Streichenkirche

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Sankt Servatius auf dem Streichen

Konfession: römisch-katholisch
Patrozinium: Sankt Servatius
Rang: Filialkirche
Pfarrgemeinde: Schleching
Anschrift: HsNr. 1½, 83259 Streichen

Koordinaten: 47° 42′ 3″ N, 12° 24′ 11,4″ O Die Streichenkirche oder Streichenkapelle (katholische Filialkirche St. Servatius) ist eine ehemalige Wallfahrtskirche in der Gemeinde Schleching im Landkreis Traunstein in Bayern.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche liegt in der Hochgebirgswelt der Chiemgauer Alpen auf dem Schlossberg auf einer Höhe von 814 m hoch über dem Tal der Tiroler Achen auf der Streichen genannten vorspringenden Bergzunge an einem alten Saumpfad in der Nähe eines Burgstalls, der Sitz der im 12. Jahrhundert nachgewiesenen Grafen von Kraiburg-Ortenburg war.

Bau und Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundriss
Streichenkirche, Langhaus und Chor
Hauptaltar
Kastenaltar

Der Bau des flachgedeckten, einschiffigen Langhauses könnte auf das Ende des 13. Jahrhunderts zurückgehen. Der Chor ist dreiseitig geschlossen, stark eingezogen und besitzt ein Netzgewölbe, er wurde um die Zeit von 1450 errichtet. Im Westen besitzt die Kirche einen Dachreiter. Die barocke Umgestaltung wurde von 1943 bis 1954 entfernt, außerdem wurden die Fresken (eigentlich Seccomalereien) wieder aufgedeckt. Die Kirche wurde ab 1993 insgesamt renoviert.

Zweireihige Freskenzyklen befinden sich im Chor, an der Wand des Chorbogens und im östlichen Teil der Langhauswände. Im Chor werden das Marienleben und die Passion Christi sowie das Jüngste Gericht dargestellt. Die Freskierung stammt hier aus der Zeit von 1508 bis 1513; sie wurde 1597 übermalt. Die Fresken im Langhaus aus der Zeit um 1450 stellen Szenen aus Heiligenlegenden und aus dem Heilsgeschehen dar; sie werden dem Umkreis von Conrad Laib zugeschrieben.

Der mit dem Jahr 1524 bezeichnete Hochaltar wurde 1667 durch einen barocken (heute in St. Rupert Söllhuben)[1] ersetzt, aber 1954 wieder aufgestellt. Er hat zwei feste und zwei bewegliche Flügel, eine Predella und ein Gesprenge. Im Schrein sind geschnitzte Figuren der heiligen Dionysius, Servatius und Wolfgang mit ihren Attributen aufgestellt. Die Flügel enthalten u. a. acht Passionsgemälde. Auf der Predella ist die Beweinung Christi dargestellt. Im Gesprenge befinden sich weitere kleine Schnitzfiguren (der auferstandene Christus zwischen den heiligen Florian und Georg).

An der nördlichen Wand des Chorbogens befindet sich ein kleiner Kastenaltar mit einer Figur des heiligen Servatius, die Klappfügel sind mit Heiligendarstellungen im weichen Stil aus der Zeit um 1410 bemalt.[2][3] Der frühere nördliche Seitenaltar ist an der Südwand des Langhauses angebracht; er ist mit dem Jahr 1523 bezeichnet, die Rückseite des Schreins (mit Darstellung des Schmerzensmanns) an der Nordwand. In seinem Schrein sind Schnitzfiguren der heiligen Wolfgang, Maria Magdalena und Leonhard aufgestellt. An der Nordwand der Langhauses das Chorbogenkreuz aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Weiter befinden sich an der Nordwand Schnitzfiguren der heiligen Petrus und Nikolaus (um 1440).

Die Fenster des Chors bergen zwei kleine Glasgemälde (hl. Servatius und thronende Madonna), salzburgische Arbeiten aus der Zeit um 1440.

Das Chorgestühl aus der Zeit um 1520 zeigt ein Rankenornament.

Würdigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche ist ein von der Lage und Raumstimmung her beeindruckendes und von der Fülle und Qualität der Ausstattung her höchst seltenes und wohl erhaltenes spätgotisches Gesamtkunstwerk (Dehio-Handbuch).

Mit ganz wenigen Mitteln, zurückhaltenden Farbwerten und ausdrucksvoll geschmeidiger Kontur ist das Figürliche gemeistert (Schindler, Große bayerische Kunstgeschichte, Seite 291).

Freilich muss man beachten, dass der heutige Zustand das Ergebnis eines umfangreichen restauratorischen Eingriffes ist und daher einer zeitgebundenen Interpretation unterliegt, was schon am Nebeneinander zweier einander eigentlich widersprechender Ausstattungsphasen von ungefähr 1440 und 1510/25 ersichtlich wird. (Rimsl, Kirchenführer, Seite 29)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Spätgotik in Salzburg. Die Malerei 1400–1530, Ausstellungskatalog Salzburg 1972, S. 50, 70, 199.
  • Peter von Bomhard, Sigmund Benker: Streichenkirche (= Kleine Kunstführer Nr. 640). 11. Auflage 1995, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg
  • Gotthard Kießling, Dorit Reimann: Landkreis Traunstein (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.22). Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2007, ISBN 978-3-89870-364-2.
  • Ernst Götz u. a. (Bearb.): Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bayern IV: München und Oberbayern, 3. Auflage 2006. Deutscher Kunstverlag München – Berlin, ISBN 978-3-422-03115-9, S. 1240.
  • Daniel Rimsl: St. Servatius auf dem Streichen (= Kleine Kunstführer Nr. 640). 13. Auflage 2017. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg, ISBN 978-3-7954-4402-0.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St. Servatius (Streichen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Evelin von Rochow, Henning von Rochow: St. Rupert Söllhuben. 1. Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2003, ISBN 978-3-89870-146-4.
  2. Abb. bei Herbert Schindler, Große bayerische Kunstgeschichte, Bd. I, 1963: Süddeutscher Verlag München, S. 255
  3. Abb. auch unter [1] abrufbar