In: Webauftritt. Stadt Grünberg, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. April 2020; abgerufen im Januar 2022.
  24. Ortsbeiratswahl Ortsbezirk Stangenrod. In: Votemanager. Stadt Grünberg, abgerufen im März 2024.
  25. Politische Gremien. In: Webauftritt. Stadt Grünberg, abgerufen im März 2024.