Stromerzeugung in Nordkorea

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Die Stromerzeugung in Nordkorea beruht gemäß der Staatsideologie auf den im Lande vorkommenden Primärenergieträgern Wasserkraft und fossilen Brennstoffen. Nordkorea betreibt daher ein Inselnetz mit einer Frequenz von 60 Hertz. Es gibt keine verlässlichen Zahlen zur Stromerzeugung. Für die letzten Jahre wird die Stromerzeugung je nach Quelle auf etwa 20 bis 30 TWh geschätzt. Der Anteil von Wasserkraft ist etwa gleich hoch wie der Anteil fossiler Energien mit Schwankungen über die Jahre. Die aktuelle Stromerzeugung ist deutlich geringer als noch 1990, als rund 50 TWh produziert wurden und damit weit unter dem Bedarf von industriellen und privaten Verbrauchern. Sie ist ein Schwachpunkt bei der Entwicklung der nordkoreanischen Wirtschaft.

Geschichte der Stromerzeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das erste große Kraftwerk errichteten die Japaner in der Zeit der Kolonisierung Koreas. Das Wasserkraftwerk Supung produzierte seit seiner Errichtung 1941 90 % des Stroms auf der koreanischen Halbinsel. Weitere Wasserkraftanlagen entlang des Yalu wurden unter japanischer Besatzung begonnen, aber bis 1945 nicht mehr fertiggestellt. Da seinerzeit auch der angrenzende Teil Chinas als Mandschukuo japanische Kolonie war, spielt die Grenze am Yalu keine Rolle. Nach der Unabhängigkeit Koreas und der Zerstörung der Staudämme im Koreakrieg stellten Nordkorea und China die Staudämme gemeinsam wieder her und nutzen seither den in Wasserkraftanlagen am Yalu gewonnenen Strom zu gleichen Teilen.

Da die hohen Investitionen für Wasserkraft die nordkoreanische Wirtschaft überforderten, erweiterte das Land seit den 1960er Jahren den Kraftwerkspark um Kohlekraftwerke und nutzt damit die zweite im Land vorhandene Energieressource. Neben den Kohlekraftwerken, darunter das Kraftwerk Pukchang, größtes Kraftwerk im Land, kam in den 1970er Jahren auch ein Ölkraftwerk hinzu. Der Ausbau der fossilen Kraftwerke erfolgte mit technologischer Hilfe aus der Sowjetunion, die mit Unterbrechungen gewährt wurde, abhängig von der politischen Großwetterlage.

Nach 1990 sank die Stromerzeugung deutlich. Als Gründe werden der Wegfall von Solidaritätslieferungen mit Erdöl aus der Sowjetunion, der auch den Transportsektor traf, der Rückgang der Kohleförderung (und -verteilung) im Land sowie Hochwasserschäden an Kohleminen und Wasserkraftwerken genannt. Nachdem Nordkorea ein Kernforschungsprogramm mit der zivilen Nutzung der Kernkraft begründete und dem Atomwaffensperrvertrag beitrat, beschlossen die ausländischen Vertragsstaaten USA, Japan, Südkorea und die EU („Vier-Parteien-Gespräche“) Nordkorea das Kernkraftwerk Kŭmho in Sinpo als Gegenleistung für den Verzicht der Fortführung des Kernwaffenprogramms zu finanzieren und zu errichten. Nach dem Scheitern dieses Prozesses wurden die weit fortgeschrittenen Bauarbeiten am Kraftwerk im Dezember 2003 eingestellt.

Ein nächtliches Satellitenfoto Ostasiens mit Südkorea in der Bildmitte. Nordkorea ist als flächenhaft dunkel zu erkennen – nur Pjöngjang und 6 sehr kleine Punkte leuchten.

Auch aktuelle Schätzungen der Stromproduktion gehen davon aus, dass sie weiterhin deutlich unter den Ergebnissen von vor 1990 bleibt. Damit bleibt die Stromerzeugung ein Flaschenhals bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Prekär wird die Situation dadurch, dass auch Kohlebergwerke aufgrund Strommangels unter ihrer technischen Kapazität arbeiten und damit Brennstoff für die Stromerzeugung fehlt.

Bruttostromerzeugung in Nordkorea
Jahr installierte Leistung [GW] produzierte Energie [TWh] Bemerkung
1960 9,1
1970 16,5
1976 4,4 28
1980 5,4 25 Globalsecurity[1]
1984 50 Globalsecurity
1988 55 Globalsecurity
1990 7,14 46 Globalsecurity, Nautilus[2]
1990 4,29 (nur Hydro) Globalsecurity
1990 56,4 Umweltministerium Nordkorea
1996 6,2 23 Nautilus
1998 25,6 Umweltministerium Nordkorea
1998 16,6 (nur Hydro) Umweltministerium Nordkorea[3]
1999 7,4 Globalsecurity
2000 25,9 Umweltministerium Nordkorea
2000 19,2 KEEI
2000 12,6 Nautilus
2003 30,01 ?
2004 20,6 Regierung Südkorea[4]
2005 21,6 Regierung Südkorea
2005 16,5 Nautilus
2006 22,5 Regierung Südkorea
2007 23,7 Regierung Südkorea
2008 25,5 Regierung Südkorea
2009 23,5 Regierung Südkorea
2009 16,3(1) Statistisches Büro Nordkorea[5]
(1) 
nur Kohlekraftwerke Pukchang, Chongjin und Wasserkraft in den östlichen Provinzen

Wasserkraftwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit seinem bergigen Terrain und Niederschlägen von über 1.000 mm pro Jahr hat Nordkorea große Potentiale für die Nutzung von Wasserkraft. Schätzungen gehen davon aus, dass die installierte Leistung bisher gebauter Wasserkraftwerke von etwas über 4.000 MW auf über 10.000 MW gesteigert werden kann.

Nachteil der Wasserkraft ist der hohe Erschließungsaufwand in oft bergigem schwer zugänglichem Terrain, das Fehlen schwerer Technik und der jahreszeitlich unterschiedliche Wasserabfluss (z. B. Schneeschmelze) mit reduziertem Dargebot im Winter.

Liste der Wasserkraftwerke Nordkoreas
Name Provinz Fertigstellung installierte
Leistung
in MW
Fluss Status Bemerkungen Koordinaten
Wasserkraftwerk Anbyon (Kumgangsam) Kangwŏn-do 199? 810 Bukhangang in Teilbetrieb/ im Bau Wasserzufuhr mehrerer Stauseen über Tunnel. Endausbau fraglich
Supung-Talsperre P’yŏngan-pukto 1941 765 /2[6] Yalu in Betrieb 50:50-Teilung mit China 40° 27′ 40″ N, 124° 57′ 43″ O
Wasserkraftwerk Sodusu 1 – 3 Ryanggang-do 1982 455 in Betrieb Wasserzufuhr mehrerer Stauseen über Tunnel
Yunfeng-Stausee (Ounbong) Chagang-do 1967 400 /2 Yalu in Betrieb 50:50-Teilung mit China 41° 22′ 51″ N, 126° 30′ 52″ O
Wiwon-Stausee Chagang-do 1989 400 /2 Yalu in Betrieb 50:50-Teilung mit China 40° 54′ 4″ N, 125° 58′ 23″ O
Hochonggang-Stausee 1958 394 in Betrieb
Changjin-Stausee Hamgyŏng-namdo 1958 360 Changjin-gang in Betrieb
Pochongang-Stausee 1956 260 in Betrieb
Kangae-Stausee 1965 246 in Betrieb
Bujong-gang-Stausee 19?? 226 in Betrieb
Taedong-gang-Stausee P’yŏngan-namdo 1982 200 Taedong-gang in Betrieb 39° 46′ 20″ N, 126° 20′ 55″ O
Nam-gang-Stausee 1994 200 in Betrieb
Taepyongman-Staustufe P’yŏngan-pukto 1989 190 /2 Yalu in Betrieb 50:50-Teilung mit China 40° 21′ 10″ N, 124° 43′ 55″ O
Janjia-gang-Stausee Chagang-do 1986 90 in Betrieb 40° 22′ 30″ N, 124° 44′ 25″ O
Tonno-gang-Stausee 1959 90 in Betrieb
Taepenmang-Stausee 1989 90 in Betrieb
Huichon-Stausee 2012 300 Ch’ŏngch’ŏn in Betrieb

Thermische Kraftwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fossile Kraftwerke nutzen die reichen Kohlevorkommen vor allem im westlichen Teil des Landes. Dagegen verfügt Nordkorea praktisch über keine nachgewiesenen Erdöl- oder Erdgasvorräte. Erdöl wird über eine Pipeline aus Russland importiert und in einem großen petrochemischen Komplex in Sunbong (Unggi), der auch ein Erdölkraftwerk umfasst, verarbeitet. Eine zweite Raffinerie, die über Pipeline von China aus mit Rohöl versorgt wird, befindet sich in der Nähe von Sinŭiju. Es ist unklar, ob hier ebenfalls ein Kraftwerk dazugehört.

Liste der fossilen Kraftwerke Nordkoreas
Name Stadt, Provinz Fertigstellung Energieträger installierte
Leistung
in MW
Status Bemerkungen Koordinaten
Kraftwerk Pukchang Pukchang, P’yŏngan-namdo 1984 Kohle (Anthrazit) 1600 MW in Betrieb 16 mal 100 MW-Turbinen 39° 35′ 5″ N, 126° 18′ 13″ O
Kraftwerk Pjöngjang-Ost Pjöngjang Kohle 600 MW in Betrieb,?Teilausbau KWK 38° 58′ 9″ N, 125° 41′ 17″ O
Kraftwerk Pjöngjang Pjöngjang 1968 Kohle 500 MW in Betrieb KWK 39° 0′ 33″ N, 125° 42′ 40″ O
Kraftwerk Unggi – 16. Juni Sunbong, Rasŏn 1973 Erdöl 200 MW in Betrieb im Raffineriekomplex 42° 19′ 36″ N, 130° 22′ 57″ O
Kraftwerk Chonchonang Chonchonang, P’yŏngan-namdo 1984 Kohle 200 MW in Betrieb 39° 40′ 30″ N, 125° 42′ 54″ O
Kraftwerk Sunchon Sunch'ŏn, P’yŏngan-namdo 1988 Kohle 200 MW in Betrieb 39° 24′ 5″ N, 125° 58′ 6″ O
Kraftwerk Chongjin Ch’ŏngjin, Hamgyŏng-pukto 1979 Kohle (Braunkohle) 150 MW in Betrieb 41° 45′ 40″ N, 129° 45′ 6″ O

Sonstige Kraftwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben den großen Kraftwerken, die an das Stromnetz angeschlossen sind, bestehen im Land eine unbekannte Anzahl von kleinen Kraftwerken auf Kohle-, Biomasse-(Holz-) und Wasserbasis, die sowohl örtliche Stromnetze versorgen als auch Wärme bereitstellen, aber nicht an das nationale Netz angeschlossen sind.

Stromnetz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Stromnetz, bestehend aus 220-, 110- und 65-kV-Leitungen verbindet die Kraftwerksstandorte untereinander und mit den großen Verbrauchsschwerpunkten in den Städten und Industriezentren. Auch in offiziellen Dokumenten der nordkoreanischen Regierung wird das Stromnetz aufgrund hoher Leitungsverluste als einer der Schwachpunkte neben dem veralteten und ineffizienten Kraftwerkspark benannt (UNFCCC). Es existieren, soweit bekannt, keine direkten Verbindungen des nordkoreanischen Netzes mit dem Ausland. Aufgrund der unterschiedlichen Netzfrequenz (60 Hz in Nordkorea gegenüber 50 Hz in China und Russland) wären diese auch mit technischem Aufwand und Umwandlungsverlusten verbunden. Nach Südkorea stehen politische Gründe dagegen.

Ausnahmen bilden in grenznahen Bereichen die Versorgung der Sonderwirtschaftszone Kaesong von Südkorea aus sowie die gemeinsam mit China genutzten Wasserkraftanlagen am Yalu.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Weapons of Mass Destruction (WMD) auf globalsecurity.org (englisch).
  2. The DPRK Energy Sector: Estimated Year 2000 Energy Balance and Suggested Approaches to Sectoral Redevelopment (PDF; 1,1 MB). The Nautilus Institut vom 6. März 2003.
  3. DPRG’s First National Communication unter the Famework Convention on Climate Change (PDF; 4,2 MB) Umweltministerium Nordkorea, S. 6. (April 2000; englisch).
  4. Understanding North Korea 2012 (Memento vom 13. Dezember 2013 im Internet Archive). Ministry of Unification (englisch)
  5. Hamhung Hydropower Plant No.1 Clean Development Mechanism Project Design Document Form (CDM-SSC-PDD). (PDF; 568 kB) nkeconwatch.com
  6. Anm. /2 meint: Nordkorea erhält die Hälfte der Leistung