Tania Kambouri

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Tania Kambouri (griechisch Τάνια Καμπούρη, geboren 1983 in Bochum) ist eine deutsche Polizeibeamtin griechischer Abstammung. Sie ist Autorin des im Oktober 2015 erschienenen Buches Deutschland im Blaulicht – Notruf einer Polizistin, das vier Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste stand, in den Medien vielfach rezipiert wurde und Diskussionen über das Verhalten von Migranten gegenüber Polizisten in Deutschland anstieß.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tania Kambouri wuchs als Tochter griechischer Eltern im Bochumer Stadtteil Hamme auf. Gemeinsam mit einer Freundin türkischer Abstammung beschloss sie nach Abschluss der mittleren Reife gegen den Rat ihrer Lehrer, ihre Ausbildung auf dem Gymnasium fortzusetzen. Anschließend verwirklichte sie ihren langgehegten Berufswunsch und wurde Polizistin.[1]

Leserbrief und Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem Kambouri im Dienst wiederholt von Personen mit Migrationshintergrund beschimpft und beleidigt worden war, schrieb sie Ende 2013 einen Leserbrief an die Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei (GdP), um den Artikel einer Berliner Sozialwissenschaftlerin um Erfahrungen aus dem eigenen Berufsalltag zu ergänzen. Sie berichtete aus zehn Jahren im Streifendienst, dass sie und ihre Kollegen täglich mit straffälligen Migranten konfrontiert würden, darunter größtenteils Muslime, die der Polizei keinerlei Respekt entgegenbrächten. Die Respektlosigkeit fange schon im Kindesalter an.

Äußerungen ihrer deutschen Freunde und Kollegen, sie fühlten sich in ihrem eigenen Land nicht mehr wohl, könne sie nachvollziehen. Sie selbst fühle sich als Migrantin wegen der Überzahl ausländischer Straftäter in vielen Stadtteilen auch nicht mehr wohl. Nur wegen des eigenen Migrationshintergrundes könne sie diese Dinge überhaupt öffentlich aussprechen. Die deutschen Kollegen scheuten sich, „da sofort die alte Leier mit den Nazis anfängt.“ Die Deutschen hätten sich bei solchen Fragen einen „Maulkorb“ auferlegt und ließen kriminellen Migranten alle Freiheiten. Erschütternd sei, dass mittlerweile auch Vorgesetzte rieten, Anzeigen wegen Beleidigung, Widerstands oder Körperverletzung gegen Täter ausländischer Herkunft zu unterlassen, weil das nur Ärger bringe. Es dürfe nicht sein, dass Polizisten fürchten müssten, bei jeder rechtmäßigen Maßnahme gegen straffällige Migranten sanktioniert zu werden. Auch sei nicht hinnehmbar, dass Menschen, die das Grundgesetz nicht achteten und eine Parallelgesellschaft bildeten, in Deutschland tun und lassen könnten, was sie wollten. Dem könne man nur noch mit Geldstrafen, Kürzung oder Streichung sämtlicher Hilfen durch den Staat oder Gefängnis Einhalt gebieten, eine „sanfte Linie“ bringe nach ihrer Erfahrung nichts.[2][3][4][5]

Der Brief erhielt nach Angaben des GdP-Vorsitzenden Oliver Malchow ein „überwältigendes Echo“. Viele Polizisten aus ganz Deutschland meldeten sich bei der Zeitschrift, die meisten lobten Kambouris Mut und bestätigten ihre Aussagen. Einige wenige äußerten sich kritisch, sahen in der Diskussion „Stammtischparolen“ oder forderten anstelle härterer Sanktionen mehr Prävention. Im März 2014 nahm Kambouri auf der Landesdelegiertenkonferenz der GdP in Dortmund an einer Diskussion mit dem nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger teil und forderte unter Beifall von rund 450 Kollegen mehr Rückhalt seitens der Politik. In einem weiteren Beitrag für die GdP-Zeitschrift stellte Kambouri klar, sie wolle etwas Positives für das Land erreichen und Politiker und Richter veranlassen, sich über die genannten Probleme Gedanken zu machen, bevor sie schlimmer würden.[2][6]

Viele Zeitungen berichteten über ihre Teilnahme in Dortmund, und Talkshows fragten wegen eines Auftritts an. Kambouri wollte zunächst nicht vor einer breiteren Öffentlichkeit in Erscheinung treten, da sie weiter ihrem Polizeiberuf nachgehen wollte. Ein Verlag bot ihr an, über ihre Erlebnisse ein Buch zu schreiben, machte jedoch weitere öffentliche Auftritte zur Bedingung. Schließlich willigte sie ein, da man die Öffentlichkeit auf die Probleme aufmerksam machen müsse, damit sich etwas ändere.[1]

Buchveröffentlichung und Resonanz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Oktober 2015 veröffentlichte Kambouri das Buch Deutschland im Blaulicht – Notruf einer Polizistin.[7]

Christoph Elflein, Frank Lehmkuhl, Axel Spilcker und Marco Wisniewski urteilten im Focus, das Buch lese sich wie eine Anklage gegen eine in Teilen schiefgelaufene Integrationspolitik und ein Weckruf an all jene, die solche unliebsamen Wahrheiten nicht hören wollten.[8] Auch Reiner Burger nannte das Buch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Weckruf. Sätze wie „Falls wir das unterlassen, uns stattdessen noch länger von Sozialromantikern und Kulturrelativisten blenden lassen oder die Probleme nur halbherzig angehen, steht unsere Gesellschaft vor einer inneren Zerreißprobe“ erinnerten ein wenig an Thilo Sarrazin, Kambouri distanziere sich aber von ihm und nenne stattdessen Heinz Buschkowsky und Kirsten Heisig als ihre Bezugsgrößen.[1] Kristian Frigelj schrieb in der Welt, das Buch sei „gewissermaßen ein Tabubruch“, denn es erzähle schonungslos, dass gerade muslimisch geprägte Migranten die Staatsmacht attackierten, und bekomme zusätzliche Brisanz, weil das Thema Integration wegen der Flüchtlingskrise in Europa ab 2015 besonders dringlich geworden sei.[9]

Matthias Bertsch nannte es im Deutschlandfunk ein ambivalentes Buch. Es bringe die Schattenseiten der Einwanderungsgesellschaft ans Licht, über die der sich progressiv und tolerant gebende Teil der Gesellschaft lieber schweige. Doch biete es kaum eine Antwort, wie die Integration der Muslime besser gestaltet werden könne. Es sei kein akademisches Buch, sondern ein Erfahrungsbericht aus der Perspektive einer Betroffenen, die zudem mit zahlreichen Kollegen gesprochen habe. „Ebenso plastisch wie drastisch“ würden die Probleme der multikulturellen Gesellschaft beschrieben und dabei auch manche Klischees bedient, insbesondere über muslimische Migranten.[10]

Kurz nach Erscheinen erreichte das Buch Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste in der Kategorie Paperback Sachbuch[11] und blieb dort vier Wochen lang.[12] Kambouri gab eine Reihe von Interviews für Zeitungen,[13][14][15][16][17][18] Fernsehen[19][20][21] und Radio.[22][23][24][25] Ferner trat sie in den Talkshows Menschen bei Maischberger, Markus Lanz, Hart aber fair und Maybrit Illner auf.[26] Zu ihrem Auftritt bei Hart aber Fair kommentierte Arno Frank im Spiegel, Kambouri werbe nicht um Wählerstimmen oder Verständnis und wolle weder rechte Ressentiments noch gutmenschliche Erwartungen erfüllen, sondern einen Missstand benennen, den sie sehe.[27]

Das Buch erschien später auch in niederländischer und slowakischer Sprache.[28]

Kontroverse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für ihre Ende 2015 aufgestellte Behauptung, das BKA würde Zahlen zur Flüchtlingskriminalität fälschen oder beschönigen, da sie „politisch nicht gewollt“ seien bzw. um „keine Angst in der Öffentlichkeit zu schüren“, wurde Kambouri kritisiert, da sie keine Belege dafür vorbringen konnte. Das BKA wies die Vorwürfe umgehend zurück und Kambouri bezeichnete die gemachten Äußerungen Anfang 2016 als „unglücklich“.[29]

Im November 2018 bekräftigte Kambouri ihre Aussagen über Migrantenkriminalität. Junge Männer mit Migrationshintergrund und Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten bereiteten der Polizei weiterhin die meisten Probleme und würden immer mehr. Wolle man nicht die Kontrolle über ganze Viertel verlieren, müssten alle Behörden zusammenarbeiten und „endlich Härte zeigen (..) Die Realität aber ist: Wir lassen uns immer weiter einschüchtern, demütigen und für blöd verkaufen.“[30]

2020 kritisierte sie die Politik wegen pauschaler Rassismusvorwürfe gegen Polizeibeamte scharf und warnte erneut, die Polizei könne „der wachsenden Gewaltbereitschaft immer weniger Einhalt gebieten“.[31]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Reiner Burger: Polizistin klagt über Aggression: Mehr Respekt! Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. September 2015.
  2. a b Reiner Burger: Straffällige Migranten: Eine Frage des fehlenden Respekts, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. April 2014.
  3. Friederike Schröter: Migranten: Bruder oder Verräter, Die Zeit, 15. April 2014 (mit Link auf Tania Kambouris Leserbrief an die GdP-Zeitschrift im Original).
  4. Christoph Asche: Aufschrei bei der Polizei – junge Polizistin kritisiert aggressive Muslime, The Huffington Post, 4. April 2014.
  5. Kristian Frigelj: Wo Beamte Zielscheiben in Uniform sind, Die Welt, 15. April 2014.
  6. Bernd Dörries: Gewalt gegen Polizisten: „Wir verlieren Macht und Respekt“, Süddeutsche Zeitung, 4. April 2014.
  7. Amelie Breitenhuber: Beleidigungen und Gewalt: Streifenpolizistin schildert ihren schockierenden Alltag. Focus, 5. Oktober 2015.
  8. Christoph Elflein, Frank Lehmkuhl, Axel Spilcker, Marco Wisniewski: Anarchie auf den Straßen, Focus, 18. Oktober 2015.
  9. Kristian Frigelj: Der Aufschrei einer jungen Polizistin, Die Welt, 5. Oktober 2015.
  10. Matthias Bertsch: Erfahrungen einer Polizistin: „Diese Gewalt geht meist von jungen Muslimen aus“, Deutschlandfunk, 7. Dezember 2015.
  11. Tania Kambouri löst Giulia Enders als Nr. 1 ab: Weckruf an der Spitze, Buchreport, 23. Oktober 2015.
  12. Deutschland im Blaulicht - Platzierungen Paperback Sachbuch, Buchreport. Abgerufen am 10. Dezember 2015.
  13. Amelie Breitenhuber: Interview zu "Notruf"-BuchStreifenpolizistin: „Auf einmal standen wir vor einem wütenden Mob“, Focus, 6. Oktober 2015.
  14. Jessica Kuschnik: Interview mit Polizeibeamtin Tania Kambouri: „Gewalt geht oft von jungen Muslimen aus“, Rheinische Post Online, 7. Oktober 2015.
  15. Sarah Brasack: Polizistin Tania Kambouri über Beleidigungen: „Schlampe“ oder „Bullenf....“ sind an der Tagesordnung, Kölner Stadt-Anzeiger, 7. Oktober 2015.
  16. Christiane Geier: Buch über den schwierigen Alltag - Polizistin packt aus: „Mich nennen sie eine Verräterin“, Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 1. November 2015.
  17. Nicole Stern: Deutsche Polizistin: „Wir erleben einen umgekehrten Rassismus“, Die Presse, 14. Oktober 2015.
  18. Heinrich Wefing: Gewalt in Deutschland: „Mit dir rede ich nicht. Schickt nen Mann vorbei“, Die Zeit, 16. Januar 2016.
  19. Interview im Mittagsmagazin, ZDF, 12. Oktober 2015.
  20. Interview bei N24, 12. Oktober 2015.
  21. Interview im Frühstücksfernsehen, Sat1, 14. Oktober 2015.
  22. Misslungene Integration: Notruf einer „Bullenschlampe“: Die Polizistin Tania Kambouri im Gespräch mit Christian Rabhansl, Deutschlandradio Kultur, 5. Dezember 2015.
  23. Zozan Mönch im Gespräch mit Tania Kambouri (Memento des Originals vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.funkhauseuropa.de, WDR. Abgerufen am 12. Dezember 2015.
  24. Polizei: „Wir verlieren die Hoheit auf der Straße“, Tania Kambouri im Gespräch mit Christoph Heinemann, Deutschlandfunk, 2. Oktober 2015.
  25. Redezeit mit Tania Kambouri: Aufschrei einer Polizistin (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive), WDR5, 13. Oktober 2015.
  26. Links auf Mitschnitte der Sendungen unter Weblinks.
  27. Arno Frank: „Hart aber fair“ zur Flüchtlingskrise: Endlich sprechen die richtigen Gäste, Spiegel online, 10. November 2015.
  28. Tania Kambouri: „Deutschland im Blaulicht: Notruf einer Polizistin“ auf deutsch, niederländisch und slowakisch bei Amazon.com.
  29. Felix Laurenz: Polizistin rudert nach Fälschungsvorwurf gegen BKA zurück. www.derwesten.de, 4. Januar 2016
  30. Jörg Diehl, Ansgar Siemens: Zuwanderung und Kriminalität So schätzen Polizisten die Sicherheitslage ein , Spiegel online, 18. November 2018.
  31. Axel Spilcker: Polizeikommissarin warnt: Krawalle wie in Stuttgart drohen auch in NRW-Städten, Focus Online, 14. August 2020.